Trennung und Scheidung im Erleben von Kindern


Hausarbeit, 2020

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

Zur Seminararbeit „Trennung und Scheidung im Erleben von Kindern“

1 Einleitung

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Definition von „Familie“
2.2 Definition von „Trennung und Scheidung“
2.3 Gesellschaftliche Entwicklung von Trennung und Scheidung in Deutschland
2.4 Rechtliche Rahmenbedingungen

3 Das Kindeswohl bei Trennung und Scheidung der Eltern
3.1 Grundbedürfnisse eines Kindes
3.2 Die Gewährleistung des Kindeswohls
3.3 Risikofaktoren für die kindliche Entwicklung
3.4 Schutzfaktoren

4 Der Trennungsverlauf im Erleben des Kindes
4.1 Vorscheidungsphase
4.2 Altersspezifische Reaktionen der Kinder
4.3 Das veränderte Bindungsverhalten
4.4 Nachscheidungsphase

5 Schluss

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

„Bis dass der Tod euch scheidet“ – Ein Satz der heutzutage bei der Eheschließung zwar noch verwendet, allerdings häufig nicht mehr praktiziert wird. Während die Scheidung früher als persönliches Verbrechen und Tabuthema definiert wurde, ist es mittlerweile ein gängiger Prozess, welcher außerhalb der Kirche meist Akzeptanz in der Gesellschaft findet. Durch die Trennung haben die Partner wieder eine Chance auf ein konfliktloses und zufriedenes Leben und können in anderen Menschen ihr persönliches Glück finden. Was allerdings in vielen Familien zurückbleibt sind die gemeinsamen Kinder, welche keine Möglichkeit auf ein familiäres Zusammenleben und Gemeinschaft mit der Mutter und dem Vater als System „Familie“ haben. Auch wenn Eltern die Rolle der Mutter und des Vaters weiter ausführen, stellt die Trennung selbst eine Belastung für die ganze Familie dar und betrifft zukünftig nicht nur die Eltern selbst.

Was bedeutet ein verändertes Familiensystem? Was bewirkt eine Trennung der Eltern in der Familie? Und macht die Trennung den Kindern überhaupt etwas aus?

In meiner Arbeit möchte ich die Trennung und Scheidung im Erleben des Kindes auf theoretische Grundlagen beziehen und auf emotionaler sowie rechtlicher Ebene erläutern. Dabei werden die Begriffe „Familie“ sowie „Trennung und Scheidung“ definiert und deren Entwicklung beschrieben. Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen bei einer Trennung oder Scheidung muss das Kindeswohl mit den kindlichen Grundbedürfnissen, die Gewährleistung sowie die Risiko- und Schutzfaktoren der kindlichen Entwicklung gesichert sein. Der Prozess der Trennung lässt sich in die Vorscheidungsphase, die Trennung und Scheidung selbst sowie die Nachscheidungsphase untergliedern. Kinder weisen dabei altersspezifische Reaktionen auf, welche auch langfristig die kindliche Entwicklung beeinflussen können. Auch wenn sich das Bindungsverhalten der Eltern-Kind-Beziehung aufgrund der Trennung der Eltern verändern kann, ergeben sich aus Trennungen der Eltern auch Chancen für die Familie.

2 Theoretischer Hintergrund

Um zu verstehen, was die Trennung und Scheidung der Eltern im Erleben des Kindes bewirken kann, müssen einige Begriffe als Basis- und Hintergrundwissen geklärt werden.

2.1 Definition von „Familie“

Der Begriff „Familie“ kann aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und definiert werden (vgl. Dunkake 2010, S. 47). Auch wenn durch Artikel 6 im Grundgesetz die Familie unter einem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht (§ 6 GG), bezieht sich das Gesetz je nach Anliegen auf verschiedene Mitglieder in der Familie und wird daher nicht eindeutig definiert (vgl. Dunkake 2010, S. 48). Die Bedeutung von einer Familie verändert sich aufgrund verschiedener Kulturen und gesellschaftlichen Entwicklungen (vgl. Dunkake 2010, S. 47) und kann individuell verstanden werden. Grundsätzlich sind Familien durch die starke und ständige Beziehung miteinander verbunden, sie bezieht sich auf die zukünftige Generation und steht in einem erzieherischen und sozialisatorischen Kontext (vgl. Hofer 2002, S. 6, zit. In: Wild / Hollmann 2018, S. 99).

2.2 Definition von „Trennung und Scheidung“

Während früher die gemeinschaftliche Versorgung Grund für eine Ehe war, geht es heutzutage mehr um das Zusammensein in Form einer Beziehung (vgl. Walper / Langmeyer 2019, S. 13). Wenn die erwarteten Bedürfnisse allerdings nicht mehr miteinander vereinbar sind und es zu krisenhaften Entwicklungen aufgrund von Unstimmigkeiten, Unzufriedenheit und Instabilität der Beziehung kommt, resultiert sich daraus meist eine Trennung und ggf. die Scheidung (vgl. Dette-Hagenmeyer / Reichle 2015, S. 448). Im BGB wird die Trennung wie folgt beschrieben: „Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben“ (§ 1567 Abs. 1 BGB). Dies ist die Voraussetzung für die Ehescheidung, daraufhin folgt das Trennungsjahr und anschließend wird mit beidseitigem Einverständnis die Ehe als zerrüttet erklärt. Die gegenseitige Unterstützung der Ehepartner verändert sich mit der Trennung und Scheidung zum Anspruch auf Unterhalt (vgl. Damm / Marquard / Wilke 2020, S. 4).

2.3 Gesellschaftliche Entwicklung von Trennung und Scheidung in Deutschland

Im 10. Jahrhundert war die Ehe aufgrund des kirchlichen Rechts grundsätzlich unauflöslich, die einzige Ausnahme stellte der Ehebruch dar (vgl. Henrich 1991, S. 138). Später war die Scheidung gemäß des BGB nur bei Ehebruch, Lebensnachstellung, böslichem Verhalten oder bei schuldhafter Zerrüttung möglich (vgl. Henrich 1991, S. 139f.). Anschließend wurde das Schuldprinzip durch das erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts im Jahr 1977 vom Zerrüttungsprinzip abgelöst (vgl. Peuckert 2019, S. 258). Seitdem ist die Scheidung nur noch bei einer unheilbaren Zerrüttung und gescheiterten Ehe möglich (vgl. Henrich 1991, S. 139f.). Die 50er und 60er Jahre definierten sich als das „Golden Age of Marriage“ mit dem Höhepunkt an geschlossenen Ehen (vgl. Statistisches Bundesamt, zit. In: Destatis 2020a) sowie der niedrigsten Scheidungsquote anteilig der Eheschließungen. Seitdem geht der Trend der Scheidungen kontinuierlich nach oben und erreicht im Jahr 2003 einen Boom von 56% Anteil der Scheidungen an Eheschließungen (vgl. Statistisches Bundesamt, zit. In: Destatis 2020b). Der kontinuierliche Anstieg der Trennungs- und Scheidungszahlen in den letzten hundert Jahren lässt sich mit der Frauenerwerbstätigkeit, der Chance auf Wiederheirat, der Akzeptanz der Scheidung sowie der persönlichen Erfahrungen im Kindesalter mit Trennung und Scheidung und der damit verbundenen negativen Haltung begründen (vgl. Peuckert 2019, S. 269f.). Neben dem Anstieg der Scheidungszahlen erhöhte sich ebenso die Zahl der Kinder, welche bei alleinerziehenden Eltern oder in nichtehelichen Lebensgemeinschaften aufwachsen (vgl. Peuckert 2019, S. 286).

2.4 Rechtliche Rahmenbedingungen

Trotz einer Trennung oder Scheidung der Eltern hat jeder Mensch, insbesondere Kinder, ein „Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ (§1 Abs. 1 SBG VIII). Die Kindeswohlgefährdung wird gesetzlich zwar nicht klar definiert, allerdings wird von dieser gesprochen, „wenn eine unmittelbar bevorstehende Gefahr für eine besteht, bei deren Fortdauer sich eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt“ (Röchling, S. 123 / Palandt-Götz, § 1666 Rn. 8 / BVerfG, Beschluss von 19.11.2014, 1 BvR 1178/14 = FamRZ 2015, 112 (113)., zit. In: Schmidt 2017: S. 53). Von Kindeswohlgefährdung wird bei Ablehnung der medizinischen Behandlung des Kindes, bei Erziehungsfehlern, bei Vernachlässigung der Kinder, fehlender Erziehungseignung sowie bei psychischen Erkrankungen oder physischer und psychischer Misshandlung gesprochen (vgl. Schmidt 2017, S. 54f.). Sind Eltern während dem Prozess der Trennung oder Scheidung mit der Kindeserziehung überfordert, steht ihnen rechtlich eine Beratung der Jugendhilfe zu. Diese soll die Eltern unterstützen, „im Falle der Trennung oder Scheidung die Bedingungen für eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Wahrnehmung der Elternverantwortung zu schaffen“ (§17 Abs. 3 SGB VIII) und hat primär das Ziel, die familiäre Krise zu bezwingen und die Familie zur weiteren Lebensgemeinschaft zu befähigen. Sobald dies seitens der Eltern nicht mehr möglich ist, sorgt das Jugendamt für die fortbestehende Elternschaft und versucht, die negativen Auswirkungen soweit wie möglich vom Kind fernzuhalten (vgl. Schmidt 2017, S. 82). Ebenso werden die Eltern nach §18 Abs. 1 SGB VIII in Unterhalts- oder Unterhaltsersatzansprüchen sowie nach § 16151 BGB in der Entscheidung und Einforderung des Sorgerechts unterstützt. Auch betroffene Kinder und Jugendliche erhalten gemäß §18 Abs. 3 SGB VIII im Umgangsrecht Unterstützung.

3 Das Kindeswohl bei Trennung und Scheidung der Eltern

Bei psychischen und physischen Belastungen von Kindern wird immer das Kindeswohl in Betracht gezogen, um Gefährdungen präventiv und akut verhindern zu können. Auch die Trennung und Scheidung der Eltern kann das Kindeswohl beeinträchtigen, weshalb die Berücksichtigung von Grundbedürfnissen sowie Schutzfaktoren wichtig ist.

3.1 Grundbedürfnisse eines Kindes

Kinder brauchen feinfühlige Eltern, die ihre Bedürfnisse erkennen (vgl. Ehmke / Rulffes 2012, S. 15), auch wenn ihre Eltern aufgrund einer Trennung oder Scheidung Ängste und negative Gefühle empfinden (vgl. Maywald 2014, S. 36) . Sie haben sowohl körperliche Bedürfnisse wie bspw. nach Nahrung, Wärme und Schlaf aber auch psychische Grundbedürfnisse, welche Kinder nach außen nicht immer offensichtlich zeigen. Unter die psychischen Grundbedürfnisse fallen die sichere Bindung und Geborgenheit, welche Kinder für den Umgang mit den eigenen und anderen Gefühlen benötigen. Bereits von klein auf sehnen sich Menschen nach Nähe und starker Bindung zu selbstgewählten Bezugspersonen (vgl. Groen / Petermann 2019, S. 28). Die Zuwendung der Erziehungsberechtigten und die damit verbundene Versorgung löst im Kind eine Wertschätzung und ein positives Selbstwertgefühl aus. Das innere Bild zu Bezugspersonen stärkt sich besonders im Kindesalter und hat Einfluss auf das Beziehungsverhalten in späteren Jahren (vgl. Groen / Petermann 2019, S. 29). Struktur und Übersicht wird den Kindern durch die Verlässlichkeit, Kontrolle und Orientierung der Eltern vermittelt. Den Kindern werden die Möglichkeiten und Grenzen aufgezeigt und sie erhalten eine Grundsicherheit auf emotionaler und physischer Ebene. Die Kleinen lernen mit Problemen umzugehen und gehen gestärkt in das zukünftige Leben (vgl. Ehme / Rulffes 2012, S. 15; Groen / Petermann 2019, S. 32). Lust, Spaß und Freude sollen sich im Leben des Kindes einprägen. Eine positive Aura in der Familie und in der Eltern-Kind-Beziehung wirkt sich auf Lebensqualität aus und positive Ereignisse und die Grundhaltung haben Auswirkungen auf den Umgang mit negativen Erlebnissen und Problemsituationen (vgl. Groen / Petermann 2019, S. 33). Durch die Trennung oder Scheidung spüren Kinder eine veränderte Lebenssituation und ggf. die Vernachlässigung ihrer Bedürfnisse sowie die fehlende vermittelte Sicherheit der Eltern (vgl. Ehmke / Rulffes 2012, S. 15).

3.2 Die Gewährleistung des Kindeswohls

Der Begriff „Kindeswohl“ ist aus rechtlicher Perspektive undefiniert und wird in den entsprechenden Fällen individuell benannt (vgl. Maywald 2014, S. 15). Juristen ziehen deshalb zusätzliche Bereich wie die medizinische und sozialwissenschaftliche Sichtweise hinzu und grenzen die Kindeswohlgefährdung in die Bereiche Elternrecht, staatliches Wächteramt sowie die Kindesinteressen ein, um den Begriff und die Gefährdung anschließend so umfassend wie möglich und präzise wie nötig zu definieren (vgl. Maywald 2014, S. 16). Das Kindeswohl soll das Einhalten der Grundrechte aller Kinder gewährleisten, die Grundbedürfnisse müssen befriedigt werden und Entscheidungen der Erziehungsberechtigten müssen auf der bestmöglichen Erzielung des Kindeswohls basieren. Allerdings ist zu beachten, dass die Entscheidungen von Kindern stark kontextabhängig sind und deshalb bei der Anhörung von Kindern eine ständige Überprüfung zur Gewährleistung des Kindeswohls stattfinden soll (vgl. Maywald 2014, S. 16f.). Das Wohl des Kindes ist gefährdet und nicht mehr gewährleistet, sobald eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist. Dies ist allerdings schwer zu bewerten, da nicht jede Schädigung von außen sichtbar ist (vgl. Maywald 2014, S. 20). Zudem werden Gefährdungen oft subjektiv bewertet und es kann aufgrund von Kulturdifferenzen zu unterschiedlichen Sichtweisen führen (vgl. Bathke 2019, S. 17) und sollten deshalb durch Einbezug aller Beteiligten sowie umfassender Institutionen individuell benannt werden (vgl. Schone 2008, S. 12; Kinderschutz-Zentrum Berlin 2009; zit. In: Bathke 2019, S. 8). Bei einer Trennung oder Scheidung der Eltern solleb das Handeln und die Entscheidungen am Wohl des Kindes ausgerichtet werden (vgl. Maywald 2014, S. 37). Sobald Kinder in die Streitigkeiten der Eltern miteinbezogen und in ihrer Wahrnehmung ggü. dem Ex-Partner beeinflusst werden, ist das Kindeswohl aufgrund von seelischer Misshandlung und dem damit verbundenen Zuordnungskonflikt gefährdet (vgl. Maywald 2014, S. 38; vgl. Bathke 2019, S. 16). Ebenso stellt die Entfremdung eines Elternteils bei einer Trennung oder Scheidung eine mögliche psychische Kindesmisshandlung dar (vgl. Kindler 2006, S. 4-2). Oft tritt die psychische Misshandlung auch in Ko-Abhängigkeit mit anderen Misshandlungen wie der Körperlichen auf (vgl. Kinderschutz-Zentrum Berlin 2009, S. 38, zit. In: Bathke 2019, S. 10), weil Eltern sich in der Trennungs- und Scheidungsphase beispielsweise überfordert fühlen und keine Selbstkontrolle mehr aufweisen können.

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Trennung und Scheidung im Erleben von Kindern
Hochschule
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
23
Katalognummer
V1220541
ISBN (eBook)
9783346645531
ISBN (Buch)
9783346645548
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Trennung, Scheidung, Kind, Entwicklung, Auffällgkeiten, Entwicklungsaufälligkeiten, Eltern, Familie, Trennung und Scheidung, Grundbedürfnisse eines Kindes, Kindeswohl, Risikofaktoren, kindliche Entwicklung, Schutzfaktoren, Vorscheidungsphase, Altersspezifische Reaktionen, Bindungsverhalten, Bindungstheorie, Eltern-Kind-Beziehung, Nachscheidungsphase, Langfristige Folgen, Chancen für das Kind, verändertes Familiensystem
Arbeit zitieren
Luisa Becker (Autor:in), 2020, Trennung und Scheidung im Erleben von Kindern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1220541

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