Myanmar ist ein vorwiegend buddhistisch geprägtes Land. Muslime leben an allen Orten, die sie in Myanmar bewohnen, in der Minderheit. Mein Forschungsinteresse galt vor meiner Ankunft in Myanmar eben diesen Minderheiten, die meist in urbanen Zentren zu finden sind. Nach der ersten Woche meines Aufenthaltes in Yangon zeichnete sich ab, dass die bereits gesammelten Informationen für die Bearbeitung meines Magisterthemas ausreichen würden. Die bis dahin geführten Interviews deckten bereits ein Themenspektrum von Analphabetismus über Scheidungsrecht bis hin zur Zakāt ab.
Nach den ersten Gesprächen in Yangon wurde mir bewusst, dass das Verhältnis von Buddhisten und Muslimen, wenn diese es mir gegenüber beschrieben, in erster Linie auf Feindbildern basiert. Diese Feindbilder schienen mir besonders stark auf Seite der Buddhisten ausgeprägt zu sein, wobei ich dafür keine quantitativen Aussagen treffen kann. Die Annahme basiert auf meiner eigenen Einschätzung der Interviews und verschiedener Ereignisse der jüngeren myanmarischen Geschichte; das heißt, auf Ereignissen, seit dem nationalen Erwachen, der Unabhängigkeitswerdung und den verschiedenen politischen Phasen, in denen sich der unabhängige Staat Burma/Myanmar immer noch befindet. Einige Muslime in Yangon leben erst seit mehreren Jahrzehnten, einige bereits in der vierten Generation in Myanmar. Sie leben als Minderheit in einem Land, in dem sie sich mit diesen Vorurteilen und Feinbildern, die ihnen in der myanmarischen Gesellschaft entgegengebracht wurden, konfrontiert sehen. Ich vertrete die Annahme, dass dieser Umstand einen Einfluss auf ihre Identität und ihr religiöses, politisches oder ethnisches Selbstverständnis haben muss, die Identitätsfindung einer Gemeinde aber auch durch andere Faktoren beeinflusst wird. Ausgehend von dieser Annahme entwickelte ich die Forschungsfrage: Wie konstituiert sich die muslimische Gemeinde in Yangon? Meine Arbeitshypothese für die Beantwortung dieser Frage lautet folgendermaßen: Bei der Abgrenzung der Muslime von der buddhistischen Mehrheit handelt es sich um eine Abgrenzung von sozialen Gruppen untereinander. Diese Abgrenzung sollte nicht in erster Linie als ethnische Abgrenzung verstanden werden, wie die bisherige Forschung es suggeriert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Untersuchungsgegenstand und Fragestellung
- Aufbau und Gliederung der Arbeit
- Forschungssituation
- Eine Anmerkung zur Methodik
- Forschungsüberblick
- Geschichte und Gegenwart der Muslime in Myanmar
- Ankunft zur Zeit der Könige
- Die Kolonialzeit
- Die Vor- und Nachbereitung der Unabhängigkeit
- Von der Unabhängigkeit in die Gegenwart: Ausschreitungen und Pogrome
- Beispiele von anti-muslimischen Ausschreitungen bis zum Jahr 1988
- Nach dem Jahr 1988
- Tage im September 2007
- 2008 Das Referendum über die neue Verfassung
- Identität oder Identitäten?
- „Was ist Identität?“ Eine Antwort aus sozialwissenschaftlicher Perspektive
- Burmese Muslim vs. Indian Muslim?
- Burmanization: Assimilation oder Integration?
- Was ist Assimilation?
- Was ist Integration?
- Burmanization als Assimilation
- Burmanization als Integration
- Ein weiteres Problem des Begriffes Burmanization
- Muslime in Myanmar
- Was ist ein Muslim?
- Facetten des Islam in Myanmar
- Sonderfall: Rohingya
- Muslimische Gemeinden in Myanmar
- Die myanmarische Minderheitenpolitik und die Muslime Myanmars
- Die muslimische Gemeinde in Yangon
- Ethnische Zugehörigkeit
- Die Moscheen des Pabedan-Viertels
- Die Cholia Moschee
- Die Mogul Schia Moschee
- Sprachen
- Alltägliches
- Kleidung
- Essen als Identitätssymbol
- Essen als Treffpunkt
- Gesten als Identitätsrituale
- – 786 – Eine Verschwörung
- Abgrenzungen nach Innen: „we actually face discrimination here!”
- Erste Abgrenzung: Muslim von Muslim
- Zweite Abgrenzung: Muslime von Buddhisten
- Yussuf Habeeb
- Dritte Abgrenzung: Aus der Perspektive der burmesischen Mehrheit
- Noch zwei Bezeichnungen: Burmese Indian und Burmese Indian Muslim
- Waffen in der Moschee
- Organisationen
- Zivilgesellschaftliche Organisationen
- Tablighi Jamā‘at
- Missionierungsbestrebungen und daraus resultierende sprachliche Besonderheiten im Burmesischen
- Jam iyyat al-‘Ulamā al-Islām Myanmar
- Politische Organisationen
- Kontakte nach Außen
- Eine Lebensansicht: Fayez Abdullah
- Internationalagierende islamische Organisationen: die Islamic Development Bank und die Aga Khan Foundation
- Al Qaida
- The First Conference of Burmese Muslims, New York Juli 2008
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht die muslimische Gemeinde in Yangon, Myanmar. Ziel ist es, die Lebensrealität der Muslime in Yangon vor dem Hintergrund der komplexen Geschichte und der politischen Situation Myanmars zu beleuchten. Die Arbeit analysiert die Herausforderungen und die Strategien des Zusammenlebens in einer mehrheitlich buddhistischen Gesellschaft.
- Die Geschichte der Muslime in Myanmar und ihre gegenwärtige Situation
- Identitätsfindung und -konstruktion der Muslime in Yangon
- Die Beziehungen zwischen muslimischen und buddhistischen Gemeinschaften
- Die Rolle muslimischer Organisationen im gesellschaftlichen Kontext
- Internationale Verbindungen und Einflüsse
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und beschreibt die Methodik der Arbeit. Kapitel 2 beleuchtet die Geschichte der Muslime in Myanmar, von ihrer Ankunft bis zu den jüngsten Ereignissen. Kapitel 3 befasst sich mit der Frage der Identität, insbesondere mit dem Begriff der „Burmanization“. Kapitel 4 präsentiert einen Überblick über den Islam in Myanmar und die muslimischen Gemeinden. Kapitel 5 konzentriert sich auf die muslimische Gemeinde in Yangon, ihre ethnische Zusammensetzung, ihre sozialen Praktiken und ihren Alltag. Kapitel 6 analysiert die inneren und äußeren Abgrenzungen der muslimischen Gemeinde, die Herausforderungen des Zusammenlebens und die damit verbundenen Diskriminierungen. Kapitel 7 untersucht verschiedene muslimische Organisationen in Yangon, ihre Funktionen und Ziele. Schließlich beschreibt Kapitel 8 die Kontakte der muslimischen Gemeinde nach außen, sowohl zu internationalen Organisationen als auch zu anderen muslimischen Gemeinschaften.
Schlüsselwörter
Muslime, Myanmar, Yangon, Identität, Burmanization, Integration, Assimilation, Islam, Minderheiten, Diskriminierung, gesellschaftliche Beziehungen, Organisationen, politische Situation.
- Arbeit zitieren
- Evamaria Haupt (Autor:in), 2008, Muslime in Yangon, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120750