Der Unterschied zwischen Realismus und Naturalismus anhand „Maria Magdalena“, „Das Friedensfest“ und „Die Familie Selicke“


Seminararbeit, 2006

20 Seiten, Note: 3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Realismus und der Bürgerliche Realismus

2. Naturalismus

3. Drama - Die Geschichte der Gattung vom bürgerlichen Trauerspiel bis zu dem naturalistischen Drama

4. Das moderne bürgerliche Trauerspiel „Maria Magdalena“ von Friedrich Hebbel

5. Das Familiendrama „Friedensfest“ von Gerhart Hauptmann…

6. Die Dramen im Vergleich, im Ausblick auf „Die Familie Selicke“ von Arno Holz und Johannes Schlaf
6.1. Das Drama des bürgerlichen Realismus und das Drama des Naturalismus
6.2. Familiäre Verhältnisse
6.3. Generationskonflikt
6.4. Vaterrolle
6.5. Symbolik

7. Schlussfolgerungen

Literaturverzeichnis

Einleitung

Diese Ausarbeitung ist ein Versuch, die Unterschiede zwischen dem Realismus und dem Naturalismus am Beispiel der Dramen aus diesen Epochen zu analysieren. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen dabei die Familiendramen des Naturalismus: „Das Friedensfest“ von Gerhart Hauptmann und „Die Familie Selicke“ von Johannes Schlaf und Arno Holz. Diese werden mit dem modernen bürgerlichen Trauerspiel „Maria Magdalena“ von Friedrich Hebbel verglichen. Die Bühnenwerke, die ich ausgewählt habe, handeln von der Familienproblematik und spiegeln die Probleme des 19. Jahrhunderts und der Jahrhundertwende wider. Obwohl die Theaterstücke in der anfänglichen Betrachtung zahlreiche Unterschiede aufweisen, kann man die bürgerliche Tragödie „Maria Magdalena“ und die naturalistischen Familiendramen von Hauptmann zum Vergleich heranziehen und viele Ähnlichkeiten aufweisen.[1] Die Stücke werden in Hinsicht auf die familiären Verhältnisse, die Darstellung der Familienkrise und der Vaterfiguren erforscht. Die Ausarbeitung untersucht auch strukturelle Differenzen und Gemeinsamkeiten der Dramen des Bürgerlichen Realismus und des Naturalismus.

1. Realismus und der Bürgerliche Realismus

Die Nachahmung der angeschauten und erlebten Wirklichkeit war schon immer eine Leitvorstellung sowohl für bildende Kunst als auch für Literatur. Erst aber im 19. Jahrhundert war „der realistische Impuls“[2], der Wille, im Kunstwerk die Wirklichkeit wiederzufinden, für die europäische und deutsche Ästhetik und Dichtung von so einer enormen Bedeutung, dass man dieser Epoche den Namen „Realismus“ gegeben hat. Zweifellos bezeichnet der Epochenbegriff „Realismus“ die dominante literarische Strömung in der europäischen Literatur des 19. Jahrhunderts.[3]

Die Definition des literarischen Realismus bezieht sich auf Werke, die vorhatten, die soziale zeitgenössische Wirklichkeit objektiv darzustellen und die Welt der Fiktion als eine Welt der Wirklichkeit in Erscheinung zu bringen. Das Phantastische, Märchenhafte, Allegorische, Abstrakte, Symbolische und Dekorative werden dabei abgelehnt. Im 19. Jahrhundert wollte man auch nicht mehr Mythos, Märchen und Traumwelten in die Kunst einbeziehen.

Die Autoren des Realismus haben sich mit der Frage nach der Beziehung zwischen Wirklichkeit und Literatur befasst. Sie gingen aber von einer grundsätzlichen Differenz der Realität und der Dichtung aus. Es war ihnen klar, dass die Wirklichkeit prosaisch ist und nicht unverklärt in Kunst miteinbezogen werden soll.[4]

Träger des Realismus war in Deutschland das Bürgertum. Die Mehrheit der Autoren dieser literarischen Strömung stammte aus dem Bürgertum und schrieb über das bekannte bürgerliche oder kleinbürgerliche Milieu. Die Themen und Charaktere des Realismus waren auch meistens im Bürgertum angesiedelt.

Der Beginn des bürgerlichen Realismus wird mit dem Jahr 1848 datiert[5] und endet zeitgleich mit dem Jahrhundert. Die in den 1880er und 1890er Jahren angekommene Bewegung des Naturalismus läuft parallel zum Bürgerlichen Realismus und bedeutet nicht das Ende seiner Wirkungsphase. In der Wirkungszeit des Realismus fallen so bedeutende politische und historische Ereignisse wie die gescheiterte Revolution von 1848, die Reichsgründung im Jahr 1871 sowie die Entstehung der modernen Industriegesellschaft in Deutschland.

2. Naturalismus

In der neuen literarischen Strömung von den achtziger Jahren bis zur Jahrhundertwende standen die Begriffe „Realismus“ und „Naturalismus“ im Mittelpunkt. Daneben wird der Begriff „Naturalismus“ benutzt, manchmal als Synonym für „Realismus“, manchmal als Verschärfung und Zuspitzung des „Realismus“. Der Unterschied zwischen dem Realismus und dem Naturalismus lag längliche Zeit nicht fest. Die beiden Begriffe wurden erst durch die moderne Literaturwissenschaft getrennt.[6]

Bezüglich der industriellen Revolution und der Proletarisierung der Arbeiterschaft im Bereich des Kleinbürgertums macht sich in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts eine neue Schriftstellergeneration bemerkbar. Das Auftreten von neuen Themen und wurde als eine Revolution in der deutschen Literaturgeschichte empfunden, die einen Anbruch der „Moderne“ ankündigte.[7] Die Autoren, die diese neuen Themen verwendet haben, waren die Naturalisten, die durch Kunst und Literatur die sozial-politischen Verhältnisse in allen gesellschaftlichen Bereichen aufdecken wollten. Die meisten dieser neuen Verfasser vereinte in ihrer Haltung die Kritik an der anerkannten Literatur, die ihrer Auffassung nach, die Wirklichkeit nicht zeigte wie sie war, sondern poetisierte und ästhetisierte. Die Grundvorstellung von Naturalisten setzte dagegen voraus, den Eindruck bei den Lesern zu gewinnen, sie würden in die wirkliche Welt, in das wirkliche Leben blicken.

Die junge Schriftstellergeneration stellte die soziale Not dar. Die Naturalisten haben die Themen bevorzugt, die bislang weitgehend Tabu gewesen waren: die Lage der Arbeiter, die Frauenemanzipation und Kritik an den Kapitalismus. Im Zentrum der naturalistischen Ästhetik steht die Darstellung von sozialen Problemen wie Elend, Armut, Alkoholismus, Kriminalität, Verfall von Familie und das Hässliche. Die Autoren kämpften gegen kirchliche und staatliche Autorität, gesellschaftliche Konventionen in Familie und Ehe. Der Mensch war für die naturalistischen Künstler Produkt der Umstände in denen er lebte.

Eine großartige Rolle spielt in dieser Literaturrichtung das Drama. Von allen literarischen Gattungen scheint das Drama am ehesten die Illusion der Wirklichkeit darzustellen, weil das Geschehen auf der Bühne vor dem Publikum unmittelbar präsent ist. Das soziale Drama des Naturalismus war in der Regel in einem einzigen Stand angesiedelt, nämlich dem mittleren Bürgertum und Kleinbürgertum, oft sogar in ganz proletarischem Milieu wie z.b. in Hauptmanns „Weber“.

3. Drama - Die Geschichte der Gattung vom bürgerlichen Trauerspiel bis zu den naturalistischen Sozialen Dramen.

Im 18. Jahrhundert bildet sich der neue Typus des Dramas aus, mit dem die ''klassische''

Tragödie überwunden werden sollte. Aus dem bürgerlichen Selbstbewusstsein der Aufklärer entsteht ein Drama, das die Probleme dieses neuentstandenen Bürgertums - vorrangig als Familienproblematik - auf die Bühne brachte. Dieser Dramentypus, das bürgerliche Trauerspiel, erlebt im 19. Jahrhundert seine besondere Verwandlung in der Form des Familiendramas. In den bürgerlichen Trauerspielen wie „Emilia Galotti“ waren vor allem die Standesgegensätze als der gesellschaftliche Konflikt der Epoche dargestellt. Das bürgerliche Trauerspiel verschwindet aber zu Beginn des 19. Jahrhunderts und an seiner Stelle tritt das soziale Drama, in dem die ökonomische Misere das Tragische bedeutet und immer wieder in den Vordergrund tritt.

1845 ist das erste moderne bürgerliche Trauerspiel „Maria Magdalena“ von Friedrich Hebbel entstanden. Hebbel setzt sich in diesem Stück mit der Tradition des bürgerlichen Trauerspiels auseinander. Er bleibt jedoch nicht auf der für das 18. Jahrhundert anerkannten Version des bürgerlichen Trauerspiels stehen, sondern passt die Gattung seinen eigenen Reflexionen an.[8] Als der Höhepunkt des bürgerlichen Trauerspiels gelten „Emilia Galotti“ von Lessing und „Kabale und Liebe“ von Schiller. In diesen Theaterstücken wird ein sozialer Konflikt der Epoche zur Darstellung gebracht. Im 18. Jahrhundert bedeutet der soziale Konflikt, der in den Dramen aus dieser Zeit thematisiert wird, vor allem die Konfrontation des dritten Standes mit dem zweiten und ersten Stand in Liebesangelegenheiten.

[...]


[1] Vgl. Schößler „Einführung in das bürgerliche Trauerspiel und das soziale Drama“, (2003), s. 67-70, Vgl. Leroy „Deutsche Dichtung um 1890“,(1991), s. 410-412.

[2] Brinkmann „Begriffbestimmung des literarischen Realismus“, (1987) s. VIII

[3] Vgl. Becker „Bürgerlicher Realismus“, (2003) s. 15

[4] Vgl. Ebenda s. 15

[5] Vgl. Ebenda s. 18

[6] Vgl. Brinkmann „Begriffbestimmung des literarischen Realismus“, (1987), s. 411

[7] Vgl. Bark „Epochen der deutschen Literatur“,(1989), s. 324

[8] Vgl. Häntzschel „Interpretationen. Dramen des 19. Jahrhunderts“, (1997), s. 235

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Der Unterschied zwischen Realismus und Naturalismus anhand „Maria Magdalena“, „Das Friedensfest“ und „Die Familie Selicke“
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
„Inszenierung von Illusionen“
Note
3
Autor
Jahr
2006
Seiten
20
Katalognummer
V121333
ISBN (eBook)
9783640253890
Dateigröße
491 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unterschied, Realismus, Naturalismus, Magdalena“, Friedrich, Hebbel, Friedensfest“, Gerhart, Hauptmann, Ausblick, Familie, Selicke“, Johannes, Schlaf, Arno, Holz, Illusionen“
Arbeit zitieren
Malgorzata Swietlik (Autor:in), 2006, Der Unterschied zwischen Realismus und Naturalismus anhand „Maria Magdalena“, „Das Friedensfest“ und „Die Familie Selicke“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121333

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