(...) Wichtigste Punkte sahen die Staaten in einer deutsch- französischen Versöhnung und der Zusammenarbeit nicht nur auf der internationalen Ebene, sondern auch auf europäischer Ebene. Grundlage für diese Vereinigung Europas, die heute so selbstverständ-lich geworden ist, war der Schuman-Plan des französischen Außenministers. Neben Robert Schuman2 war Jean Monnet geistiger Vordenker dieses Planes und hatte einen hohen Anteil an der Entstehung der europäischen Einigungs-idee. Wie viel von Jean Monnets ursprünglichen Vorstellungen wurden aber letztendlich in der ersten Institution, der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) realisiert? Ein weiterer wichtiger Punkt, den die vorliegende Arbeit klären möchte, ist die Motivation Monnets und der anderen Politiker Frankreichs der damaligen Zeit für eine europäische Kooperation. Neben den Argumenten des friedlichen Zusammenlebens, waren es auch ökonomische Gründe, welche die französische Regierung sich in diesem Umfang für eine institutionelle Körperschaft des europäischen Kontinents einsetzen lies. Um die Fragestellung der vorliegenden Arbeit zu beantworten, soll im ersten Kapitel die Grundlagen für die Entstehung von Monnets Gedanken über ein vereintes Europa dargestellt werden. Dazu werden sein Lebenslauf und sein politisches Wirken betrachtet. Im zweiten Kapitel soll seine Europaidee skiz-ziert werden, um die Motivation Monnets zu klären. Im folgenden und letzten Kapitel soll die europäische Einigung auf Grundlage des Schuman-Plans ver-deutlicht werden. Hierzu werden der Weg zu EGKS und ihre Bedeutung für den einsetzenden Integrationsprozess beleuchtet. Mit den Ergebnissen dieser Arbeit soll gezeigt werden, dass Jean Mon-net einen erheblichen Anteil an der heute bestehenden Europäischen Union und den Schuman-Plan hatte und hätte durchaus die Nennung seines Namens ver-dient.
Inhaltverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Biografie von Jean Monnet
3. Die Europaidee Jean Monnets
3.1 Die Ausgangslage in Frankreich
3.2 Monnets Europaidee
4. Die Europäische Integration
4.1 Die Ausgangslage in Europa
4.1.1 Frankreichs Interessen
4.1.2 Deutschlands Interessen
4.2 Der Weg zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl
4.3 Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl
4.4 Auswirkungen der Europäischen Gemeinschaft
5. Fazit
6. Literaturund Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Bereits nach dem ersten Weltkrieg war der internationalen Gemeinschaft die Notwendigkeit einer zwischenstaatlichen Zusammenarbeit bewusst, um zukünftige kriegerische Auseinandersetzungen zu verhindern. Begründer der Entwicklung war der damalige amerikanische Präsident Woodrow Wilson,1 der mit dem Völkerbund einen ersten Schritt zur internationalen Verständigung leisten konnte. Aufgrund der bestehenden nationalen Spitzfindigkeiten, vor allem zwischen den Erbfeinden Frankreich und Deutschland, konnte sich die Idee der friedlichen Koexistenz auf dem europäischen Kontinent allerdings nur bedingt durchsetzen. Einen gleichen Fehlschlag wollte man nach dem zweiten Weltkrieg tunlichst vermeiden. Wichtigste Punkte sahen die Staaten in einer deutschfranzösischen Versöhnung und der Zusammenarbeit nicht nur auf der internationalen Ebene, sondern auch auf europäischer Ebene.
Grundlage für diese Vereinigung Europas, die heute so selbstverständlich geworden ist, war der Schuman-Plan des französischen Außenministers. Neben Robert Schuman2 war Jean Monnet geistiger Vordenker dieses Planes und hatte einen hohen Anteil an der Entstehung der europäischen Einigungsidee. Wie viel von Jean Monnets ursprünglichen Vorstellungen wurden aber letztendlich in der ersten Institution, der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) realisiert? Ein weiterer wichtiger Punkt, den die vorliegende Arbeit klären möchte, ist die Motivation Monnets und der anderen Politiker Frankreichs der damaligen Zeit für eine europäische Kooperation. Neben den Argumenten des friedlichen Zusammenlebens, waren es auch ökonomische Gründe, welche die französische Regierung sich in diesem Umfang für eine institutionelle Körperschaft des europäischen Kontinents einsetzen lies.
Um die Fragestellung der vorliegenden Arbeit zu beantworten, soll im ersten Kapitel die Grundlagen für die Entstehung von Monnets Gedanken über ein vereintes Europa dargestellt werden. Dazu werden sein Lebenslauf und sein politisches Wirken betrachtet. Im zweiten Kapitel soll seine Europaidee skizziert werden, um die Motivation Monnets zu klären. Im folgenden und letzten Kapitel soll die europäische Einigung auf Grundlage des Schuman-Plans verdeutlicht werden. Hierzu werden der Weg zu EGKS und ihre Bedeutung für den einsetzenden Integrationsprozess beleuchtet.
Mit den Ergebnissen dieser Arbeit soll gezeigt werden, dass Jean Monnet einen erheblichen Anteil an der heute bestehenden Europäischen Union und den Schuman-Plan hatte und hätte durchaus die Nennung seines Namens verdient.
2. Die Biografie von Jean Monnet
Jean Omer Marie Gabriel Monnet wurde am 9. November 1888 in Cognac (Frankreich), als Sohn eines Kaufmanns, geboren.
Während des Ersten Weltkrieges arbeitete er bei der Errichtung und dem Ausbau interalliierter Stellen zur Vereinheitlichung der Versorgung und des Transportwesens in London mit. Nach seiner Tätigkeit beim Völkerbund, dort war er zwischen 1920 und 1923 Generalsekretär gewesen, widmete sich Jean Monnet bis 1938 dem Familienunternehmen in Cognac und entwickelt sich zu einem Finanzier mit weltweiten Verbindungen. Neben seiner Tätigkeit im Familienunternehmen war er 1932 als Wirtschaftsberater in China, im Auftrag des Völkerbundes, tätig und verstärkte seine internationalen Verbindungen. Während seiner Zeit in Cognac heiratete er die französische Malerin Silvia de Bondini, aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor. Im Jahr 1938 wurde er Wirtschaftsund Finanzberater in Polen und Rumänien und ab 1939 Einkäufer von Flugzeugmaterial in den USA, für die französische Regierung. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde er 1940 Präsident des französischbritischen Koordinierungsausschusses für die Kriegsproduktion beider Länder. Mit dem weiteren Kriegsverlauf übernahm er ab 1943 das Amt des Staatskommissars für Ernährung, Rüstung und Wiederaufbau im französischen Befreiungskomitee in Algier, dort formuliert er seine ersten Ideen für eine neue wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er 1946 Leiter des Planungsamtes in Frankreich für die Entwicklung eines wirtschaftlichen Modernisierungsprogramms, das die Regierung 1947 in Angriff nimmt. Außenminister Robert Schuman verkündete 1950 den Plan eines Zusammenschlusses der westeuropäischen Schwerindustrie, den Jean Monnet weitgehend entworfen hatte. Nach der Einigung zur Schaffung der Montanunion wurde Monnet Präsident der Pariser Schuman-Plan-Konferenz, die zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) führte. Diese Gemeinschaft leitete er von 1952 bis 1954 als Präsident der Hohen Behörde. Für seine Leistungen um die europäische Einigung wurde ihm 1953 der Karlspreis der Stadt Aachen verliehen. In den folgenden Jahren war er von 1955 bis 1975 Mitbegründer und Vorsitzender des „Aktionskomitees für die Vereinigten Staaten von Europa", dessen Ziel die politische Union Europas war. Im Jahr 1963 wurde ihm die Freiheitsmedaille der USA verliehen und 1975 zog er sich aus dem politischen Leben zurück. Im folgenden Jahr wurde ihm die große Ehre zu Teil, die Ernennung zum bis dahin einzigen Ehrenbürger Europas durch die Regierungschefs der Europäischen Gemeinschaft. Im gleichen Jahr veröffentlichte er seine Memoiren unter dem Titel „Erinnerungen eines Europäers". Am 16. März 1979 starb Jean Monnet auf seinem Landsitz bei Paris, sein Leichnam wurde später feierlich ins Pariser Panthéon überführt.3
Aufgrund der Erfahrungen des familieneigenen Betriebes und der Bedeutung internationaler Kontakte für eine erfolgreiche Betriebsbilanz und der Mitarbeit beim Völkerbund, setzte sich Monnets stets für den internationalen Ausgleich ein. Vor allem auf europäischer Ebene sah er hierfür eine hohe Bedeutung und arbeitete nach dem zweiten Weltkrieg unaufhörlich an einer europäischen Einigung.
3. Die Europaidee Jean Monnets
3.1 Die Ausgangslage in Frankreich
Die französische Wirtschaft befand sich während und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in einem desolaten Zustand, es fehlte vor allem an Grundnahrungsmitteln, Devisen für die Beschaffung notwendiger Importgüter sowie Kapital für den Wiederaufbau und die Modernisierung der Produktionsanlagen. Des Weiteren litt die Industrie unter der stark zerstörten Infrastruktur und Mängel an Rohstoffen (Kohle und Stahl). Da man sich der Notwendigkeit einer umfassenden Modernisierung der französischen Industrie in der provisorischen Regierung einig war, war das primäre Ziel die Versorgungslage der Bevölkerung zu verbessern.4
Deshalb entschied sich die französische Regierung zur Einführung einer neuen Wirtschaftsstruktur, wichtige Industriezweige wie Kohlegruben, Luftverkehr, Renault, Geschäftsbanken, Handelsmarine und Air France wurden zwischen 1944 bis 1948 verstaatlicht.5 Am 3. Januar 1946 wurde das Commissariat General du Plan geschaffen, dass direkt dem Regierungschef unterstellt war, mit dem Ziel der Integration der französischen Wirtschaft in ein „größeres europäisches Ensemble“.6 Jean Monnet wurde mit der Leitung des Planungskommissariats beauftragt, da es auf seiner Idee hin eingerichtet wurde.7
Die Politik Frankreichs zielte auf die Integration in einen Gemeinsamen Markt hin, um die Genesung der französischen Wirtschaft zu ermöglichen.8 Erst mit einem Gemeinsamen Markt und dem freien Zugang zu Rohstoffen würde es Europa ermöglichen, sich gegen die amerikanische Konkurrenz zu behaupten und einen dauerhaften Frieden zu ermöglichen.9
3.2 Monnets Europaidee
Jean Monnet und seine Mitstreiter formulierten schon während des Zweiten Weltkrieges in Algier eine Vereinigungsidee, das einer „sorgfältige[n] Prüfung des Projekts einer Föderation des westlichen Europas [darstellte]“.10 Sein erstes Ziel war eine unzerbrechliche Friedensordnung, die nur durch eine politische Einigung erreichbar sei,11 denn eine bloße zwischenstaatliche Kooperation hatte sich in der Vergangenheit nicht als bestandsfähig erwiesen. So schrieb er bereits 1943 in einer Denkschrift in Algier, „Es wird keinen Frieden in Europa geben, wenn die Staaten auf der Basis nationaler Souveränität wiederhergestellt werden, mit all dem, was Machtstreben und wirtschaftliche Protektion mit sich bringen.“.12 Des Weiteren erläuterte er die wirtschaftliche Ebene, „Die Länder Europas sind zu klein, um ihren Völkern den Wohlstand zu sichern […] Dazu braucht man größere Märkte. Wohlstand und erlässliche soziale Sicherung setzen voraus, dass die Staaten Europas sich in einer Föderation zusammenschlie- ßen oder zu einer „europäischen Entität“, die eine wirtschaftliche Einheit entwickelt.“13 Seine Formulierungen in Algier zeugen von großer Vorstellungskraft für die Gründe der zwei letzten Weltkriege und die Ziele... diese zukünftig zu verhindern. Er warnt vor allem vor neuen innereuropäischen Allianzen beziehungsweise Militärbündnissen und kostspieliger Aufrüstung, die sozialen Reformen verhindern könnten.14
Speziell Frankreich sollte deshalb aktiv die Einigung Europas vorantreiben, wobei er schon die Alternative einer Schrittweisen Integration andeutete.15 Er schlug die Einbindung Deutschlands vor und die internationale Kontrolle der Ruhrkohle durch eine europäische Autorität, „dies setzt voraus, dass Europa geeinigt ist und zwar nicht nur in einer Kooperation, sondern durch eine von den Nationen gebilligte Übertragung von Souveränität auf eine Art zentraler Union; eine Union, die die Macht hätte, die Zollbarrieren abzubauen, einen europäischen Markt zu schaffen und das Wiederaufbauen des Nationalsozialismus zu verhindern.“16 Jean Monnet formulierte hier die Idee einer supranationalen Gemeinschaft, in der er eine starke Zentralgewalt für unverzichtbar hielt. Denn ein dynamisches agierendes Direktorat sollte widerstrebende Bürokratien, eingewurzelte Interessen und erforderlichenfalls staatliche Gesetze überwinden helfen. Jedoch sah seine Idee ein Ungleichgewicht gegenüber Deutschland vor, so stellte er sich eine einseitige Kontrollfähigkeit aller Mitglieder gegen Deutschland vor.17 Dieser Fehler in der Konstruktion seiner Gedanken zog sich noch bis zu den Verhandlungen der EGKS hin, und wurde erst mit den Verhandlungen über die Montanunion verworfen.18
Seine Gedanken zeugten von visionären Vorstellungen, da er eine Verbindung mit dem damaligen „Erbfeind“ zu beginnen bereit war und dies auf Basis eines freiwilligen Zusammenschlusses souveräner Völker. Sieben Jahre später waren seine Gedanken Teil der europäischen Realpolitik, denn nur die Einigung blieb als sicherer Weg übrig, den Frieden in Europa und gleichzeitig ihren wirtschaftlichen Einfluss nach außen zu wahren.
Seine Vorstellungen unterbreitete er dem damaligen französischen Au- ßenminister Robert Schumann schon Ende 1949 vor und schlug eine Verbindung der Montanindustrie zwischen Frankreich und Deutschland vor. Um einen erneuten Krieg zu verhindern, müssten gleichberechtigte Staaten miteinander verhandeln, denn „der Frieden kann nur auf der Gleichheit gegründet sein.“19 Schuman publizierte, vor der Außenministerkonferenz der drei Westalliierten, am 9.Mai 1950, den so genannten „Schuman-Plan“.20
[...]
1 Woodrow Wilsen war damaliger US-amerikanischer Präsident und später aufgrund seiner Einigungsbemühungen Friedensnobelpreisträger.
2 Robert Schuman (1886-1963) war von 1947 bis 1948 französischer Premierminister, danach von 1948 bis 1952 Außenminister, der nach ihm benannte Plan führte zur Gründung der EGKS (auch Montanunion).
3 Die Biografie Jean Monnets bezieht sich auf die Angaben, in: Deutsches Historisches Museum, <http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/MonnetJean/index.html> am 21.11.2007.
4 Vgl. Kipping, Matthias, Zwischen Kartellen und Konkurrenz. Der Schuman-Plan und die Ursprünge der europäischen Einigung 1944-1952, Berlin 1996, S.36.
5 Vgl. ebd., S. 37.
6 Loth, Wilfried, Die Europäische Integration nach dem Zweiten Weltkrieg in französischer Perspektive, in: Berding, Helmut (Hrsg.), Wirtschaftliche und politische Integration in Europa im 19. und 20. Jahrhundert, Göttingen 1984, S.225-246, hier S.229.
7 Vgl. Kipping, Matthias, Zwischen Kartellen und Konkurrenz. Der Schuman-Plan und die Ursprünge der europäischen Einigung 1944-1952, Berlin 1996, S.39.
8 Vgl. Loth, Wilfried, Die Europadiskussion in Frankreich, in: ders. (Hrsg.), Die Anfänge der europäischen Integration 1945-1950, Bonn 1990, S.27-49, hier S.30.
9 Vgl. ebd., S.30.
10 Loth, Wilfried, Die Europäische Integration nach dem Zweiten Weltkrieg in französischer Perspektive, in: Berding, Helmut (Hrsg.), Wirtschaftliche und politische Integration in Europa im 19. und 20. Jahrhundert, Göttingen 1984, S.225-246, hier S.228.
11 Vgl. Bayer, Nikolaus, Wurzeln der Europäischen Union. Visionäre Realpolitik bei Gründung der Montanunion, St. Ingbert 2002, S.30.
12 Jean Monnet zitiert nach, in: Bayer, Nikolaus, Wurzeln der Europäischen Union. Visionäre Realpolitik bei Gründung der Montanunion, St. Ingbert 2002, S.30.
13 Monnet, Jean, Erinnerungen eines Europäers. Mit einem Vorwort von Helmut Schmidt, München 1980, S.284.
14 Vgl. Bayer, Nikolaus, Wurzeln der Europäischen Union. Visionäre Realpolitik bei Gründung der Montanunion, St. Ingbert 2002, S.30f.
15 Vgl. ebd., S.31.
16 Monnet, Jean, Erinnerungen eines Europäers. Mit einem Vorwort von Helmut Schmidt, München 1980, S.284.
17 Vgl. Bayer, Nikolaus, Wurzeln der Europäischen Union. Visionäre Realpolitik bei Gründung der Montanunion, St. Ingbert 2002, S.31.
18 Vgl. Bayer, Nikolaus, Wurzeln der Europäischen Union. Visionäre Realpolitik bei Gründung der Montanunion, St. Ingbert 2002, S.32.
19 Monnet, Jean, Erinnerungen eines Europäers. Mit einem Vorwort von Helmut Schmidt, München 1980, S.362.
20 Vgl. Strizek, Helmut/ Hammers-Strizek, Gisela, Europäische Einigung. Bilanz und Perspektiven, Bonn 1984, S.19.
- Quote paper
- Christoph Kern (Author), 2008, Die Europaidee Jean Monnets und der Weg zur EGKS, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121120