Leseprobe
Inhalt
1 Einleitung
1.1 Zielsetzung und Vorgehensweise
1.2 Problemdarstellung
2 Ketogene Ernährung
2.1 Ursprung und Definition
2.2 Exkurs: Kohlenhydrate
2.3 Wirkungsmechanismus der ketogenen Ernährung
2.3.1 ß-Oxidation
2.3.2 Ketogenese und Ketolyse
2.3.3 Ketonkörper
2.4 Atkins Diät
2.4.1 Botschaft
2.4.2 Die einzelnen Stufen
2.4.3 Ein Keto-Tag nach der Atkins Diät
2.5 Weitere Einsatzbereiche
2.5.1 Epilepsie
2.5.2 Krebs
2.5.3 Sport
3 Diskussion
3.1 Auswirkungen ketogener Ernährung
3.1.1 Vorteile
3.1.2 Nachteile
3.1.2.1 Nebenwirkungen
3.1.2.2 Langfristige Risiken
3.1.2.3 Ketoazidose
3.1.2.4 Anstieg der Methylglyoxalproduktion
3.2 Vergleich zu DGE-Empfehlungen
3.3 Empfehlungen zur Gewichtsreduktion
4 Schlussbetrachtung
5 Literatur
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:Ketogenese und Ketolyse in der Leber
Abb. 2:Die dreidimensionale DGE-Lebensmittelpyramide und der DGE- Ernährungskreis
Abb. 3:Die „KetoPyramide“ 27 [Die Abbildung 2 ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht im Lieferumfang enthalten.]
Tabellenverzeichnis
Tab. 1:Tagesmenü nach der ketogenen Ernährung
Tab. 2:D-A-CH-Referenzwerte der täglichen Proteinzufuhr eines Jugendlichen und Erwachsenen
Tab. 3:D-A-CH-Referenzwerte der täglichen Kalorienzufuhr eines Jugendlichen und Erwachsenen
1 Einleitung
1.1 Zielsetzung und Vorgehensweise
Die vorliegende Bachelorarbeit thematisiert die Bedeutung der ketogenen Ernährung. Ziel ist es, ernährungsphysiologisch die ketogene Ernährungsform zu bewerten. Dabei wird der Frage nachgegangen, ob eine solche Ernährungsform eine bedarfsgerechte Nährstoffversorgung sicherstellt und ob sie kein Risiko für die Gesundheit darstellt, was von großer Bedeutung ist, da dies gegenwärtig ein sehr umstrittenes Thema ist.
Zunächst wird deshalb die Problemdarstellung den nachfolgenden Ausführungen zugrunde gelegt. Danach wird in Kapitel 2 die ketogene Ernährung vorgestellt. Es wird dabei auf den Ursprung, terminologische Klärungen und den Wirkungsmechanismus im menschlichen Körper im Zuge einer solchen Ernährungsform eingegangen. Darauf aufbauend wird erörtert, wie für diese geworben wird, wie sie beispielhaft in der Praxis bzw. im Alltag aussieht und wann sie noch und warum, abgesehen von der angestrebten Gewichtsreduktion, eingesetzt wird. Anschließend wird in Kapitel 3 die Diskussion über die ketogene Ernährung untersucht. Dabei beleuchtet die vorliegende Arbeit die entsprechenden Vor- und Nachteile. Im Rahmen dieser Auseinandersetzung werden Nebenwirkungen und mögliche langfristige Risiken beschrieben. Danach wird die ketogene Ernährung mit den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) verglichen. Dabei werden diese Empfehlungen erläutert, und anschließend werden die Gemeinsamkeiten und/oder Unterschiede zur ketogenen Ernährung aufgeführt. Daran knüpfen sich die Empfehlungen zur Gewichtreduktion, da sie ebenfalls für die Beurteilung der ketogenen Ernährung von Bedeutung sind. Abschließend findet die Schlussbetrachtung dieser Arbeit ihre Stelle.
1.2 Problemdarstellung
Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Diät“ leitet sich aus dem griechischen Wort „ diaita “ ab und bedeutet so viel wie „Lebensführung“ oder „Lebensweise“ (vgl. Fussenegger et al., 2009, S. 740). Daraus folgt, dass sich die Diätetik auf einer wissenschaftlichen Grundlage mit der „richtigen Ernährungs- und Lebensweise“ beschäftigt (vgl. ebd.).
Der Begriff „Diät“ wird heutzutage häufig mit Gewichtsreduktion, Nahrungsrestriktion und Verzicht auf bestimmte Lebensmittel (einseitige Ernährung) in Verbindung gebracht (vgl. Fussenegger et al., 2009, S. 740). Es findet sich ein unüberschaubares Angebot mit über 500 Varianten an Reduktionsdiäten (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 757). Dabei werden vor allem in vielen Laienmedien zeitlich limitierte Reduktionsdiäten, deren Empfehlungen meist auf einer unwissenschaftlichen Basis beruhen und allgemeine Verwirrung hervorrufen, propagiert (vgl. Fussenegger et al., 2009, S. 740).
Da die Auswahl der Reduktionsdiäten so breit gefächert ist, muss die ernährungsphysiologische Beurteilung dieser Reduktionsdiäten und Programme sehr differenziert erfolgen (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 757). Das Spektrum der Bewertungen für die einzelnen Diäten reicht von „wissenschaftlich fundiert“ über „vertretbar“ bis hin zu „unsinnig“ oder gar „gefährlich“ (vgl. ebd.). Fundamentale Beurteilungskriterien sind die Dauer und Intensität der Diät, desgleichen Alter und Gesundheitsstatus der sie durchführenden Personen (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 757). Diese Reduktiondiäten können in unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden:
- energiereduzierte Mischkostdiäten (z.B. „Brigitte-Diät“, „Fit-for-Fun“-Diät),
- energiereduzierte und einseitige Mode- und Crashdiäten (z.B. Kohlsuppendiät, Rohkostdiät),
- kommerzielle Programme zur Gewichtsreduktion (z.B. Treffpunkt-Diät, Weight Watchers ),
- Psycho-Diäten (z.B. „Denken Sie sich schlank“ von Elsye Birkenshaw),
- Formuladiäten oder Optifastprodukte (z.B. Almased®)
- und kohlenhydratarme Reduktionsdiäten (z.B. Low-Carb-Diät, Lutz-Diät) (vgl. El- madfa und Leitzmann, 2019, S. 757f.).
Die letzte Gruppe gehört zu den ältesten und umstrittensten aller Abnehmdiäten (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 757). Denn der globale Anstieg von Übergewicht und Adipositas hat zu der Suche nach „der effektiven Diät“ zur Gewichtsabnahme geführt (vgl. Astrup et al., 2004, S. 897). Weil diese Epidemie trotz der erheblichen Minderung von Fett in der Kost anhält, bekommen nun kohlenhydratreiche, insbesondere stärke- und zuckerhaltige Lebensmittel, die Aufmerksamkeit (vgl. ebd.). Man stößt auf heftige Auseinandersetzungen darüber, in welchem Ausmaß sie in unserer Ernährung präsent sein sollten (vgl. de Groot, 2019, S. 36). Aus diesem Grund ist diese Gruppe durch fett- und proteinreiche, energetisch unbegrenzte Diäten gekennzeichnet (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 757). Sie umfasst ein übermäßig großes Angebot an Ernährungsweisen. Diese Kostformen sind vor allem in den USA von großer Popularität gekennzeichnet (vgl. de Groot, 2015, S. 692). Eine davon ist die beliebteste und strikteste Variante aller kohlenhydratarmen Ernährungsformen, die ketogene Diät (kurz: Keto-Diät). Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Analyse dieser ketogenen Ernährungsform, die unter einer wissenschaftlichen Perspektive beleuchtet werden soll.
2 Ketogene Ernährung
Das folgende Kapitel liefert einen Überblick über die ketogene Ernährung, die im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses dieser Arbeit steht. Zunächst widmet sich der erste Teil dem Ursprung und der Definition dieser Ernährungsweise. Danach erfolgt ein kurzer Exkurs über die Kohlenhydrate, um ihre Bedeutung und Eigenschaften zu beleuchten. Im Anschluss daran wird der biochemische Wirkungsmechanismus der ketogenen Ernährung erläutert. Dabei werden Begriffe wie „Ketonkörper“, „Ketogenese“ und „Keto- lyse“ erörtert. Anschließend wird die berühmte „Atkins Diät“, die als Beispiel für eine typische ketogene Diät dient, thematisiert. Hierbei werden die grundlegende Botschaft, die einzelnen Stufen und Empfehlungen sowie ein beispielhafter Tag nach dem Prinzip der ketogenen Ernährung dargestellt. Im Zuge dessen werden die Zutaten der Mahlzeiten sowie die darin enthaltenen Nährstoffe und Kalorien gleichfalls aufgeführt. Abschließend werden Personengruppen beschrieben, die sich besonders mit dieser Ernährungsform beschäftigen. Indessen werden die Gründe für und Auswirkungen der ketogenen Ernährung im Hinblick auf diese beschrieben.
2.1 Ursprung und Definition
Bereits Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts wurden Beobachtungen gemacht, dass Fettsüchtige an Körpergewicht verlieren, wenn Kohlenhydrate größtenteils aus der Ernährung weggelassen werden, d.h. wenn eine vorwiegend aus Fett und Eiweiß bestehende Kost keine Begrenzung der Gesamtenergiezufuhr aufweist (vgl. Kasper, 2014, S. 291). Im Laufe der Zeit wurden dazu immer wieder Berichte, Dokumentationen und Bücher von unterschiedlichen Pionieren (Ärzte und Gastrosophen) der ketogenen Ernährung verfasst (vgl. Gonder et al., 2019, S. 40 - 44). Dies war zu beobachten, bis 1972 der amerikanische Kardiologe Dr. Robert C. Atkins mit seinem millionenfach verkauften Bestseller „ Dr. Atkins‘ Diet Revolution “ einen immensen Low-Carb -Trend zur Gewichtsreduktion initiierte (vgl. Fussenegger et al., 2009, S. 740). Die beliebte, aber auch extreme Methode der gleichnamigen „Atkins Diät“ stützt sich auf eine drastische Verminderung von Kohlenhydratträgern wie Obst, Gemüse und Getreideprodukte (demgemäß „ Low Carbohydrate “) und wirbt zugleich für die uneingeschränkte Aufnahme von fett- und proteinreichen Lebensmitteln wie Fleisch, Geflügel, Schalentiere, Fisch und Eier (vgl. Fussenegger et al., 2009, S. 740). Ziel dieser kohlenhydratarmen Ernährungsweise ist, den schnellen und langanhaltenden Fettabbau ohne Hungergefühle zu fördern (vgl. ebd.). Die Atkins Diät bewirkt im Stoffwechsel eine vermehrte Produktion von Ketonkörpern und wird deshalb auch „ketogene“ Diät genannt (vgl. Fussenegger et al., 2009, S. 740f.).
Diäten, welche die Einnahme von Kohlenhydraten limitieren, werden, außer „Low Carbohydrate“ und „ketogen“ auch „Very Low Carbohydrate“, „High Protein“ und „High Fat“ genannt (vgl. Volek und Westman, 2002, S. 853). Diese zeichnen sich dadurch aus, dass die Kohlenhydratenergie auf weniger als 10% reduziert wird bzw. dass weniger als 50 g Kohlenhydrate täglich konsumiert werden (vgl. ebd.). Deshalb sind sie reich an Fetten (ca. 70% - 80%) und Proteinen (ca. 10% - 20%) (vgl. ebd.). „Die verschiedenen Formen unterscheiden sich in der Ausprägung des Fettgehalts und in der Berechnung der Diät.“ (Gautschi et al., 2015, S. 23)
2.2 Exkurs: Kohlenhydrate
Kohlenhydrate gehören normalerweise zu den Hauptenergielieferanten in der Nahrung (vgl. Hahn et al., 2016, S. 29). Dabei ist „ihr Anteil an der Gesamtenergieaufnahme interkulturell stark variiert.“ (Hahn et al., 2016, S. 29) Sie spielten schon immer die wichtigste Rolle in der Ernährung des Menschen (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 181). Ihre Stellung ist durch unterschiedliche Faktoren bedingt und begünstigt (vgl. ebd.).
Ihre Verfügbarkeit ist begünstigt, da sie die am weitesten verbreitete Stoffklasse organischer Substanzen sind und sie in einfach zu produzierenden Produkten wichtiger Kulturpflanzen (z.B. Cerealien, Knollen, Obst und Gemüse) in hoher Konzentration vorkommen (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 181). Kohlenhydratreiche Lebensmittel sind die billigsten Lebensmittel, denn die Produktionskosten fallen im Vergleich nicht hoch aus (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 182). Daher sind sie für viele Verbraucher zugänglich (vgl. ebd.). Außerdem lassen sich kohlenhydratreiche Nahrungsmittel im Gegensatz zu anderen über relativ lange Zeit hinweg lagern (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 182). Zuletzt stellen sie für den menschlichen Organismus leicht verwertbare und bevorzugte Energielieferanten dar (vgl. ebd.).
Wie zuvor erwähnt, kommen Kohlenhydrate vorwiegend in Lebensmitteln pflanzlichen Ursprungs vor, da es sich bei ihnen einerseits um Strukturelemente und andererseits um Energielieferanten der Pflanzen handelt (vgl. ebd.). Hohe Gehalte von Kohlenhydraten befinden sich in Getreide, Kartoffeln, Hülsenfrüchten, Süßwaren und Honig (vgl. Hahn et al., 2016, S. 34). Die beiden letzteren stellen jedoch niedermolekulare Kohlenhydrate bereit (vgl. ebd.). In Obstwaren und Nüssen sind mittlere Gehalte von Kohlenhydraten zu finden; geringe Gehalte sind in stärkearmem Gemüse eingelagert (z.B. Brokkoli) sowie in Milch- und Milcherzeugnissen (vgl. ebd.).
Die Bestandteile von Kohlenhydraten sind Kohlen-, Wasser- und Sauerstoff (vgl. El- madfa und Leitzmann, 2019, S. 182). Sie werden nach der Anzahl der Grundbausteine pro Polymermolekül (Polymerisationsgrad) in Mono-, Di-, Oligo- und Polysaccharide unterteilt (vgl. Hahn et al., 2016, S. 29). Monosaccharide sind Einfachzucker (vgl. ebd.). Hierzu gehören Glucose (Traubenzucker), Fructose (Fruchtzucker) und Galactose (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 182f.). Aus zwei Molekülen gleicher oder unterschiedlicher Monosaccharide entstehen Disaccharide (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 184). Zu dieser Gruppe gehören Saccharose (Rohrzucker), Lactose (Milchzucker) und Maltose (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 184f.). Oligosaccharide bestehen aus drei bis maximal neun glykosidisch verknüpften Monosacchariden und werden in Raffinose und Stachyose unterteilt (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 185). Raffinose kommt in Melasse vor und Stachyose in Leguminosen (vgl. ebd.). Polysaccharide sind eine hochmolekulare Verbindungsklasse aus mindestens zehn Molekülen Monosaccharide und können in Amylose, Amilopektin, Glykogen (tierische Stärke) und Inulin unterteilt werden (vgl. Hahn et al., 2016, S. 33). In Stärke, Getreide und Kartoffeln kommt Amylose vor (vgl. Hahn et al., 2016, S. 30). Amilopektin ist ebenfalls in Stärke, Getreide und Kartoffeln und zusätzlich noch in Dickungsmitteln enthalten (vgl. Hahn et al., 2016, S. 30). Glykogen tritt in der Leber und den Muskeln von Tieren auf - in Artischocken, Topiambur und Schwarzwurzeln befindet sich Inulin (vgl. ebd.).
2.3 Wirkungsmechanismus der ketogenen Ernährung
Die Nährstoffe, die dem Körper Energie liefern, sind primär Fette und Kohlenhydrate (vgl. de Groot, 2015, S. 19). „Im Hungerzustand und besonders bei längerem Fasten kann der Energiebedarf des Gehirns durch Ketonkörper, d.h. durch Ketogenese im Rahmen der ß-Oxidation von Fettsäuren gedeckt werden.“ (Ernst und Neumann, 2006, S. 908) Da bei dieser Ernährungsform auf Kohlenhydrate verzichtet wird, befindet sich der menschliche Körper in einer Art Hungerzustand und bezieht folglich seinen Energiebedarf nicht mehr aus Fetten und Kohlenhydraten, sondern nur noch aus Fetten und Ketonkörpern (vgl. Berg et al., 2018, S. 776).
2.3.1 ß-Oxidation
Über die ß-Oxidation, die in den Mitochondrien aller Gewebe, mit Ausnahme des Gehirns, der Erythrozyten und des Nebennierenmarks, stattfindet, erfolgt hauptsächlich der Energiegewinn aus Fettsäuren (vgl. Hahn et al., 2016, S. 90). Im Zytosol werden zunächst die Fettsäuren zu Acyl-CoA aktiviert (vgl. ebd.). Carnitin, das als Fettsäureträger agiert und die Fettsäurereste über einen Antiporter (Carnitin-Acylcarnitin-Antiporter) in die Mitochondrienmatrix führt, ist für die Beförderung durch die innere Mitochondrienmembran ein wesentlicher Bestandteil (vgl. ebd.). Die Funktionsweise der ß-Oxidation besteht in der wiederholten Abspaltung von Acetyl-CoA-Molekülen unter Gewinnung von Reduktionsäquivalenten (NADH, FADH2) (vgl. ebd.). Wenn Fett- und Kohlenhydratabbau zueinander in einem ausgewogenen Verhältnis stehen, tritt danach das Acetyl-CoA, das sich an Oxalacetat1 binden muss, nur dann in den Citratzyklus2 (vgl. Berg et al., 2018, S. 773). Ob genügend Oxalacetat zur Verfügung steht, hängt jedoch von einer ausreichenden Kohlenhydratzufuhr ab (vgl. ebd.). Da die Oxidation des Acyl-CoA am ß-Koh- lenstoffatom erfolgt, wird diese Reaktionsfolge „ß-Oxidation“ genannt (vgl. Berg et al., 2018, S. 765).
2.3.2 Ketogenese und Ketolyse
Die Ketogenese stellt eine metabolische Leistung der Leber dar, „die in einer engen Beziehung zum Fettsäurewechsel steht und in geringem Umfang bei jeder Stoffwechsellage stattfindet.“ (Daniel und Rehner, 2002, S. 468) Sie ist ein wichtiger Stoffwechselweg, ohne den ein Überleben von Hungerphasen in der Evolution nicht denkbar gewesen wäre (vgl. Baumeister, 2012, S. 24). Er beginnt bei der Senkung der Oxalacetatkon- zentration, da Acetyl-CoA nicht in den Citratzyklus eingeschleust werden kann, wenn Kohlenhydrate nicht verfügbar sind oder ungenügend verwertet werden (vgl. Berg et al., 2018, S. 773). Die ß-Oxidation erfolgt bei diesem Überangebot an freien Fettsäuren bzw. dem Mangel an Oxalacetat schneller als die darauffolgende Importierung des Acetyl- CoA in den Citratzyklus (vgl. Hahn et al., 2016, S. 90). Das hat zur Folge, dass sich die Acetyl-CoA-Moleküle anstauen (vgl. ebd.). Das Acetyl-CoA wird unter diesen Bedingungen zur Bildung von Acetoacetat, ß-Hydroxybutyrat und Aceton umgeleitet (vgl. Berg et al., 2018, S. 773). Diese drei Verbindungen werden auch „Ketonkörper“ genannt (vgl. Berg et al., 2018, S. 773).Die Ketogenese kann demzufolge als Synthese der Ketonkörper angesehen werden, denndie Ketonkörper werden während dieses Prozesses gebildet.
Die Stoffwechselsituation, in der Ketone vermehrt entstehen, hat die Bezeichnung „Ketose“ erhalten und ist bei Hungerzuständen, Fasten, unbehandelter Diabetes mellitus Typ 1, fortgeschrittener Schwangerschaft, erbbedingten Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels und eben auch beim Konsum stark kohlenhydratarmer und fettreicher Diäten gegeben(vgl. de Groot, 2015, S. 572).
Durch die Aktivierung in Acetacetyl-CoA und die Spaltung in Acetyl-CoA erfolgt ihre energetische Verwertung (vgl. Hahn et al., 2016, S.90). Der Rest des Acetyls kann in den Citratzyklus eingeschleust und komplett oxidativ zu CO2 abgebaut werden (vgl. ebd.).
Ein deutlichererReaktionsablauf, der bei der Bildung von Ketonkörper erfolgt, lässt sich durch nachfolgend angeführterAbb. 1 darstellenund gliedert sich in folgenden Prozess:
1.Thiolase: Zwei Moleküle Acetyl-CoA kondensieren zu einem Molekül Ace- tacetyl-CoA (vgl. Daniel und Rehner, 2002, S. 466).
2.Hydroxymethylglutaryl-CoA-Synthase (HMG-CoA-Synthase):Das Ace- tacetyl-CoA reagiert mit einem weiteren Acetyl-CoA (vgl. ebd.). Dabei entsteht ß-Hydroxy-ß-Methylglutaryl-CoA (vgl. ebd.).
3.Lyase:Die zuvor entstandene Verbindung wird in Acetyl-CoA und Acetoacetat gespalten, die somit für weitere Synthesen zur Verfügung stehen (vgl. ebd.).
4.ß-Hydroxybutyrat-Dehydrogenase:Das Acetoacetat wird zu ß-Hydroxybuty- rat, dem zweiten Ketonkörper, hydriert (vgl. Daniel und Rehner, 2002, S. 466f.). Durch eine spontane Decarboxylierung des Acetoacetats entsteht das flüchtige Aceton (vgl. Daniel und Rehner, 2002, S. 467).
Abb. 1:Ketogenese und Ketolyse in der Leber Feftsäureoxidation (ß Oxidahon) Citratzykk/s
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Quelle: Gonder et al., 2019, S. 11)
Zur Energiegewinnung werden die Ketonkörper in Geweben außerhalb der Leber verwertet (vgl. Daniel und Rehner, 2002, S.467): „Sie stellen keine Abfallprodukte von geringem physiologischem Wert dar, sondern sind als normale Brennstoffe der Zellatmung und als Energiequellen quantitativ bedeutsam.“ (Daniel und Rehner, 2002, S. 467) Der Herzmuskel und die Nierenrinde bevorzugen Acetoacetat gegenüber Glukose (vgl. Daniel und Rehner, 2002, S. 467). Auch die Organe, die nicht zwingend auf Glukose angewiesen sind, nutzen sie als leicht oxidierbare Substrate,und sogar das zentrale Nervensystem, das seinen Energiebedarf üblicherweise durch die Metabolisierung von Glukose sichert, erhält nach einigen Tagen Kohlenhydratkarenz die Fähigkeit, Ketonkörper zu verwenden (vgl. ebd.).
Die Rücküberführung der Ketonkörper (Ketolyse) in Acetyl-CoA, damit dieser als energetisch verwertbares Substrat genutzt werden kann (vgl. ebd.), ist gleichfalls in Abb. 1 illustriert und lässt sich zunächst verbal wie folgt beschreiben:
[...]
1 Oxalacetat entsteht normalerweise aus Pyruvat, dem Produkt des Glukoseabbaus in der Glykolyse (vgl. Berg et al., 2018, S. 773).
2 „Der Citratzyklus ist der abschließende gemeinsame Stoffwechselweg bei der Oxidation von Brennstoffmolekülen von Kohlenhydraten, Fettsäuren und Aminosären.“ (Berg et al., 2018, S. 582)
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- Mariana Cumba (Autor:in), 2019, Zur Bedeutung der ketogenen Ernährung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1217241
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