Migrantinnen ohne Papiere statt Umverteilung von Reproduktionsarbeit


Bachelorarbeit, 2006

32 Seiten, Note: 1,00


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Umverteilung der Hausarbeit – auf wessen Kosten?

3. Lebens- und Arbeitsbedingungen von Hausangestellten

4. Abhängigkeit durch Präkarisierung

5. Au-Pair als legale Möglichkeit der Arbeit für Hausangestellte

6. Herrin und ethnisierte Dienstbotin

7. Hausangestellte im Privathaushalt-was ist daran neu?

8. Migration im 21. Jahrhundert

9. Nicht-dokumentierte Migration

10. Motive für Frauenmigration

11. Arbeitsvermittlung im Heimatland am Beispiel der Philippinen

12. Migrationspolitik der EU

13. Hausangestellte im Kontext der Globalisierung

13. Notwendige Forderungen zur Verbesserung der Situation von Hausarbeiterinnen

14. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die feministische Forderung nach Gleichberechtigung der Geschlechter durch Gleichstellung am Arbeitsmarkt sowie Umverteilung von Haushalts-, Pflege-, und Erziehungsaufgaben hat sich trotz redlicher Bemühungen vieler Frauen nicht erfüllt. Frau kann dieses Projekt als gescheitert betrachten, denn Männer übernehmen immer noch keinen erwähnenswerten Anteil an Tätigkeiten im Haushalt, bis auf einige wenige Arbeiten, die herausgepickt werden. Diese beschränken sich häufig. auf einkaufen gehen und Freizeitunternehmungen mit den Kindern. Der übrig gebliebene Rest an anfallender Arbeit bleibt weiterhin an den Frauen hängen. Auch die zunehmende Erwerbstätigkeit von Frauen hat keine Veränderung herbeigeführt.

Eine bemerkenswerte Entwicklung in Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Haushalt ist allerdings die Auslagerung der Reproduktionsarbeit an meist undokumentierte Migrantinnen, die sich aufgrund von struktureller wirtschaftlicher Benachteiligung in ihrem Heimatland nach Übersee begeben,. um in westlichen Staaten ihr Glück zu versuchen. In welchem Ausmaß ihnen dieses im Zielland begegnet (oder nicht begegnet) wird in dieser Arbeit beschrieben.

Ich gehe auf die oben angesprochene Auslagerung der Haushalts- und Pflegearbeit an Migranntinnen, auf deren Abhängigkeit durch mangelnde Rechte und alternative Überlebensstrategien ein, beleuchte vor allem auch die strukturellen Rahmenbedingungen, die diese Hierarchisierung zwischen unterschiedlichen Gruppen von Frauen überhaupt möglich machen.

Zum Abschluss gebe ich einen Überblick über mögliche Maßnahmen, die zu einer Besserstellung von illegalisierten Hausangestellten führen könnten.

2. Umverteilung der Hausarbeit – auf wessen Kosten?

Die Situation von Frauen in Industriestaaten hat sich in den letzten Jahrzehnten durch feministische Kampagnen relativ verbessert, was dazu geführt hat, dass ein größerer Anteil von Frauen erwerbstätig und nicht mehr bereit ist, Hausarbeit sowie Kinderbetreuungstätigkeit weiterhin zu übernehmen. In den meisten Fällen wurde geschlechtshierarchische Arbeitsteilung jedoch nicht überwunden, indem sie von Männern ausgeführt wird, sondern hatte eine Hierarchisierung innerhalb der Gruppe der Frauen zur Folge. Rollen, denen (einige) europäische und nordamerikanische Frauen entfliehen konnten, werden von Migrantinnen aus Entwicklungs- und Schwellenländern übernommen, deren Lebens- und Arbeitsbedingungen meist ausbeuterische Elemente aufweisen. Zudem hat sich durch diese Entwicklung die Unsichtbarkeit und Abwertung der Haus- und Kinderbetreuungsarbeit sowie die damit verbundene Abhängigkeit sogar noch verstärkt. (vgl. Rerrich, 2002, S. 19)

Die Reproduktionsarbeit von Frauen beinhaltet neben der Haushaltsarbeit die Versorgung und Erziehung von Kindern genauso wie Familien und Gemeinschaftsaufgaben, die für eine Gesellschaft essentiell sind. Durch die Verrichtung dieser Arbeit sind Frauen hauptverantwortlich für die Unterstützung, die Entwicklung und Sozialisation der Bevölkerung. Die Marktwirtschaft ist auf dieses Humankapital angewiesen, um genügend Ressourcen für ihr Funktionieren sicherzustellen, gleichzeitig werden auf dem freien Markt durch den Wettbewerbsdruck menschliche Ressourcen benötigt, was die Sicherstellung der Reproduktionsarbeit gefährdet. (vgl. Wichterich, 2000, S. 24)

Aus diesem Grund ist die Nachfrage an Hausangestellten in der EU im Steigen begriffen. Es ist vom „Comeback der Dienstmädchen“ die Rede, da die Arbeitsbedingungen von Frauen im privaten Dienstleistungssektor große Parallelen zu jenen, die am Beginn des vorigen Jahrhunderts vorherrschend waren, aufweisen. Vorsichtige Schätzungen von WissenschaftlerInnen gehen davon aus, dass in Deutschland jeder achte Privathaushalt die Versorgungsarbeit an eine Haushaltshilfe auslagert, wobei die Tendenz im Steigen begriffen ist. .

In Österreich gibt es wenig Studien bzw. Zahlen zur Transmigration von Hausarbeiterinnen aus Osteuropa. Schätzungen der Arbeiterkammer Wien von 1994 lagen bei ca. 25000 Beschäftigten in Privathaushalten ohne Arbeitsbewilligung. Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger sprach im Jahr 2000 von über 100000 Frauen in diesem Bereich. (vgl. Rechling/Haidinger/Ripota/Haas/Caixeta/Rappold, 2004, S. 10)

Forderungen der Frauenbewegungen geschlechtsspezifische Arbeitsteilung aufzuheben sowie Hausarbeit zu einer anerkannten und sichtbaren Arbeit zu machen, haben sich nicht erfüllt, stattdessen hat Hausarbeit, die von meist illegalisierten Hausangestellten verrichtet wird eine Ausformung erreicht, die zudem noch von Rassismus und Hierarchisierung der Frauen untereinander geprägt ist.

Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung ist so sehr mit sozialen Strukturen, Arbeitsmarktstrukturen, Sozial- und Steuerpolitik sowie der An- bzw. Abwesenheit von Kinderbetreuungsstellen verknüpft, dass frau einer Realisierung dieses Ziels trotz intensiver Arbeit nicht nennenswert nähergekommen ist Arbeitsteilung zwischen Frau und Mann wird im öffentlichen Diskurs allerdings als privates partnerschaftliches Problem dargestellt, das individuell ausgehandelt werden muss, wobei eine prinzipielle Machbarkeit bei vorhandenem Willen beider PartnerInnen suggeriert wird..(vgl. Rerrich, 2002, S. 19)

Neoliberale Entwicklungen haben dazu geführt, dass der Staat Erziehungs- und Pflegeaufgaben wieder verstärkt den Privathaushalten überläßt, auch Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss individuell organisiert werden. In den Haushalten sind es weiterhin die Frauen, die für Betreuungsaufgaben und Haushaltsführung zuständig sind. (vgl. Rodriguez, 2005, S. 77) Politische Programme zur Chancengleichheit und Vereinbarkeit von Familien- und Arbeitsleben gehen immer noch von einem traditionellen heterosexuellen Regelfamilienkonzept aus, wobei die Frage nach dem Wert und der Rolle von Haus- und Familienarbeit in unserer Gesellschaft gänzlich ausgeklammert wird. (vgl. Rappold, 2004, S.16)

Anliegen wie qualifizierte Teilzeitarbeitsstellen für beide Geschlechter sowie die Ganztagsschule als Regelschule waren und sind seit Jahrzehnten politische Forderungen der Frauenbewegungen, um die Utopie der Gleichstellung der Geschlechter zu ermöglichen. Alle einschlägigen Untersuchungen bestätigen jedoch, dass Männer, abgesehen von einigen Betreuungsaufgaben der Kinder, keinen auch nur annähernd vergleichbaren Anteil der Hausarbeit übernommen haben. (vgl. Rerrich, 2002, S. 16 ff) Zudem haben sich soziale Veränderungen innerhalb der Patnerschaften, die Hochschild

„Fetischhandlungen“ nennt entwickelt, die die Zurückhaltung von Männern in haushaltlichen Tätigkeiten verschleiert. Geringe Mithilfe des Mannes wird unbewußt hochstilisiert, was dazu führt, dass Frauen für den Großteil der reproduktiven Arbeit zuständig sind.

Während sich die Strukturen der Haushalts- und Kinderbetreuungsarbeit zwischen den Geschlechtern wenig verändert haben, hat sich sehr wohl eine Veränderung dieser Arbeitsaufteilung ergeben, und zwar ohne Förderung und Initiative innerhalb der Industriestaaten. Haushaltsarbeit wurde zwischen (sozial und ethnisch) unterschiedlichen Gruppen von Frauen umverteilt, wobei diese Hierarchisierung großteils den Augen der Öffentlichkeit verborgen geblieben ist. (vgl. Rerrich, 2002, S. 22 f) Mittelständische Frauen wollen ihre bezahlte Arbeit nicht gegen unbezahlte Hausarbeit eintauschen und wollen dabei partnerschaftlichen Konflikten entgehen, indem „andere“ Frauen reproduktive Tätigkeiten gegen (geringe) Bezahlung verrichten.

Der Entschluß zur Einstellung einer Haushaltshilfe geht meistens von den Frauen aus, um die Putz-, Haushalts-, und Betreuungsarbeit auszulagern, wie eine Studie des EU-Forschungsprojektes „Migrantinnen im Privathaushalt“ gezeigt hat, die in Österreich von MAIZ, einer Selbstorganisation von Migrantinnen in Linz, durchgeführt wurde. (vgl. Rechling / Haidinger / Ripota / Haas / Caixeta / Rappold, 2004, S. 10)

Migrantinnen haben gewissermaßen die Funktion von Katalysatoren für die Emanzipation und die berufliche Besserstellung von Frauen in Industriestaaten.

Für illegalisierte Frauen stellt die Arbeit im Privathaushalt eine Möglichkeit dar, der Kontrolle des Staates zu entgehen und ohne bürokratischen Aufwand zu einem Arbeitsplatz zu gelangen. (vgl. Rodriguez, 2005, S. 78)

Brigitte Young schreibt über die neue Aufteilung der Reproduktionsarbeit:

„Ob diese Tätigkeiten von (meist überqualifizierten) Polinnen in Deutschland oder von schwarzen Frauen und lateinamerikanischen Immigrantinnen in den USA verrichtet werden, sie führen zu einer neuen internationalen Arbeitsteilung zwischen der 'Herrin' einerseits und der meist aus einer anderen Ethnie und Klasse stammenden 'Dienstbotin' andererseits. Somit ist eine berufliche Frauenkarriere der europäischen und nordamerikanischen Mittel- und Oberschichten nur in den Grenzen von Ethnizität, Klasse und Geschlecht zu realisieren.“ (Young, 1998, S. 192)

Diese Entwicklung zeigt einmal mehr, dass Migrantinnen im solidarischen „Wir“ der europäischen Frauenbewegungen nicht mit eingeschlossen sind. Ausgrenzung und Ausbeutung von nicht Europäerinnen war Grund, diese als Opfer zu betrachten, eine gleichberechtigte Inklusion in den feministischen Diskurs war und ist jedoch nicht gegeben. (vgl. Castro Varela, 2003, S. 17)

Die Bedeutung von Geschlecht stellt sich für diese ungleichen Frauen in einer deutlich unterschiedlichen Weise hinsichtlich ihrer Lebenssituation und Zukunftsplanung dar.

Statt dass Gender als zentrale Strukturkategorie aufgehoben wird, differnziert und pluralisiert sich diese noch weiter, auch wenn Geschlecht im öffentlichen Diskurs für Frauen im Westen immer unbedeutender wird, da der Eindruck erweckt wird, dass Haushalts- und Familienarbeit nicht mehr vergeschlechtlichend wirken. Für Migrantinnen hingegen stellen sich feminisierende Aspekte der Arbeit immer deutlicher dar, Zuschreibungen wie unsichtbare Reproduktionsarbeit sowie geringe Absicherung und Entlohnung.

Diese Manifestation der sozialen Ungleichheit zwischen Frauen ist eng mit einer Nationalisierung von Geschlecht verbunden. (vgl. Hess, 2001, S. 218 f)

Während westliche Frauen durch die Anstellung von Hausarbeiterinnen keine Probleme mehr haben, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen, ist diese Vereinbarkeit für die meisten Hausangestellten unmöglich, was dazu führt, dass diese kein „normales“ Familienleben führen können. Viele Migrantinnen, die in privaten Haushalten beschäftigt sind, lassen ihre Kinder im Heimatland unter Betreuung von anderen Familienmitgliedern zurück, selbst bei Zuerkennung eines Aufenthaltstitels kann es lange dauern, bis diese Frauen ihre Kinder nachholen können, da die Quoten für Familienzusammenführung in Österreich sehr schnell ausgefüllt sind. (vgl. Rappold, 2004, S.16)

3. Lebens- und Arbeitsbedingungen von Hausangestellten

Aufgrund der geringen Anerkennung von Hausarbeit wird der Lohn oft nicht vollständig monetarisiert sondern in Naturalien wie Verpflegung und Unterkunft ausbezahlt.

In Spanien leben Hausangestellte meist direkt im Haushalt zusammen mit der arbeitgebenden Familie, was für diese finanziell genauso aufwendig ist wie die Anstellung einer stundenweisen Haushaltshilfe, mit dem Unterschied, dass ein „live-in“-Arbeitsverhältnis beinhaltet, dass die Arbeitskraft den ganzen Tag verfügbar ist. (vgl. Rappold, 2004, S.17)

Manche Frauen leben unter sklavenähnlichen Bedingungen und sind sexueller Belästigung und Gewalt ausgessetzt. Gewaltandrohungen von ArbeitsgeberInnen betreffen nicht nur die Hausangestellten selbst, sondern auch deren Familienmitglieder. Einige Frauen berichten auch von dem Zwang zu erniedrigenden Tätigkeiten wie dem wiederholten Putzen des Bodens mit einer Zahnbürste oder dem Säubern des Anus von Haustieren. (vgl. Kalny, 2004, S. 12)

Mary Manjula Parmar aus Indien war Hausarbeiterin bei einer Familie in Großbritannien, bis sie dieser mit Hilfe einer NGO den Prozess machen konnte, was nicht vielen Frauen, die in unmenschlichen Arbeitsverhältnissen gefangen sind, gelingt. Sie beschreibt ihr Schicksal bei ihren ArbeitgeberInnen folgendermaßen:

„Ich komme aus Mumbai. (...) Meine Familie weiß nicht, wie sehr ich hier gelitten habe. Ich habe ihnen das nie erzählt, meine Töchter brauchen das Geld für ihre Ausbildung. Ich kam als Haushaltsgehilfin für einen Manager und seine Frau nach Großbritannien. Mir wurden 20 Pfund Monatslohn versprochen, doch ich habe nie Geld erhalten. Madam war sehr grausam. Sie schlug mich in den Bauch, und sie versuchte wiederholt mich zu erwürgen. Ich habe 18 Stunden am Tag gearbeitet und war gezwungen, ohne Decke auf dem Boden zu schlafen. (...) Ich hatte keine warmen Kleider für den Winter und auch keine Schuhe. Ich bekam auch im Winter kein warmes Wasser, um mich waschen zu können. (...) Ich bekam nur sehr wenig zu essen. Wenn ich Butter auf meinen Toast gab, kam Madam, nahm ihn mir aus den Händen, warf ihn weg und schlug mich. (...) Ich hatte keine Freizeit. Ich durfte nur eine halbe Stunde pro Woche in die Kirche gehen. (...) Eines Tages hielt Madam meinen Kopf in die Gasflamme. Ich kämpfte mich frei. Sie wurde wütend und schmiss mich aus dem Haus. (...)“ (Kalny, 2004, S. 13)

Da Hausangestellte an ihrem Arbeitsplatz vor allem in live-ins sehr isoliert sind, aber auch durch ihre ununterbrochene Verfügbarkeit und die Veräußerung ihrer gesamten Persönlichkeit an die ArbeitgeberInnen wird ihre kulturelle Entwurzelung noch verstärkt. (vgl. Gerbel-Wimberger, 2004, S. 9)

Frauen, die im Einreiseland schwanger geworden sind oder kleine Kinder haben, verlieren oft ihren Arbeitsplatz, denn selbst, wenn sie eine Ganztagsbetreuung für ihre eigenen Kinder organisieren konnten, sind sie nicht mehr so flexibel und abrufbereit wie Hausarbeiterinnen ohne Kinder, da sie zum Beispiel bei Krankheit der Kinder nicht arbeiten können und auch sonst nur innerhalb der Öffnungszeiten der Kinderbetreuungsstellen gearbeitet werden kann. Zudem kommt, dass viele illegalisierte Frauen erhöhter Gefahr ausgesetzt sind, von der Polizei entdeckt und aufgegriffen zu werden, wenn sie ihr Kind in einem Kindergarten anmelden. Kommen die Kinder ins Schulalter wird es noch schwieriger, da frau ihr Kind ohne Meldebescheinigung offiziell in keiner Schule anmelden kann. Nur selten nehmen Schulen auch Kinder ohne Papiere auf. Genau wie ihre Mütter existieren illegalisierte Kinder eigentlich nicht, das heißt, es gibt auch keine Regelung zu ihrer Schulausbildung. Infolgedessen kommen viele Kinder von undokumentierten Frauen überhaupt nicht in den Genuß einer schulischen Bildung. Auch hier sind Illegalisierte wieder auf andere angewiesen, und zwar auf kirchliche Stellen und unabhängige Beratungsorganisationen, die zum Teil kostenlose ärztliche Behandlung und Schulplätze anbieten, wobei nur die wenigsten Frauen Zugang zu solchen Stellen haben.(anonymer Autor, 2001, S. 22)

Auch stundenweise Hausarbeit ist durch schlechte Arbeitsverhältnisse geprägt. Neben geringem Lohn, überzogenen Anforderungen, unregelmäßigen Arbeitszeiten, die ein hohes Maß an Flexibilität und gutstrukturierter Organisation voraussetzen ist eine Abgrenzung in diesem Beruf durch hochpersönliche Verhältnisse mit emotionalen Bindungen sehr schwierig. Konflikte, die aufgrund der Arbeit entstehen, werden nicht von der privaten Beziehungsebene getrennt. Verbunden mit dieser Abhängigkeit ist eine Ethnisierung, die zu einer Geringschätzung der persönlichen Fähigkeiten, Wünsche und Zukunftsperspektiven führt. Häufig kommt es zu Vertrauenstests, wobei Wertgegenstände oder Geld von den DienstgeberInnen offen platziert werden. Dies wird von allen interviewten Frauen der MAIZ- Studie als degradierend und verletzend empfunden. Bei nicht Ausbezahlung des Gehalts stehen für die Hausangestellten keine Möglichkeiten offen, diese einzuklagen, da sie sonst von Abschiebung bedroht sind. (vgl. Rechling / Haidinger / Ripota / Haas / Caixeta / Rappold, 2004, S. 10)

Das im Westen erwirtschaftete relativ hohe Einkommen eröffnet zwar neue Handlungsspielräume für die zurückgebliebene Familie, doch ergeben sich durch die räumliche Distanz häufig partnerschaftliche Konflikte sowie schwer überbrückbare psychische Distanzierung von den Kindern. (vgl. Rappold, 2004, S.16)

4. Abhängigkeit durch Präkarisierung

Durch die restriktive Migrationspolitik der westlichen Staaten werden Migrantinnen aus nicht EU- Staaten sehr schnell in Abhängkeiten gedrängt. Viele Arbeitnehmerinnen im privaten Dienstleistungsbereich kommen als Flüchtlinge, mit Touristinnen- oder Au-Pairvisa, oder als Heiratsmigrantinnen in den Westen. Hier sind sie nun auf einen Aufenthaltstitel angewiesen, da die ständige Bedrohung, ins Heimatland abgeschoben zu werden ohne diesen immer mitschwingt. Aufenthaltstitel sind im Fall von Heiratsmigrantinnen an die vollzogene Ehe mit dem Ehemann für mindestens drei Jahre (in Deutschland und Österreich) gebunden, erst danach hat frau Anspruch auf eine vom Ehepartner unabhängige Aufenthaltsberechtigung. Frauen, die einen Asylantrag gestellt haben, sind auf die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft angewiesen, um unabhängig in Europa leben zu können. Touristinnenvisa laufen nach drei Monaten ab und Au-Pairvisa nach einem Jahr, wobei letztere nur einmal ausgestellt werden. (vgl. Rodriguez, 2005, S. 77)

Bleiben die Migrantinnen nach Ablauf ihrer Aufenthaltsbewilligung im Land, kommt es zu einer Verschärfung ihrer Situation. Hohe Arbeitsleistungen und -zeiten, geringe Bezahlung, keine Arbeitsschutz sowie kein Zugang zu gewerkschaftlichen Organisationen, zu Sozialleistungen und medizinischer Versorgung tragen oft zu weiterer Isolation, Ausbeutung und zu jeglicher Form vom geschlechtsspezifischer und rassistischer Gewalt bei. (vgl. Gerbel-Wimberger, 2004, S. 9)

Vor allem in Live-ins kommt es durch die ständige Abhängigkeit von der Familie zu Missbräuchen. Frauen müssen zum Teil ununterbrochen bei sehr geringer Bezahlung arbeiten, sind sexuellen Belästigungen ausgesetzt und es kommt auch zu sklavenähnlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen in privaten Haushalten. Frauen in Privathaushalten sind menschenunwürdigen Lebensbedingungen, der Willkür ihrer ArbeitgeberInnen bis hin zur Gewalt ausgesetzt, und haben keine Möglichkeit zu ihrem Recht zu kommen, da sie abgeschoben werden, wenn sie ihre PeinigerInnen bei der Polizei anzeigen würden, während gegen diese nicht einmal ein Verfahren eingeleitet wird. (vgl. Kalny, 2004, S. 12) Bei stundenweiser Arbeit ergeben sich mehr Freiräume und selbstbestimmte Handlungsmöglichkeiten als bei live-in Arbeitsverhältnissen. (vgl. Rappold, 2004, S. 17)

5. Au-Pair als legale Möglichkeit der Arbeit für Hausangestellte

Grundsätzlich ist Au-Pair als Chance gedacht, erste Auslandserfahrungen zu machen, das Land, seine BewohnerInnen und Sprache kennzulernen und danach wieder in das Herkunftsland zurüchzukehren.

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Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Migrantinnen ohne Papiere statt Umverteilung von Reproduktionsarbeit
Hochschule
Universität Wien  (Soziologie)
Veranstaltung
Seminar Konstruktion von Geschlecht im Praxisfeld Familie
Note
1,00
Autor
Jahr
2006
Seiten
32
Katalognummer
V122394
ISBN (eBook)
9783640269563
ISBN (Buch)
9783640282395
Dateigröße
688 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Care-Crisis, Nannies, Globalisierung, Migrantinnen, Umverteilung, Hausarbeit, Reproduktionsarbeit, ohne Papiere
Arbeit zitieren
Britta Vogl (Autor:in), 2006, Migrantinnen ohne Papiere statt Umverteilung von Reproduktionsarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122394

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