Die Vorstellung eines Lebens ohne Liebe und Freundschaft ist nicht gerades das, was man gemeinhin mit einem glücklichen Leben assoziiert. Das Gefühl, manchen Menschen in besonderer Weise verbunden zu sein, scheint existentiell zum menschlichen Sein dazu zu gehören. Allein wenn man sich die unzähligen Liebeslieder oder -gedichte ansieht, die seit je her verfasst worden sind, wird die Bedeutung der Liebe im menschlichen Leben mehr als deutlich. Aber nicht nur der Partnerschaft zwischen zwei Erwachsenen, auch der familiären Beziehungen zwischen Eltern und Kindern kommt eine existentielle Bedeutung zu und sie wird ebenfalls Liebe genannt. Bei anderen engen Verbindungen zwischen zwei Menschen, die weder familiär noch sexuell bestimmt sind, sprechen wir von Freundschaft. Auch diese wurde immer wieder literarisch verarbeitet, schon bei Homer finden sich Geschichten über Freunde, so z.B. Diomedes und Glaukos oder Achilleus und Patroklos in der Ilias. Freundschaft gehört also schon immer für den Menschen als 'zoon politikon' ebenso wie die Liebe existentiell und untrennbar zu einem glücklichen Leben dazu.
Versucht man heute die Frage zu stellen, was Freundschaft ist, bekommt man sehr unterschiedliche Antworten, denn es gibt natürlich große individuelle Unterschiede im Verständnis von Freundschaft. Als ich bei einem Grillabend in die Runde fragte, was Freundschaft sei, kam es nach anfänglicher Zurückhaltung zu einer lebhaften Diskussion. So zählen für den einen alle aus seinem großen Bekanntenkreis schon als Freunde, andere haben lediglich einen besten Freund, die meisten sagten jedoch von sich, wenige wirklich gute Freunde zu haben und alle anderen nur als Bekannte zu bezeichnen.
Auf meine Frage, was denn Kennzeichen von Freundschaft seien und was einem an einem Freund wichtig sei, kamen aber doch recht ähnliche Antworten. Als absolut unverzichtbar wurde die gegenseitige Sympathie bezeichnet, denn mit jemanden, den man nicht mag, wird man niemals befreundet sein können. Ein sehr großer Stellenwert kam dem Vertrauen zu und der Gewissheit, sich auf den anderen absolut verlassen zu können. Dazu gehörte auch, dass man vom Freund erwartet, dass er einen auch auf Fehler hinweist und absolut ehrlich zu einem ist. Auch in Notsituationen ist es wichtig, einen Freund an der Seite zu haben, der einem hilft und auf den absolut Verlass ist. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Bedeutung der Freundschaft in der Antike
- 3. Platons Lysis
- 3.1 Die verschiedenen Beziehungsarten
- 3.1.1 Hippothales und Lysis
- 3.1.2 Lysis und Menexenos
- 3.1.3 Lysis und seine Eltern
- 3.1.4 Fazit aus den drei Beispielen
- 3.2 Der theoretischer Diskurs über Freundschaft
- 3.2.1 Gleichheit und Ungleichheit
- 3.2.2 Der Gebrauch von philoi
- 3.3 Das Modell der Freundschaft
- 3.3.1 Das erste Geliebte und das Gute
- 3.3.2 Die Bedeutung des Begehrens
- 3.1 Die verschiedenen Beziehungsarten
- 4. Schlussbetrachtung
- 5. Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Begriff der 'philia' in Platons Dialog Lysis und vergleicht das antike Verständnis von Freundschaft mit der heutigen Auffassung. Ziel ist es, die philosophische Bedeutung von Freundschaft im antiken Kontext zu beleuchten und die Entwicklung des Freundschaftsverständnisses aufzuzeigen.
- Der Begriff der 'philia' in der antiken griechischen Philosophie
- Vergleich des antiken und modernen Verständnisses von Freundschaft
- Analyse der verschiedenen Beziehungsarten im Platonschen Dialog Lysis
- Die Rolle von Gleichheit und Ungleichheit in Freundschaftsbeziehungen
- Die Bedeutung von Vertrauen, Loyalität und gegenseitiger Sympathie
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema Freundschaft ein und stellt die Frage nach dem Wesen von Freundschaft in den Mittelpunkt. Sie verweist auf die unterschiedlichen Auffassungen von Freundschaft im Alltag und hebt die Bedeutung der Freundschaft für ein glückliches Leben hervor. Die Einleitung bereitet den Leser auf die bevorstehende Analyse des Platonschen Dialogs Lysis vor, um das antike Freundschaftsverständnis zu ergründen und mit dem modernen Verständnis zu vergleichen.
2. Die Bedeutung der Freundschaft in der Antike: Dieses Kapitel differenziert zwischen dem antiken Verständnis von 'philia' und 'eros' und dem modernen Verständnis von Liebe und Freundschaft. Es betont, dass 'philia' in der Antike ein breiteres Spektrum an Beziehungen abdeckte, einschließlich familiärer Bindungen und Freundschaften, und weniger auf emotionalen Aspekten, sondern eher auf Zuverlässigkeit, Loyalität und Treue beruhte. Der Text verdeutlicht, wie 'philia' als Mittel zur Tugend und zum Erreichen der Eudaimonia betrachtet wurde und wie 'eros' die 'philia' verstärken, aber nicht begründen konnte. Der Wandel vom familiären zum selbst gewählten Freundschaftsbegriff wird ebenfalls angesprochen.
Häufig gestellte Fragen zu: Platons Lysis und das antike Freundschaftsverständnis
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert den Begriff der „philia“ (Freundschaft) in Platons Dialog „Lysis“ und vergleicht das antike Verständnis von Freundschaft mit der modernen Auffassung. Der Fokus liegt auf der philosophischen Bedeutung von Freundschaft im antiken Kontext und der Entwicklung des Freundschaftsverständnisses über die Zeit.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: den Begriff der 'philia' in der antiken griechischen Philosophie, einen Vergleich des antiken und modernen Verständnisses von Freundschaft, eine Analyse verschiedener Beziehungsarten in Platons „Lysis“, die Rolle von Gleichheit und Ungleichheit in Freundschaftsbeziehungen und die Bedeutung von Vertrauen, Loyalität und gegenseitiger Sympathie.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Eine Einleitung, ein Kapitel zur Bedeutung der Freundschaft in der Antike, ein Kapitel zur Analyse von Platons „Lysis“ (unterteilt in die verschiedenen Beziehungsarten im Dialog, den theoretischen Diskurs über Freundschaft und das Modell der Freundschaft im Dialog), eine Schlussbetrachtung und eine Literaturliste. Das Kapitel zu Platons „Lysis“ untersucht detailliert verschiedene Aspekte des Dialogs, einschließlich der Beziehungen zwischen Hippothales und Lysis, Lysis und Menexenos, Lysis und seinen Eltern sowie den theoretischen Diskurs über Gleichheit, Ungleichheit und den Gebrauch von „philoi“.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Ziel der Arbeit ist es, die philosophische Bedeutung von Freundschaft im antiken Kontext zu beleuchten und die Entwicklung des Freundschaftsverständnisses aufzuzeigen. Sie untersucht, wie Freundschaft im antiken Griechenland verstanden wurde und wie sich dieses Verständnis von der heutigen Auffassung unterscheidet.
Welche Aspekte von Platons Lysis werden im Detail untersucht?
Die Analyse von Platons „Lysis“ konzentriert sich auf die verschiedenen Arten von Beziehungen, die im Dialog dargestellt werden, den theoretischen Diskurs über Freundschaft (insbesondere Gleichheit und Ungleichheit) und das Modell der Freundschaft, das Platon im Dialog präsentiert (einschließlich des ersten Geliebten und des Guten sowie der Bedeutung des Begehrens).
Wie wird das antike Freundschaftsverständnis mit dem modernen verglichen?
Die Arbeit vergleicht das antike Verständnis von „philia“ (das ein breiteres Spektrum an Beziehungen umfasste, einschließlich familiärer Bindungen, und eher auf Zuverlässigkeit, Loyalität und Treue beruhte) mit dem modernen Verständnis von Freundschaft und Liebe. Der Unterschied zwischen „philia“ und „eros“ wird ebenfalls beleuchtet und der Wandel vom familiären zum selbst gewählten Freundschaftsbegriff wird thematisiert.
Welche Rolle spielen Gleichheit und Ungleichheit in der antiken Freundschaftsauffassung?
Die Arbeit untersucht die Rolle von Gleichheit und Ungleichheit in Freundschaftsbeziehungen, wie sie in Platons „Lysis“ diskutiert werden. Es wird analysiert, wie diese Aspekte das Verständnis von Freundschaft im antiken Kontext beeinflussten.
- Arbeit zitieren
- Lydia Kanngießer (Autor:in), 2008, Was ist Freundschaft? , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121945