Man wird keine Kultur finden, die dem Ekstatischen gänzlich abgeschworen hat; gerade äußerst rational orientierte Gesellschaften, zu denen ich auch die unsere rechnen möchte, bringen Abarten hervor, die durch die verzweifelte Suche ihrer Mitglieder nach Ausbrechen aus dem vernunftbestimmten System entstehen: Drogenmissbrauch, krampfhafte Suche nach Grenzerfahrungen (z.B.Extremsportarten), selbstverletzendes Verhalten etc.
Wir verstehen also die Ekstase als „'Urbedürfnis' des Menschen: die Grenzen seiner Welt zu überspringen – wenigstens 'innerlich' –, die Grenzen seines Selbst erweitern oder vergessen – wenn auch nur einen Augenblick.“
Zugleich finden wie aber auch immer Formen der Instrumentalisierung der Ekstase, die über den Selbstzweck des Berauscht- und Enthemmtseins hinausgehen. Vor allem im Bereich des Orakelwesens spielt der ekstatische Zustand – ob künstlich herbeigeführt oder durch Autostimulation – eine konstituierende Rolle, denn er gilt als naher Zugang zu den Göttern.
Heute verstehen wir ihn eher als direkten Kontakt zum Unterbewusstsein, was durchaus gewisse Energien freisetzen kann, wie es z.B. in der Hypnose erreicht werden soll. Wie wir sehen werden dient auch Phaedras Ekstase bei Seneca einem gewissen Zweck: Durch das Heraustreten aus sich selbst überwindet Phaedra konventionelle Zwänge – sowohl innerlich als auch äußerlich –, die sie am Versuch der Verwirklichung ihrer Liebe hindern könnten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Kulturgeschichtliche Bedeutung der Ekstase
- Interpretation der Zeilen 177-187 von Senecas Phaedra
- Bedeutung der Ekstase in dieser Tragödie
- Nachwort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Senecas Tragödie "Phaedra" unter dem Aspekt der Ekstase und des amor-furor. Ziel ist es, Phaedras Handeln und ihre Liebestollheit im Kontext der kulturgeschichtlichen Bedeutung der Ekstase zu interpretieren und zu analysieren.
- Die kulturgeschichtliche Bedeutung der Ekstase und ihr Ausdruck in verschiedenen Kulturen.
- Die Rolle des "furor" und der Vernunft ("ratio") im Konflikt zwischen Phaedras Leidenschaft und ihrem Wissen um das richtige Handeln.
- Die Analyse ausgewählter Textstellen aus Senecas "Phaedra" zur Veranschaulichung von Phaedras ekstatischem Zustand.
- Die Darstellung von Phaedra als komplexe Figur, die zwischen Vernunft und Leidenschaft hin- und hergerissen ist.
- Die Interpretation des Gleichnisses vom Schiffbrüchigen als Metapher für Phaedras Hilflosigkeit gegenüber ihrem "furor".
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die kulturgeschichtliche Bedeutung der Ekstase und ihre verschiedenen Ausdrucksformen in verschiedenen Kulturen. Der Text betont das Spannungsfeld zwischen dem menschlichen Bedürfnis nach Ordnung und dem Drang, diese Ordnung zu durchbrechen.
Das Kapitel "Interpretation der Zeilen 177-187 von Senecas Phaedra" analysiert eine Schlüsselpassage aus dem Stück, in der Phaedra ihre Liebesraserei beschreibt. Die Analyse fokussiert auf die Rolle des "furor" und den Gegensatz zur Vernunft. Das Gleichnis vom Schiffbrüchigen wird als Metapher für Phaedras Hilflosigkeit interpretiert.
Das Kapitel "Bedeutung der Ekstase in dieser Tragödie" setzt sich mit der Bedeutung der Ekstase im Kontext der gesamten Tragödie auseinander. Der Fokus liegt auf der Darstellung von Phaedra als komplexe Figur, die zwischen Vernunft und Leidenschaft zerrissen ist.
Schlüsselwörter
Ekstase, amor-furor, Seneca, Phaedra, Tragödie, Ratio, Vernunft, Leidenschaft, Kulturgeschichte, Ordnung, Chaos, Gleichnis, Metapher, Liebestollheit.
- Arbeit zitieren
- Theresa Marx (Autor:in), 2007, Phaedras Ekstase - Interpretation der Tragödie Senecas im Hinblick auf amor-furor, ekstasis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121479