„Gated Communities“. Zur Typologie und Entwicklung geschlossener Wohnkomplexe im suburbanen Raum


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

23 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Einleitung

Diese Hausarbeit, die im Rahmen des Seminars „Minderheiten im Kontext urbaner Inszenierungen“ angefertigt wurde, beschäftigt sich mit dem Phänomen der „Gated Communities“.

Um den Einstieg in diese Thematik zu erleichtern, soll zu Anfang der Begriff „Gated Community“ in Kapitel 2. definiert werden. In Kapitel 2.1 soll diese Definition um die Aspekte der Segregation und des räumlichen Ausschlusses erweitert werden.

Im Vordergrund dieser Arbeit steht neben der Entwicklung und den Gründen für die Entstehung geschlossener Wohnkomplexe die Typologie dieser. Dazu werden die Klassifikationen drei bzw. vier verschiedener Autoren in Kapitel 3. vorgestellt. Die Autoren Glasze, Blakely/Snyder und Wehrheim ordnen und klassifizieren die verschiedenen Arten dieser Wohnform anhand sehr unterschiedlicher Aspekte. Doch erscheint es wichtig, die verschiedenen Blickwinkel zu erfassen, um zu einem, alle Sichtweisen einbeziehenden, Ergebnis zu gelangen.

Kapitel 4. ist dem zweiten Hauptaspekt dieser Arbeit gewidmet. Darin soll zunächst in Kapitel 4.1 der historische Aspekt geschlossener Wohnkomplexe dargestellt und die Frage geklärt werden, ob geschlossene Wohnkomplexe tatsächlich so neu sind, wie es zunächst den Anschein erweckt, ob sie ihren Ursprung in den USA haben oder es möglicherweise städtebauliche Vorläufer gibt, die sich mit Gated Communities in Verbindung setzen lassen und ob diese Wohnform eine „Bedrohung“ für Städte und öffentliche Haushalte werden.

Daran schließen sich in Kapitel 4.2 die Ausführungen über die Entwicklung und die Hintergründe geschlossener Wohnkomplexe an, die vor allem in den USA zu einer ubiquitären Erscheinung geworden sind.

Kapitel 4.3 wird dazu dienen, die Frage zu beantworten, ob geschlossene Wohnkomplexe ein Modell für die Zukunft sind oder ob sich der momentane „Boom“ nicht als Trend erweist. Da diese Wohnform erst in den 1990er Jahren in den Blickwinkel von Medien und Forschung gerückt ist und Autoren mittlerweile eben von einem „Boom“ dieser Wohnform in vielen Teilen der Welt sprechen, erscheint es gerade sinnvoll den Aspekt der Entstehung von Gated Communities zu beleuchten. Dieser Gesichtspunkt soll deshalb innerhalb dieser Arbeit im Blick behalten und mit einem Ausblick in die Zukunft der Gated Communities verbunden werden.

2. Definition – Gated Community

Im Folgenden soll nun der Begriff „Gated Community“ definiert werden, wobei vorab zu bemerken ist, dass sich die Definition der „Gated Community“ genauso auf den Terminus des „Geschlossenen Wohnkomplexes“ beziehen soll. Denn auch in der Literatur ist man sich nicht einig über die Terminologie. Hin und wieder wird am Ausdruck der „Gated Communities“ Kritik geübt, da dieser so aus dem amerikanischen übernommen wurde und immer wieder die Frage aufgeworfen wird, ob diese so definierte Wohnform auf jeden geschlossenen Wohnkomplex weltweit übertragen werden kann.

Da sich verschiedene Formen von Gated Communities ausmachen lassen, soll zu Beginn eine Minimaldefinition zu diesem Phänomen gefunden werden. Diese stammt von Wehrhahn (2003):

„Gated communities unterscheiden sich zum einen von üblichen Wohnsiedlungen durch die Abgeschlossenheit gegenüber Nicht-Bewohnern, durch physische Barrieren, die Fremde am Betreten der Siedlung hindern sollen. Zum Anderen gilt als wesentliches Merkmal, dass eine private Infrastruktur

besteht, und zwar nicht nur bezüglich Freizeiteinrichtungen, sondern zusätzlich befindet sich die üblicherweise öffentlich organisierte Versorgungsinfrastruktur (Straßen und Wege, Wasser, Abwasser und Elektrizität) in privaten Händen – in der Regel in der der Gemeinschaft. Die Existenz dieser community ist zugleich das dritte Kriterium, das zur Definition von gated communities herangezogen wird“ (S.302).

Glasze (vgl. 2003, S.30) führt darüber hinaus weitere Punkte an, aus denen sich drei Kernkriterien ergeben. Erstens ist dies Abgeschlossenheit der Wohnkomplexe durch physische Barrieren und die Zugangsbeschränkungen die durch einen Wachdienst gewährleistet werden. Zweitens ist die private Infrastruktur kennzeichnend für diese Wohnform, die sich nicht nur auf Freizeiteinrichtungen, sondern ebenfalls auf die Versorgung bezieht, die sich in privater Hand befindet und mit individuellem Eigentum kombiniert wird. Das dritte Kriterium umfasst die Gemeinschaft mit einer Gemeinschaftsordnung und Selbstverwaltung. Die Selbstverwaltungen unterscheiden sich aufgrund unterschiedlicher juristischer Gegebenheiten der verschiedenen Länder in mancherlei Hinsicht. Doch auch kristallisieren sich vier Formen der Organisation heraus, die so zu einer Definition von Gated Communities beitragen können: Die Eigentümergemeinschaft, die Gesellschaft der Eigentümer, die Genossenschaft und die Aktiengesellschaft. Ihnen gemeinsam sind gewählte Selbstverwaltungsgremien, die umfassend über die Belange der geschlossenen Wohnkomplexe entscheiden. Dies wird als Argument für die dort herrschende Demokratie herangezogen. Doch gerade diese Behauptung wird von einigen Autoren in die Kritik gezogen, da mehrere Faktoren gegen eine umfassende und alle Bewohner einbindende Demokratie sprechen. Es fehlt eine Opposition, das Gleichheitsgebot wird verletzt und oligarchische Strukturen entstehen aufgrund der häufigen Organisation durch Aktiengesellschaften. Diese Selbstverwaltungen übernehmen Aufgaben, die beispielsweise in Deutschland von den jeweiligen öffentlichen Kommunen wahrgenommen werden. Sie etablieren in diesen geschlossenen Wohnkomplexen die Regeln für das Zusammenleben und organisieren die Versorgung mit kollektiven Gütern und Dienstleistungen (vgl. Glasze 2001, S.40f). Diese ihnen dadurch verliehene Regulierungsgewalt lässt sie zu einer privaten Form lokaler Regierung werden und wird so „im Vergleich zu den öffentlichen Kommunen als alternatives Modell territorialer Organisation“ (Glasze 2001, S.43) gesehen.

2.1 Kriterien der Segregation und des räumlichen Ausschlusses

Zur einfachen Definition sollen nun einige Gesichtspunkte hinzukommen, die über diese hinausgehen. Die Schlagworte hierzu sind: „Isolation, Separation, Ausgrenzung, Abschottung oder Einschluss, von welchem Blickwinkel aus auch das Phänomen der Gated Communities betrachtet wird“ (Wehrheim 2002, S.190).

Gates Communities unterscheiden sich von anderen Wohnkomplexen auch nicht nur durch die genannten Aspekte, sondern stellen Bedingungen an die Menschen die diese bewohnen sollen. Potentielle Käufer oder Mieter müssen sich an den vorgegeben Lebensstil anpassen, der wesentlich klarer strukturiert und vorgegeben ist als in einem normalen Stadtviertel. So haben Gated Communities zum einen die Funktion, die Bewohner zu sortieren und zum anderen sie als solche zu disziplinieren, um sie in die „Gemeinschaft“ zu integrieren. Diese residentielle Segregation, wie Wehrheim sie nennt, kann vor allem dadurch aufrechterhalten werden, dass ein subjektives Unsicherheitsgefühl bei den Menschen besteht. Die soziale Distanz soll nun durch die symbolische der Mauern verdeutlicht werden. Durch welche Kriterien dieser räumliche Ausschluss erfolgt, soll nun kurz dargestellt werden. (vgl. Wehrheim 2002, S.190f).

Wehrheim nennt dafür sieben Kriterien: Kategorische Ausschließung, moralisch begründete Ausschließung, ökonomische Form der Ausschließung, temporäre Ausschließung, latente Ausschließung, physische Distanz und Ausschließungsmechanismen wie Technik (Zugangscodes etc.), Recht (Partikularnormen), Personal (das den Ausschluss durchsetzt) und

die Architektur. Durch diese Kriterien, die zu einem räumlichen Ausschluss führen, auf die hier aber nicht näher eingegangen werden soll, entsteht das Bild eines scheinbar öffentlichen Raumes, das erst durch die Kontrolle über den privaten Raum ermöglicht wird (vgl. Wehrheim 2002, S.192f). Dieser private wird als öffentlicher Raum angesehen, der allerdings die „Gefahren“ des „Unbekannten und Unbequemen“ (Wehrheim 2002, S.193) minimiert oder sogar undenkbar erscheinen lässt.

Allerdings gibt es auch eine andere Form der „Gated Communities“, in denen die Separation kein Wunsch der Bewohner ist. Diese werden in Kapitel 3.3 ausführlicher dargestellt. An dieser Stelle sollte jedoch jetzt schon erwähnt werden, dass diese neuere Form geschlossner Wohnkomplexe staatlich implementiert ist und die Überwachung und Abgrenzung der unteren Einkommensschichten die Funktion hat, die „gefährlichen Räumen“ baulich, technisch und personell abzugrenzen – mit dem Ziel, die als allgemein unsicher empfundenen Räume in als sicher empfundene zu transferieren. Dabei stellt sich allerdings die Frage, ob damit diese Räume nicht einfach isoliert werden und die soziale Ausgrenzung dadurch manifestiert wird. „Gated Ghetto“ wird zur Bezeichnung dieser Wohnkomplexe der „low income“ Nachbarschaften genutzt und drückt damit bereits eine Stigmatisierung aus. Denn „Ghetto“ meint auch hier „gefährliche Viertel“, die eine Abschottung als sinnvoll erscheinen lassen soll. Doch damit wird Sicherheit gegen Isolation getauscht und so auch Zugangsmöglichkeiten zum Arbeitsmarkt etc. reduziert (vgl. Wehrheim 2002, S.193f).

3. Zur Typologie geschlossener Wohnkomplexe

Im folgenden Kapitel soll nun auf die verschiedenen Arten geschlossener Wohnkomplexe eingegangen werden. Sie können anhand unterschiedlicher Merkmale klassifiziert werden, was mit Hilfe verschiedener Autoren aufgezeigt werden soll.

3.1 Bauliche und funktionale Unterscheidung bei Glasze

Aufgrund der baulichen Strukturen definiert Glasze zwei unterschiedliche Formen der Wohnkomplexe, auch wenn diese dieselben, wie in der Definition beschriebenen, Charakteristika innehaben: Geschlossene Appartementanlagen und geschlossene Siedlungen, die aus Einzel-, Reihen- und teilweise Mehrfamilienhäusern bestehen. Die Größe der Gated Communities ist sehr unterschiedlich und hängt auch mit ihrem Entstehungsgrund zusammen. Darauf wird im Folgenden näher eingegangen werden. Auch funktional lassen sich die Komplexe unterscheiden. Diese funktionale Unterscheidung basiert vor allem darauf, ob die Anlagen als Erst- oder Zweiwohnsitz konzipiert worden sind. Zusätzlich zu den baulichen Strukturen und der funktionalen Unterscheidung lassen sich geschlossene Wohnkomplexe nach ihrer Zielgruppe differenzieren. Diese Zielgruppen sind beispielsweise durch einen bestimmten Lebensstil oder ihrer ethnische Zugehörigkeit gekennzeichnet (vgl. Glasze 2001, S.41f).

Große Communities umfassen oft mehrere tausend Wohneinheiten und stehen meist mit ihrem Angebot an Dienstleistungen und Einrichtungen einer Kleinstadt nicht hinterher. Diese beziehen sich sowohl auf Freizeit- und medizinische Einrichtungen, aber auch auf den Einzelhandel und das Bildungswesen. Zu den von den Investoren geschaffenen Vorzügen kommen landschaftliche, wie eine exklusive Lage, die mit unverbaubarem Blick, privatem Zugang zum Meer oder zu einem See etc., aufwartet (vgl. Glasze 2001, S.42).

3.2 „Lifestyle-, Prestige- und Security Zone Communities bei Blakely/Snyder

Gated Communities näher zu klassifizieren erscheint zunächst schwierig, da weiterhin ein Mangel an empirischem Material herrscht, doch eine striktere Einteilung findet sich bei Blakely und Snyder, denen sich auch viele Autoren anschließen. Sie bezieht sich vor allem auf amerikanische Gated Communities und beschreibt drei Typen von Gated Communities: „Lifestyle Communities“, „Prestige Communities“ und „Security Zone Communities“ (vgl. Blakely/Snyder 1999, S.38ff).

Gated Communities definieren sie kurz folgendermaßen: „Gated communities are residential areas with restiricted access in which normally public spaces are privatized. They are security developments with designed perimeters, usually walls or fences, and controlled entrances that are intended to prevent penetration by nonresidents”. Und weiter: „They were uncommon places for uncommon people” (Blakey/Snyder 1997, S.2 zitiert nach Wehrheim 2002, S.168). Basierend auf dieser Definition sind die im Folgenden dargestellten Einteilungen entstanden.

„Lifestyle Communities“ sind in den USA weit verbreitet und zeichnen sich dadurch aus, dass Freizeitmöglichkeiten und ähnliche Einrichtungen in einem separierten und geschützten Raum angeboten und genutzt werden können. Ein Grundmerkmal dieser Gated Communities ist, dass sie sich über die Zugehörigkeit ihrer Bewohner zu einer bestimmten Gruppe definieren, die entweder über eine bestimmte Lebensstilorientierung verfügt oder über andere Merkmale wie z.B. ein bestimmtes Alter. Dadurch ergibt sich auch ein starkes ausschließendes Prinzip: wer nicht zur angesprochenen Gruppe zählt (z.B. Pensionäre über 65), der kann nicht einziehen bzw. wird ausgeschlossen. Innerhalb dieser „Lifestyle Communities“ unterscheiden die Autoren wiederum drei weitere Typen: „Retirement Communities“, „Golf and Leisure Communities“ und „New Towns“, auf die auch im folgenden Kapitel noch einmal näher eingegangen werden soll (vgl. Blakely/Snyder 1999, S. 38ff).

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Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
„Gated Communities“. Zur Typologie und Entwicklung geschlossener Wohnkomplexe im suburbanen Raum
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Soziologisches Institut)
Veranstaltung
Minderheiten im Kontext urbaner Inszenierungen
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
23
Katalognummer
V120974
ISBN (eBook)
9783640253081
ISBN (Buch)
9783640253272
Dateigröße
547 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Communities“, Typologie, Entwicklung, Wohnkomplexe, Raum, Minderheiten, Kontext, Inszenierungen
Arbeit zitieren
Katharina Kurzmann (Autor:in), 2008, „Gated Communities“. Zur Typologie und Entwicklung geschlossener Wohnkomplexe im suburbanen Raum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120974

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