Psychische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Verhaltensanalyse, SORCK-Modell und Differenzialdiagnostik an einem Fallbeispiel


Hausarbeit, 2020

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Behandlungsrahmen

2 Symptomatik

3 Anamnese

4 Psychopathologischer Befund

5 Testdiagnostik

6 Somatischer Befund

7 Verhaltensanalyse
7.1 Perspektive der Grundbedurfnisfrustration
7.2 Perspektive der Temperamentsfaktoren
7.3 Perspektive der Emotionsentwicklung
7.4 Grundannahmen, Situationserwartungen, Plane
7.5 Perspektive der Verhaltensdefizite
7.6 Perspektive der Systeme
7.7 Pradisponierende Faktoren
7.8 Auslosende Faktoren
7.9 Aufrechterhaltende Faktoren
7.10 SORCK-Modell
7.11 Langfristige Konsequenzen
7.12 Kontingenz und Kontiguitat
7.13 Funktionsanalyse
7.14 Verhaltensaktiva
7.15 Verhaltensexzesse
7.16 Verhaltensdefizite

8 Diagnostik

9 Differenzialdiagnostik
9.1 Angststorung
9.2 Depression
9.3 Tic-Storung
9.4 Storung des Sozialverhaltens

10 Therapieziele

11 Prognose

12 Behandlungsplan

13 Empfehlung

Literaturverzeichnis

1 Behandlungsrahmen

Die Behandlung des Patienten findet in einer Klinik fur Kinder- und Jugendpsychi- atrie, Psychosomatik und Psychotherapie im Umkreis von H., in einer landlichen Region, statt. Sie erfolgt stationar, wobei die Uberweisung durch den niedergelas- senen Kinderarzt veranlasst wurde, nachdem die Eltern des Patienten diesen auf- grund der kurzlich verschlimmerten Symptomatik dort vorgestellt hatten. Beantragt wird eine Langzeittherapie mit 60 Stunden und zusatzlichen 15 Elternstunden.

2 Symptomatik

Bei dem Patienten, N. M., waren erstmals vor etwa einem halben Jahr Zwangsge- danken aufgetreten. Der Junge berichtete, dass er zuerst unter der Angst vor der Verschmutzung seiner Zahnburste litt. Dabei befurchtete er insbesondere, durch die Keime auf seiner Zahnburste erkranken zu konnen, wenn diese mit anderen Gegenstanden in Beruhrung gekommen war. „Wenn ich die Keime beruhre, werde ich ganz sicher krank und kann sogar sterben“, erzahlte N.. Die Symptomatik der Zwangsstorung hatte schleichend begonnen und sich in den letzten Wochen so drastisch verstarkt, dass N. mittlerweile befurchtete, sich auch durch verschmutzte Kleidung oder Spielzeug infizieren zu konnen. Ausgehend von seinen Zwangsge- danken entwickelte er einen ausgepragten Waschzwang, wobei er sich ca. 20-mal am Tag die Hande wusch, was wiederum zu gereizten und schuppigen Handen fuhrte. Daruber hinaus brachte der Junge schon bei der kleinsten Verschmutzung seiner Kleidung diese sofort in die Wasche und aufgrund seiner Angst, dass sich Keime innerhalb seines Zimmers verbreiten konnten, erlaubte er nur noch seiner Schwester, sein Zimmer zu betreten. Bei der Erhebung der Fremdanamnese gab Ns. Mutter aufterdem noch an, dass ihr Sohn die Zwangsgedanken und - handlungen zwar als unangenehm und belastend erlebe, allerdings trotzdem nicht damit aufhore und auch Verbote ihn nicht davon abbringen konnten, sich die Han- de oder andere Gegenstande zu waschen. Des Weiteren berichtete Frau M., dass ihr Sohn schon seit dem Kindergarten, eine zunehmende motorische Unruhe zei- ge und sich sowohl zu Hause als auch in der Schule leicht ablenken lasse und unkonzentriert sei. Dies sei auch schon von Ns. Lehrern angesprochen worden. So wurde geauftert, dass N. haufig seine Hausaufgaben nicht erledige, oftmals nicht zuhore und regelmaftig Unterrichtsmaterialien verliere, wodurch er sich weit unter seinem Leistungsniveau befinde. Zusatzlich habe N. in der Schule Probleme, Aufgaben zu organisieren und gelte in der Klasse eher als Auftenseiter. Nach Aussagen des Vaters, komme es in der Familie immer wieder zu grofteren Streits, da N. oft nicht auf das hore, was zu ihm gesagt wird, nicht stillsitzen oder ruhig spielen konne und andere Familienmitglieder immer wieder unterbrechen wurde. Aufterdem liefe er auch in unangemessenen Situationen, wie im Restaurant, viel herum. N. selbst berichtete von Wutausbruchen und Weinanfallen, die er wahrend der Streitsituationen bekame. Auch in der Schule habe es Auseinandersetzungen mit Mitschulern gegeben und der Junge erzahlte, dass er sich nicht lange auf den Unterricht konzentrieren konne, sondern lieber aus dem Fenster sehe.

Die Symptomatik sorgte fur groften Leidensdruck in der Familie und N. war es zu- dem durch die in letzter Zeit zunehmend verschlimmerte Symptomatik nicht mehr moglich, in die Schule zu gehen, was zu der Vorstellung in der Klinik fuhrte.

3 Anamnese

Die Anamnese ergab, dass der 10-jahrige N. M. aus H. aktuell mit seinen Eltern und seiner drei Jahre jungeren Schwester in einer funf-Zimmer-Wohnung wohnt, welche sich nahe dem Stadtzentrum befindet. Die Wohnung biete dem Patienten zwar ausreichend Platz, so habe er sein eigenes Zimmer, allerdings fehlen nahe- gelegene Moglichkeiten zur aufterhauslichen Beschaftigung. Bis zu diesem Zeit- punkt hatte es zwei Umzuge innerhalb der Stadt gegeben, der letzte hatte vor et­wa einem halben Jahr stattgefunden.

Die Kindesmutter des Patienten, L. M., ist 38 Jahre alt und als Steuerberaterin ta- tig. Sie absolvierte die Hochschulreife und arbeitete von da an im Finanzwesen. Der Kindesvater, A. M., ist 42 Jahre alt und arbeitet als Abteilungsleiter in einer Firma. Auch er absolvierte die Hochschulreife und begann danach zunachst eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Aufgrund von Streitigkeiten in der Fami- lie besteht kein Kontakt zu den Grofteltern oder weiteren Verwandten des Kindes.

Der Patient hat eine Schwester, K., welche sieben Jahre alt ist. Die Beziehung der Geschwister war von Anfang an sehr harmonisch. Die Kinder spielten viel zusam- men und es kam kaum zu Streitigkeiten oder Eifersucht.

Die Mutter des Patienten war bei seiner Geburt 28 Jahre alt, die Schwangerschaft und Geburt seien unauffallig gewesen und ohne Komplikationen verlaufen. Jedoch bestand wahrend der Schwangerschaft ein Risikoverhalten seitens der Mutter, die gelegentlich Zigaretten rauchte. Die Geburtsgrofte lag im Normalbereich, jedoch wurde ein geringes Geburtsgewicht festgestellt. Entbunden wurde, aufgrund des Wunsches der Mutter, mit einem geplanten Kaiserschnitt und gestillt wurde bis circa vier Monate nach der Geburt. Bei N. handelte es sich um ein Wunschkind, allerdings wurde er als ein unruhiger Saugling beschrieben, der viel schrie, wodurch sich die Eltern oft uberfordert fuhlten. Zudem bestehen seit der Geburt Eheprobleme zwischen den Eltern, welche sich durch regelmaftigen Streit auftern. Im Sauglingsalter habe es Schlaf- und Essprobleme gegeben, welche auch zu einer Uberforderung seitens der Mutter fuhrten, diese seien aber ohne arztliche Behandlung wieder abgeklungen. Bei der Entwicklung der Sprache zeigten sich keine Auffalligkeiten, der Spracherwerb setzte bei dem Patienten zwischen einein- halb und zwei Jahren ein. Auch bezuglich der Fremdelphase wurden keine Be- sonderheiten festgestellt. Ab dem zweiten Lebensjahr setzte die Trotzphase ein, welche anhielt, bis N. circa vier Jahre alt war. Die Eltern gaben hierbei an, diese Phase aufgrund der regelmaftigen Wutanfalle als sehr anstrengend erlebt zu ha- ben und setzten in dieser Zeit strenge Regeln und Grenzen. Die Kontrolle uber Blase und Darm entwickelte der Patient im Alter von drei Jahren, die Sauberkeits- erziehung gestaltete sich jedoch laut der Eltern schwierig und langwierig. L. und A. begannen mit dem Training, als N. knapp zwei Jahre alt war und setzten Strafen als Erziehungsmaftnahmen ein. Dies fuhrte wiederum zu einer verzogerten Erler- nung, groftem Druck fur Eltern und Kind und regelmaftigem Streit. Der Eintrifft in die Krippe fand bereits im Alter von funf Monaten, aufgrund der beruflichen Situa­tion der Eltern, statt. Mit zweieinhalb Jahren erfolge der Ubergang in den Kinder­garten, wobei es zu keinen auffalligen Eintrittsschwierigkeiten kam. Im Kindergar­ten zeigte N., mit etwa vier Jahren, Tendenzen von motorischer Unruhe, geringer Frustrationstoleranz und ziellosen Aktivitaten, jedoch waren diese nur gering aus- gepragt und die Eltern hielten eine arztliche Untersuchung nicht fur notwendig. Sie fanden die Probleme von N. harmlos. Zum Ende des sechsten Lebensjahres wur- de der Patient eingeschult und besuchte die ersten drei Schuljahre eine nahegele- gene Grundschule. Schon nach kurzer Zeit wurde er durch sein unruhiges Verhal- ten auffallig. N. konnte dem Unterricht kaum folgen und lenkte und oftmals seine Mitschuler ab. Aufterdem besaft er einen chaotischen Arbeitsstil, was wiederum zu Streitereien zwischen dem Patienten und seinen Eltern fuhrte, denen es sehr wichtig war, dass N. sehr gute Leistungen erzielte. Mit der Zeit wurde aber ein Lei- tungsabfall deutlich. Jedoch besaft der Schuler einen Freund, mit welchem er in und auch manchmal aufterhalb der Schule seine Zeit verbrachte. Durch den Um- zug der Familie kam es zu einem Schulwechsel fur den Grundschuler, welcher nach Abschluss der dritten Klasse in eine neue Schule eingeschult wurde und dort die vierte Klasse besuchte. Der Schulwechsel gestaltete sich schwierig, da N. sich nicht in die neue Klasse integrieren konnte, wenig Kontakt zu Gleichaltrigen hatte und viel Zeit allein verbrachte. Auch hier gab es seitens der Lehrer Anmerkungen zu dem Verhalten von N. bezuglich seiner Unaufmerksamkeit und Uberaktivitat, welche sich in letzter Zeit gehauft hatten. Zudem verlor N. durch den Umzug und die damit verbundene Distanz zu seinem alten Wohnort den regelmaftigen Kontakt zu seinem Freund, was ihn sehr belastete, da er nun grofttenteils seine Zeit allein oder mit einer Schwester verbrachte. Durch die starker werdende Angst davor, sich infizieren zu konnen, weigerte N. sich seit kurzem, in die Schule zu gehen, sodass die Eltern sich gezwungen fuhlten, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Bezuglich der Krankheiten innerhalb der Familie waren bisher Diabetes und De- menz bei den Grofteltern mutterlicherseits und ein Schlaganfall des Groftvaters vaterlicherseits aufgetreten. Die Mutter befand sich vor 13 Jahren aufgrund einer leichten Depression in psychologischer Behandlung. Der Patient wies bisher die Krankheiten Windpocken, Roteln und Masern auf, alle seien ohne weitere Kompli- kationen verlaufen. Allergien oder Unvertraglichkeiten sind nicht bekannt.

In seiner Freizeit interessiert sich der Patient fur Computerspiele, Fernsehen, Fuftball und Fahrradfahren, wobei er letztere aufgrund seiner Wohnsituation und mangelnden sozialen Kontakte nicht umsetzen kann und deswegen viel Zeit vor dem Computer oder Fernseher verbringt.

4 Psychopathologischer Befund

N. ist ein schlanker, gepflegter und unauffallig gekleideter Junge. Er wirkt zu An- fang unsicher, distanziert und abwartend, was sich im Laufe das Gesprachs aber legt. Er erscheint wach, bewusstseinsklar und zu allen Qualitaten vollstandig ori- entiert. Im Gesprach hat der Patient Muhe, ruhig auf seinem Platz sitzen zu blei- ben, halt nur teilweise Blickkontakt und lasst sich schnell von anderen Gegenstan- den im Raum ablenken. Es werden sowohl Konzentrations- als auch Leistungs- einschrankungen berichtet. Im Antrieb wirkt er motorisch unruhig und hat ein be- schleunigtes Sprachtempo sowie Aufmerksamkeitsdefizite. Der Patient zeigt sich zudem schwingungsfahig.

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Psychische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Verhaltensanalyse, SORCK-Modell und Differenzialdiagnostik an einem Fallbeispiel
Hochschule
Medical School Hamburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
20
Katalognummer
V1214619
ISBN (eBook)
9783346657374
ISBN (Buch)
9783346657381
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kinder, Jugendliche, Interventionen, Psychologie, Fallbericht, Zwänge, ADHS
Arbeit zitieren
Juliet Hillerns (Autor:in), 2020, Psychische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Verhaltensanalyse, SORCK-Modell und Differenzialdiagnostik an einem Fallbeispiel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1214619

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Psychische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Verhaltensanalyse, SORCK-Modell und Differenzialdiagnostik an einem Fallbeispiel



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden