Der programmierte Zelltod. Ein Überblick über die verschiedenen Arten


Bachelorarbeit, 2021

31 Seiten, Note: 1.0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Apoptotischer Zelltod
2.1. Apoptose
2.1.1. Der extrinsische Signalweg
2.1.2. Der intrinsische Signalweg
2.2. Anoikis

3. Nicht-apoptotischer Zelltod
3.1. Autophagie
3.1.1. Makroautophagie
3.1.2. Mikroautophagie
3.1.3. Chaperon-vermittelte Autophagie
3.2. Entosis
3.3. Methuosis
3.4. Paraptose
3.5. Mitoptosis
3.6. Parthanatos
3.7. Ferroptose
3.8. Pyroptose
3.9. NETose
3.10. Nekroptose

4. Sonderfälle
4.1. Verhornung
4.2. Immunogenic cell death (ICD)

5. Programmierter Zelltod in Pflanzen

6. Conclusio

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den verschiedenen Arten des programmierten Zelltods. Der programmierte Zelltod ist für die Eliminierung von nicht mehr benötigten oder beschädigten Zellen in einem vielzelligen Organismus zuständig. Forscher vermuten, dass im menschlichen Organismus täglich bis zu 86.4 Billionen Zellen sterben. Diese müssen wiederum über Proliferation durch neue Zellen ersetzt werden. Dabei halten sich Proliferation und Elimination die Waage. ([1],[2],[3])

Diese Selbstmordmaschinerie ist unabdingbar für unseren Organismus. Sie spielt eine wichtige Rolle in der Entwicklung und ist essenziell für die Morphogenese sowie die sexuelle Differenzierung und trägt zur Entstehung des Immun – und Nervensystems bei. Im adulten Organismus ist der programmierte Zelltod vorrangig an der Gewebshomöostase, durch die Eliminierung unbrauchbarer und abnormaler Zellen, sowie am Schutz des Körpers vor Infektionen beteiligt. Auch in Pflanzen konnte der Zelltod nachgewiesen werden, und dient dabei vor allem der Entwicklung und dem Schutz der Pflanze vor Pathogenen. ([4])

Ein gestörter Zelltod kann bei Tumorerkrankungen sowie bei degenerativen (insbesondere neurodegenerativen) Erkrankungen, wie etwa Morbus Parkinson oder Morbus Alzheimer, beobachtet werden. ([1],[4]) Dabei kann die Hemmung oder die Verstärkung des jeweiligen Zelltodtyps die Pathogenese fördern.

Eine wesentliche Rolle bei der Aufdeckung der Mechanismen des programmierten Zelltods spielte ein bedeutender Modellorganismus der Entwicklungsbiologie: Der Fadenwurm (Nematode) Caenorhabditis elegans (kurz: C. elegans ). Durch seine Transparenz ist eine präzise Verfolgung der Zellgenealogie möglich. Er besitzt beinahe genauso viele Gene wie das menschliche Genom. ([2])

Der Gegenspieler des programmierten Zelltods ist die Nekrose (auch plötzlicher Zelltod genannt). Diese läuft - im Unterschied zum physiologischen Zelltod - ohne eine molekulare Maschinerie ab, und wird ausgelöst durch traumatische Ereignisse physikalischer, chemischer oder mechanischer Natur; wie etwa hoher Druck, extreme pH-Variationen oder Scherkräfte. ([1],[5]) Spezifische Typen des programmierten Zelltods sind Nekrose-ähnlich und haben ebenso eine entzündliche Reaktion zur Folge.

Diese Arbeit orientiert sich primär an der Klassifizierung im World Academy of Sciences Journal erschienenen Artikel Multiple cell death modalities and their key features nach Yan et al. (2020). Sie ist beschränkt auf die biochemischen und molekularen Mechanismen des programmierten Zelltods sowie deren Rolle im pathologischen Milieu. Zudem wird der programmierte Zelltod in Pflanzen erläutert.

Abbildung 1: Klassifizierung der verschiedenen Zelltodtypen (In Anlehnung an Yan et al., 2020). Diese Grafik dient der Veranschaulichung und repräsentiert nicht den prozentualen Anteil der verschiedenen Klassen in einem tierischen Organismus.

2. Apoptotischer Zelltod

2.1. Apoptose

Der Begriff Apoptose leitet sich vom griechischen Wort apoptosis ab, und bedeutet Laubfall oder Blütenwelke. Die Apoptose stellt den häufigsten Phänotyp des programmierten Zelltods dar, und wird daher oft als Synonym für diesen eingesetzt; wobei nach heutigem Wissensstand davon abgeraten wird. ([2],[4])

Die Apoptose beginnt mit der Kondensation des Chromatins, die mit einer Schrumpfung des Zellkerns einhergeht. Darauffolgend kommt es zu einer Blasenbildung der Plasmamembran ( blebbing ), zur Fragmentierung des Zellkerns und abschließend zur Fragmentierung der gesamten Zelle in apoptotische Partikel. Diese Partikel werden dann über naheliegende Makrophagen und Granulozyten phagozytiert und verdaut. Aus diesem Grund findet keine Entzündungsreaktion, wie etwa bei der Nekrose, statt. ([1])

Die Vermittlung der Apoptose läuft über eine Familie von proteolytischen Enzymen ab, die Caspasen genannt werden. Dabei handelt es sich um Cysteinyl-Aspartyl-Proteasen. Beim Menschen wurden bereits mehr als 10 Mitglieder dieser Familie erforscht. Die Caspasen enthalten in ihrem aktiven Zentrum einen Cysteinylrest; ihre Proteinsubstrate spalten sie hinter den Aspartylresten. Sie werden über limitierte Proteolyse oder auch durch Dimerisierung und Multimerisierung über Adapterproteine aktiviert. ([1])

Die Apoptose kann über zwei unterschiedliche Signalwege in Gang gesetzt werden. Zum einen über den extrinsischen Signalweg, der rezeptorabhängig ist, zum anderen über den intrinsischen Signalweg, bei dem die Mitochondrien eine wichtige Rolle spielen. ([1])

2.1.1. Der extrinsische Signalweg

Die extrinsische Apoptose wird durch extrazelluläre Signale über (1) Todesrezeptoren oder auch (2) Abhängigkeitsrezeptoren induziert. ([5])

Todesrezeptoren gehören zur Gruppe der Tumornekrosefaktor (TNF) - Rezeptoren, die auf der Oberfläche vieler Zellen zu finden sind. Bekannte Vertreter sind z.B. der Fas-Rezeptor (auch CD95 oder APO-1 genannt), TNF-R1 ( TNF receptor 1 ), TRAIL ( TNF-related-apoptosis-inducing ligand ) – Rezeptoren (R1 und R2), DR3 und DR6. Zu ihren Liganden zählen unter anderem TNF, FasL und TRAIL, die primär von Zellen des Immunsystems ausgeschüttet werden. Sie besitzen eine konservierte Protein-Protein-Interaktionsdomäne, die auch als Todesdomäne ( death domain, DD ) bezeichnet wird, da diese für die Induktion der Apoptose ausschlaggebend ist. Deren Aktivierung hängt von der Bindung des jeweiligen Liganden ab. Todesrezeptoren, wie CD95 oder auch TRAIL-R1/-R2, sind homotrimerisch aufgebaut. Bei Bindung des entsprechenden Liganden werden Adapterproteine rekrutiert, die an die DD des Rezeptors binden und einen DISC ( death inducing signaling complex ), was einen Multiproteinkomplex darstellt, bilden. Die Zusammensetzung des DISC variiert zwischen den Rezeptoren. TRAIL-R1/R2 sowie CD95 binden zunächst FADD ( Fas associated death domain containing protein). Über dieses werden dann die Procaspasen 8 beziehungsweise 10 rekrutiert, die mittels ihrer DED ( death effector domain ) and die DD des Adapterproteins andocken. Durch Dimerisierung und anschließende autokatalytische Spaltung kommt es zur Reifung der Caspasen. In dieser Form können sie dann die Effektorcaspasen-3,-6 und -7 spalten und folglich aktivieren. Diese können dann lebenswichtige zelluläre Proteine, wie das Retinoblastomprotein, Aktin, Lamin und Proteinkinasen, eliminieren. ([1],[5],[8],[9])

Abhängigkeitsrezeptoren (dependence receptors) übermitteln bei Abwesenheit ihres Liganden ein apoptotisches Signal. Ist der Ligand hingegen präsent, senden diese ein positives Signal für Differenzierung, Migration oder Überleben. Zu ihren Vertretern zählen DCC (deleted in colorectal carcinoma), UNC5H (uncoordinated 5 homologs), neogenin, p75NTR (p75 neurotrophin receptor), RET (rearranged during transfection), TrkC (tyrosine kinase receptor C), Ptc (patched), EphA4 (ephrin type A receptor 4), ALK (anaplastic lymphoma kinase), MET sowie einige Integrine. Abhängigkeitsrezeptoren sind in diverse pathophysiologische Vorgänge involviert. Sie verfügen unter anderem über robuste onkosuppressive Eigenschaften . Dementsprechend sind neoplastische Zellen in der Lage, diese durch (1) Überexpression entsprechender Liganden, wie NTN1 (Netrin 1) (2) Inaktivierung oder Downregulation spezifischer Abhängigkeitsrezeptoren, wie DCC und UNC5C oder (3) Stilllegung von Signaltransduktoren, die an der Signalkaskade am Rezeptor beteiligt sind, wie DAPK1 (death associated protein kinase 1), zu umgehen. ([5],[7])

Von klinischer Bedeutung ist die extrinsische Apoptose in der Onkologie. Dabei sind TRAIL-R1 und R2 ein beliebtes Target, denn ihr Ligand TRAIL induziert in vielen Tumorzelllinien ein apoptotisches Signal. Derzeit werden verschieden Antikörper, die auf TRAIL-R1/R2 abzielen, in klinischen Studien getestet; dazu zählen etwa Mapatumumab und Lexutumumab. Jedoch sind diese bisher nicht bis über die Klinische Phase II gekommen. ([8])

2.1.2. Der intrinsische Signalweg

Der intrinsische Signalweg spielt sich über die Mitochondrien ab. Dieser wird durch Mangel an Wachstumsfaktoren, irreparablen DNA-Schäden, ER-Stress, Überladung an Sauerstoffradikalen (ROS), Hitzeschock, Hypoxie, Einwirkung von Glucocorticoiden oder mitotische Defekte ausgelöst. ([2],[5])

Maßgeblich für den intrinsischen Apoptoseweg sind Proteine der Familie Bcl ( B-cell-lymphoma ) – 2. Diese können pro- oder anti-apoptotisch sein. Zu den pro-apototischen Proteinen zählen Bax (BCL-2 associated X), Bak ( BCL2 antagonist/killer ) und Bok ( BCL-2 related ovarian killer ). Ein bekannter Induktor des intrinsischen Signalwegs ist der Tumorsuppressor p53. Dieser öffnet nach DNA-Schädigung ein Zeitfenster in der G1-Phase, in dem Reparaturen durchgeführt werden können. Bei irreparablen Schäden, z.B. durch ionisierende Bestrahlung, kann p53 die Zelle in die Apoptose schicken. Dies wird eingeleitet durch die Exprimierung eines Bax - Proteins, welches für die Freisetzung von Cytochrom C und weiteren mitochondrialen Proteinen, wie AIF ( apoptosis-inducing factor), Endonuklease G, Smac/DIABLO ( second mitochondria-derived activator of caspase/direct IAP-binding protein with low PI ) und Serinprotease Omi/HtrA2 ( high-temperature requirement protein A2 ), aus dem mitochondrialen Intermembranraum in das Cytosol zuständig ist. Dafür erhöht es die Permeabilität der äußeren Mitochondrienmembran ( MOMP ) über die Bildung eines Kanals. Das freigesetzte Cytochrom C verbindet sich dann mit Apaf ( apoptosis protease-activating factor ) -1 nach Bindung zweier Procaspasen-9 zum Apoptosom. Durch autokatalytische Spaltung entsteht die aktive Caspase-9, die dann wiederum Effektorcaspase-3 aktiviert. Diese leitet dann den programmierten Zelltod ein. ([2],[10])

Die Begleitproteine, die gemeinsam mit Cytochrom C in das Cytosol freigesetzt werden, verfügen ebenfalls über wichtige Funktionen. AIF und Endonuklease G können einen Caspase-unabhängigen Zelltod einleiten, indem sie die Kondensation des Chromatins induzieren. Zudem hat AIF überlebensfördernde Eigenschaften. Smac/DIABLO und Omi/HtrA2 ermöglichen einen alternativen Weg der Caspase-Aktivierung. Dies gelingt ihnen über die Antagonisierung von IAP ( Inhibitor of Apoptosis ) – Proteinen. ([10])

Eine Überexpression von anti-apoptotischen Proteinen der BCL-2 Familie konnte in aggressiven Tumoren und bei Chemoresistenz beobachtet werden. Die Inhibition dieser über siRNAs ( small interfering RNAs ) stellte sich als förderlich für Tumorregression heraus. Ein solcher Inhibitor ist Oblimersen Sodium (G3139, Genasense), welcher an verschiedenen Tumorentitäten getestet wurde. Als Monotherapie zeigte dieser keine Effektivität, jedoch als Kombinationstherapie mit spezifischen Chemotherapeutika konnten zum Teil Remissionen verzeichnet werden. ([10],[11])

2.2. Anoikis

Anoikis (griechisch für: „ heimatlos “) gleicht der Apoptose in ihrer Morphologie sowie im Signalweg. Der Unterschied liegt in der Aktivierung: Anoikis wird eingeleitet, wenn sich Zellen von der extrazellulären Matrix ( ECM ) bzw. sich von benachbarten Zellen lösen. Dieser Mechanismus wurde erstmals 1994 von Forschern um Steven M. Frisch in epithelialen Zellen beobachtet. Anoikis ist dafür zuständig, die Zellen, die sich lösen, vor einer Translokation in ektopische Bereiche zu eliminieren. Gelingt dies nicht, kann abnormales Wachstum in besagter Umgebung induziert werden. ([6],[12])

Anoikis kann sowohl den intrinsischen als auch den extrinsischen Apoptoseweg einschlagen. Zudem kann ein Caspase-unabhängiger Zelltod über das mitochondriale Protein Bit1 ins Rollen gebracht werden. ([12],[13])

Eine wichtige Rolle spielt dabei das E-Cadherin; ein calciumabhängiges Zelladhäsionsmolekül, was in epithelialen Zellen exprimiert wird. Dieses interagiert mit ß-Catenin, um die Transkription von Genen, die eine Anoikis-Resistenz fördern, zu unterdrücken. Der funktionelle Verlust des E-Cadherin führt zu einer erhöhten Plastizität von Krebszellen, jedoch nicht zum Krebs selbst. ([12],[13])

[...]

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Details

Titel
Der programmierte Zelltod. Ein Überblick über die verschiedenen Arten
Hochschule
Universität Wien
Note
1.0
Jahr
2021
Seiten
31
Katalognummer
V1221501
ISBN (eBook)
9783346646811
ISBN (Buch)
9783346646828
Sprache
Deutsch
Schlagworte
zelltod, überblick, arten
Arbeit zitieren
Anonym, 2021, Der programmierte Zelltod. Ein Überblick über die verschiedenen Arten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1221501

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