Indianische Erziehung

Traditionelle Aspekte der indianischen Erziehung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1. Frühe Kindheit
2.1.1. Weltbild
2.1.2. Werte
2.1.3. Einstellung gegenüber Kindern
2.1.4. Soziale Beziehungen
2.2. Die Geschlechtererziehung
2.2.1. Mädchen
2.2.2. Jungen
2.2.3. „Das bevorzugte Kind“
2.3. Moralische Erziehung
2.3.1. Funktionale Erziehung
2.3.2. Intentionale Erziehung
2.5. Stand der Forschung und aktuelle Probleme
2.6. Ein Beispiel aus neuerer Zeit

3. Schluss

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Diese Hausarbeit handelt von dem Thema „Indianische Erziehung“. In dem zugehörigen Seminar wurde vor allem auf die Gegenüberstellung von „indianischer Erziehung - heute“ und der „europäischen Erziehung“ eingegangen, bzw. die Unterschiede diskutiert. Im Zentrum dieser Arbeit stehen zunächst die traditionellen Überlieferungen, dabei wurde hauptsächlich das Werk von F. Seidenfaden verwendet. Hier wird unterschieden zwischen der frühen Kindheit, der Geschlechtererziehung und der moralischen Erziehung, wobei ausgewählte, meist auch von der begrenzten Literatur abhängige, Aspekte der traditionellen Erziehung vorgestellt werden.

Anhand einer historischen Perspektive lässt sich gut erläutern, wie die aktuelleren Erziehungsmerkmale und Aspekte der Kindheit entstanden sind und warum sie sich nicht einfach mit „unserer Erziehungswelt“ vergleichen lassen.

Abschließend wird noch ein zeitlicher Bogen von den Traditionen zu der gegenwärtigen Situation mittels aktueller Beispiele und Ereignisse gezogen.

Zahlreiche Veröffentlichungen erwecken den Eindruck, dass der Begriff „Indianische Erziehung“ zu stark bestimmte, negative Assoziationen hervorruft und mittlerweile einem Label entspricht, weswegen er in dieser Arbeit durch die Formulierung „uramerikanische Erziehung“, wie auch von U. Fahrenholz vorgeschlagen, ersetzt wird.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass es kaum möglich ist von der einen repräsentativen Erziehungsform zu sprechen, da es unzählige ethnische Gruppen innerhalb des irrtümlich für homogen gehaltenen Volkes der Indianer gab und zum Teil noch gibt. Diese haben selbstverständlich stets eine eigene Form des Überlebens und der Sicherung ihrer Traditionen entwickelt. Es ist im Rahmen einer derartigen Arbeit kaum möglich, die Vielfalt der unterschiedlichen Entwicklungen darzustellen, weswegen sie auf exemplarisch ausgewählte Überlieferungen beschränkt werden muss, die sich laut der Literatur vor allem auf die Bewohner der Prairie und Plains, also Nordamerika, im 19. Jahrhundert beziehen.

2. Hauptteil

2.1. Frühe Kindheit

2.1.1. Weltbild

Die Leitlinien der uramerikanischen Stämme bestanden aus drei wichtigen Komponenten:[1]

- das Konzept des Konsensus
- der Respekt vor dem Leben und der Erde
- die Spiritualität als die höchste Ebene des Bewusstseins

Der erste Punkt stellt ein Konzept dar, in welchem eine gemeinschaftliche Entscheidung absoluten Vorrang hatte. Selbst bei größeren Konflikten war es immer Ziel der Diskussionen und Auseinandersetzungen, einen für alle akzeptablen Kompromiss zu finden, ohne dass einzelne bevorzugt und benachteiligt wurden.

Der zweite Punkt bezieht sich auf den Respekt, der als ein grundsätzlicher sozialer Wert überall vorherrschte - zum einen bezogen auf den Respekt vor jedem anderen Menschen, selbst wenn dieser nicht zu der eigenen Gemeinschaft zählte, aber zum anderen auch der Respekt vor anderen Lebewesen und vor allem der Natur.

In Verbindung mit dem letzten Punkt verstanden sich die Indianer als ein Teil der metaphysischen Welt, in welcher alles miteinander verbunden ist und dementsprechend jede Handlung weitläufige Folgen hat. Aus diesem Grund sollte die Natur geschützt werden, damit man nicht auf Kosten der nachkommenden Generationen lebte. Im Vordergrund stand das Kollektiv, also die Gemeinschaft und nicht der einzelne, weswegen auch persönliches Eigentum kaum eine Rolle spielte, wohingegen das gemeinsame Eigentum geachtet und geschützt wurde.[2]

Außerdem wurde ein Gleichgewicht zwischen den spirituellen Kräften, besonders zwischen dem Mensch und der Natur angestrebt. Das Ziel dabei war das Ganze oder auch die Einheit allen Seins, vergleichbar mit dem Maß der Dinge, eine Tugend der Minnesänger im Mittelalter.[3]

2.1.2. Werte

Es herrschte stets eine Ethik der Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme gegenüber allen, wobei Kinder und Jugendliche noch stärker auf ihre Höflichkeit achten sollten. In Bezug auf das Eigentum, wie im oberen Abschnitt bereits erwähnt, spielte persönlicher Reichtum eine sehr geringe Rolle im Gegensatz zu dem Allgemeinbesitz aller. Dementsprechend sollte man bescheiden sein und immer ehrlich mit anderen umgehen.[4]

Weitere wichtige Werte waren Ehre und Respekt. Der Respekt wurde nicht nur gegenüber der Natur und dem Leben zum Ausdruck gebracht, sondern eben auch anderen Menschen gegenüber. Insbesondere wurde von Kindern und Jugendlichern erwartet, dass sie sich älteren Stammesmitgliedern höflich näherten und somit deren Wissens- und Erfahrungsreichtum Respekt erwiesen. Das Ehrgefühl wurde von Kindesbeinen an immer wieder bestärkt, bei den Mädchen, indem sie sehr auf ihre Würde und Reinheit achten mussten. Das bedeutete für sie, dass sie sich ab dem Jugendalter nicht mehr alleine unter Männern und Jungen aufhalten und keinesfalls selbständig eine engere Beziehung eingehen durften. Bei den Jungen jedoch ging es eher um Wettkämpfe und das Lob bzw. den Tadel der Verwandten. Diese Werte wurden allerdings nicht nur bei den Kindern gefördert, selbst Erwachsene wurden noch von den Älteren ermahnt, wenn sie sich nicht entsprechend den Regeln verhielten.[5]

2.1.3. Einstellung gegenüber Kindern

Die Grundhaltung gegenüber Kindern war positiv, denn sie steigerten das soziale Ansehen und sicherten das Fortbestehen der Gruppe, ihrer Traditionen und ihres Wissens. Allerdings bedeutete das nicht, „je mehr Kinder desto besser“, sondern man achtete im Gegenteil darauf selbstzüchtig zu erscheinen. Das hieß, dass man durch eine geringere Anzahl von leiblichen Kindern deutlich machen konnte, dass das eigene Sexualleben beschränkt und kontrolliert wurde. Deswegen hatten Mütter meistens auch einige Jahre Zeit, sich ausschließlich dem neugeborenen Kind zu widmen. Erwachsene begegneten Kindern sehr liebevoll und verantwortungsbewusst.[6]

Laut Wallace und Hoebel schien es, als ob „ Girls were accepted, but boys were preferred[7] (Wallace und Hoebel 1952: The Comanches, Lords of the South Plains, zit. n. Seidenfaden 1969: 24), was mit einem Verweis auf die übliche Arbeitsteilung gerechtfertigt wurde. Denn die Jungen wurden im Allgemeinen zu starken Kriegern und Jägern ausgebildet, die Mädchen übernahmen die häuslichen und fürsorglichen Pflichten.

Die Disziplinierung wurde als ein lebenslanger Prozess angesehen und man wendete selten körperliche Strafen an, da sich das nicht mit der Erziehung zur Härte vereinbaren ließ. Denn wie konnte ein Kind abgehärtet werden, wenn es Angst vor physischen Schmerzen entwickelte, und zudem wollte man auch nicht die Zuneigung des Kindes verlieren, da sie stets eine besondere Rolle, besonders in Bezug auf die metaphysische Welt, einnahmen. Denn Kinder galten als Vermittler zwischen der realen und der metaphysischen Welt aufgrund ihrer Unschuld und reinen Liebe. Daraus entstand ein System von Schreckgestalten, die immer eingebunden in verschiedenen mythischen Erzählungen den Kindern Angst vor Strafen machten. Außerdem versuchte man dem Kind auch immer zu erklären, was an bestimmten Handlungen falsch sei, oder man ignorierte sie einfach.[8]

2.1.4. Soziale Beziehungen

Ähnlich wie in der europäischen Kultur hatte die Mutter die erste und engste Beziehung zum Kind, jedoch waren die engsten Verwandtschaftskreise wesentlich größer gefasst und so zählten Tanten als Mütter, ebenso die Onkel als Väter. Somit nahmen sie ebenfalls einen starken Einfluss auf die Erziehung, besonders in Bezug auf die Fürsorge und die Disziplinierung. Beispielsweise übernahm der Bruder der Mutter die Aufgabe, die Kinder streng zu disziplinieren oder gegebenenfalls zu bestrafen. Zwischen den leiblichen Eltern und dem Kind herrschte eine enge Beziehung, die jedoch auch von respektvoller Distanz geprägt wurde.[9]

Dagegen war das Verhältnis zwischen den Großeltern und den Enkeln sehr viel offener und weniger reglementiert, Disziplinarmaßnahmen spielten hier so gut wie keine Rolle. Dennoch kam den Großeltern eine sehr wichtige Rolle in der Erziehung zu, denn sie waren die „Geschichtenerzähler“. Das bedeutet, dass sie durch ihren großen Erfahrungsschatz wichtige Lehren, manchmal auch mit disziplinarischer Wirkung, in Form von Geschichten weitergeben sollten. Insgesamt straften sie die Enkel nie direkt und hatten stets ein offenes Ohr, selbst bei etwas schwierigeren Themen, wie die Menstruation der Mädchen.[10]

Die engste und auch stärkste Verbindung bestand allerdings zwischen Geschwistern. Unter gleichgeschlechtlichen bestand ein festes Band der Hilfsbereitschaft und des Respekts, man stand sich gegenseitig in schlimmen und schönen Momenten bei. Bei Bruder und Schwester, also auch Cousinen und Cousins, herrschte ein strenges Inzesttabu und der Bruder war grundsätzlich in höchstem Maße für die Ehre der Schwester verantwortlich.[11]

Insgesamt kann man festhalten, dass letztendlich der gesamte Clan für die Erziehung und Fürsorge der Kinder zuständig war und jeder stets als Vorbild verantwortungsbewusst handeln sollte.

[...]


[1] Vgl.: Fahrenholz, Uwe: Globales Lernen und indianische Erziehung, S. 106 f.

http://deposit.fernuni-hagen.de/volltexte/2004/16/pdf/Dissertation-Fahrenholz.pdf, 11.06.2007, 12:30

[2] Vgl.: A.a.O. [S. 105 ff.]

[3] Vgl.: A.a.O. [S. 113 ff.]

[4] Vgl.: A.a.O. [S.130]

[5] Vgl.: A.a.O. [S. 132 f.]

[6] Vgl.: Seidenfaden, Fritz: Indianische Erziehung, S. 23 f.

Idstein/ Taunus: Baum Publications, 1993, 2. Aufl.

[7] Frei übersetzt: Mädchen wurden akzeptiert, aber Jungen wurden bevorzugt.

[8] Vgl.: A.a.O. [S. 42 f.]

[9] Vgl.: Seidenfaden, Fritz: Indianische Erziehung, S. 24 ff.

[10] Vgl.: Ebd.

[11] Vgl.: Ebd.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Indianische Erziehung
Untertitel
Traditionelle Aspekte der indianischen Erziehung
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Systematisch-Vergleichende Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Erziehung in fremden Kulturen, Hauptseminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V121085
ISBN (eBook)
9783640253791
ISBN (Buch)
9783640253821
Dateigröße
570 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Indianische, Erziehung, Kulturen, Hauptseminar
Arbeit zitieren
Kirsten Ludwig (Autor:in), 2007, Indianische Erziehung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121085

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