Die Schlacht von Cannae


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hannibal und seine höchsten Offiziere

3. C. Terentius Varro, L. Aemilius Paullus und ihre höchsten Offiziere

4. Die Rolle der Befehlshaber in der Schlacht

5. Vorbedingungen der Schlacht

6. Realitäten des Kampfgeschehens

7. Schluss

8. Abkürzungsverzeichnis

9. Quellenverzeichnis

10. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Juli des Jahres 216 v. Chr. fand unweit der kleinen italischen Stadt Cannae in Apulien eine Schlacht zwischen den über die Alpen gezogenen karthagischen Truppen unter Hannibal und den zusammengezogenen Legionen der römischen Republik statt, die gleichzeitig zum Höhepunkt einer Reihe von Siegen gegen die Römer werden sollte, wie auch zum letzten großen Sieg Hannibals auf italischem Boden. Cannae gehört ohne Zweifel zu den bekanntesten Schlachten der Weltgeschichte und übt bis heute vor allem auf Berufsmilitärs eine große Faszination aus. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts widmete ihr ein preußischer Generalstabschef eine eigene Studie[1] um seine Strategie zu legitimieren und am Ende des 20. Jahrhunderts nannte der amerikanische General Schwarzkopf Cannae als Vorbild für seine Planungen im zweiten Golfkrieg[2].

Dabei ist es sicherlich nicht zu verwegen zu behaupten, Cannae sei aber auch die „most quoted and least understood battle“[3], was sich zwar im Zuge der angloamerikanischen Militärhistoriographie als Geschichte von „battles and campaigns“[4] etwas relativiert hat, aufgrund der schwierigen Quellenlage aber trotzdem noch eine gewisse Richtigkeit behält.

Trotz aller Cannae zugeschriebener Bedeutung bleibt aber auf der einen Seite die Konstatierung einer nur „limited relevance of single `decisive battles´“[5] für den zweiten punischen Krieg, auf der anderen Seite aber auch eine erneuerte Schlachtenhistorie, die sich zum einen durch einen Perspektivenwechsel hinweg vom Feldherrenhügel und hin zum einfachen Soldaten und zum anderen durch ein Aufbrechen tradierter Codierungen in der Beschreibung von Gewalt auszeichnet und auch die gesellschaftlichen Hintergründe stärker in den Vordergrund rückt, um so neue Erkenntnisse generieren zu können.[6] Bei der Rekonstruierung eines antiken Schlachtgeschehens steht vor allen anderen Problematiken die Schwierigkeit der Quellen, die nur als „quite exceptionally difficult“[7] zu charakterisieren ist. Die mit weitem Abstand wichtigsten antiken Historiker, die über Cannae berichten, sind Polybius und Livius, auf deren Aussagen sich auch diese Schrift weitestgehend stützen muss.[8] Die Dominanz der beiden Historiker geht sogar so weit, dass Philip Sabin meint, dass „modern authors can do little beyond paraphrase and exegesis of these two“[9] und so alles gewissermaßen spätere nur als Fußnoten zu Polybius und Livius begreift. Archäologische Quellen zum zweiten punischen Krieg sind rar gesät, so dass Markus Junkelmann hinsichtlich der gesamten republikanischen Zeit nur schreiben kann, dass es „nicht mehr als einige wenige Helme und Speerspitzen als archäologische Zeugen“[10] gäbe. Als weitere Quellen müssen daher auch die Gesellschaften betrachtet werden, aus denen heraus die beiden Armeen entstanden sind.

Im Folgenden werden die höchsten Offizier und ihre Rolle in der Schlacht als am besten fassbare Exponenten der jeweiligen Oberschicht untersucht und danach die Schlacht der verschiedenen Soldaten auf den unterschiedlichen Teilen des Schlachtfeldes untersucht, um so die Ursachen für den Schlachtausgang zu erforschen.

2. Hannibal und seine höchsten Offiziere

Einige der wenigen durch die Quellen eindeutig gestützten Erkenntnisse zu Hannibals Heer betrifft die ethnische Zugehörigkeit der höchsten Befehlshaber, denen in der Schlacht Flügel und Zentrum anvertraut waren. Ohne Ausnahme sind sie als „Carthaginian aristocrats“[11] zu charakterisieren und bei zumindest zwei von ihnen scheinen verwandtschaftliche Beziehungen zur Familie der Barkiden zu bestehen. Der mit Hannibal dem Zentrum des Heeres zugeordnete Mago wird als Hannibals Bruder betrachtet, der Befehlshaber des linken Reiterflügels, Hanno, kann Hannbals Neffe gewesen sein.[12] Neben diesen, mit militärischen Aufgaben betrauten Karthagern, tauchen im Kontext politischer Aktivitäten Hannibals auch so genannte synedroi auf, die vielleicht Repräsentanten der karthagischen Ratsversammlung waren, im Zusammenhang mit der taktischen Führung der Schlacht aber keinerlei Erwähnung finden.[13]

Der offensichtliche Zusammenhang zwischen punischer Oberschicht und der gerade bei Cannae so erfolgreichen Ausübung höchster militärischer Aufgaben zeigt einen Widerspruch zwischen dem, selbst in rezenten Werken noch reproduzierten, Bild Karthagos als einer „Handelskolonie“[14] oder „Handelsrepublik[…]“[15] und dem, durch die Quellen überlieferten, Bildes eines Stadtstaates auf, der den Krieg nach Italien brachte und dort das römische Bundesgenossensystem stärker bedrohte, als es einer der Nachfolgereiche Alexander des Großen vermochte. So beschreibt Gregory Daly Karthago im Gegensatz zu Rom als „not a militaristic society“[16]. Martin Samuels umgeht das Problem in seiner Analyse der Schlacht von Cannae, indem er die punischen Kommandeure gleichsam als Ausnahmegestalten neben das tradierte Stereotyp des Krämers stellt und sie als „small group of noble Carthaginian families which had chosen war, rather than commerce, for their profession“[17] tituliert. Das dieses, zu einem großen Teil erst nach der Zerstörung Karthagos geformte Bild so nicht haltbar ist, zeigt Walter Ameling in seiner 1993 erschienenen Habilitationsschrift auf.[18] Die Gründung Karthagos beschreibt er als „Agrarkolonisation“[19] und auch für die spätere Entwicklung und Expansion der Stadt kann er nur das „Fehlen einer staatlichen Handelspolitik und einer Kaufmannsaristokratie“[20] konstatieren. Aufgrund der auch für Karthago geltenden Dominanz der landwirtschaftlichen Produktion für jegliche Form menschlicher Zusammenschlüsse in der alten Welt raubt er dem Karthago Bild viel seiner Besonderheit. Auch die karthagische Nobilität, deren Exponenten bei Cannae als Befehlshaber in Erscheinung treten, sind hinsichtlich ihres Wertesystems von ihren römischen Gegenspielern nicht allzu stark zu unterscheiden. „Militärische Erfolge und die Bekleidung von Ämtern“[21] sind für Ameling die wichtigsten Möglichkeiten zur Steigerung des sozialen Kapitals karthagischer Adeliger, zwischen denen ein „dauernder Wettbewerb herrschte“[22]. Als Materialisation ihres Ansehens dienten zumindest in früherer Zeit Ringe, deren Anzahl „so groß war wie die Zahl der Feldzüge, an denen sie teilgenommen hatten“[23]. Übrig bleibt vom Bild des nicht kriegstüchtigen Karthagos allein die Dominanz des „Söldnerheeres“[24] hellenistischen Typs, welches Hannibal über die Alpen führte und die schon weiter zurückgehende Tradition der Anwerbung von Söldnern. Den Lösungsansatz für diesen Einwand sieht Ameling nicht in einer spezifisch anderen Mentalität der Karthager, sondern „im Bereich der Demographie“[25], die letztendlich zu einem Ausweichen auf die Indienstnahme von Söldnern führte, um die Lebensfähigkeit der karthagischen Wirtschaft zu erhalten.[26]

[...]


[1] Ein späterer Druck der erstmals 1909 bis 1913 erschienenen Schrift findet sich bei: v. Schlieffen, A., Cannae, in: v. Freytag-Loringhoven, H. (Hrsg.), Cannae, Berlin 1925, S. 1 - 263

[2] Zu Schwarzkopfs Bewertung der Schlacht von Cannae: http://www.achievement.org/autodoc/page/sch0int-2 (abgerufen am 11.03.2008)

[3] Samuels, M., The Reality of Cannae, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen 47 1990, S. 7 – 31, S. 7 (Künftig zitiert: Samuels, 1990)

[4] Einen Überblick über moderne Operationsgeschichtsschreibung mit deutlich frühneuzeitlichem Schwerpunkt bietet: Nowosadtko, J., Krieg, Gewalt und Ordnung. Einführung in die Militärgeschichte, Tübingen 2002, S. 138 - 149

[5] Sabin, P., The mechanics of battle in the Second Punic War, in: Cornell, T., Rankow, B., Sabin, P. (Hrsg.), The Second Punic War. A reappraisal, London 1996, S. 59 – 80, S. 59 (Künftig zitiert: Sabin, 1996)

[6] Hierzu besonders: Keegan, J., Das Antlitz des Krieges. Die Schlachten von Azincourt 1415, Waterloo 1815 und an der Somme 1916, Frankfurt 1991 (Künftig zitiert: Keegan, 1991)

[7] Whatley, N., On the possibility of reconstructing Marathon and other ancient battles, The Journal of hellenistic Studies 84, London 1964, S. 119-139, S. 123 (Künftig zitiert: Whatley, 1964)

[8] Weiterführende Literatur und zitierfähige Ausgaben zu Polybius findet sich bei Bleicken, J., Geschichte der römischen Republik, München 2006, S. 253 – 254 und zu Livius bei Ebd., S. 251 - 252

[9] Sabin, 1996, S. 62

[10] Junkelmann, M., Die Reiter Roms. Teil III: Zubehör, Reitweise, Bewaffnung, Mainz 1992, S. 123

[11] Daly, G., Cannae. The experience of battle in the Second Punic War, New York 2003, S. 127 (Künftig zitiert: Daly 2003)

[12] Daly, 2003, S. 127, “Nun der karthagische Feldherr besprach sich mit seinem Bruder Mago und den Mitgliedern des Kriegsrats” (Polyb. 3, 71 (zit. nach H. Drexler [Üs.], Polybios. Geschichte. Band I, Zürich – Stuttgart, S. 266)) heißt es bei Polybius über Mago und „geführt von Einheimischen und unter dem Kommando des Hanno, des Sohns des Königs (Suffeten) Boamilkar“ (Polyb. 3, 42 (zit. nach H. Drexler [Üs.], Polybius. Geschichte. Band I, Zürich – Stuttgart, S. 231 - 232)) heißt es hinsichtlich Hannos.

[13] Daly, 2003, S. 128

[14] Ameling, W., Karthago. Studien zu Militär, Staat und Gesellschaft, München 1993, S. 8 (Künftig zitiert: Ameling, 1993)

[15] Huss, W., Die Karthager, München 1990, S. 344 (Künftig zitiert: Huss, 1990)

[16] Daly, 2003, S. 126

[17] Samuels, 1990, S. 20

[18] Amelings weitgehende Begrenzung auf vor dem 1. Punischen Krieg entstandene Quellen beschränkt seinen Wert für die Beurteilung der Zusammensetzung späterer punischer Heere. In Bezug auf das Wertesystem der karthagischen Nobilität kann aber eine Kontinuität der Wirkungskräfte vermutet werden.

[19] Ameling, 1993, S. 249

[20] Ebd., S. 271

[21] Ebd., S. 264

[22] Ebd.

[23] Huss, 1990, S. 344

[24] Ameling, 1993, S. 223

[25] Ebd., S. 204

[26] Zur Frage ob auch im zweiten punischen Krieg noch Bürgerkontingente kämpften, siehe Ameling, S. 194

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Schlacht von Cannae
Hochschule
Universität Wien  (Seminar für Alte Geschichte)
Veranstaltung
Große Gegner Roms
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V121242
ISBN (eBook)
9783640255771
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schlacht, Cannae, Große, Gegner, Roms
Arbeit zitieren
Johannes Mauritius Schäfer (Autor:in), 2008, Die Schlacht von Cannae, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121242

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