Die Sachgüter der Ertebølle-Kultur


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2008

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Forschungsgeschichte

2. Fundmaterial und Chronologie
a. lokal
b. Importe

3. Zusammenfassung

4. Literatur:

1. Forschungsgeschichte

Die Erforschung der Ertebølle – Kultur setzt zu Beginn des 19. Jhs. im Bereich der Fjordküsten Norddänemarks ein. Durch den einsetzenden Straßenbau wurden die ersten Muschelhaufen angeschnitten; diese bestanden primär aus Schalenhaufen von Austern, Mies- und Herzmuscheln und ließen sich daher als Materialspender für Baumaterial und Dünger kommerziell nutzen.[1]

Die ersten archäologischen Fundstücke wurden 1837 durch Dalsgaard ins Oldnordisk Museum in Kopenhagen eingeliefert und stammten aus dem Muschelhaufen von Krabbesholm bei Skive (Nordjütland); jedoch galten diese Muschelhaufen als natürliche Meeresablagerungen. Ihre korrekte wissenschaftliche Einordnung als Nahrungs- und Abfallreste prähistorischer Menschen erfolgte durch die erste Køkkenmødding – Kommission in der Mitte des 19. Jhs. Diese Kommission bestand aus Experten unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen mit der Zielsetzung, die Entstehung der Muschelhaufen in einen deutbaren Kontext zu bringen. Dazu wurden erst jene bei Meilgård und Havelse untersucht; nach Kenntnisnahme des anthropogenen Ursprungs setzte jedoch in den folgenden Jahren eine inflationäre Untersuchungswelle ein. Probleme bereitete allerdings die chronologische Einordnung der Untersuchungsergebnisse. Dabei stand die Frage im Raum, ob es sich um eine begleitende Erscheinung aus der Zeit der Großsteingräber handelte (Yngre Stenalder) oder ob diese älter zu datieren seien.

Die 1893 eingesetzte zweite Kommission publizierte ihre Ergebnisse 1900 und kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei den untersuchten Muschelhaufen um die Hinterlassenschaft einer Küstenbevölkerung handelte, deren Ökonomie ausschließlich auf Jagd und Fischfang beruhte. Befunde wie etwa Feuerstellen und Kochgruben galten ferner als Indikatoren für länger genutzte Aufenthaltsplätze, wobei diese nicht ausschließlich an Muschelhaufen gebunden waren. Geologische und botanische Untersuchungen datierten die Fundstellen nun in das Maximum der Litoriasenkung (Ældere Stenalder). Zu dieser Zeit erfolgten ebenfalls erste Untersuchungen in Schonen, die diese Ergebnisse stützten.

Untersuchungen am eponymen Fundplatz Ertebølle in den Jahren 1893 bis 1897 lieferten ebenfalls wichtige Erkenntnisse. So ließen sich die Funde und Befunde chronologisch zwischen der ältersteinzeitlichen Maglemosekultur und der jungsteinzeitlichen Megalithkultur ansiedeln, wobei das genaue Verhältnis jedoch lange stark umstritten war.

Seit dem zweiten Drittel des 20. Jhs. lag der Fokus der Untersuchungen auf der chronologisch-geographischen Gliederung des bis dato reichhaltigen Fundmaterials und der gewonnen Befunde, wozu schließlich die dritte Kommission berufen wurde. Becker schlug 1939 eine Dreigliederung der Ertebølle – Kultur aufgrund von qualitativ-quantitativen Analysen der Beilformen und Querschneider vor; Mathiassen nahm 1942 auf Grundlage der Grabungen von Dyrholmen eine Einteilung in vier Stufen vor, wobei erstmals organische Reste und Keramik Beachtung fanden. Ferner stellte Mathiassen 1943 erstmals Fundplätze im Binnenland vor (Åmosen, Seeland), was zu weiteren Untersuchungen von Binnenlandstationen führte (Fischer 1993, 59 ff.). Die Untersuchungen wurden allerdings von Becker heftigst kritisiert, wobei sein Hauptansatzpunkt auf der nicht erfolgten Trennung von geschlossen und vermischten Funden lag. Althin gliederte die Steinzeit Schonens 1954 in drei Perioden. Bronstedt definierte 1960 eine ältere und jüngere Ertebølle – Kultur.

In den 50er Jahren des 20. Jhs. gewann die Diskussion um das Verhältnis von Ertebølle– und Trichterbecher – Kultur an Dominanz. Becker präferierte 1947 die These der Einwanderung der Ackerbau und Viehzucht betreibenden TBK – Menschen in den Norden und nahm eine zumindest chronologisch partielle Parallelexistenz an (Klassen 2004, 150 f.); Troels-Smith versuchte 1953 anhand des Fundplatzes Muldbjerg I eine semiagrarische Ertebølle – Kultur zu verifizieren.

Die Bearbeitung des Fundplatzes Norslund durch Andersen und Malmros führte 1966 zur Definition einer Norslundgruppe und Zuweisung dieser zu einer älteren, akeramischen Küstenkultur mit einer typologischen Konvergenz zur Stufe Dyrholmen I. Andersen erkannte anhand des Fundmaterials von Norslund 1970 die Stellung der Norslundgruppe als ältere Ertebølle – Kultur.

Seit 1970 strömten aufgrund einer großen Forschungswelle[2] immer wieder neue Impulse in die Forschung ein. Es vollzog sich ein Übergang zu neuen wissenschaftlichen Betrachtungsansetzen. Zum einen gelang der Schritt von der Loslösung aus der Betrachtung einzelner Geräteformen zu einer formenkundlich-technologischen Betrachtungsweise, zum anderen brachte eine Inflation an neuen 14C – Daten (Meurers-Balke/Weninger 1994, 251 ff.; Hartz 2005, 61 ff.) relativ sichere absolutchronologische Einordnungen. Andersen und Johansen definierten auf dieser Basis für Westdänemark 1986 drei Phasen. Als Vertreter der aktuellen Forschung in Skandinavien sind insbesondere Sören H. Andersen und Erik Johansen zu nennen.

Die Forschungsgeschichte für den norddeutschen Raum zeigt auf, dass es für diesen Raum aufgrund fehlender Publikationen große Lücken gibt. Fest steht jedoch, dass in diesem Gebiet keine Muschelhaufen bekannt sind. Erste Funde gehen auf Hafenausbaggerungen zurück; so z.B. mehrere Fundstellen in der Kieler Förde vor Ellerbek, die in den Jahren 1876 bis 1903 untersucht wurden (Schwabedissen 1994, 361). Das gefundene Material wurde als Ellerbekgruppe bezeichnet, bis Schwabedissen 1958 den Begriff „Ertebølle/Ellerbek – Kultur“ prägte. Die chronologische Untergliederung erwies sich aber aufgrund der stratigraphischen Bedingungen (Baggeraushub) als unmöglich. Als besondere Fundplätze seien noch die Fundstellen im Satrupholmer Moor erwähnt, welche durch Schwabedissen Ende der vierziger Jahre des 20. Jhs. untersucht wurden, sowie die durch Schindler untersuchten Boberger Dünen an der Elbe.

Die durch rege Sammeltätigkeit geborgenen Funde von Ostrügen, welche sich nicht mit anderen Fundstellen in Norddeutschland und Skandinavien korrelieren ließen, wurden 1928 von Petzsch als Lietzow – Kultur definiert; neuere Untersuchungen sind allesamt unpubliziert.

Die Kulturbegriffe Ertebølle/Ellerbek bzw. Ellerbek sind aufgrund des unpublizierten Materials, der schwierigen bis unmöglichen chronostratigraphischen Gliederung und der bis vor wenigen Jahrzehnten ununtersuchten submarinen Fundplätze immer noch umstritten und werden nur noch von Schwabedissen vehement verteidigt.

Seit Beginn des 21. Jhs. erfolgen jedoch neue, systematische Untersuchungen, so z.B. im Rahmen des 2002 gegründeten SINCOS – Projekts[3], welches interdisziplinär angelegt ist und somit auch archäologische Aspekte wie die Untersuchungen von submarinen Fundplätzen abdeckt. Somit sind in den nächsten Jahren einige grundsätzliche Forschungsarbeiten zu erwarten. Für den norddeutschen Bereich sind folgende Archäologen zu nennen: Sönke Hartz, Harald Lübke und Thomas Terberger.

2. Fundmaterial und Chronologie

a. lokal

Die ausführliche Beschreibung des Fundmaterials, der Fundplätze und der Chronologie würden den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen. Daher habe ich die Ergebnisse meiner Betrachtungen tabellarisch zusammengefasst (Abb. I) und werde dazu einige Ergänzungen und Kommentare in Form von Thesen festhalten.

1. Der zu untersuchende Raum lässt sich geographisch in die Räume westliches Dänemark, dänische Inseln und Schonen sowie Norddeutschland aufteilen. Dazu erfolgt eine jeweils dreistufige Einteilung in eine frühe, mittlere und späte Phase. Die chronologischen Phasen beziehen sich auf das Fundmaterial in den jeweiligen geographischen Räumen und sind nach Übereinstimmungen in den lokalen Substraten angeordnet. So definiert sich z.B. die erste chronologische Phase über ein akeramisches Substrat, welches in den einzelnen Gebieten unterschiedlich lange anhält.

[...]


[1] Basis für die Forschungsgeschichte sind folgende Artikel: Hartz 1999, 12 ff. und Andersen 2001, 25ff.

[2] Ergebnisse für Dänemark finden sich in verschiedenen Aufsätzen in Hvass, Storgaard (Hrsg.): Digging into the past. 25 years of Archaeology in Denmark (Copenhagen 1993), insbesondere jene von Fischer, Andersen und Skaarup.

[3] http://www.sincos.org/

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Details

Titel
Die Sachgüter der Ertebølle-Kultur
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Institut für Kunstgeschichte und Archäologien Europas)
Veranstaltung
Das Neolithikum im Norden
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V122258
ISBN (eBook)
9783640271115
ISBN (Buch)
9783640271146
Dateigröße
2970 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sachgüter, Ertebølle-Kultur, Neolithikum, Norden
Arbeit zitieren
Marco Chiriaco (Autor:in), 2008, Die Sachgüter der Ertebølle-Kultur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122258

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