Auf Grund der Komplexität der Supply Chain ist es nicht einfach, sie unternehmensübergreifend zu steuern. Steuerung meint in diesem Zusammenhang die gezielte Beeinflussung der Supply Chain durch Veränderung der essenziellen Einflussgrößen. Das Problem dabei ist, adäquate Instrumente zu finden, mit welchen sich die Supply Chain unternehmensübergreifend steuern lässt. In diesem Zusammenhang treten weitere Fragen auf. Wie sind die Instrumente auszugestalten? Sind die Instrumente flexibel genug, um auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können? Eine andere Frage, die unweigerlich auftaucht, ist die nach den Engpässen. Wie lassen sich auf Grund ihrer besonderen Bedeutung die Engpässe der Supply Chain abbilden? Aber auch die Frage nach der Wirtschaftlichkeit ist im Auge zu behalten, denn auf Grund des immensen Kostendrucks lassen sich hierdurch Wettbewerbsvorteile erzielen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Relevanz für die Betriebswirtschaft
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen
2.1 Begriffe
2.1.1 Logistik und Supply Chain Management
2.1.2 Controlling, Logistik-Controlling und Supply Chain Controlling
2.1.3 Kennzahlen und Kennzahlensysteme
2.1.3.1 Kennzahlen
2.1.3.2 Kennzahlensysteme
2.2 Ansätze für ein Supply Chain Controlling
3 Steuerung von Supply Chains mit Unterstützung des Supply Chain Controllings
3.1 Herausforderungen für das Supply Chain Controlling
3.2 Anforderungen des Supply Chain Controllings an Kennzahlensysteme und die darin enthaltenen Kennzahlen
3.2.1 Einfacher Aufbau, Transparenz, Akzeptanz
3.2.2 Auswahl der Kennzahlen nach dem Zweck
3.2.3 Einheitlich definierte und unternehmensübergreifende Kennzahlen
3.2.4 Ausgeglichenheit der Kennzahlen des Systems
3.2.5 Flexibilität des Kennzahlensystems
3.2.6 Berücksichtigung von kritischen Engpässen
3.2.7 Wirtschaftlichkeit des Kennzahlensystems
3.3 Eignung ausgewählter Kennzahlensysteme für das Supply Chain Controlling
3.3.1 Einfacher Aufbau, Transparenz, Akzeptanz
3.3.2 Auswahl der Kennzahlen nach dem Zweck
3.3.3 Einheitlich definierte und unternehmensübergreifende Kennzahlen
3.3.4 Ausgeglichenheit der Kennzahlen
3.3.4.1 Ausgeglichenheit kurzfristiger und langfristiger Ertragsziele sowie Berücksichtigung langfristiger Existenzsicherung
3.3.4.2 Ausgeglichenheit von monetären und nichtmonetären Kennzahlen
3.3.5 Flexibilität des Kennzahlensystems
3.3.6 Berücksichtigung von kritischen Engpässen
3.3.7 Wirtschaftlichkeit
3.3.8 Abschließende Beurteilung
4 Fazit
4.1 Zusammenfassung und kritische Würdigung
4.2 Ausblick
Anhang 1: Aufbau des DuPont Kennzahlensystems
Anhang 2: Aufbau des ZVEI-Kennzahlensystems
Anhang 3: Aufbau des RL-Kennzahlensystems
Anhang 4: Beispiel eines Kennzahlen-Definitionsblattes als Teil des
ZVEI-Kennzahlensystems
Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Kennzahlenebenen im Supply Chain Controlling
Abb. 2: Ausgeglichenheit von monetären und nichtmonetären Kennzahlen
Abb. 3: Erfüllung der gestellten Anforderungen
1 Einleitung
Heutzutage finden sich die Marktteilnehmer in einem stetig ändernden dy- namischen Umfeld wieder. Die Globalisierung von Beschaffungs- und Ab- satzmärkten, die wachsende Anzahl neuer Wettbewerber, steigende Kun- denanforderungen und zunehmender Kostendruck sind allgegenwärtig. Auf Grund dieses Wandels sind Optimierungen im eigenen Unternehmen nicht mehr ausreichend. Vielmehr bedarf es einer unternehmensübergreifenden Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette1(englisch Supply Chain = SC), um so vorhandene Potenziale zu verwirklichen. Sich dieser Heraus- forderung zu stellen, ist die Aufgabe des Supply Chain Managements. Supply Chain Controlling und Supply Chain Management arbeiten dabei eng zusammen und ergänzen einander. Der Erfolg ihrer Arbeit ist nicht zu- letzt vom Einsatz adäquater Instrumente abhängig.
1.1 Problemstellung und Relevanz für die Betriebswirtschaft
Auf Grund der Komplexität der Supply Chain ist es nicht einfach, sie unter- nehmensübergreifend zu steuern. Steuerung meint in diesem Zusammen- hang die gezielte Beeinflussung der Supply Chain durch Veränderung der essenziellen Einflussgrößen.2Das Problem dabei ist, adäquate Instrumente zu finden, mit welchen sich die Supply Chain unternehmensübergreifend steuern lässt. In diesem Zusammenhang treten weitere Fragen auf. Wie sind die Instrumente auszugestalten? Sind die Instrumente flexibel genug, um auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können? Eine andere Frage, die unweigerlich auftaucht, ist die nach den Engpässen. Wie lassen sich auf Grund ihrer besonderen Bedeutung die Engpässe der Supply Chain abbilden? Aber auch die Frage nach der Wirtschaftlichkeit ist im Auge zu behalten, denn auf Grund des immensen Kostendrucks lassen sich hierdurch Wettbewerbsvorteile erzielen.
Die hohe Relevanz des Themas für die Betriebswirtschaft zeigt sich an der Vielzahl an Beiträgen in den verschiedensten Printmedien der letzten Jah- re. So verweist z. B. Bacher darauf, dass das Gebiet Supply Chain Control- ling sowie dessen Instrumente ein bisher nur oberflächlich erschlossenes Forschungsgebiet darstellen.3Dass das Thema aber auch für die Praxis von großem Interesse ist, zeigt die Untersuchung des Lehrstuhls Logistik der Universität Marburg. Hier messen über 75 % der Befragten der Zu- sammenarbeit in interorganisationalen Netzwerken eine mittlere bis hohe Bedeutung bei. Nach Göpfert lässt sich hieraus eine große Dringlichkeit für eine Einführung des Supply Chain Controllings in den Unternehmen ablei- ten.4 Dabei ist es die Aufgabe der Betriebswirtschaft, den Unternehmen entsprechende Konzepte bzw. Instrumente bereitzustellen.
1.2 Aufbau der Arbeit
Das Hauptziel dieser Diplomarbeit besteht darin aufzuzeigen, welche An- forderungen an das Supply Chain Controlling gestellt werden, um Supply Chains unternehmensübergreifend steuern zu können. Darüber hinaus soll diese Arbeit einen Lösungsansatz für das in Kapitel 1.1 beschriebene Prob- lem bieten. Kapitel 2 beschäftigt sich zunächst mit einigen Grundlagen, die als Basis für die Bearbeitung des Themas dienen. Neben grundlegenden Begriffserklärungen werden die in der Literatur vorhandenen Ansätze für ein Supply Chain Controlling kurz vorgestellt. Kapitel 3 bildet den Hauptteil dieser Arbeit. Hier geht es um die Anforderungen, die an das Supply Chain Controlling gestellt werden, und um die Anforderungen, die das Supply Chain Controlling an Kennzahlen und Kennzahlensysteme stellt. Ferner werden vier bekannte Kennzahlensysteme hinsichtlich ihrer Eignung für das Supply Chain Controlling überprüft. Es werden auch die in Kapitel 1.1 gestellten Fragen erörtert. Den Schluss dieses Kapitels bildet eine ab- schließende Beurteilung der einzelnen Kennzahlensysteme. Eine Zusam- menfassung der Ergebnisse dieser Diplomarbeit sowie ein kurzer Ausblick erfolgen in Kapitel 4.
2 Grundlagen
Die Aufgabe dieses Kapitels ist zum einen, wesentliche Begriffe darzustel- len, um ein Grundverständnis für das Thema dieser Diplomarbeit zu schaf- fen und gleichzeitig eine Abgrenzung vorzunehmen. Zum anderen werden die in der Literatur vorhandenen Ansätze des SC Controllings vorgestellt.
2.1 Begriffe
2.1.1 Logistik und Supply Chain Management
Obwohl der Begriff Logistik nicht neu ist, hat sich ungeachtet dessen keine einheitliche Definition herausgebildet.5Weber und Küpper sehen die Wur- zeln der Unternehmenslogistik in einer ganzheitlichen Betrachtung von ma- terial- und warenflussbezogenen Dienstleistungen, vor allem von Transpor- ten, Umschlagsvorgängen und Lagerungen.6 Diese Aktivitäten ziehen sich dabei durch die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit ist die Logistik heute unverzicht- barer Bestandteil jedes Unternehmens.7 Czenskowsky/Piontek hingegen sehen die Logistik als eine Führungsidee, die zur Entwicklung, Realisie- rung, Lenkung und Gestaltung von effizienten und effektiven Flüssen von Objekten in Wertschöpfungsketten verwendet wird. In diesem Zusammen- hang ist die Effizienz ein quantitatives Maß für die Wirtschaftlichkeit und die Effektivität ein qualitatives Maß für die Zielerreichung in Bezug zum Out- put.8
Anders als der Begriff Logistik, ist Supply Chain Management ein relativ neuer Begriff, da er erst seit den 80er Jahren verwendet wird.9 Seit seinem erstmaligen Aufkommen entstand eine Vielzahl an Definitionen, wobei sich zwei Entwicklungsrichtungen unterscheiden lassen. Während sich die eine Gruppe bei der Erklärung von Supply Chain Management direkt auf die betriebswirtschaftliche Logistik bezieht, stellen die Vertreter der anderen Gruppe keinen direkten Bezug zu ihr her. Sie sehen Supply Chain Mana- gement mehr als unternehmensübergreifendes Management von Ge- schäftsprozessen.10
Zu der Gruppe, die Supply Chain Management als betriebswirtschaftliche Logistik versteht, gehören Weber und Göpfert. Sie definieren Supply Chain Management als aktuellste Phase der Logistik.11Göpfert sieht in ihm „… eine Konzeption für Netzwerke zur Erschließung unternehmensübergrei- fender Erfolgspotenziale mittels der Entwicklung, Gestaltung, Lenkung und Realisation effektiver und effizienter Güter-, Informations-, Geld- und Fi- nanzflüsse“12. Diesem Ansatz wird auch in der Praxis mehrheitlich gefolgt, wie eine im Jahr 2002 vom Marburger Logistikvisionsteam durchgeführte Untersuchung zeigte.13Kaufmann/Germer hingegen zählen zur zweiten Gruppe, die unter Supply Chain Management mehr als nur Logistik ver- steht. Sie vertreten die Ansicht, dass Supply Chain Management noch wei- tere Aufgaben und Funktionen im Unternehmen übernimmt, wie z. B. die Integration der Geschäftsprozesse entlang der Wertschöpfungskette.14
2.1.2 Controlling, Logistik-Controlling und Supply Chain Controlling
Controlling ist heutzutage fester Bestandteil in Unternehmen. Trotz der Vielzahl an Definitionen hat sich bis heute kein einheitlicher Begriff heraus- gebildet.15So unterscheidet Weber verschiedene Entwicklungsstufen des Controllings: Controlling als Informationsversorgungsfunktion, als Pla- nungs- und Kontrollfunktion, als Koordinationsfunktion und Controlling als Rationalitätssicherungsfunktion. Weber selbst sieht die Funktion des Cont- rollings in der Rationalitätssicherung, da dadurch sichergestellt wird, dass das Unternehmen effektiv und effizient geführt wird.16
Im Gegensatz dazu beschreiben Czenskowsky/Piontek Controlling als ein Subsystem bzw. als eine Teilaufgabe der Führung,17welches an Zielen orientiert ist. Im Fokus der Betrachtung stehen dabei die Koordination der Planung und Kontrolle sowie die Informationsversorgung.18
Göpfert entwickelte eine eigene Definition des Begriffes Controlling anhand der in der Literatur gefundenen Gemeinsamkeiten. Demnach ist Controlling:
„… eine Führungsfunktion. Es unterstützt das Management im Prozess der Willensbildung und -durchsetzung. Das Wesen der Führungsunterstützung liegt in ihrer Eigenschaft als eine Managementberatung.“19
Analog zum Controlling existiert auch für den Begriff Logistik-Controlling eine Vielzahl an unterschiedlichen Definitionen.20Die Definition von Göpfert basiert dabei auf ihren Definitionen für die Logistik und für das Controlling. Danach ist das Logistik-Controlling ein Schwerpunktbereich innerhalb des Logistikmanagements, wo es als Berater fungiert und das Management bei der Willensbildung und -durchsetzung unterstützt.21Auch Darkow schließt sich dieser Definition des Logistik-Controllings an.22
Sowohl aus den Ausführungen von Göpfert als auch aus dem Beitrag von Weber geht hervor, dass sich in den letzten Jahren im Logistik-Controlling, analog zur Logistik, eine Entwicklung vollzogen hat.23 Dabei lassen sich vier Phasen unterscheiden: Das TUL-Controlling (TUL = Transport, Um- schlag, Lagern), das koordinationsbezogene Logistik-Controlling, das fluss- bezogene Logistik-Controlling und das Supply Chain Controlling.24Das Supply Chain Controlling ist damit die vorerst letzte Entwicklungsstufe des Logistik-Controllings.25Hier wird über Unternehmensgrenzen hinwegge- schaut. Die Herausforderung dabei ist es, rechtlich und ökonomisch selbst- ständige Unternehmen26zu einer engen Kooperation zu bewegen und den Fortbestand der bewährten Zusammenarbeit zu sichern. Neben bekannten Themen, wie Informationsbereitstellung, das Lösen von herkömmlichen TUL-Problemstellungen und Koordinationsproblemen, treten neue Themen hinzu, wie Netzwerkfähigkeit, Macht und Vertrauen.27
2.1.3 Kennzahlen und Kennzahlensysteme
2.1.3.1 Kennzahlen
Die in der Literatur vorhandenen Definitionen für den Begriff Kennzahl sind vielfältig. Im Folgenden sollen unter Kennzahlen Größen verstanden wer- den, die quantitativ messbare Sachverhalte in verdichteter Form erfassen.28
Die wichtigsten Eigenschaften von Kennzahlen sind dabei der Informati- onscharakter, die Quantifizierbarkeit und die spezifische Form der Informa- tion.29Durch die Verknüpfung verschiedener Informationen in einer einzel- nen Zahl werden Zusammenhänge schneller verständlich gemacht.30
Obwohl Kennzahlen auf Grund ihrer Eigenschaft, komplexe Tatbestände kurz und präzise wiederzugeben, ein adäquates Mittel für die Unterneh- mensführung darstellen, haben sie auch ihre Grenzen. Zum einen ist eine einzelne Kennzahl allein wenig aussagefähig.31Zum anderen wird in Un- ternehmen immer wieder eine unbrauchbare Kennzahlenflut erzeugt. Dies macht Kennzahlenvergleiche erforderlich.32Auf Grund des begrenzten Aussagegehalts einzelner Kennzahlen empfehlen sowohl Weber als auch Göpfert, Kennzahlen nur im Rahmen eines ausgeglichenen Kennzahlen- systems zu verwenden.33
2.1.3.2 Kennzahlensysteme
Analog zum Begriff der Kennzahlen, lassen sich auch für den Begriff des Kennzahlensystems diverse Definitionen finden. Im Folgenden soll darunter die Verknüpfung verschiedener Kennzahlen verstanden werden, die in ei- ner sachlich sinnvollen Beziehung zueinander stehen, einander erklären bzw. ergänzen und in Summe auf ein übergeordnetes, gemeinsames Ziel ausgerichtet sind.34
In Bezug auf ihre Eignung lassen sich zwei Typen von Kennzahlensyste- men unterscheiden: Analyse-Kennzahlensysteme und Steuerungs- Kennzahlensysteme. Analyse-Kennzahlensysteme enthalten globale Kenn- zahlen, die Analyse- und Informationsaufgaben erfüllen. Sie müssen in der Lage sein, Sachverhalte in ihre Einzelheiten zu zerlegen und Zusammen- hänge zwischen den Kennzahlen aufzuzeigen.35Außerdem verwenden Analyse-Kennzahlensysteme meist nur eine einzelne Spitzenkennzahl, die Rentabilität.36 Steuerungs-Kennzahlensysteme enthalten hingegen Kenn zahlen, die für regelmäßige Steuerungsaufgaben verwendet werden. Ihre Aufgabe ist es, die gemeinsam vereinbarten Oberziele über Zweck-Mittel- Beziehungen in Unterziele herunterzubrechen.37Die Ziele können dabei monetärer und nichtmonetärer Art sein.38
Unterscheidet man Kennzahlensysteme dagegen auf Basis ihres Aufbaus, so lassen sich Ordnungssysteme und Rechensysteme differenzieren. Wäh- rend in Ordnungssystemen die einzelnen Kennzahlen nach sachlogischer Art miteinander verknüpft sind, werden in Rechensystemen die sachlogi- schen Zusammenhänge in Form mathematischer Verknüpfungen miteinan- der verbunden.39 Reine Rechensysteme sind auch daran zu erkennen, dass sie äußerlich die Form einer Pyramide haben.
2.2 Ansätze für ein Supply Chain Controlling
In den wissenschaftlichen Beiträgen zum SC Controlling lassen sich ver- schiedene Ansätze dafür finden. Allen Konzeptionen gemein ist ein ge- meinsames Logistik-Grundverständnis in Form des Supply Chain Manage- ments.40
So unterscheiden Czenskowsky/Piontek drei Funktionen des SC Control- lings: die Informationsversorgungsfunktion, die Führungsfunktion und die Koordinationsfunktion.41Göpfert/Neher, Liebetruth und Arnold/Eßig/ Kummer/Stölzle/Weber unterscheiden hingegen vier Funktionen: die füh- rungsgerichtete Informationsversorgungsfunktion, die ziel- bzw. erfolgsori- entierte steuerungsorientierte Controlling-Konzeption, die Koordinations- funktion und die Rationalitätssicherungsfunktion.42
Der Hauptfokus der informationsorientierten Controlling-Konzeption liegt in der Bereitstellung relevanter Informationen unter Beachtung der signifikan- ten Führungsentscheidungen des Supply Chain Managements.43
Bei der steuerungs- bzw. führungsorientierten Controlling-Konzeption ste- hen Planungs-, Kontroll- und Informationsversorgungsaufgaben im Vorder grund,44d. h., die Informationsfunktion wird ergänzt um die Gestaltung des Planungs- und Kontrollsystems im Zusammenhang mit einer Beratung bzgl. der Inhalte für die Planung und Kontrolle, der Instrumente und der Organi- sation des Ablaufs der Planungs- und Kontrollprozesse in der Supply Chain.45
Der Schwerpunkt der koordinationsorientierten Controlling-Konzeption liegt einerseits in der Koordinationsleistung, die bei der Abstimmung der Füh- rungsteilsysteme zu erbringen ist. Andererseits liegt er im Zusammenwir- ken von Planung, Kontrolle und Informationsbereitstellung im Bereich der Akteurs-, Kooperations- und Netzwerkebene bzw. zwischen diesen Ebe- nen.46
Bei der Rationalitätssicherungsfunktion liegt der Fokus darauf, dass Ent- scheidungen rational getroffen werden. Voraussetzung dafür ist die Aufde- ckung von Rationalitätsdefekten in den Entscheidungsprozessen der Wert- schöpfungskette.47
Gerade weil die Herausforderung des SC Controllings in der Koordination rechtlich und wirtschaftlich selbstständiger Unternehmen liegt, folgt diese Diplomarbeit der Sichtweise, dass SC Controlling eine Koordinationsfunkti- on übernimmt.
3 Steuerung von Supply Chains mit Unterstützung des Supply Chain Controllings
3.1 Herausforderungen für das Supply Chain Controlling
Wie in Kapitel 2.1.2 bereits ausgeführt, besteht eine große Herausforde- rung48des SC Controllings darin, rechtlich und ökonomisch selbstständige Unternehmen zu einer engen Kooperation zu bewegen und den Fortbe- stand der bewährten Zusammenarbeit zu sichern. Dies ist jedoch nur mög- lich, wenn es dem SC Controlling gelingt, eine für alle Akteure realisierbare Win-Win-Situation zu gewährleisten.
Bei der Umsetzung dieser Herausforderung bedarf es nicht nur einer er- folgs- und liquiditätsorientierten Steuerung und Kontrolle, sondern es muss auch garantiert sein, dass jeder Kooperationspartner einen zusätzlichen Nutzen erfährt, sei es monetärer bzw. nichtmonetärer oder kurzfristiger bzw. langfristiger Art.49Damit wird deutlich, dass der Fokus neben der Ver- folgung eines ganzheitlichen Ansatzes auch auf der Berücksichtigung der vorgenannten finanziellen sowie zeitlichen Aspekte liegen sollte.
In diesem Zusammenhang gilt es auch zu bedenken, dass jedes Unter- nehmen bestimmte Interessen verfolgt. Die Summe dieser Einzelinteressen dürfte meist nicht mit dem Gesamtoptimum des Supply Chain Netzwerkes übereinstimmen, daher muss das Controlling sowohl die Ebene des einzel- nen Unternehmens als auch die Supply Chain Ebene berücksichtigen.50
Czenskowsky/Piontek sehen die Funktion des SC Controllings in der Infor- mationsversorgung. Daher bestehen für sie weitere Herausforderungen des SC Controllings in der Sicherstellung der Transparenz und in der Berück- sichtigung von Engpässen der Supply Chain.51
Auch Risse/Stommel/Zadek sehen die Funktion des SC Controllings in der Informationsversorgung.52Aus diesem Grund vertreten sie eine ähnliche Ansicht wie Czenskowsky/Piontek. Für sie besteht die Herausforderung des SC Controllings ebenso in der Sicherstellung der Transparenz, besonders in der Transparenz der Informationen über alle Stufen der Wertschöpfungs- kette. Hinzu kommt die Forderung nach einer aktiven Datenhaltung.53
Im Gegensatz dazu zählen Darkow/Richter zu den Befürwortern, welche die Funktion des SC Controllings in der Koordination sehen.54Daher sollte ihrer Meinung nach ein besonderes Augenmerk auf die Verknüpfung des Managements und des Controllings der Partner einer Lieferkette gelegt werden. In ihrem Beitrag verweisen sie auch auf die niedrige Verfügbarkeit von Planungs-, Steuerungs- und Kontrollkennzahlen für Supply Chains und Supply-Chain-Netzwerke bei den in der heutigen Praxis eingesetzten Supply Chain Management Konzepten. Aus diesem Grund sehen sie die Herausforderung des SC Controllings vor allem im Aufbau eines netzwerk- orientierten Kennzahlensystems. In diesem Zusammenhang mangelt es ihrer Meinung nach nicht an einer Definition der Kennzahlen, sondern an einer nicht vorhandenen einheitlichen Datenbasis.55
Betrachtet man den Lösungsvorschlag von Risse/Stommel/Zadek, so gleicht sich ihr Ansatz der Ansicht von Darkow/Richter in gewisser Weise an, denn zur Bewältigung der Herausforderung schlagen sie den Aufbau eines SC Controllingsystems vor, im Rahmen dessen ein Kennzahlensys- tem zu entwickeln ist,56das „den Anforderungen der zu analysierenden Supply Chains genügt“57. Analog dazu sieht auch der Lösungsvorschlag von Czenskowsky/Piontek die Definition eines für alle Akteure einheitlichen Kennzahlen- und Zielsystems vor.58
Bacher hingegen verfolgt einen ganz anderen Ansatz, denn er geht beim SC Controlling von der Rationalitätssicherungsfunktion aus, deren Fokus auf das Aufdecken von Rationalitätsdefekten in den Entscheidungsprozes- sen der Wertschöpfungskette gerichtet ist, um so rationale Entscheidungen zu ermöglichen.59Aus diesem Grund leiten sich die Herausforderungen des SC Controllings für Bacher aus den Rationalitätsengpässen ab, welche sich durch die Ermittlung der Soll- und Ist-Rationalität im Umfeld des Supply Chain Managements ergeben. Zu den von ihm herausgearbeiteten Anfor- derungen zählen u. a.:
- Berücksichtigung von Beziehungs- und Verhaltensaspekten. Dies schließt u. a. die Forderung nach Kennzahlen mit ein, die die Inten- sität und Qualität der kooperierenden Unternehmen der Supply Chain aufzeigen.
- Schaffung einer unternehmensübergreifenden Prozesstransparenz und Identifikation der kritischen Engpässe der Supply Chain.
- Bestimmung und einheitliche Definition relevanter Kennzahlen.60
Trotz der verschiedenen Sichtweisen bei der Funktion des SC Controllings ist allen vier Beiträgen die Forderung nach der Festlegung von relevanten Kennzahlen bzw. dem Aufbau eines adäquaten Kennzahlensystems ge- mein sowie die Forderung nach Transparenz. Die Transparenz von Leis- tungen und Kosten ist für das SC Controlling deshalb so wichtig, weil es für die Optimierung von Prozessen und die Realisierung von Verbesserungs- potenzialen unabdingbar ist.61Ein netzwerkorientiertes Kennzahlensystem hingegen ist erforderlich, um das Management der Unternehmen bei der Leistungsmessung und bei der Ausrichtung auf das aktuelle bzw. zukünfti- ge Marktumfeld zu unterstützen.62Dass Anforderungen wie Transparenz der Daten, einheitliche Informations- und Kommunikationssysteme sowie Vertrauen im Hinblick auf die Qualität und den Erfolg einer Kooperation auch für die Praxis wichtige Anforderungen an das SC Controlling darstel- len, belegt die Untersuchung des Lehrstuhls für Logistik der Universität Marburg aus dem Jahr 2002.63
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Herausforderung des SC Controllings in der Steuerung der Zusammenarbeit rechtlich und ökono- misch selbstständiger Unternehmen liegt. Ein möglicher Lösungsansatz hierfür ist der Aufbau eines adäquaten Kennzahlensystems, welches den in Kapitel 3.2 gestellten Anforderungen genügen sollte.
3.2 Anforderungen des Supply Chain Controllings an Kennzahlensysteme und die darin enthaltenen Kennzahlen
Kennzahlen wird eine große Bedeutung zugemessen, wenn es um die Füh- rung von Unternehmen geht.64Kapitel 3.2 befasst sich aus diesem Grund mit den Anforderungen, die das SC Controlling sowohl an Kennzahlen als auch an Kennzahlensysteme stellt.
3.2.1 Einfacher Aufbau, Transparenz, Akzeptanz
Zu den generellen Anforderungen, die an Kennzahlensysteme gestellt wer- den, zählen Transparenz und leichte Anwendbarkeit.65Sie sollen eine gute Akzeptanz des Systems sicherstellen.
[...]
1 Die Begriffe Wertschöpfungskette und Supply Chain werden im Folgenden synonym ver- wendet.
2 Vgl. Baumgarten/Thoms (2002), S. 63.
3 Vgl. Bacher (2004), S. 7.
4 Vgl. Göpfert/Neher (2002b), S. 36.
5 Vgl. Weber/Bacher/Groll (2004), S. 150.
6 Vgl. Weber (2002), S. 9; vgl. Küpper (1993), S. 39; Weber/Bacher/Groll (2004), S. 150.
7 Vgl. Weber (2002), S. 9 f.
8 Vgl. Czenskowsky/Piontek (2007), S. 31.
9 Vgl. Bacher (2004), S. 38 ff.
10 Vgl. Bacher (2004), S. 38 ff.; Vgl. Göpfert (2006), S. 61 ff.
11 Vgl. Weber (2002), S. 10; vgl. Göpfert/Neher (2002a), S. 35; vgl. Göpfert (2005), S. 61.
12 Göpfert (2006), S. 65.
13 Vgl. Göpfert/Neher (2002a), S. 38 f.
14 Vgl. Kaufmann/Germer (2001), S. 178.
15 Vgl. Piontek (2005), S. 17; Vgl. Bacher (2004), S. 25.
16 Vgl. Weber (2002), S. 5 f.
17 Die Begriffe Führung und Management werden in den folgenden Ausführungen synonym verwendet.
18 Vgl. Czenskowsky/Piontek (2007), S. 34.
19 Göpfert (2005), S. 53.
20 Vgl. Czenskowsky/Piontek (2007), S. 89.
21 Vgl. Vgl. Göpfert (2005), S. 55.
22 Vgl. Darkow (2003), S. 90.
23 Vgl. Weber (2002), S. 13:v Vgl. Göpfert (2005), S. 61.
24 Vgl. Weber (2002), S. 13 ff.
25 Vgl. Weber (2002), S. 16; vgl. Göpfert (2005), S. 61; vgl. Czenskowsky/Piontek (2007), S. 38.
26 Unter rechtlich und ökonomisch selbstständigen Unternehmen sollen im Folgenden alle an der Supply Chain beteiligten Unternehmen verstanden werden. Darunter fallen sowohl die vorgelagerten Lieferanten als auch das eigene Unternehmen und die direkt nach- gelagerten Abnehmer des Unternehmens.
27 Vgl. Weber (2002), S. 16; vgl. Weber/Bacher/Groll (2004), S. 152; vgl. Czenskowsky/ Piontek (2007), S. 38 ff.
28 Vgl. Reichmann (2001), S. 19; vgl. Göpfert (2005), S. 347.
29 Vgl. Reichmann (2001), S. 20.
30 Vgl. Weber/Bacher/Groll (2004), S. 159 f.
31 Vgl. Reichmann (2001), S. 22; vgl. Göpfert (2005), S. 347.
32 Vgl. Stähle (1969), S. 66.
33 Vgl. Weber (2002), S. 219 f.; vgl. Göpfert (2005), S. 347.
34 Vgl. Reichmann (2001), S. 23; vgl. Schwarz (2002), S. 265; vgl. Bacher (2004), S. 230; vgl. Göpfert (2005), S. 347.
35 Vgl. Gladen (2005), S. 68 f.
36 Vgl. Reichmann (2001), S. 25 ff.
37 Vgl. Gladen (2005), S. 68 f.
38 Vgl. Gladen (2005), S. 26 ff.
39 Vgl. Göpfert (2005), S. 347.
40 Vgl. Göpfert/Neher (2002a), S. 36.
41 Vgl. Czenskowsky/Piontek (2007), S. 124.
42 Vgl. Göpfert/Neher (2002a), S. 36; vgl. Arnold et al. (2005), S. 44; vgl. Liebetruth (2005), S. 12; vgl. Eßig (2007), S. 230.
43 Vgl. Götze (2003), S. 9; vgl. Arnold et al. (2005), S. 44 f.
44 Vgl. Göpfert/Neher (2002a), S. 36; vgl. Götze (2003), S. 11; vgl. Liebetruth (2005), S. 12 f.; vgl. Czenskowsky/Piontek (2007), S. 124.
45 Vgl. Göpfert/Neher (2002a), S. 36.
46 Vgl. Götze (2003), S. 11 f.; vgl. Arnold et al. (2005), S. 44 f.
47 Vgl. Arnold et al. (2005), S. 44 f.
48 Der Begriff Herausforderung bzw. Anforderung wird im Folgenden synonym verwendet.
49 Vgl. Czenskowsky/Piontek (2007), S. 66.
50 Vgl. Czenskowsky/Piontek (2007), S. 67.
51 Vgl. Czenskowsky/Piontek (2007), S. 124 f.
52 Vgl. Risse/Stommel/Zadek (2002), S. 191.
53 Vgl. Risse/Stommel/Zadek (2002), S. 191 f.
54 Vgl. Darkow/Richter (2004), S. 113 f.
55 Vgl. Darkow/Richter (2004), S. 116.
56 Vgl. Risse/Stommel/Zadek (2002), S. 191 f.
57 Risse/Stommel/Zadek (2002), S. 191 f.
58 Vgl. Czenskowsky/Piontek (2007), S. 124 f.
59 Vgl. Bacher (2004), S. 121 ff.; vgl. Arnold et al. (2005), S. 44 f.
60 Vgl. Bacher (2004), S. 121 ff.
61 Vgl. Zadek/Wollschläger (2008), S. 96.
62 Vgl. Baumgarten/Thoms (2002), S. 34; vgl. Darkow/Richter (2004), S. 116.
63 Vgl. Göpfert/Neher (2002b), S. 37.
64 Vgl. Weber (2002), S. 218; vgl. Botta (1997), Vorwort; vgl. Bacher (2004), S. 229; vgl. Weber/Bacher/Groll (2004), S. 159.
65 Vgl. Stölzle (2002), S. 283 ff.; vgl. Darkow/Richter (2004), S. 113 f.; vgl. Weber/Bacher/ Groll (2004), S. 153; vgl. Czenskowsky/Piontek (2007), S. 125.
- Arbeit zitieren
- Jana Vorsatz (Autor:in), 2008, Anforderungen an das Supply Chain Controlling, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122577
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