Zur Bedeutung der ketogenen Ernährung


Bachelorarbeit, 2019

39 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung
1.1 Zielsetzung und Vorgehensweise
1.2 Problemdarstellung

2 Ketogene Ernährung
2.1 Ursprung und Definition
2.2 Exkurs: Kohlenhydrate
2.3 Wirkungsmechanismus der ketogenen Ernährung
2.3.1 ß-Oxidation
2.3.2 Ketogenese und Ketolyse
2.3.3 Ketonkörper
2.4 Atkins Diät
2.4.1 Botschaft
2.4.2 Die einzelnen Stufen
2.4.3 Ein Keto-Tag nach der Atkins Diät
2.5 Weitere Einsatzbereiche
2.5.1 Epilepsie
2.5.2 Krebs
2.5.3 Sport

3 Diskussion
3.1 Auswirkungen ketogener Ernährung
3.1.1 Vorteile
3.1.2 Nachteile
3.1.2.1 Nebenwirkungen
3.1.2.2 Langfristige Risiken
3.1.2.3 Ketoazidose
3.1.2.4 Anstieg der Methylglyoxalproduktion
3.2 Vergleich zu DGE-Empfehlungen
3.3 Empfehlungen zur Gewichtsreduktion

4 Schlussbetrachtung

5 Literatur

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1:Ketogenese und Ketolyse in der Leber

Abb. 2:Die dreidimensionale DGE-Lebensmittelpyramide und der DGE- Ernährungskreis

Abb. 3:Die „KetoPyramide“ 27 [Die Abbildung 2 ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht im Lieferumfang enthalten.]

Tabellenverzeichnis

Tab. 1:Tagesmenü nach der ketogenen Ernährung

Tab. 2:D-A-CH-Referenzwerte der täglichen Proteinzufuhr eines Jugendlichen und Erwachsenen

Tab. 3:D-A-CH-Referenzwerte der täglichen Kalorienzufuhr eines Jugendlichen und Erwachsenen

1 Einleitung

1.1 Zielsetzung und Vorgehensweise

Die vorliegende Bachelorarbeit thematisiert die Bedeutung der ketogenen Ernährung. Ziel ist es, ernährungsphysiologisch die ketogene Ernährungsform zu bewerten. Dabei wird der Frage nachgegangen, ob eine solche Ernährungsform eine bedarfsgerechte Nährstoffversorgung sicherstellt und ob sie kein Risiko für die Gesundheit darstellt, was von großer Bedeutung ist, da dies gegenwärtig ein sehr umstrittenes Thema ist.

Zunächst wird deshalb die Problemdarstellung den nachfolgenden Ausführungen zu­grunde gelegt. Danach wird in Kapitel 2 die ketogene Ernährung vorgestellt. Es wird dabei auf den Ursprung, terminologische Klärungen und den Wirkungsmechanismus im menschlichen Körper im Zuge einer solchen Ernährungsform eingegangen. Darauf auf­bauend wird erörtert, wie für diese geworben wird, wie sie beispielhaft in der Praxis bzw. im Alltag aussieht und wann sie noch und warum, abgesehen von der angestrebten Ge­wichtsreduktion, eingesetzt wird. Anschließend wird in Kapitel 3 die Diskussion über die ketogene Ernährung untersucht. Dabei beleuchtet die vorliegende Arbeit die entspre­chenden Vor- und Nachteile. Im Rahmen dieser Auseinandersetzung werden Nebenwir­kungen und mögliche langfristige Risiken beschrieben. Danach wird die ketogene Er­nährung mit den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ver­glichen. Dabei werden diese Empfehlungen erläutert, und anschließend werden die Ge­meinsamkeiten und/oder Unterschiede zur ketogenen Ernährung aufgeführt. Daran knüpfen sich die Empfehlungen zur Gewichtreduktion, da sie ebenfalls für die Beurtei­lung der ketogenen Ernährung von Bedeutung sind. Abschließend findet die Schlussbe­trachtung dieser Arbeit ihre Stelle.

1.2 Problemdarstellung

Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Diät“ leitet sich aus dem griechischen Wort „ diaita “ ab und bedeutet so viel wie „Lebensführung“ oder „Lebensweise“ (vgl. Fusseneg­ger et al., 2009, S. 740). Daraus folgt, dass sich die Diätetik auf einer wissenschaftlichen Grundlage mit der „richtigen Ernährungs- und Lebensweise“ beschäftigt (vgl. ebd.).

Der Begriff „Diät“ wird heutzutage häufig mit Gewichtsreduktion, Nahrungsrestriktion und Verzicht auf bestimmte Lebensmittel (einseitige Ernährung) in Verbindung gebracht (vgl. Fussenegger et al., 2009, S. 740). Es findet sich ein unüberschaubares Angebot mit über 500 Varianten an Reduktionsdiäten (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 757). Dabei werden vor allem in vielen Laienmedien zeitlich limitierte Reduktionsdiäten, deren Emp­fehlungen meist auf einer unwissenschaftlichen Basis beruhen und allgemeine Verwir­rung hervorrufen, propagiert (vgl. Fussenegger et al., 2009, S. 740).

Da die Auswahl der Reduktionsdiäten so breit gefächert ist, muss die ernährungsphysi­ologische Beurteilung dieser Reduktionsdiäten und Programme sehr differenziert erfol­gen (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 757). Das Spektrum der Bewertungen für die einzelnen Diäten reicht von „wissenschaftlich fundiert“ über „vertretbar“ bis hin zu „un­sinnig“ oder gar „gefährlich“ (vgl. ebd.). Fundamentale Beurteilungskriterien sind die Dauer und Intensität der Diät, desgleichen Alter und Gesundheitsstatus der sie durch­führenden Personen (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 757). Diese Reduktiondiäten können in unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden:

- energiereduzierte Mischkostdiäten (z.B. „Brigitte-Diät“, „Fit-for-Fun“-Diät),
- energiereduzierte und einseitige Mode- und Crashdiäten (z.B. Kohlsuppendiät, Rohkostdiät),
- kommerzielle Programme zur Gewichtsreduktion (z.B. Treffpunkt-Diät, Weight Watchers ),
- Psycho-Diäten (z.B. „Denken Sie sich schlank“ von Elsye Birkenshaw),
- Formuladiäten oder Optifastprodukte (z.B. Almased®)
- und kohlenhydratarme Reduktionsdiäten (z.B. Low-Carb-Diät, Lutz-Diät) (vgl. El- madfa und Leitzmann, 2019, S. 757f.).

Die letzte Gruppe gehört zu den ältesten und umstrittensten aller Abnehmdiäten (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 757). Denn der globale Anstieg von Übergewicht und Adipositas hat zu der Suche nach „der effektiven Diät“ zur Gewichtsabnahme geführt (vgl. Astrup et al., 2004, S. 897). Weil diese Epidemie trotz der erheblichen Minderung von Fett in der Kost anhält, bekommen nun kohlenhydratreiche, insbesondere stärke- und zuckerhaltige Lebensmittel, die Aufmerksamkeit (vgl. ebd.). Man stößt auf heftige Auseinandersetzungen darüber, in welchem Ausmaß sie in unserer Ernährung präsent sein sollten (vgl. de Groot, 2019, S. 36). Aus diesem Grund ist diese Gruppe durch fett- und proteinreiche, energetisch unbegrenzte Diäten gekennzeichnet (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 757). Sie umfasst ein übermäßig großes Angebot an Ernährungs­weisen. Diese Kostformen sind vor allem in den USA von großer Popularität gekenn­zeichnet (vgl. de Groot, 2015, S. 692). Eine davon ist die beliebteste und strikteste Vari­ante aller kohlenhydratarmen Ernährungsformen, die ketogene Diät (kurz: Keto-Diät). Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Analyse dieser ketogenen Ernährungsform, die unter einer wissenschaftlichen Perspektive beleuchtet werden soll.

2 Ketogene Ernährung

Das folgende Kapitel liefert einen Überblick über die ketogene Ernährung, die im Mittel­punkt des Erkenntnisinteresses dieser Arbeit steht. Zunächst widmet sich der erste Teil dem Ursprung und der Definition dieser Ernährungsweise. Danach erfolgt ein kurzer Ex­kurs über die Kohlenhydrate, um ihre Bedeutung und Eigenschaften zu beleuchten. Im Anschluss daran wird der biochemische Wirkungsmechanismus der ketogenen Ernährung erläutert. Dabei werden Begriffe wie „Ketonkörper“, „Ketogenese“ und „Keto- lyse“ erörtert. Anschließend wird die berühmte „Atkins Diät“, die als Beispiel für eine ty­pische ketogene Diät dient, thematisiert. Hierbei werden die grundlegende Botschaft, die einzelnen Stufen und Empfehlungen sowie ein beispielhafter Tag nach dem Prinzip der ketogenen Ernährung dargestellt. Im Zuge dessen werden die Zutaten der Mahlzeiten sowie die darin enthaltenen Nährstoffe und Kalorien gleichfalls aufgeführt. Abschließend werden Personengruppen beschrieben, die sich besonders mit dieser Ernährungsform beschäftigen. Indessen werden die Gründe für und Auswirkungen der ketogenen Ernäh­rung im Hinblick auf diese beschrieben.

2.1 Ursprung und Definition

Bereits Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts wurden Beobachtungen gemacht, dass Fettsüchtige an Körpergewicht verlieren, wenn Kohlenhydrate größtenteils aus der Er­nährung weggelassen werden, d.h. wenn eine vorwiegend aus Fett und Eiweiß beste­hende Kost keine Begrenzung der Gesamtenergiezufuhr aufweist (vgl. Kasper, 2014, S. 291). Im Laufe der Zeit wurden dazu immer wieder Berichte, Dokumentationen und Bü­cher von unterschiedlichen Pionieren (Ärzte und Gastrosophen) der ketogenen Ernäh­rung verfasst (vgl. Gonder et al., 2019, S. 40 - 44). Dies war zu beobachten, bis 1972 der amerikanische Kardiologe Dr. Robert C. Atkins mit seinem millionenfach verkauften Bestseller „ Dr. Atkins‘ Diet Revolution “ einen immensen Low-Carb -Trend zur Gewichts­reduktion initiierte (vgl. Fussenegger et al., 2009, S. 740). Die beliebte, aber auch ext­reme Methode der gleichnamigen „Atkins Diät“ stützt sich auf eine drastische Verminde­rung von Kohlenhydratträgern wie Obst, Gemüse und Getreideprodukte (demgemäß „ Low Carbohydrate “) und wirbt zugleich für die uneingeschränkte Aufnahme von fett- und proteinreichen Lebensmitteln wie Fleisch, Geflügel, Schalentiere, Fisch und Eier (vgl. Fussenegger et al., 2009, S. 740). Ziel dieser kohlenhydratarmen Ernährungsweise ist, den schnellen und langanhaltenden Fettabbau ohne Hungergefühle zu fördern (vgl. ebd.). Die Atkins Diät bewirkt im Stoffwechsel eine vermehrte Produktion von Ketonkör­pern und wird deshalb auch „ketogene“ Diät genannt (vgl. Fussenegger et al., 2009, S. 740f.).

Diäten, welche die Einnahme von Kohlenhydraten limitieren, werden, außer „Low Car­bohydrate“ und „ketogen“ auch „Very Low Carbohydrate“, „High Protein“ und „High Fat“ genannt (vgl. Volek und Westman, 2002, S. 853). Diese zeichnen sich dadurch aus, dass die Kohlenhydratenergie auf weniger als 10% reduziert wird bzw. dass weniger als 50 g Kohlenhydrate täglich konsumiert werden (vgl. ebd.). Deshalb sind sie reich an Fetten (ca. 70% - 80%) und Proteinen (ca. 10% - 20%) (vgl. ebd.). „Die verschiedenen Formen unterscheiden sich in der Ausprägung des Fettgehalts und in der Berechnung der Diät.“ (Gautschi et al., 2015, S. 23)

2.2 Exkurs: Kohlenhydrate

Kohlenhydrate gehören normalerweise zu den Hauptenergielieferanten in der Nahrung (vgl. Hahn et al., 2016, S. 29). Dabei ist „ihr Anteil an der Gesamtenergieaufnahme in­terkulturell stark variiert.“ (Hahn et al., 2016, S. 29) Sie spielten schon immer die wich­tigste Rolle in der Ernährung des Menschen (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 181). Ihre Stellung ist durch unterschiedliche Faktoren bedingt und begünstigt (vgl. ebd.).

Ihre Verfügbarkeit ist begünstigt, da sie die am weitesten verbreitete Stoffklasse organi­scher Substanzen sind und sie in einfach zu produzierenden Produkten wichtiger Kultur­pflanzen (z.B. Cerealien, Knollen, Obst und Gemüse) in hoher Konzentration vorkom­men (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 181). Kohlenhydratreiche Lebensmittel sind die billigsten Lebensmittel, denn die Produktionskosten fallen im Vergleich nicht hoch aus (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 182). Daher sind sie für viele Verbraucher zugänglich (vgl. ebd.). Außerdem lassen sich kohlenhydratreiche Nahrungsmittel im Ge­gensatz zu anderen über relativ lange Zeit hinweg lagern (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 182). Zuletzt stellen sie für den menschlichen Organismus leicht verwertbare und bevorzugte Energielieferanten dar (vgl. ebd.).

Wie zuvor erwähnt, kommen Kohlenhydrate vorwiegend in Lebensmitteln pflanzlichen Ursprungs vor, da es sich bei ihnen einerseits um Strukturelemente und andererseits um Energielieferanten der Pflanzen handelt (vgl. ebd.). Hohe Gehalte von Kohlenhydraten befinden sich in Getreide, Kartoffeln, Hülsenfrüchten, Süßwaren und Honig (vgl. Hahn et al., 2016, S. 34). Die beiden letzteren stellen jedoch niedermolekulare Kohlenhydrate bereit (vgl. ebd.). In Obstwaren und Nüssen sind mittlere Gehalte von Kohlenhydraten zu finden; geringe Gehalte sind in stärkearmem Gemüse eingelagert (z.B. Brokkoli) so­wie in Milch- und Milcherzeugnissen (vgl. ebd.).

Die Bestandteile von Kohlenhydraten sind Kohlen-, Wasser- und Sauerstoff (vgl. El- madfa und Leitzmann, 2019, S. 182). Sie werden nach der Anzahl der Grundbausteine pro Polymermolekül (Polymerisationsgrad) in Mono-, Di-, Oligo- und Polysaccharide un­terteilt (vgl. Hahn et al., 2016, S. 29). Monosaccharide sind Einfachzucker (vgl. ebd.). Hierzu gehören Glucose (Traubenzucker), Fructose (Fruchtzucker) und Galactose (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 182f.). Aus zwei Molekülen gleicher oder unterschied­licher Monosaccharide entstehen Disaccharide (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 184). Zu dieser Gruppe gehören Saccharose (Rohrzucker), Lactose (Milchzucker) und Maltose (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 184f.). Oligosaccharide bestehen aus drei bis maximal neun glykosidisch verknüpften Monosacchariden und werden in Raffi­nose und Stachyose unterteilt (vgl. Elmadfa und Leitzmann, 2019, S. 185). Raffinose kommt in Melasse vor und Stachyose in Leguminosen (vgl. ebd.). Polysaccharide sind eine hochmolekulare Verbindungsklasse aus mindestens zehn Molekülen Monosaccha­ride und können in Amylose, Amilopektin, Glykogen (tierische Stärke) und Inulin unter­teilt werden (vgl. Hahn et al., 2016, S. 33). In Stärke, Getreide und Kartoffeln kommt Amylose vor (vgl. Hahn et al., 2016, S. 30). Amilopektin ist ebenfalls in Stärke, Getreide und Kartoffeln und zusätzlich noch in Dickungsmitteln enthalten (vgl. Hahn et al., 2016, S. 30). Glykogen tritt in der Leber und den Muskeln von Tieren auf - in Artischocken, Topiambur und Schwarzwurzeln befindet sich Inulin (vgl. ebd.).

2.3 Wirkungsmechanismus der ketogenen Ernährung

Die Nährstoffe, die dem Körper Energie liefern, sind primär Fette und Kohlenhydrate (vgl. de Groot, 2015, S. 19). „Im Hungerzustand und besonders bei längerem Fasten kann der Energiebedarf des Gehirns durch Ketonkörper, d.h. durch Ketogenese im Rahmen der ß-Oxidation von Fettsäuren gedeckt werden.“ (Ernst und Neumann, 2006, S. 908) Da bei dieser Ernährungsform auf Kohlenhydrate verzichtet wird, befindet sich der menschliche Körper in einer Art Hungerzustand und bezieht folglich seinen Energiebe­darf nicht mehr aus Fetten und Kohlenhydraten, sondern nur noch aus Fetten und Ke­tonkörpern (vgl. Berg et al., 2018, S. 776).

2.3.1 ß-Oxidation

Über die ß-Oxidation, die in den Mitochondrien aller Gewebe, mit Ausnahme des Ge­hirns, der Erythrozyten und des Nebennierenmarks, stattfindet, erfolgt hauptsächlich der Energiegewinn aus Fettsäuren (vgl. Hahn et al., 2016, S. 90). Im Zytosol werden zu­nächst die Fettsäuren zu Acyl-CoA aktiviert (vgl. ebd.). Carnitin, das als Fettsäureträger agiert und die Fettsäurereste über einen Antiporter (Carnitin-Acylcarnitin-Antiporter) in die Mitochondrienmatrix führt, ist für die Beförderung durch die innere Mitochondrien­membran ein wesentlicher Bestandteil (vgl. ebd.). Die Funktionsweise der ß-Oxidation besteht in der wiederholten Abspaltung von Acetyl-CoA-Molekülen unter Gewinnung von Reduktionsäquivalenten (NADH, FADH2) (vgl. ebd.). Wenn Fett- und Kohlenhydratabbau zueinander in einem ausgewogenen Verhältnis stehen, tritt danach das Acetyl-CoA, das sich an Oxalacetat1 binden muss, nur dann in den Citratzyklus2 (vgl. Berg et al., 2018, S. 773). Ob genügend Oxalacetat zur Verfügung steht, hängt jedoch von einer ausrei­chenden Kohlenhydratzufuhr ab (vgl. ebd.). Da die Oxidation des Acyl-CoA am ß-Koh- lenstoffatom erfolgt, wird diese Reaktionsfolge „ß-Oxidation“ genannt (vgl. Berg et al., 2018, S. 765).

2.3.2 Ketogenese und Ketolyse

Die Ketogenese stellt eine metabolische Leistung der Leber dar, „die in einer engen Be­ziehung zum Fettsäurewechsel steht und in geringem Umfang bei jeder Stoffwechsel­lage stattfindet.“ (Daniel und Rehner, 2002, S. 468) Sie ist ein wichtiger Stoffwechsel­weg, ohne den ein Überleben von Hungerphasen in der Evolution nicht denkbar gewe­sen wäre (vgl. Baumeister, 2012, S. 24). Er beginnt bei der Senkung der Oxalacetatkon- zentration, da Acetyl-CoA nicht in den Citratzyklus eingeschleust werden kann, wenn Kohlenhydrate nicht verfügbar sind oder ungenügend verwertet werden (vgl. Berg et al., 2018, S. 773). Die ß-Oxidation erfolgt bei diesem Überangebot an freien Fettsäuren bzw. dem Mangel an Oxalacetat schneller als die darauffolgende Importierung des Acetyl- CoA in den Citratzyklus (vgl. Hahn et al., 2016, S. 90). Das hat zur Folge, dass sich die Acetyl-CoA-Moleküle anstauen (vgl. ebd.). Das Acetyl-CoA wird unter diesen Bedingun­gen zur Bildung von Acetoacetat, ß-Hydroxybutyrat und Aceton umgeleitet (vgl. Berg et al., 2018, S. 773). Diese drei Verbindungen werden auch „Ketonkörper“ genannt (vgl. Berg et al., 2018, S. 773).Die Ketogenese kann demzufolge als Synthese der Ketonkör­per angesehen werden, denndie Ketonkörper werden während dieses Prozesses gebil­det.

Die Stoffwechselsituation, in der Ketone vermehrt entstehen, hat die Bezeichnung „Ke­tose“ erhalten und ist bei Hungerzuständen, Fasten, unbehandelter Diabetes mellitus Typ 1, fortgeschrittener Schwangerschaft, erbbedingten Störungen des Kohlenhydrat­stoffwechsels und eben auch beim Konsum stark kohlenhydratarmer und fettreicher Di­äten gegeben(vgl. de Groot, 2015, S. 572).

Durch die Aktivierung in Acetacetyl-CoA und die Spaltung in Acetyl-CoA erfolgt ihre ener­getische Verwertung (vgl. Hahn et al., 2016, S.90). Der Rest des Acetyls kann in den Citratzyklus eingeschleust und komplett oxidativ zu CO2 abgebaut werden (vgl. ebd.).

Ein deutlichererReaktionsablauf, der bei der Bildung von Ketonkörper erfolgt, lässt sich durch nachfolgend angeführterAbb. 1 darstellenund gliedert sich in folgenden Prozess:

1.Thiolase: Zwei Moleküle Acetyl-CoA kondensieren zu einem Molekül Ace- tacetyl-CoA (vgl. Daniel und Rehner, 2002, S. 466).
2.Hydroxymethylglutaryl-CoA-Synthase (HMG-CoA-Synthase):Das Ace- tacetyl-CoA reagiert mit einem weiteren Acetyl-CoA (vgl. ebd.). Dabei entsteht ß-Hydroxy-ß-Methylglutaryl-CoA (vgl. ebd.).
3.Lyase:Die zuvor entstandene Verbindung wird in Acetyl-CoA und Acetoacetat gespalten, die somit für weitere Synthesen zur Verfügung stehen (vgl. ebd.).
4.ß-Hydroxybutyrat-Dehydrogenase:Das Acetoacetat wird zu ß-Hydroxybuty- rat, dem zweiten Ketonkörper, hydriert (vgl. Daniel und Rehner, 2002, S. 466f.). Durch eine spontane Decarboxylierung des Acetoacetats entsteht das flüchtige Aceton (vgl. Daniel und Rehner, 2002, S. 467).

Abb. 1:Ketogenese und Ketolyse in der Leber Feftsäureoxidation (ß Oxidahon) Citratzykk/s

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Gonder et al., 2019, S. 11)


Zur Energiegewinnung werden die Ketonkörper in Geweben außerhalb der Leber ver­wertet (vgl. Daniel und Rehner, 2002, S.467): „Sie stellen keine Abfallprodukte von ge­ringem physiologischem Wert dar, sondern sind als normale Brennstoffe der Zellatmung und als Energiequellen quantitativ bedeutsam.“ (Daniel und Rehner, 2002, S. 467) Der Herzmuskel und die Nierenrinde bevorzugen Acetoacetat gegenüber Glukose (vgl. Da­niel und Rehner, 2002, S. 467). Auch die Organe, die nicht zwingend auf Glukose ange­wiesen sind, nutzen sie als leicht oxidierbare Substrate,und sogar das zentrale Nerven­system, das seinen Energiebedarf üblicherweise durch die Metabolisierung von Glukose sichert, erhält nach einigen Tagen Kohlenhydratkarenz die Fähigkeit, Ketonkörper zu verwenden (vgl. ebd.).

Die Rücküberführung der Ketonkörper (Ketolyse) in Acetyl-CoA, damit dieser als ener­getisch verwertbares Substrat genutzt werden kann (vgl. ebd.), ist gleichfalls in Abb. 1 illustriert und lässt sich zunächst verbal wie folgt beschreiben:

[...]


1 Oxalacetat entsteht normalerweise aus Pyruvat, dem Produkt des Glukoseabbaus in der Gly­kolyse (vgl. Berg et al., 2018, S. 773).

2 „Der Citratzyklus ist der abschließende gemeinsame Stoffwechselweg bei der Oxidation von Brennstoffmolekülen von Kohlenhydraten, Fettsäuren und Aminosären.“ (Berg et al., 2018, S. 582)

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Zur Bedeutung der ketogenen Ernährung
Hochschule
Universität Paderborn
Note
2,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
39
Katalognummer
V1217241
ISBN (eBook)
9783346646071
ISBN (Buch)
9783346646088
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ernährung, ketogene, keto, diät, kohlenhydratarm, atkins
Arbeit zitieren
Mariana Cumba (Autor:in), 2019, Zur Bedeutung der ketogenen Ernährung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1217241

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