Das Konzept der Lebensweltorientierung von Hans Thiersch. Umsetzung an einem Fallbeispiel


Studienarbeit, 2022

20 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Biographie Hans Thiersch

3. Definition von Begriffen
3.1 Lebenswelt
3.2 Dimensionen ,,erfahrene Zeit“, „Raum“ und ,,soziale Beziehungen“
3.3 Alltag

4. Konzept der Lebensweltorientierung
4.1 Entstehung des Konzepts
4.2 Ziele der lebensweltorientierten Sozialen Arbeit
4.3 Handlungs- und Strukturmaximen
4.3.1 Prevention
4.3.2 Alltagsnahe
4.3.3 Dezentralisierung
4.3.4 Integration
4.3.5 Partizipation

5. Fallbeispiel
5.1 Bezug des Fallbeispiels auf das Konzept der Lebensweltorientierung ...

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Sinnvolle und effiziente Hilfen Sozialer Arbeit haben nach Thierschs Konzept der le- bensweltorientierten Sozialen Arbeit, immer aus der Perspektive der Klienten*innen zu erfolgen. (Thiersch, Grunwald, 2016, S. 129) Zielgerichtete und erfolgversprechende Soziale Arbeit, als Hilfestellung und Unterstutzung kann also nur stattfinden, wenn die Klienten*innen von Sozialarbeitern*innen ganzheitlich betrachtet werden.

Klienten*innen sind alle verschiedenartig sozialisiert. Sie leben in unterschiedlichen sozialen Gefugen und haben verschiedene Rollen in sozialen Gruppen und Familienver- banden inne. Die Verschiedenheit der Personlichkeiten der Klienten*innen mussen im Kontext von Unterstutzungsbedarfen und eventuellen Krankheitsbildern, Behinderun- gen sowie sonstigen Alltagsbelastungen betrachtet werden.

Fussenhauser halt fest: die Lebensweltorientierung bearbeitet Schwierigkeiten und Probleme in der Komplexitat des Alltags. Gleichzeitig agiert sie aber auch provozierend und verfremdend, um Menschen aus den Verstrickungen des Alltags herauszubeglei- ten.“ (2006, S. 127)

In der vorliegenden Studienarbeit wird die ,,Darstellung des Konzeptes der Lebenswelt­orientierung von Hans Thiersch“ thematisiert. Zunachst wird auf die Biografie von Hans Thiersch und die Entwicklung seines Konzeptes eingegangen. Es folgt eine Defi­nition von Begriffen sowie eine Betrachtung des Konzeptes der Lebensweltorientierung. AbschlieBend soll das Konzept an einem Fallbeispiel auf die praktische Soziale Arbeit ubertragen werden .

Es soll der Frage nachgegangen werden, wie das Konzept der Lebensweltorientierung von Sozialarbeitern*innen umgesetzt werden muss, damit die Klienten*innen einen ge- lingerendem Alltag leben konnen.

2. Biografie Hans Thiersch

Geboren wurde Hans Thiersch im Jahr 1935 in Recklinghausen. Zusammen mit seiner Ehefrau Renate hat er vier Kinder. Nach seiner schulischen Ausbildung war er an der Universitat in Gottingen immatrikuliert. Er studierte Germanistik, Philosophie und The- ologie. Er promovierte und erwarb 1962 den Doktortitel an der Universitat Gottingen.

Zunachst war Thiersch Assistent von Heinrich Roth. 1967 ubernahm er den Lehrstuhl fur Allgemeine Padagogik an der Padagogischen Hochschule in Kiel.

1979 konnte er eine Professur im neu geschaffenen Diplomstudiengang Erziehungswis- senschaften an die Universitat Tubingen ubernehmen. Ein inhaltlicher Studienschwer- punkt war die Sozialpadagogik, die Thiersch maBgeblich entwickelte. Seine Verdienste wurden im Jahr 1996 mit der Verleihung der Ehrendoktorwurde der Universitaten Lune­burg und Dresden honoriert. Im Jahr 2002 wurde er emeritiert.

Neben seiner Lehrtatigkeit und seinen wissenschaftlichen Forschungen war er Mitglied in verschiedenen Gremien auf Landes- und Bundesebene. U. a. war er maBgeblich an der Verfassung des 8. Kinder- und Jugendberichtes beteiligt, dem sein Konzept der Le- bensweltorientierung zugrunde liegt. Er ist Autor und Herausgeber etlicher sozialpada- gogischer Bucher und Zeitschriften (vgl. Katholische Hochschule NRW, 2019).

3. Definition von Begriffen

Im Folgenden werden die Begriffe Lebenswelt, Alltag und die Dimensionen Zeit, Raum und soziale Beziehungen definiert.

3.1 Lebenswelt

Lebenswelt meint in der Sozialen Arbeit die alltagliche Wirklichkeitserfahrung eines Menschen. Sie gibt soziale Sicherheit in den Strukturen aus Familie, Nachbarschaft, Gruppen und soziokulturellen Milieus. Der Mensch handelt in seiner Lebenswelt nach ihm bekannten sozialen Regeln in vertrauten Strukturen und Ablaufen. Die Lebenswelt ist also der Ort, in der der Mensch seine Erfahrungen macht und sein Leben bewaltigen muss (vgl. Frank, 2011, S. 561).

Lebenswelt ist erstens, ein beschreibendes Konzept. Der Mensch ist nicht lediglich als ein abstraktes Individuum anzusehen, sondern er wird in seiner speziellen Lebenswirk- lichkeit betrachtet. Dort agiert er, hat viele Aufgaben zu erledigen, erlebt Belastungen, muss sich seiner Umwelt anpassen und sich in ihr behaupten - aber er verweigert sich auch, wenn ihn seine Wirklichkeit uberfordert. Der Mensch versucht in Raum, Zeit und sozialen Beziehungen alle erdenklichen Szenarien zu bewaltigen. Aus der Summe sei­nes Erlebten und Erlernten bildet sich seine individuell interpretierte Wirklichkeit.

Uberschreitet das Handeln des Menschen in seiner Lebenswelt seine Moglichkeiten, so kann dies zu Uberanstrengungen, Belastungen und zu deviantem Verhalten fuhren (vgl. Grunwald, Thiersch, 2011, S.856).

Zum Zweiten befindet sich der Mensch nicht nur in seiner Lebenswelt, er muss auch in andere Lebensraume und Lebensfelder wechseln. Andere Lebensfelder besitzen aber auch andere Inhalte und somit unterscheidet sich seine Funktion. Durch das Durchlau- fen unterschiedlicher Lebensfelder, macht der Mensch unterschiedliche lebensweltliche Erfahrungen (z. B. in Familie, Beruf, Offentlichkeit). Die im Leben eines Menschen durchlaufenden Lebensfelder konnen die Entwicklung der Personlichkeit zum einen positiv beeinflussen, konnen aber auch zu Traumatisierungen fuhren. Das Konzept der Lebenswelt rekonstruiert die Lebensverhaltnisse des Menschen in seinen Lebensfeldern und schaut darauf, in welchen Lebensfeldern es zu Konflikten kommt, ob es Rollenkon- flikte zwischen einzelnen Lebensfeldern gibt, und ob Ressourcen bestehen, die einer Vermittlung zwischen den Lebensfeldern dienlich sein konnen (vgl. Thiersch, Grund- wald, Kongeter, 2012 S. 184 f.).

Zum Dritten beschreibt Thiersch Lebenswelt als ein normativ-kritisches Konzept: ,,Es versteht lebensweltliche Verhaltnisse und die gesellschaftlichen Strukturen in der Span- nung von Gegebenen und Moglichem.“ (Grunwald, Thiersch, 2011, S. 857) Unter- schiedliche Lebenswelten in denen der Mensch in seiner Lebensbewaltigung agiert, konnen zum einen Identitatsschaffen und Sicherheit gebend sein. Zum anderen konnen sie aber auch als einengend, als Widerspruch und Belastung empfunden werden. Soziale Arbeit lost diesen Widerspruch auf und vermittelt zwischen Gelingendem und Verfehl- ten (vgl. Thiersch, Grundwald, Kongeter, 2012, S. 185).

Zum Vierten wird Lebenswelt als ein historisch und sozial konkretes Konzept bezeich- net. Der Mensch ist in seiner Lebensbewaltigung gesellschaftlichen Strukturen unter- worfen und von ihnen gepragt. In seiner Lebenswelt arrangiert er sich mit diesen Ge- sellschaftsstrukturen.

Die Lebenswelt kann als eine Buhne beschrieben werden, auf der Menschen verschie- dene Rollen einnehmen und vor verschiedenen Buhnenbildern agieren mussen. Der Mensch muss sich in seiner Lebenswelt, die von sozialen Ungleichheiten und Wider- spruchlichkeiten gepragt ist, immer wieder neu inszenieren, um seinen Lebensplan vor sich und anderen rechtfertigen zu konnen. Dieses, sich immer wieder neu in Szene set- zen mussen, bzw. das Suchen nach neuen Handlungsmustern ist krafte- und energierau- bend. Es kann zu einem Identitatsverlust fuhren.

Aufgabe der Sozialen Arbeit ist es, zwischen bisherigen Handlungsmustern und neuen Chancen, deren Gestaltung mit Belastungen und Uberforderungen einhergehen kann, zu vermitteln (vgl. Thiersch, Grundwald, Kongeter, 2012 S. 185 f.).

Lebenswelt ist die Summe des Erlebten ,,in der Spannung von Ressourcen und Optio- nen, Gegebenen und Aufgegeben.“ (Thiersch, Grundwald, Kongeter, 2012 S. 186) Da die Lebenswelt in einer modernen Gesellschaft von Zerfall bedroht ist, ,,insbes. auch der Auflosung primarer sozialer Hilfeerwartungen und -beziehungen“ (Frank, 2011, S. 561) unterliegt, ,,stellt sich ... fur Soziale Arbeit die Aufgabe, noch funktionierende soziale Zusammenhange der L[ebenswelt] durch Aktivierung vorhandener Ressourcen zu ent- wickeln, zu stutzen oder durch geeignete Hilfsangebote zu erganzen.“ (Frank, 2011, S. 561)

Damit einhergehend agiert und orientiert sich Soziale Arbeit an den Dimensionen der erfahrenen Zeit, des Raumes und den sozialen Beziehungen eines Menschen.

3.2 Dimensionen „erfahrene Zeit“, „Raum“, ..soziale Beziehungen“

In der Dimension der erfahren Zeit werden Bezuge zu den Lebensphasen eines Men- schen in der Vergangenheit und der Gegenwart hergestellt. Es werden sowohl bisherige Bruche im Lebenslauf betrachtet, als auch die Moglichkeit gesehen, dass Zukunftsper- spektiven instabil sein konnen (vgl. Thiersch, Grundwald, Kongeter, 2012, S. 187).

Beispielhaft ware hier ein*e Alkoholiker*in zu nennen, der*die trotz fortlaufender er- folgreicher Suchtberatung und Entzugen immer wieder ruckfallig wird.

In der Dimension des Raumes ist der Mensch eingebettet in seinen Lebensraum. Ele- mentar ist, zu untersuchen, in welchem Raum ein Mensch lebt. Raume stellen sich wirt- schaftlich, sozial und geografisch fur jeden Menschen unterschiedlich dar - fur Jugend- liche anders als fur Alleinerziehende oder fur alte Menschen. Lebensweltorientierte So- zialarbeit bricht verengte Lebensraume auf und eroffnet neue Moglichkeiten.

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Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Das Konzept der Lebensweltorientierung von Hans Thiersch. Umsetzung an einem Fallbeispiel
Hochschule
SRH Hochschule Heidelberg
Veranstaltung
Methoden und Handlungskompetenzen 1
Note
1,2
Autor
Jahr
2022
Seiten
20
Katalognummer
V1214583
ISBN (eBook)
9783346658418
ISBN (Buch)
9783346658425
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Thiersch, Lebensweltorientierung
Arbeit zitieren
Gunnar Schulze (Autor:in), 2022, Das Konzept der Lebensweltorientierung von Hans Thiersch. Umsetzung an einem Fallbeispiel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1214583

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