Betrachtet man die im deutschen Kaiserreich ab 1878 getroffenen Schutzmassnahmen für Frauen fällt auf den ersten Blick auf, dass diese im Vergleich zu denen für männliche Arbeiter äußerst progressiv waren. Die Frage, warum dies so war ist eine erste der im Rahmen dieser Hausarbeit diskutierten Leitfragen. Hierzu werden zunächst knapp die Situation der arbeitenden Frauen zu Beginn der Industrialisierung und im Kaiserreich allgemein (Kapitel 2) und die in dieser Zeit ausbrechende öffentliche Debatte um Frauenerwerbsarbeit dargestellt (Kap. 3). Hintergrund dieser Debatte war insbesondere die dynamische Zunahme weiblicher Erwerbstätigkeit in neuen außerhäuslichen industriellen Produktions- und Arbeitsbereichen seit Mitte des 19. Jahrhunderts, die aufgrund der mit diesen einhergehenden Trennung von Wohnung und Arbeitsplatz das Spannungsverhältnis der Frau zwischen Produktion und Reproduktion besonders verdeutlichte. Eine weitere zentrale Frage ist die nach der Art und Beschaffenheit der Schutzgesetze und dem Verlauf der Gesetzesgenese. Dabei sind die gesetzlich getroffenen Regelungen zum Arbeiterinnenschutz auch auf ihre Wirksamkeit in der Praxis zu überprüfen (Kap. 4). Unter dem Begriff „Arbeiterinnenschutz“ wird dabei definitorisch dreierlei gefasst: Erstens Maßnahmen betreffend der zulässigen Arbeitszeit, zweitens Arbeitsverbote für bestimmte Tätigkeiten und Industriezweige sowie drittens Regelungen zum Mutterschutz. Allen diesen gesetzlichen Bestimmungen war formal juristisch gemein, dass sie öffentlich-rechtliche Pflichten der Arbeitgeber gegenüber dem Staat begründeten. Zeitlich differenziert wird zwischen der Epoche zwischen 1878 und 1914 (Kap. 4.1) und der Zeit des Ersten Weltkriegs (Kap. 4.2). Hierbei ist die in der Forschung oft artikulierte These Stefan Bajohrs, der 1. Weltkrieg habe für die Entwicklung der Frauenarbeit in Deutschland die wohl entscheidende Zäsur dargestellt, zu überprüfen.
Da die arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben fast ausschließlich für eine kleine Gruppe der arbeitenden Frauen, namentlich die Fabrikarbeiterinnen, Geltung erlangten, wird abschließend exemplarisch für die vom Arbeitsschutz im Kaiserreich weitgehend ausgeschlossenen Gruppen in einem knappen Exkurs die Situation und rechtliche Stellung der Dienstmädchen dargestellt (Kap. 5).
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Situation und Lage der Frauenarbeit im Zeitalter der Industrialisierung
- 3. Zur öffentlichen Debatte um Frauenerwerbsarbeit im deutschen Kaiserreich
- 4. Die rechtliche Entwicklung des Arbeiterinnenschutzes im Kaiserreich
- 4.1 Die Gesetzesgenese zwischen 1878 und 1914
- 4.2 Frauenarbeit und Arbeitsschutz im Ersten Weltkrieg
- 5. Zur rechtlichen Stellung der Dienstmädchen
- 6. Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Entwicklung des Arbeitsschutzes für Frauen im Deutschen Kaiserreich vom Beginn der Industrialisierung bis zum Ersten Weltkrieg. Sie beleuchtet die gesellschaftlichen und politischen Debatten um Frauenarbeit und deren rechtliche Regulierung.
- Die Situation der Frauenarbeit zu Beginn der Industrialisierung und im Kaiserreich
- Die öffentliche Debatte um Frauenerwerbsarbeit im Deutschen Kaiserreich
- Die rechtliche Entwicklung des Arbeiterinnenschutzes und dessen Wirksamkeit
- Die rechtliche Stellung von Dienstmädchen
- Der Einfluss des Ersten Weltkriegs auf die Frauenarbeit und den Arbeitsschutz
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 beschreibt die Veränderungen der Frauenarbeit durch die Industrialisierung, den Wandel von traditionellen Arbeitsformen hin zur industriellen Fabrikarbeit und die Herausbildung typischer "Frauenindustrien". Kapitel 3 analysiert die öffentliche Debatte um das Spannungsverhältnis von Produktion und Reproduktion im Kontext der Frauenarbeit. Kapitel 4 befasst sich mit der rechtlichen Entwicklung des Arbeiterinnenschutzes, untersucht die Gesetzesgenese und deren praktische Wirksamkeit sowohl vor als auch während des Ersten Weltkriegs. Kapitel 5 gibt einen kurzen Überblick über die rechtliche Situation von Dienstmädchen als Beispiel für eine Gruppe, die vom Arbeitsschutz weitgehend ausgeschlossen war.
Schlüsselwörter
Frauenarbeit, Arbeitsschutz, Arbeiterinnenschutz, Industrialisierung, Deutsches Kaiserreich, Erster Weltkrieg, Mutterschutz, Dienstmädchen, Gesetzgebung, soziale Debatte, Produktion und Reproduktion.
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- Florian Greiner (Author), 2007, Zwischen Produktion und Reproduktion, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121302