Freiheit und Sklaverei. (K)ein Widerspruch?

Eine Betrachtung von "Two Treaties of Government" von John Locke


Hausarbeit (Hauptseminar), 2022

13 Seiten, Note: 1,3

Moritz Fork (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Freiheit und Sklaverei in den Zwei Abhandlungen über die Regierung
2.1 Freiheit und Gleichheit unter dem Naturrecht
2.2 Ablehnung der Sklaverei per Vertrag
2.3 Sklaverei durch einen gerechten Krieg
2.4 Eigentum

3 Afro-Amerikanische Sklaverei
3.1 Die Entstehung der Sklaverei auf dem amerikanischen Kontinent
3.2 Lockes eigene Verstrickung in den Sklavenhandel

4 Rechtfertigung der Sklaverei und deren Widersprüchlichkeit
4.1 Widerspruch innerhalb der Theorie des gerechten Krieges
4.2 Widerspruch zur tatsächlichen Situation auf dem amerikanischen und afrikanischen Kontinent

5 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Der Philosoph John Locke (1632-1704) wird gerne als der Urvater des Liberalismus bezeichnet. Als Vordenker der Aufklärung entwickelte er 1689 in seinem Werk „Zwei Abhandlungen über die Regierung“ (Two Treatises of Government, nachfolgend „TTG“) die staatstheoretischen Grundlagen für die amerikanische Verfassung, die Französische Revolution und die demokratischen Verfassungen, wie wir sie heute in Europa kennen.

Der Kern seiner Staatstheorie besteht darin, dass die Regierenden nur dann legitim herrschen können, wenn die Regierten diesem zustimmen. Daraus folgt, dass ein Herrscher nicht aus sich selbst heraus oder aus Gottes Gnadentum herrschen kann, sondern es bedarf dazu der Zustimmung der Regierten. Darüber hinaus muss diese Regierung die Naturrechte des Volkes achten, welche sich in den drei Stützpfeilern von Leben, Freiheit und Eigentum manifestieren. Werden diese Grundrechte nicht beachtet, so steht den Regierten ein Widerstandsrecht zu. Aus diesen beiden Voraussetzungen entwickelte Locke eine Staatstheorie, die wir heute als Vorstufe einer liberalen Verfassung anerkennen, einem Liberalismus, der die individuelle Freiheit und damit die Ablehnung jedweder autoritären Einmischung proklamiert.

Ein in der Literatur eher unbeachtetes Kapitel in Lockes „Zwei Abhandlungen über die Regierung“ ist das Kapitel der Sklaverei. Es ist auch deswegen unbeachtet, weil es in seinem Zusammenhang zum Gesamtwerk Widersprüchlichkeiten aufscheinen lässt, die nicht aus sich selbst heraus erklärt werden können. Schon allein die Gegenüberstellung von Freiheit und Sklaverei scheint an sich schon ein Widerspruch zu sein.

Die folgende Hausarbeit soll sich daher damit beschäftigen, inwieweit Locke die Institution der Sklaverei in seinem Werk zu rechtfertigen versucht und welche Widersprüche sich darin bezüglich des von ihm vorausgesetzten Naturrecht, der Gleichheit und der zu dieser Zeit praktizierten Sklavenhaltergesellschaft auf dem amerikanischen Kontinent ergeben. Nicht zuletzt spielt in dieser Kontradiktion auch John Lockes persönliche Verstrickung in die Ökonomie des Sklavenhandels eine Rolle. Ein Fazit wird die Ergebnisse der Analyse der Rechtfertigungen und Widersprüchlichkeiten zusammenfassen.

2 Freiheit und Sklaverei in den Zwei Abhandlungen über die Regierung

John Locke veröffentlichte die „Zwei Abhandlungen über die Regierung“ als Parteischrift anonym im Jahre 1689. Die erste Abhandlung ist beinahe vollständig ein kritischer Angriff gegen die Ideen von Sir Robert Filmer, der die Macht des Monarchen als von Gott gegeben ansah und die Zustimmung des Volkes rigoros ablehnte. Die Zweite Abhandlung umfasst dann Lockes eigene Theorie über die Regierung, welche sich mit den Fragen befasst, welches die Quellen und die Grenzen legitimer politischer Autorität sind, warum einem Herrscher gehorcht werden sollte und unter welchen Umständen ein Recht auf Widerstand besteht (vgl. Warburton, 2000, S. 84).

Schon gleich im ersten Kapitel der ersten Abhandlung setzt Locke das Thema Sklaverei mit den folgenden berühmt gewordenen Worten in Szene:

„Die Sklaverei ist ein so verächtlicher, erbärmlicher Zustand des Menschen und dem edlen Charakter und Mut unserer Nation derart entgegengesetzt, dass es schwer fällt zu begreifen, wie ein Engländer, geschweige denn ein Gentleman, sie verteidigen kann“ (TTG I, 1).

Der Begriff Sklaverei darf jedoch in diesem Absatz nicht mit dem Begriff verwechselt werden, wie wir ihn heute als menschenverachtenden Zustand assoziieren. Locke benutzt hier den Ausdruck Sklaverei, um damit den Zustand der englischen Gesellschaft zu kritisieren und die Erwähnung eines englischen Gentlemans ist hier mit der Kritik an Robert Filmer und seiner Schrift „Proarchia“ verknüpft. Sklaverei steht hier also klar in Opposition zum Begriff der Freiheit. So manche Gelehrten interpretierten die Stelle sogar dahingehen, dass Locke ein Gegner der Sklaverei sei, doch genau das Gegenteil ist hier der Fall.

In den Zwei Abhandlungen über die Regierung entwickelte Locke eine Theorie, die versuchte Freiheit und Sklaverei widerspruchsfrei zu verbinden. Eine Freiheit nämlich, die mit seinem Naturrecht korrespondiert und eine gerechtfertigte Freiheit unter dem Deckmantel des gerechten Krieges (vgl. Farr, 1986, S. 270).

Im Folgenden soll nun die Argumentationsstruktur von Locke dargelegt werden anhand seiner Ausführung zu Freiheit und Gleichheit, des Eigentums und der Sklaverei infolge eines gerechten Krieges.

2.1 Freiheit und Gleichheit unter dem Naturrecht

Bei Locke ist der Naturzustand erstens ein Zustand der vollkommenen Freiheit, in der jeder innerhalb der Grenzen des Gesetzes der Natur bezüglich seines Handelns, Besitzens und seiner Persönlichkeit verfügen kann, wie er will. Es herrscht zweitens ein Zustand der Gleichheit in dem für alle Geschöpfe von gleichem Rang auch das gleiche Recht gilt (vgl. Locke, TTG II, § 4).

Das im Naturzustand herrschende natürliche Gesetz verpflichtet jeden, niemanden in seinem Leben, seinem Besitz, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit zu schaden, sich selbst aber auch die übrige Menschheit zu erhalten. Das Gesetz der Natur ist dahingehend ausgerichtet den Frieden und die Erhaltung der Menschheit zu sichern (vgl. ebd. § 6).

2.2 Ablehnung der Sklaverei per Vertrag

Eine Sklaverei von Natur aus, so wie sie in der Antike unter dem Vorwand praktiziert wurde, dass Menschen aufgrund ihrer Abstammung in die Sklaverei hineingeboren werden, schließt Locke aufgrund seiner Gleichheitsprinzipien aus. Da die Menschen frei geboren werden, ist es für Locke auch nicht rechtmäßig die Kinder von Kriegsgefangenen zu versklaven (vgl. ebd. § 189). Zudem ist es für den Menschen auch nicht möglich, sich selbst in die Sklaverei zu verkaufen:

„Denn da der Mensch keine Gewalt über sein eigenes Leben hat, kann er sich weder durch einen Vertrag noch durch seine eigene Zustimmung zum Sklaven eines anderen machen.“ (ebd. § 23)

Locke räumt zwar ein, dass die Sklaverei per Vertrag bei anderen Völkern, wie z.B. den Juden existiere, dass sich diese Menschen jedoch nicht in die Sklaverei, sondern lediglich zu schwerer Arbeit verkauften (vgl. ebd.).

2.3 Sklaverei durch einen gerechten Krieg

Das Kapitel über Sklaverei schließt sich in Lockes Werk direkt an das des Krieges an und dies nicht von ungefähr. Wenn nämlich jemand durch eigene Schuld, die den Tod verdient, sein Leben verwirkt, so darf der Geschädigte die Hinrichtung aufschieben und ihn zum Sklaven machen (vgl. ebd. § 23).

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Freiheit und Sklaverei. (K)ein Widerspruch?
Untertitel
Eine Betrachtung von "Two Treaties of Government" von John Locke
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1,3
Autor
Jahr
2022
Seiten
13
Katalognummer
V1217621
ISBN (eBook)
9783346647689
ISBN (Buch)
9783346647696
Sprache
Deutsch
Schlagworte
John Locke
Arbeit zitieren
Moritz Fork (Autor:in), 2022, Freiheit und Sklaverei. (K)ein Widerspruch?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1217621

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