Hartmanns "Geschichte vom guten Sünder" markiert den deutschen Beginn einer weit verzweigten, Jahrhunderte übergreifenden Bearbeitung der bekannten Gregorius-Legende.
Immer wieder hat der Stoff Künstler inspiriert und Publikum fasziniert und gehört unter anderem durch die in ihm herrschende Verbindung von Theologie und Poesie unbestritten zur Weltliteratur. Ihren vorläufigen Abschluss fand die Rezeption in Thomas Manns "Der
Erwählte", die 1951 erschien und große Beachtung fand, wenngleich dieser wohl zu den am wenigsten gelesenen Romanen Manns zählt.
Was hat diese Geschichte, dass sie sowohl ein mittelalterliches als auch ein modernes Publikum gleichermaßen - wenn auch unter verschiedenen Vorzeichen - in ihren Bann zieht?
Dominierendes Motiv ist die unermesslich große Schuld des bzw. der Protagonisten und die darauf folgende ebenso unermessliche Buße, die letztendlich Gottes Gnade und Vergebung,ja sogar Erhebung zur Folge hat.Für ein mittelalterliches Publikum sind Schuld und Sühne wichtige lebensbegleitende Faktoren, die aktuellen Einfluss auf Dasein und Wirken darstellen. Ratgeber und Leitfaden für ein gottgefälliges Leben ist die Bibel, auf deren Geschichten Hartmann in starkem Maße zurückgreift, um seine Botschaft zu verdeutlichen und ihr Glaubwürdigkeit zu verleihen.
Thomas Mann hat hingegen ein sehr vielschichtiges Werk geschaffen, in dem er nicht nur christliche Elemente aufgreift, sondern zusätzlich mythologische Motive und auch Aspekte der Psychoanalyse mit einbaut. Beide Autoren haben sich somit aktuellen gesellschaftlichen Ansprüchen gestellt und damit in ihren Werken auch den entsprechenden Zeitgeist "verewigt".
Literatur will in der Regel sicher in erster Linie unterhalten, trägt daneben aber häufig didaktische Züge, die die Gedanken und Intentionen des Künstlers verdeutlichen. Welche Ansprüche bzw. Absichten die beiden genannten Autoren mit ihrem jeweiligen Werk
verfolgen, soll im Rahmen dieser Arbeit anhand einiger ausgewählter Aspekte untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Hartmanns Prolog im Vergleich zu Manns einleitendem Kapitel
- I.1. Der Prolog im Gregorius
- I.2. Das einleitende Kapitel im „Erwählten“
- II. Die Rolle des Erzählers
- II.1. Der Erzähler bei Hartmann
- II.2. Der „Geist der Erzählung“ bei Thomas Mann
- III. Schuld- und Gnadenbegriff
- III.1. Schuld und Gnade im Gregorius
- III.2. Schuld und Gnade im Erwählten
- IV. Der Autor hinter dem Werk
- IV.1. Hartmann von Aue
- IV.2. Thomas Mann
- Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Hartmanns von Aues „Gregorius“ und Thomas Manns „Der Erwählte“ im Vergleich. Ziel ist es, Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Bezug auf Erzählweise, Schuld- und Gnadenbegriff sowie die Rolle des Autors zu analysieren.
- Vergleich der Prologe und einleitenden Kapitel beider Werke
- Analyse der Erzählerperspektive und -funktion
- Untersuchung des Schuld- und Gnadenbegriffs in beiden Texten
- Betrachtung der jeweiligen Autoren und ihrer Intentionen
- Rezeption der Gregorius-Legende in unterschiedlichen Epochen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Gregorius-Legende und ihre Rezeption in Hartmanns Werk und Manns Roman vor. Der erste Hauptteil vergleicht den Prolog von Hartmanns „Gregorius“ mit dem einleitenden Kapitel von Manns „Der Erwählte“, hervorhebend Unterschiede in Länge, Stil und Intention. Im zweiten Teil werden die Erzählerfiguren beider Werke analysiert, wobei die unterschiedlichen Perspektiven und Funktionen beleuchtet werden. Der dritte Abschnitt untersucht die Konzepte von Schuld und Gnade in beiden Werken. Der vierte und letzte zu behandelnde Abschnitt beschäftigt sich mit den Autoren Hartmann von Aue und Thomas Mann, und ihren jeweiligen Hintergründen.
Schlüsselwörter
Hartmann von Aue, Thomas Mann, Gregorius-Legende, Schuld, Gnade, Erzählperspektive, Vergleichende Literaturwissenschaft, Mittelalterliche Literatur, Moderne Literatur, Didaktik, Theologie, Mythologie, Psychoanalyse.
- Arbeit zitieren
- Annette Heilmann (Autor:in), 2008, Hartmanns von Aue "Gregorius" und Thomas Manns "Der Erwählte", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120787