Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Frage 1
A. Methoden der Dunkelfeldforschung
I. Einleitung
II. Das Experiment
III. Die teilnehmende Beobachtung
IV. . Die Befragung
l. Täterbefragung („self reported delinquency“)
2. Opferbefragung („report on victimization“)
3. Informantenbefragung
B. Studie des Interdisziplinären Zentrums der Universität Bielefeld
I. Einleitung
II. Studiendesign der Bielefelder Untersuchung
1. Probleme für die Ausgestaltung des Studiendesigns
2. Erhebungsmethode und –instrumente
a) Mündlicher Fragebogen
b) Schriftlicher Fragebogen („Drop-off“)
3. Zusatzbefragung von türkischen und osteuropäischen Frauen
III. Aussagekraft der Ergebnisse solcher Studien
1. Grundsätzliche Aussagen
2. Methodische Probleme
a) Hinsichtlich des Gewaltbegriffs
b) Hinsichtlich der Erfassung von Sexualstraftaten
3. Viktimisierung ethnischer Minderheiten
Frage 2
A. Erkenntnisse der kriminologischen Dunkelfeldforschung
I. Einleitung
II. Methodische Schwierigkeiten der Dunkelfeldforschung
1. Einwände gegen das Experiment
2. Einwände gegen die teilnehmende Beobachtung
3. Einwände gegen die Befragung
III. Schlussfolgerung
B. Deliktsfelder der Dunkelfeldforschung
I. Einleitung
II. Gewaltkriminalität
III. Jugendkriminalität
IV. . Eigentums- und Vermögensdelikte
V. Wirtschafts-, Korruptions- und Umweltdelikte
1. Wirtschaftskriminalität im Dunkelfeld
2. Korruption im Dunkelfeld
3. Umweltdelikte im Dunkelfeld
VI. . Sexualkriminalität
C. Problematik der „häuslichen Gewalt“
I. Einleitung
II. Das Phänomen „häusliche Gewalt“
III. Gewalt in Paarbeziehungen
IV. Partnerschaftsgewalt als Gewalt gegen Kinder
1. Die vier Grundformen
a) Zeugung durch Vergewaltigung
b) Misshandlung während der Schwangerschaft
c) Gewalterfahrungen als Mitgeschlagene
d) Aufwachsen in einer Atmosphäre der Gewalt und Demütigung
2. Auswirkungen von Partnerschaftsgewalt auf Kinder
a) Physische Belastungen
b) Psychische Belastungen
aa) Verhaltensauffälligkeiten bei betroffenen Kindern
bb) Folgen für die Identitätsentwicklung
cc) Kognitive Fehlentwicklung
dd) Beeinträchtigung der sozialen Entwicklung
ee) Gewaltdelinquenz der Betroffenen
3. Schlussfolgerung
Frage 1
A. Methoden der Dunkelfeldforschung
I. Einleitung
Eine exakte Erfassung der Kriminalitätswirklichkeit in Deutschland ist aufgrund verschiedener variabler Faktoren unmöglich. Registriert wird die Kriminalität in Deutschland in der „Kriminalstatistik“, welche alle solche amtlichen Statistiken umfasst, in denen Ergebnisse staatlicher Ermittlungs- und Strafverfolgungstätigkeit vermerkt werden. Eine sehr wichtige Informationsquelle für die Öffentlichkeit, die Strafverfolgungsbehörden und die Wissenschaft über Umfang, Struktur und Entwicklung der Kriminalität ist die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS).1 Die PKS ist nach ihrer eigenen Definition die Zusammenstellung der erfassbaren wesentlichen Inhalte aller der Polizei bekannt gewordenen strafrechtlichen Sachverhalte.2 Sie wird bei „statischer und dynamischer Betrachtungsweise unter verschiedenen Einschränkungen gewisse Aussagen zur Struktur vermuteter tatsächlicher Kriminalität ermöglichen“.3 Dies wird allerdings nicht gelten können bei Taten und/oder zugehörigen Tätern mit hoher Entdeckungsimmunität sowie bei außergewöhnlichen Verfolgungserschwernissen z.B. bei Delikten, bei denen gesellschaftlich dominierende Einstellungen eine informelle bzw.
formelle Strafverfolgung hemmen, weil diese Delikte beispielsweise nicht zur Anzeige gebracht werden. Um sich der realen Verbrechenswirklichkeit anzunähern und damit dass Kriminalitätslagebild zu optimieren, ist es notwendig, ergänzend zu den kriminalstatistischen Informationen über das Hellfeld auch Daten über diejenigen Taten zu gewinnen, die den Blicken der Strafverfolgungsbehörden entzogen sind und daraus Resultierend gewissermaßen im Dunkeln verbleiben.4 Dieser Aufgabe widmet sich die sog. Dunkelfeldforschung. Allgemein bezeichnet der Begriff des Dunkelfeldes die „Summe jener tatsächlich begangenen Straftaten, die nicht amtlich bekannt geworden sind und dementsprechend nicht in der Kriminalstatistik in Erscheinung treten“.5
Im weiteren Verlauf werden die einzelnen Methoden der Dunkelfeldforschung näher erläutert. Frühere Ermittlungen zum Dunkelfeld waren meist Schätzungen und Hochrechnungen auf der Basis kriminalstatistischer Daten oder aufgrund weitgehend unsystematisch gewonnener Eindrücke und Erfahrungen von Kriminalisten. Die Methoden, mit denen Kriminologen heute das Dunkelfeld zu erforschen versuchen, sind den empirischen Sozialwissenschaften angelehnt. Insoweit kann man drei Forschungsansätze unterscheiden: das Experiment, die teilnehmende Beobachtung und insbesondere die Befragung.6
II. Das Experiment
Zum einen versuchen Kriminologen mit Hilfe von Experimenten die exakte Kriminalitätswirklichkeit zu erfassen. Ein Experiment verfolgt das Ziel, durch die wiederholbare Beobachtung unter kontrollierten Bedingungen, eine zugrunde liegende Hypothese bzw. die Behauptung eines Kausalzusammenhangs zu überprüfen.7 Als Beispiel für die wiederholte Beobachtung delinquenten Verhaltens in einem kontrollierten „setting“ lässt sich anführen, etwa zur Ermittlung des Dunkelfeldes beim Ladendiebstahl, dass von einer Person unter immer gleichen Bedingungen zum Schein Gegenstände im Supermarkt entwendet werden, um aus dem Verhältnis zwischen den entdeckten und den erfolgreich verübten „Ladendiebstählen“ auf die Dunkelziffer zu schließen.8
III. Die teilnehmende Beobachtung
Eine eher untergeordnete Rolle in der Dunkelfeldforschung spielt die teilnehmende Beobachtung. Unter einer teilnehmenden Beobachtung versteht man die „geplante Wahrnehmung des Verhaltens von Personen in ihrer natürlichen Umgebung durch einen Beobachter, der an der Interaktion teilnimmt und von den anderen Personen als Teil ihres Handlungsfeldes angesehen“ wird.9 Anders ausgedrückt dringt der Wissenschaftler wie ein „verdeckter Ermittler“ in eine Subkultur- oder kriminelle Gruppe, um dann mit Hilfe der durch die Beobachtung gewonnenen Erkenntnissen Schlüsse über verschiedene kriminelle Praktiken und deren auftretende Häufigkeit ziehen zu können.
IV. Die Befragung
Das gebräuchlichste Verfahren der Dunkelfeldforschung, welches zur Aufhellung des Dunkelfeldes entwickelt wurde, ist die Befragung. Darunter versteht man einen „zielgerichteten sozialen Interaktions-Vorgang, dessen objektive Erfassung nur unter Einschluss des Kontextes möglich ist, in dem er stattfindet“.10 Es wird insoweit zwischen Täter-, Opfer- und Informantenbefragung unterschieden. Die jeweiligen Befragungen finden entweder „face to face“(direktes persönliches Interview), per Telefon oder per Post statt. Zu beachten ist, dass das Interview an Hand eines standardisierten Fragebogens immer nur die subjektive Wahrnehmung durch die Probanden, nicht „die“ Kriminalität als solche erfasst.11
1. Täterbefragung („self reported delinquency“)
Bei der Täterbefragung „lässt man eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung berichten, welche Delikte sie innerhalb eines bestimmten Zeitraumes begangen haben, ohne Rücksicht darauf, ob dritte Personen oder sogar amtliche Stellen von diesen Delikten Kenntnis erhalten hatten und auch ohne Rücksicht auf eine eventuell erfolgte Sanktionierung“.12 Teilweise wird mit Hilfe von Tests versucht, zusätzlich Persönlichkeits- oder Sozialdaten zu ermitteln.
2. Opferbefragung („report on victimization“)
Im Rahmen einer Opferbefragung wird der Proband einer Zufallsstichprobe darüber befragt, ob er in einem bestimmten Zeitraum Opfer von bestimmten Delikten geworden ist. Auch hier bestimmt die subjektive Wahrnehmung des Probanden sein Antwortverhalten, d.h. ob die Delikte denen er eventuell zum Opfer fiel angezeigt wurden oder nicht spielt für die Erhebung keine Rolle.13 Da ein Opfer eher als ein Täter bereit ist, über verübte Delikte Auskunft zu geben, bringt diese Form der Befragung die relativ sichersten Ergebnisse.14
3. Informantenbefragung
Bei der Informantenbefragung wendet man sich an Personen bzw. Institutionen, die selbst zwar nicht betroffen sind, aber dennoch Kenntnis von Straftaten oder bestimmten Viktimisierungsvorgängen erlangt haben.15 Diese Form der Dunkelfeldforschung ist besonders zweckmäßig, wenn aus verschiedenen Ursachen der Zugang zu Tätern oder Opfern erschwert ist.
B. Studie des Interdisziplinären Zentrums der Universität Bielefeld
I. Einleitung
Das Interdisziplinäre Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Bielefeld hat im Jahr 2004 eine repräsentative Studie zu Gewalt gegen Frauen zwischen 16 und 85 Jahren in Deutschland veröffentlicht. In der Studie wurden unterschiedliche Gewaltformen wie körperliche, sexuelle und psychische Gewalt, sowie sexuelle Belästigung und Stalking erfasst. Die Gewaltformen wurden zu verschiedenen Lebensbereichen in einen Kontext gesetzt: Zum einen zu „Gewalt in Familien- und Paarbeziehungen sowie im engen sozialen Umfeld von Familie, Schule, Arbeitswelt und Nachbarschaft/Freundeskreis, als auch Gewalt durch Fremde oder wenig bekannte Personen“.16 Neben der repräsentativen Hauptuntersuchung, wo auf Basis einer Gemeindestichprobe 10.264 Frauen in ganz Deutschland befragt wurden, gab es zusätzliche Erhebungen bei Untergruppen (türkischen und osteuropäischen Migrantinnen, Prostituierten, Asylbewerberinnen, Inhaftierten).17 Zunächst wird die Methode der Bielefelder Untersuchung näher untersucht. Des Weiteren wird abstrakt dargelegt, welcher Aussagewert den Ergebnissen einer solchen Studie zukommt.
II. Studiendesign der Bielefelder Untersuchung
1. Probleme für die Ausgestaltung des Studiendesigns
Neben den methodischen Anforderungen waren hier forschungsethische Aspekte in erhöhtem Maße zu beachten. Grundsätzlich musste davon ausgegangen werden, dass es den befragten und zugleich betroffenen Frauen sehr schwer fallen würde, fremden Menschen gegenüber Angaben zu erlebten Gewalterfahrungen in ihrer direkten sozialen Umgebung zu machen. Auch stellen Gewalterfahrungen, insbesondere sexuelle, extrem psychische Belastungen für die Opfer dar, weshalb ein besonders sensibles bzw. empathiefähiges Interviewerteam gebraucht wurde, das speziell geschult werden musste, um der eventuellen Gefahr einer Retraumatisierung vorzubeugen. Schließlich musste beachtet werden, dass bei Anwesenheit gewalttätiger Ehe- oder Lebenspartner zum einen generell der Wahrheitsgehalt der Aussagen in Frage gestellt werden könnte, und ferner den Frauen durch ihre Angaben gegenüber Dritten Gewalt ihrer Beziehungspartner erneut oder noch intensiver drohte. Folglich mussten die Interviewsituationen sorgfältig vorbereitet werden und es bedurfte Rahmenbedingungen, die eine größtmögliche Sicherheit und Vertrauen für die Befragten gewährleisteten.
2. Erhebungsmethode und –instrumente
Für die Erhebung der Daten entschied man sich für eine Opferbefragung in Form einer Face-to-Face-Befragung anhand eines mündlichen Fragebogens und eines schriftlichen Fragebogens zum Selbstausfüllen („Drop-off“). Die Befragungen fanden direkt in den Haushalten der Probandinnen statt und für den Intervieweinsatz wurden ausschließlich Frauen eingesetzt.18 Diese Vorgehensweise bot mehrere Vorteile. Die persönliche Anwesenheit einer Interviewerin führte zu einer besseren Kontrolle im Hinblick auf die Anwesenheit Dritter was eine wesentliche Voraussetzung war, um den Befragten eventuelle Ängste zu nehmen, sich offen zu Verhalten, und die Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten.19 Darüber hinaus diente die Vertraulichkeit dem Schutz der Probandinnen.20 Der persönliche Kontakt bot zum einen die Möglichkeit, die psychische Befindlichkeit der jeweiligen Befragten während oder nach dem Interview besser einzuschätzen um gegebenenfalls einzugreifen, und zum anderen im Anschluss an die Befragung ein Informationsblatt auszuteilen mit Rufnummern regionaler Hilfseinrichtungen für die betroffenen Frauen.21 Bei der Entwicklung des mündlichen sowie des schriftlichen Fragebogens mussten weitere Richtlinien eingehalten werden um einer hohen Belastung der Frauen entgegenzuwirken. Beispielsweise wurde der Begriff “Gewalt“ immer anhand von konkreten Handlungen umschrieben und es wurde eine indirekte Abfragetechnik angewandt – „die Frauen mussten Gewaltsituation nie konkret Schildern“.22
a) Mündlicher Fragebogen
Der mündliche Fragebogen wurde in zehn Themenblöcke eingeteilt. Bezüglich der Reihenfolge standen studienzentrale Themenbereiche mit Abfragen zu den Gewaltformen im Wechsel mit allgemeinen Themenblöcken wie z.B. Lebenszufriedenheit, Soziodemographie etc.23 Insgesamt wurden im Interview vier Gewaltformen abgefragt, beginnend mit der „schwächsten“: sexuelle Belästigung, psychische Gewalt, körperliche Gewalt und zuletzt sexuelle Gewalt. Hinsichtlich der Abfragetechnik wurde der jeweiligen Befragten Listen ausgehändigt, in denen einzelne Situationsbeschreibungen vermerkt waren, ergänzt durch einen Kennbuchstaben.24
Damit sollte verhindert werden dass selbst bei Anwesenheit Dritter in der Wohnung diese den Gesprächsinhalt nachvollziehen können und diente somit auch dem Ziel einer vertraulichen Befragungssituation. Schließlich erleichterte eine derartige Strukturierung den Probandinnen die wahrheitsgemäße Beantwortung der Fragen.
b) Schriftlicher Fragebogen („Drop-off“)
Direkt im Anschluss an das mündliche Interview wurden alle Probandinnen gebeten, einen schriftlichen Fragebogen im Beisein der Interviewerin auszufüllen. Die Datenerhebung über einen zusätzlichen schriftlichen Fragebogen war notwendig, da man davon ausging dass es einer überwiegenden Anzahl von Menschen schwer fallen würde, Fragen mit Bezug auf hochsensible Themenbereiche offen gegenüber einer Dritten Person zu artikulieren. Angesprochene Themenbereiche waren hier „Partnerschaft, Gewalterfahrungen in einer aktuellen/früheren Partnerschaft, Stalking sowie Gewalt in der eigenen Kindheit“.25
Dramaturgisch wurde der Einstieg eher neutral gehalten, z.B. anhand allgemeiner Fragen zur aktuellen Partnerschaft, bevor sich die Fragen auf eventuell erlebte Gewalterfahrungen konzentrierten und damit die Belastungssituation der Befragten anstieg.
3. Zusatzbefragung von türkischen und osteuropäischen Frauen
Probleme bei bisherigen nationalen Dunkelfelduntersuchungen zu Gewalt gegen Frauen ergaben sich bezüglich Migrantinnen mit geringen deutschen Sprachkenntnissen, welche somit auch nicht erfasst werden konnten. Um in dieser Studie derartige Schwierigkeiten zu überwinden, wurden für die beiden in Deutschland lebenden größten Migrantinnengruppen die Befragungen in türkischer bzw. russischer Sprache – von Interviewerinnen mit entsprechendem ethnisch-kulturellen Hintergrund – durchgeführt.26
Ausgewählt wurden zum einen Frauen mit türkischer Staatsangehörigkeit oder türkischer Herkunft. Die Gruppe der osteuropäischen Migrantinnen bestand aus Frauen russischer Herkunft sowie aus Frauen mit Herkunft anderer osteuropäischer Länder. Vom Design der Erhebungsmethodik der Hauptuntersuchung wurde jedoch nicht abgewichen.
III. Aussagekraft der Ergebnisse solcher Studien
Zu erfragen ist, welcher Aussagewert den Ergebnissen einer solchen Studie zukommt.
1. Grundsätzliche Aussagen
Die Untersuchung bestätigt bisherige Vermutungen, dass Frauen in Deutschland ein hohes Maß an körperlicher und sexueller Gewalt erleben, insbesondere in Paarbeziehungen – „die Formen und Kontexte der Übergriffe und Taten sind vielfältig, die Täter sind häufig männlich, und ein besonders gefahrgeneigter Ort ist das Zuhause“.27 Neben der Hilfe zur Beleuchtung des Dunkelfeldes bildet die Erhebung von neuen Daten immer die Grundlage für eine bessere und an den Bedürfnissen der Betroffenen stärker ausgerichtete Prävention, Intervention und Hilfe.
2. Methodische Probleme
Trotz einer sorgfältig vorbereiteten Erhebungsmethodik treten bei Prävalenzstudien dieser Art, im Besonderen bei Studien zu sexueller Gewalt, immer wieder grundsätzliche methodische Probleme auf.
a) Hinsichtlich des Gewaltbegriffs
Prävalenzstudien können allein nur einen ersten Eindruck vermitteln, da in die Prozentangaben jeweils sehr verschiedene Formen und individuelle Häufigkeiten eingehen. Dies lässt sich z.B. anhand des Begriffs „Gewalt“ erläutern.
Eine präzise Bestimmung und Eingrenzung dieses Begriffes ist bisher nicht gelungen. Definitionen von Gewalt hängen nicht nur von gesellschaftlichen Wertvorstellungen, sozialstrukturellen und kulturellen Bedingungen und deren Wandel ab, sondern in erheblichem Maße vom Blickwinkel und den Interessen des Definierenden.28 Damit fließen in die Prozentzahlen sehr leichte Gewalterfahrungen, z.B. ein einmaliges Wegschubsen, ebenso ein wie starke, vielleicht sogar auf Dauer angelegte Misshandlungstaten. Das Gewaltempfinden bleibt, wenn auch zu einem geringen Grad, eine Frage der Perspektive. Diese Perspektiven können durch Prävalenzstudien nicht vollständig ausgeleuchtet werden. Somit ist es für solche Studien umso wichtiger, zu den verschiedenen Gewaltbereichen und dem sozialen Kontext in welchem sie stehen, jeweils Fragen anzuschließen, mit denen Täterinnen oder Täter, Verletzungs- und weitere Folgen genauer erfragt werden können.
[...]
1 Vgl. Bannenberg/Rössner, Kriminalität in Deutschland, S. 28.
2 Vgl. PKS 2006, S. 7.
3 Eisenberg, Kriminologie, § 44, Rdn. 3.
4 Vgl. Schwind, Kriminologie, § 2, Rdn. 76.
5 Schwind, Kriminologie, § 2, Rdn. 34.
6 Vgl. Göppinger, Kriminologie, § 23, Rdn. 5.
7 Vgl. Schwind, Kriminologie, § 2, Rdn. 40.
8 Vgl. Blankenburg, 1973, S. 127 ff.
9 Friedrichs, Methoden emp. Sozialforschung, S. 288.
10 Schneider, Methoden der Kriminologie, S. 222.
11 Vgl. Schwind, Kriminologie
12 Göppinger, Kriminologie, § 23, Rdn. 8.
13 Vgl. Schwind, Kriminologie, § 2, Rdn. 53a.
14 Kreuzer, NStZ 1994, S. 14f.
15 Vgl. Göppinger, Kriminologie, § 23, Rdn. 10.
16 Müller/Schöttle, 2004, S. 9.
17 Vgl. Kury/Obergfell-Fuchs, Sexualkriminalität, S. 629.
18 Vgl. Müller/Schröttle/Glammeier, 2004, S. 13.
19 Vgl. Müller/Schröttle/Glammeier, 2004, S. 14.
20 S.o. B./II./1.
21 Vgl. Müller/Schröttle/Glammeier, 2004, S. 15.
22 Müller/Schröttle/Glammeier, 2004, S. 16f.
23 Vgl. Fredebeul/et al., 2004, S. 16.
24 Vgl. Fredebeul/et al., 2004, S. 16.
25 Fredebeul/et al., 2004, S. 21.
26 Vgl. Müller/Schröttle/Glammeier, 2004, S. 116.
27 Schirmacher/Schweikert, FPR 2005, S. 45.
28 Vgl. Steffen, Gewalt in der Familie, S. 20.