Rechtsprechung und Gesetzgebung im Mittleren Osten haben im Laufe der vergangenen zwei Jahrhunderte tief greifende Veränderungen durchlaufen. Mit Beginn der Kolonialzeit und durch die Tanzīmāt-Reformen im Osmanischen Reich eröffneten sich eine Menge neuer Einflüsse auf die auf der Scharia basierenden Gesetzestexte der Länder des Mittleren Ostens. Ägypten, dessen reformiertes Zivilgesetzbuch von sieben arabischen Staaten rezipiert wurde, dient mit seiner bewegten Verfassungsgeschichte als anschauliches Beispiel verschiedener Reformansätze und soll daher an dieser Stelle betrachtet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Rechtsprechung und Gesetzgebung im Mittleren Osten
- Die facettenreiche Reformierung des ägyptischen Rechtssystems
- Reformansätze: "Defensive Modernisierung" unter Muḥammad 'Alī
- Reformansätze: Verfassungsänderung unter Gamāl 'Abd an-Nāṣir
- Reformen „von oben“ vs. Reformen „von unten“
- Reformen des Schariarechts
- Die „Mixed Courts“ und ihr Einfluss
- Kodifizierung und Debatten
- Reform des Schariarechts als Reform „von unten“
- Vier Typen von Rechtsreformen in Ägypten
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Essay untersucht verschiedene Ansätze zur Rechtsreform am Beispiel Ägyptens. Die Arbeit analysiert die komplexen Interaktionen zwischen säkularem und religiösem Recht und bewertet die Wirksamkeit unterschiedlicher Reformstrategien.
- Reformansätze „von oben“ und „von unten“
- Die Rolle des Schariarechts in der Modernisierung Ägyptens
- Der Einfluss europäischer Rechtskonzepte auf das ägyptische Rechtssystem
- Die Kodifizierung des ägyptischen Rechts
- Der Zusammenhang zwischen Rechtsreformen und politischer Macht
Zusammenfassung der Kapitel
Der Essay beginnt mit einer Betrachtung der tiefgreifenden Veränderungen in der Rechtsprechung und Gesetzgebung des Mittleren Ostens, insbesondere seit Beginn der Kolonialzeit und der Tanzīmāt-Reformen. Ägypten wird als anschauliches Beispiel für verschiedene Reformansätze vorgestellt, da sein reformiertes Zivilgesetzbuch von mehreren arabischen Staaten übernommen wurde. Die Analyse unterscheidet zwischen säkularem, europäisch beeinflusstem Recht und dem Schariarecht, die beide mehrfach reformiert wurden, jedoch unter unterschiedlichen Bedingungen und Voraussetzungen. Der Essay untersucht die verschiedenen Intentionen hinter Rechtsreformen und beleuchtet die „defensive Modernisierung“ unter Muḥammad 'Alī als Beispiel für Reformen „von oben“, die primär der Festigung der Macht dienten. Im Gegensatz dazu wird die Revolution unter Gamāl 'Abd an-Nāṣir als Beispiel einer tiefgreifenden Umgestaltung des Staates präsentiert. Die unterschiedlichen Motive und Konsequenzen dieser Reformen werden verglichen.
Der weitere Verlauf des Essays diskutiert Reformen „von unten“, insbesondere im Kontext des Schariarechts und der „Mixed Courts“. Die Einführung der „Mixed Courts“ 1876 und die damit verbundene zunehmende Bedeutung europäischer, insbesondere französischer Rechtssprechung werden analysiert. Die Kodifizierung des ägyptischen Rechts und die damit einhergehenden Debatten zwischen Reformern und religiösen Gelehrten werden beleuchtet. Die Abschaffung der Schariagerichte unter Nāṣir und die Notwendigkeit einer Kodifikation des Familien- und Erbrechts werden als ein Beispiel für eine Reform „von unten“ dargestellt, die auf den Bedürfnissen der Gesellschaft basiert.
Schlüsselwörter
Ägyptisches Recht, Rechtsreform, Scharia, Säkulares Recht, Muḥammad 'Alī, Gamāl 'Abd an-Nāṣir, „Mixed Courts“, Kodifizierung, „defensive Modernisierung“, Reformen „von oben“, Reformen „von unten“, iğtihād, Familienrecht, Handelsrecht.
- Arbeit zitieren
- Marina Schmidt (Autor:in), 2008, Verschiedene Ansätze Recht zu reformieren - Diskussion und Bewertung am ägyptischen Beispiel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122275