Künstliche Intelligenz. Eine qualitative Datenanalyse


Hausarbeit (Hauptseminar), 2021

66 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Vermerk

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und -abgrenzung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Definitionsannäherung und Begriffserklärung von Künstlicher Intelligenz
2.1.1 Einsatzbereiche künstlicher Intelligenz
2.1.2 Definitionsannäherung Maschinenethik und künstliche Moral
2.1.3 Grundlagen der Maschinenethik und künstlichen Moral
2.2 Zusammenfassung
2.3 Ableitung der Leitfragen

3 Methodisches Vorgehen
3.1 Begründung und Beschreibung der angewandten Methode
3.2 Darstellung und Zusammenfassung der Textquelle (Analyseeinheit)
3.3 Beschreibung der Auswertung – Erstellung des Kategorienschemas

4 Ergebnisdarstellung

5 Kritische Diskussion
5.1 Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse
5.2 Reflektion der Vorgehensweise – Aussagekraft der Daten
5.3 Bewertung der Vorgehensweise – Gütekriterien

6 Fazit und Ausblick

7 Anlagen

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Liste der Codes (Kategorienschema)

Anlagenverzeichnis

Anlage 1 – Liste der Codes (Kategorienschema

Anlage 2 – Definitionen des Kategorienschema (Kodierleitfaden)

Anlage 3 – Codierte Segmente

Vermerk

In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.

1 Einleitung

Künstliche Intelligenz (KI) hat einen immer größeren Einfluss unter anderem auf das tägliche Leben, Politik und die Wirtschaft. Nach einer Umfrage des Branchenverband Bitkom e.V. von 2018 sind zwei Drittel (66 Prozent) der Bundesbürger der Ansicht das KI in den nächsten zehn Jahren einen spürbaren Einfluss auf die Gesellschaft hat (Bitkom, 2018). Zwei präsente Beispiele von KI sind die digitalen Sprachassistenten, wie Alexa oder Siri und autonome Fahrassistenten, wie sie in den Automobilen von Tesla zu finden sind. Schon jetzt kann in Bereichen, in denen binäre Logik gefragt ist, der Mensch nur schwer mit der Maschine konkurrieren. Dies hat unter anderem das verlorene Schachspiel von Garri Kasparow gegen das Schachprogramm „Deep Junior“ eindeutig bewiesen (Stern, 2003). Die Tatsache, dass der Bund bis 2025, 3 Mrd. Euro in die Umsetzung einer KI-Strategie zur Stärkung Deutschlands als KI-Standort zur Verfügung stellt, zeigt beispielhaft den finanziellen Umfang und das Ausmaß des Interesses von Politik und Wirtschaft auf die Thematik (Bundesministerium für Wirtschaft, 2018).

Sich mit den Möglichkeiten von KI, deren Grenzen und möglichen Gefahren und Risiken auseinanderzusetzen wird in den nächsten Jahren unter anderem Wissenschaftler, ganze Wirtschaftszweige, aber auch die breite Bevölkerung beschäftigen. Es geht neben den Fragestellungen, wie KI entwickelt und ausgeschöpft werden kann auch um die Frage, wie mit gesellschaftlichen und individuellen Bedenken und möglichen Gefahren umgegangen wird. Hierbei sind die Fragestellungen vielschichtig und bewegen sich auch im Spektrum der Philosophie. Die dystopischen Zukunftsfantasien, wie sie im Roman von George Orwells „ 1984 “ beschrieben oder in „ 2001: Odyssee im Weltraum“ gezeigt wurden, sind hoffentlich nur Utopien, allerdings müssen neben den Potenzialen auch die Befürchtungen von Menschen wahr- und ernstgenommen werden. So sehen einige die menschliche Arbeitskraft als zeitnah entbehrlich und andere sogar eine Gefahr für die grundlegende Existenz der Menschheit (Bitkom, 2017, S. 89, Gurkaynak et al., 2016, S. 749). Dies zeigt, dass, wie bei keinem anderen Thema, die Realität mit Science-Fiction verschwimmt und wie umfangreich und allgegenwärtig die Thematik ist.

1.1 Problemstellung und -abgrenzung

Die vorliegende Arbeit bezieht sich auf spezifische Aspekte der Forschung und Entwicklung im Bereich der KI. Um eine Fokussierung innerhalb dieses umfassenden thematischen Feldes zu erreichen, soll sich diese Arbeit auf den Bereich der Maschinenethik bzw. der artificial morality (künstliche Moral / Maschinenethik) fokussieren und diese tiefgreifender beleuchtet werden. Die Maschinenethik, die sich mit ethischen Fragestellungen bezüglich (teil-)autonomer Maschinen mit moralischen Fähigkeiten und deren Konturierung auseinandersetzt, befindet sich demnach in einem Überlagerungsbereich der wissenschaftlichen Forschung zum Thema der KI, sowie der wissenschaftlichen Debatte der ethischen Einflussfaktoren, woraus sich etliche Fragestellungen ergeben. Es sollen in dieser Arbeit keine ethischen Grundsatzfragen geklärt werden, sondern auf die Fragestellung Bezug genommen, wie viel moralische Entscheidungsfreiheit an Maschinen übertragen werden sollte und wie sich gewonnene Vorteile mit den möglichen Gefahren aufwiegen lassen.

1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Ziel dieser Arbeit ist es die entwickelten Leitfragen, basierend auf den theoretischen Grundlagen und den Ergebnissen der inhaltsanalytischen Auswertung des vorliegenden Textes „Maschinenethik und „Artificial Morality“: Können und sollen Maschinen moralisch Handeln?“ (2019) von Catrin Misselhorn zu beantworten. Dazu soll zunächst im theoretischen Teil der Arbeit der Forschungsgegenstand dargelegt werden, um die Forschungsgrundlage zu schaffen. Dies soll über die Darstellung des Standes der aktuellen wissenschaftlichen Forschung, theoretischen Modelle und die Definitionsannäherung an die Themenbereiche von „Künstlicher Intelligenz“, „Maschinenethik“ und „Künstliche Moral“ erfolgen. Aus den theoretischen Grundlagen sollen die Leitfragen entwickelt werden anhand derer die inhaltsanalytische Auswertung der Textquelle erfolgen soll.

Im Methodenteil dieser Arbeit soll, das methodische Vorgehen zur Erarbeitung der Analyse dargelegt werden. Die Entwicklung des für die inhaltsanalytische Bearbeitung der Textquelle nötigen Kategorienschemas erfolgt dabei in Bezug zu den zuvor entwickelnden Leitfragen, und soll die Beantwortung dieser zur Folge haben. Dabei wird auch das Vorgehen zur Entwicklung des Kategorienschemas, sowie dessen Anwendung dargelegt. In Ergänzung wird auch die Wahl der empirischen Methode, sowie die Auswertung der Daten erläutert. Dies schließt auch die Begründung der Auswahl der Textquelle, sowie die Aussagekraft der Daten, die in diesem Zusammenhang mit dem gewählten Erhebungsinstrument stehen, mit ein. Damit erfolgt die Dokumentation des Forschungsprozesses, der dieser Arbeit zugrunde liegt, um eine intersubjektive Nachvollziehung der Datengewinnung zu ermöglichen und um den Kriterien der qualitativen Forschung zu entsprechen.

In Kapitel vier werden die Ergebnisse der inhaltsanalytischen Auswertung interpretationsfrei dargestellt. Anschließend erfolgt in Kapitel fünf die Reflektion der Vorgehensweise, sowie eine kritische Reflektion des Vorgehens von dem Hintergrund der Gütekriterien qualitativer Forschung. Darauf aufbauend werden die Ergebnisse der Analyse betrachtet, diskutiert, sowie interpretiert, indem die Leitfragen beantwortet werden. Dies beinhaltet außerdem die Darstellungen von möglichen Übereinstimmungen und Wiedersprüchen der gewonnenen Daten mit den Forschungsgrundlagen, sowie die Einordnung der praktischen Relevanz der Untersuchungsergebnisse. Im Fazit und Ausblick werden die wesentlichen Erkenntnisse zusammengefasst abgebildet, die Darlegung von Implikationen für die weitere Forschung und Bezug auf die generelle Implikation genommen.

2 Theoretische Grundlagen

Nachfolgend soll eine Definitionsannäherung an die für diese Arbeit gebrauchten Begrifflichkeiten von „Künstlicher Intelligenz“, „Maschinenethik“ und „Künstliche Moral“, sowie eine Darstellung des Standes der aktuellen wissenschaftlichen Forschung und theoretischen Modelle erfolgen. Darüber hinaus soll kurz auf den Einsatzbereich von KI eingegangen werden, um die Bedeutung und die Verbreitung von KI darzulegen. Darauf aufbauend soll eine Ableitung der Leitfragen erfolgen.

2.1 Definitionsannäherung und Begriffserklärung von Künstlicher Intelligenz

Um den Ausdruck der künstlichen Intelligenz (auch artificial intelligence) einordnen zu können ist die Etymologie der Begriffe „künstlich“ und „Intelligenz“ von Nöten. Künstlich bedeutet so viel, wie nicht natürlich und unecht, aber auch natürliche Vorgänge nachahmend oder nachgebildet mit chemischen und / oder technischen Mitteln. In der Literatur findet sich ein weites Spektrum verschiedener Definitionsansätze der Begrifflichkeit von Intelligenz. Weswegen auch keine einheitlich gültige Definition von KI vorliegt, sondern unterschiedliche Quellen verschiedene Aspekte in ihrer Definition verarbeiten (Buxmann & Schmidt, 2018, S. 6; Kaplan, 2017, S. 15, 19). Der Begriff „Intelligenz“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „verstehen“. Grundlegend lässt sich Intelligenz als die kognitive Leistungsfähigkeit eines Menschen beschreiben. Also die Fähigkeit zu lernen, zu verstehen und auf dieser Basis Entscheidungen zu treffen, um komplexe Probleme zu lösen, indem sie auch in Beziehung zueinander gebracht werden (Akerkar, 2019, S. 4; Mainzer, 2016, S. 3; Scherk et al., 2017, S. 12; Stern & Neubauer, 2013, S. 48).

Im Allgemeinen wird KI als Versuch dargestellt, menschenähnliche Intelligenz bzw. die Fähigkeiten des menschlichen Gehirns mit den Ressourcen von Computern zu rekonstruieren (Kaplan, 2017, S. 15). Ein IT-System ist eine KI, wenn es lernen und sich selbst optimieren, abstrakte Probleme lösen und in der Lage ist Wahrscheinlichkeiten und Unsicherheit, sowie Prognosen in die Informationsverarbeitung einfließen lassen kann. Dabei muss die KI in der Lage sein Abnormalitäten bei Mustern und Regeln zu identifizieren, sowie zu Prognosen zu möglichen zukünftig eintretenden Ereignissen fähig sein (Bartneck et al., 2019, S. 7; Kreutzer & Sirrenberg, 2019, S. 4; Simon, 2019, S. 36, 37). Für diese Arbeit soll die Definition der Unabhängigen Hochrangigen Expertengruppe für künstliche Intelligenz der Europäischen Kommission zugrunde gelegt werden, nach der KI-Systeme

„[…] von Menschen entwickelte Softwaresysteme, gegebenenfalls auch Hardwaresysteme, die in Bezug auf ein komplexes Ziel auf physischer oder digitaler Ebene handeln, indem sie ihre Umgebung durch Datenerfassung wahrnehmen, die gesammelten strukturierten oder unstrukturierten Daten interpretieren, Schlussfolgerungen daraus ziehen oder die aus diesen Daten abgeleiteten Informationen verarbeiten, und über das bestmögliche Handeln zur Erreichung des vorgegebenen Ziels entscheiden (2019, S. 6).“

Zum Verständnis der Komplexität und des Umganges, kann auch die Betrachtungsweise von KI als Oberbegriff dargestellt werden. Dabei kann KI in verschiedene Teilbereiche eingeteilt werden, wozu unter anderem künstliche neuronale Netze, Deep Learning und Maschine Learning zählen (Kreutzer & Sirrenberg, 2019, S. 4). An dieser Stelle soll darauf verzichtet werden die einzelnen Teilbereiche aufgrund des eigenständigen Umfangs näher zu betrachten, es soll nur auf die Thematik verwiesen werden.

In der Literatur wird KI häufig in schwache und starke Form differenziert (Buxmann & Schmidt, 2018, S. 6). Bei einer schwachen KI ist das Aufgabenfeld auf einen gewissen Anwendungsbereich begrenzt. Diese Form der KI reicht in begrenzten Teilbereichen in der Anwendung schon heute an die menschliche Intelligenz heran. Dabei ist es der KI nicht möglich ein tieferes Verständnis für die Lösung des Problems zu entwickeln. Dies ist beispielsweise in Spracherkennungssoftware oder Navigationssystemen gegeben. Eine starke KI ist (aktuell) aufgrund der Komplexität des menschlichen Gehirns eine Utopie und sollte in der Lage sein alle Leistungen des menschlichen Gehirns abzubilden bzw. zu simulieren. Dazu zählen untern anderen die menschlichen Fähigkeiten wie die Selbstreflektion und Lernfähigkeit, der eigene Wille, die Identitätsbildung und eigene Moralvorstellungen (Buxmann & Schmidt, 2018, S. 6; Kaplan, 2017, S. 23, 82; Wang, 2007, S. 44). Die Aussicht, ob überhaupt die Möglichkeit besteht eine starke KI zu entwickeln wird in der Literatur umfangreich und bisher ohne Konsens diskutiert.

Die heutigen Definitionen von KI könnten sich in den nächsten Jahren noch ändern, da gerade in den Anwendungsfeldern in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte stattgefunden haben. Um ein breiteres Verständnis für KI zu ermöglichen, sollen nachfolgend die Einsatzbereiche kurz umrissen werden.

2.1.1 Einsatzbereiche künstlicher Intelligenz

Die Einsatzbereiche von KI sind umfassend und beinhalten beinahe jeden Aspekt des alltäglichen Lebens, vom Bereich der virtuellen Assistenten, über die Medizin bis zur Sicherheit und humanoider Robotik. Die aktuellen Fähigkeiten von KI sind gerade in Bereichen wertvoll, wo viele Daten (z.B. Bilder, Töne und Videos) nach Mustern durchforscht werden müssen. Im Rahmen dieser Arbeit liegt der Fokus nicht auf den Einsatzfeldern von KI, weswegen nicht weiter auf die Thematik eingegangen werden soll. Die Erwähnung soll lediglich verdeutlichen, welche Reichweite die Thematik umfasst, um die Komplexität der Diskussion zu verdeutlichen. Eine Übersicht über die aktuellen Forschungsbereiche und den Umfang der Thematik gibt beispielsweise die Webseite des Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz. Die angegebenen Forschungsbereiche und Veröffentlichungen reichen von interaktiven Textilien und innovative Fabriksysteme über Robotik bis hin zu intelligenten Sensoren für aquatische Umgebungen (Deutsches Forschungszentrum (DFKI), 2021).

2.1.2 Definitionsannäherung Maschinenethik und künstliche Moral

Um eine Definitionsannäherung zu erreichen, müssen Ethik und Moral zuerst definiert werden, um anschließend die Begriffe im gemeinsamen Kontext zu Maschinen erfassen zu können. Ethik ist eine Disziplin der Philosophie und beschäftigt sich mit der Theorie des moralischen Handelns (Pieper, 2007, S. 17). Das eigentliche Ziel von Ethik ist „[…] die gut begründete moralische Entscheidung als das einsichtig zu machen, was jeder zu erbringen hat und sich von niemanden abnehmen lassen darf – weder von irgendwelchen Autoritäten noch von angeblich kompetenteren Personen (Eltern, Lehrern, Klerikern u.a.)“ (Pieper, 2007, S. 15, 16).

Dabei besagt die Ethik nicht „[…] was das Gute in concreto ist, sondern wie man dazu kommt, etwas als gut zu beurteilen“ (Pieper, 2003, S. 24). Im Alltag wird die Moral oft als Synonym für Ethik und vice versa verwendet. Moral bewertet jedoch die Handlung, Zustände oder Haltungen nach Maßstäben, wie Wertorientierungen, Sinn-vorstellungen, Sitten, Gebräuchen oder Prinzipien (Hesseler, 2011, S. 5). Die Ethik bezieht sich auf die der Moral zugrundeliegenden Prinzipien, Tugenden, Werte und Normen und bildet damit die Theorie der Moral (Pauer-Studer, 2020, S. 14).

Maschinenethik (ME) bildet die Schnittstelle zwischen Philosophie und Informatik und beschäftigt sich unter anderem mit der Fragestellung nach der ethischen Vertretbarkeit, Maschinen bzw. (teil-)autonome Programme mit den Fähigkeiten auszustatten, moralische Entscheidungen und Handlungen auszuführen und der Auseinandersetzung, in welchem Umfang dies auszugestalten ist (Bendel, 2018; Misselhorn, 2018a). Grundlage ist, dass autonome künstliche Systeme immer komplexer werden und deren Verhalten in einem gewissen Rahmen durch eine Selbststeuerung reguliert werden müssen. Hieraus ergibt sich die Frage, inwieweit die autonome Entscheidungsfähigkeit einer KI gehen sollte. Dies beinhaltet auch die Fragestellung, wer (Mensch oder KI) die Verantwortung von Folgen von autonom getroffenen Entscheidungen trägt. Hierbei entstehen auch bisher nicht betrachtete rechtliche Problematiken und eine ggf. nötige Anpassung des Rechtsystems. In Kapitel 2.1.3 soll auf die Grundlagen der Maschinenethik vertiefend eingegangen werden.

Die künstliche Moral hat zum Ziel „[…] künstliche Systeme mit der Fähigkeit zu moralischen Entscheidungen und Handeln auszustatten. Die Idee ist also, Computer so zu programmieren, dass sie moralische Entscheidungen treffen“ (Misselhorn, 2019). Eine (wie in Kapitel 2.1 beschriebene) starke KI bräuchte „[…] eine echte Maschinenethik, eine artificial morality. Diese würde sich dann nicht mehr an den Menschen richten, sondern an die Maschine selbst“ (Stubbe et al., 2019, S. 244). Dies verdeutlicht, dass sich die ethischen Fragestellungen auch den Fortschritten im Bereich der KI, anpassen müssen.

2.1.3 Grundlagen der Maschinenethik und künstlichen Moral

Die Fragestellungen, ob Maschinen ethisch handeln sollen, wird in der Literatur anhand verschiedener Gedankenexperimente dargestellt. So stellt sich beispielsweise bei einem Saugroboter die Frage, ob er eine Spinne einsaugen oder vor dem sicheren Tod verschonen soll. Der Sauger ist dabei aufgrund der Tatsache, dass er im begrenzten Rahmen agieren kann, als autonom anzusehen. Inzwischen gibt es Forschungsansätze Staubsaugerroboter dahingegen zu konzipieren, das Leben von Insekten zu berücksichtigen (Misselhorn, 2019). Dabei ist zu bedenken, dass je intelligenter Maschinen werden, je komplexer und häufiger die moralischen Entscheidungen werden. Dies wird auch eine Definition von ethischen Normen erfordern, auf deren Grundlage eine KI-Entscheidung getroffen werden kann. Die Komplexität der Thematik allgemeingültige ethische Normen zu definieren, lässt sich in der seit 2.500 Jahren andauernden Auseinandersetzung mit Moral und Ethik verdeutlichen. Unterschiedliche Präferenzen von Individuen, kulturelle Prägungen und Vorstellungen ermöglichen es nicht einen allgemeingültigen Maßstab für Moral zu definieren (Enste & Wildner, 2015, S. 17). Was für einige Individuen ethisch als vertretbar, wäre in anderen Kulturkreisen als Novum anzusehen, was die Fragestellung aufwirft, nach welchen Normen moralische Maschinen überhaupt gestaltet werden sollen.

Gerade in Hinblick auf die zukünftige Entwicklung, wird es nicht mehr möglich sein KI-Systeme durch Menschen zu überwachen. Entscheidungen, gerade auf Grundlage das Gefahren und Risikofaktoren eliminiert werden, können in Zukunft nicht auf Rückfrage mit Menschen getroffen werden, was vermutlich eine unumgängliche Entwicklung dahingehend verursacht, das Maschinen lernen, selbst ethische Entscheidungen zu treffen und nach ihnen zu handeln (Stubbe et al., 2019, S. 244). Der aktuelle Stand der Wissenschaft erlaubt KI-Systemen ethische Verhaltensmuster zu erkennen und nachzubilden, allerdings fehlt ihnen der freie Wille und ein Bewusstsein, um ganzheitlich ethisch agieren zu können. Durch die voranschreitende Entwicklung wird KI allerdings zunehmend zu einer Abbildung der Gesellschaft und spiegelt deren Werte und Normen wider (Stubbe et al., 2019, S. 244).

KI stellt zum aktuellen Zeitpunkt keine juristische Person dar. Was bedeutet, dass es zu klären bleibt, wer bei Negativfolgen die Verantwortung für von einer KI autonom getroffene Entscheidung trägt oder ob eine Maschine in Zukunft rechtlich zu einer Rechtsperson ernannt wird, was eine Überarbeitung des Rechtssystems erfordert (Hennig, 2019, S. 140). Was Fragestellungen in Bezug auf dem Umfang der autonomen Entscheidungsmacht von Maschinen aufwirft, auch in Bezug auf die Verantwortung des Menschen der moralischen Maschine gegenüber. „Um die Koexistenz von Menschen und Maschinen zu organisieren, definiert die Ethik für autonome Entscheidungssysteme also vor allem den Aspekten der Verantwortung“ (Stubbe et al., 2019, S. 240). Dadurch wird die Bedeutung von ethischen Aspekten im Bereich der KI verdeutlicht.

KI ist wirtschaftlich von Bedeutung, stellt aber die Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Die Vorteile der KI liegen aktuell insbesondere in der Wirtschaft und in ihrer Skalierbarkeit und kontinuierlichen Verbesserungsfähigkeit, was Kosten senken, die Produktivität steigern und menschliche Fehler reduzieren kann (Akerkar, 2019, S. 6). KI beeinflusst dabei gesellschaftliche Fragestellungen und hat unter anderem Einfluss auf die Kommunikation und Interaktion von Menschen (Stubbe et al., 2019, S. 239). Dabei ergeben sich Fragen, wie KI die Gesellschaft verändert und wie die Einschätzung in Bezug auf die positiven und negativen Folgen dieser Einflüsse aussieht.

In Bezug auf die Gefahren im Fortschritt haben beispielsweise mehr als einhundert Technologie-Unternehmen in einem veröffentlichten Brief an die Vereinten Nationen gewarnt. Sie fordern dabei das autonome Waffen verboten werden sollen (Armbruster, 2017). Dies beinhaltet auch die Fragestellung ob, inwieweit und entlang welcher Kriterien im Zusammenspiel von Menschen und Maschinen kontrollierend agiert wird. Was bedeutet, in welchem Ausmaß Verantwortlichkeiten von Menschen an Maschinen übertragen werden sollten (Stubbe et al., 2019, S. 242). „Im Kern drückt sich damit aus, ob der Einsatz oder Nicht-Einsatz künstlicher Intelligenz einen Unterschied macht – oder besser: bis zu welchem Grad autonomen Entscheidens der Einsatz von KI einen Unterschied macht“ (Stubbe et al., 2019, S. 242).

KI hat bereits begonnen zunehmend autonom zu agieren, was die Fragestellung aufwirft inwieweit die autonome Entscheidungsfindung ausgebaut werden soll (Akerkar, 2019, S. 8). Darüber hinaus muss die Forderung nach Transparenz innerhalb der Entscheidungsfindung von einer KI gegeben sein. Bei selbstlernenden Systemen sind die Nachvollziehbarkeit der Entscheidungsfindung und deren zugrunde liegenden Annahmen schwer abbildbar. Allerdings „[…] muss nachvollziehbar sein, auf welcher Basis Entscheidungen getroffen wurden“ (Stubbe et al., 2019, S. 241, 242).

Grundlegend ergibt sich dabei die Problematik nach welchen Kriterien autonome Entscheidungen zunächst überhaupt entstehen und wie weit diese gehen sollen. Dabei ist zu Bedenken das „[…] je intelligenter diese Systeme werden, desto folgenreicher die Entscheidungen […]“ (Pauen, 2019, S. 167). Die Diskussionsfelder von Verantwortung, sozialem Miteinander und individuellen Persönlichkeitsentfaltung in Verbindung einer ethischen KI bewegen sich innerhalb bekannter Thematiken und Fragestellungen, da sie grundsätzlich keine neuen ethischen Fragestellungen erzeugt, „[…] sie verleiht ihnen jedoch neues Gewicht und trägt sie in neue Bereiche hinein“ (Stubbe et al., 2019, S. 248). Was bedeutet, dass gerade in Verbindung mit KI aktuell als selbstverständlich erachtete Wertestrukturen hinterfragt werden müssen.

2.2 Zusammenfassung

Wie dargestellt, lässt sich KI schwer definieren, da schon „Intelligenz“ nur mangelhaft definierbar ist. Ziel der KI ist die kognitiven Fähigkeiten des Menschen nachzubilden, also stellt es einen Versuch dar menschliches Lernen und Denken auf Computer zu übertragen. Darüber hinaus wurden die Einsatzbereiche der KI dargestellt, um die Bedeutung der Thematik zu verdeutlichen. Es wurden die Aspekte von ME dargelegt und auf den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion in Bezug auf ethische Fragestellungen im Bereich der KI eingegangen. Dabei wurde ersichtlich, wie weitreichend und umfangreich die Fragestellungen in Bezug auf KI und deren Entwicklung ist. In Bezug auf den Einsatz von KI stehen sich hauptsächlich zwei Dimensionen von Betrachtungsweisen gegenüber: Zum einen die Ansicht, dass KI der vollumgänglichen Kontrolle des Menschen unterliegt und diese Entwicklung nicht weiterverfolgt werden sollte, um das Machtverhältnis im Gleichgewicht zu halten. Zum anderen steht die Annahme, das KI in der Zukunft der menschlichen Intelligenz überlegen sein wird und eine eigene Autonomie inklusive des eigenen Bewusstseins entwickeln wird. Die Frage, in welchem Umfang KI-Systeme aktuell und in Zukunft die Gesellschaft verändern wird und in welchem Umgang dies geschieht bezieht auch ethische Fragestellungen über Verantwortlichkeiten, Mehrwerte, Risiken und Gefahren ein.

2.3 Ableitung der Leitfragen

Aus den vorab dargelegten Aspekten und den grundlegenden Diskussionen aus dem Bereich der Maschinenethik lassen sich die nachfolgenden Leitfragen ableiten. Diese stellen die Basis für die inhaltsanalytische Auswertung der Textquelle dar.

1. In welchen Situationen und inwieweit sollten Maschinen autonom Entscheidungen treffen können?
2. In welchem Umfang sollen (zukünftig) Verantwortlichkeiten von Menschen an Maschinen übertragen werden?
3. Können moralische Maschinen, unabhängig von Risiken, einen Mehrwert bieten?

3 Methodisches Vorgehen

Im folgenden Kapitel werden die zur Untersuchung der Forschungsfrage genutzten Methoden der qualitativen Datenauswertung vorgestellt, um den Forschungsweg nachvollziehbar darzulegen. Dies beinhaltet außerdem die Darstellung der Analyseeinheit, sowie die Beschreibung und Begründung der angewandten Methode.

3.1 Begründung und Beschreibung der angewandten Methode

In dieser Arbeit wird die qualitative Forschungsmethode der Dokumentenanalyse angewendet, wobei als Datenmaterial die in Kapitel 3.2 dargestellte Textquelle dient. Die Fallorientierung wird durch die Analyse von einem Textdokument gewährleistet, das von einer Expertin in einer Fachzeitschrift veröffentlicht wurde. Die Autorin kann aufgrund ihrer Vita als Expertin in der Thematik betrachtet werden. Ziel der qualitativen Inhaltsanalyse ist es, schriftlich fixierte Kommunikation oder Dokumente systematisch, regelgeleitet und theoriegeleitet zu analysieren, um Rückschlüsse auf bestimmte Aspekte und Merkmale dieser zu ziehen (Mayring, 2010, S. 13). Durch das regelgeleitete Vorgehen, sowie die Strukturierung der einzelnen Analyseschritte, ist eine nachvollziehbare und transparente Analyse des Textes möglich und somit eine intersubjektiv überprüfbare wissenschaftliche Fundierung erzielt.

Der Untersuchungsbereich kann als neuwertig kategorisiert werden, da die Erkenntnisse noch nicht als allgemeingültig betrachtet werden können und die Forschung und der wissenschaftliche Diskurs noch nicht weit fortgeschritten sind. Sich dem Forschungsgegenstand explorativ zu nähern, sowie die Tiefgründigkeit von qualitativer Forschung vor der Strukturierung der quantitativen Forschung vorzuziehen, ermöglicht es die im Vordergrund stehende Offenheit gegenüber neuen Erkenntnissen bei der Datenerhebung und Datenauswertung zu gewährleisten (Kuckartz et al. 2008, S. 74).

3.2 Darstellung und Zusammenfassung der Textquelle (Analyseeinheit)

Zur Beantwortung der Leitfragen wurde als Textquelle der Artikel „ Maschinenethik undArtificial Morality“: Können und sollen Maschinen moralisch handeln ?“ von Catrin Misselhorn, der am 05. Februar 2018 in der Zeitschrift „ Aus Politik und Zeitgeschichte“ der Bundeszentrale für politische Bildung mit dem Titel „ Künstliche Intelligenz“ ausgewählt. Innerhalb dieser Ausgabe wird ausschließlich das Thema Künstliche Intelligenz durch verschiedene Beiträge mehrerer Autoren besprochen.

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Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Künstliche Intelligenz. Eine qualitative Datenanalyse
Hochschule
SRH Fernhochschule
Note
1,3
Jahr
2021
Seiten
66
Katalognummer
V1215587
ISBN (eBook)
9783346644077
ISBN (eBook)
9783346644077
ISBN (eBook)
9783346644077
ISBN (Buch)
9783346644084
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Datenanalyse Qualitativ
Arbeit zitieren
Anonym, 2021, Künstliche Intelligenz. Eine qualitative Datenanalyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1215587

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