Die Sinfonia Concertante allgemein und bei Johann Christian Bach


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

28 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Die Sinfonia Concertante
1.1 Wortdefinition
1.2 Frühgeschichte der Sinfonia concertante
1.3 Die Blütezeit der Sinfonia concertante
1. 4 Vergleich zwischen dem Concerto grosso und der Sinfonia
Concertante
1.5 Verbreitung der Sinfonia Concertante:
1.6 Aufbau der Sinfonia Concertante:
1.7 Die Solobesetzungen der Sinfonia Concertante
1.8 Wichtige Komponisten und Weiterentwicklung der Sinfonia
Concertante:
1.9 Berühmte Sinfonie Concertante

2. Johann Christian Bach
2.1 Biographie von Johann Christian Bach
2.2 Johann Christian Bach und die Sinfonie

3. Sinfonia Concertante in C-Dur für Flöte, Oboe Violoncello und Orchester
3.1 Grobgliederung der Sinfonia concertante in C-Dur
3.2 Analyse der Sinfonia Concertante in C-Dur
3.2.1 Analyse 1. Satz
3.2.2 Analyse des 2. Satzes
3.2.3 Analyse des 3. Satzes
3.3 Zusammenfassende Beobachtungen zur Sinfonia Concertante in C-Dur
3.3.1 Klang:
3.3.2 Harmonik:
3.3.3 Melodik:
3.3.4 Rhythmik:

4. Literaturverzeichnis

Die Sinfonia Concertante & Johann Christian Bach

1. Die Sinfonia Concertante

1.1 Wortdefinition

Die Sinfonia concertante ist eine sinfonische Gattung für zwei bis neun Soloinstrumente und Orchester. Sie wurde für öffentliche Konzertveranstaltungen komponiert und war für virtuose Solisten bestimmt. Die Blütezeit dieser Gattung lag zwischen 1770 und 1830. Die Sinfonia concertante wird sehr oft mit dem barocken Concerto verglichen. Diesem ähnelt sie aber nur äußerlich, sie stellt eine Verschmelzung von klassischen Formen dar: Divertimentoformen (Serenade, Concertino, Kassation), dem Solokonzert und der Symphonie dar. Den eigenen Charakter dieser Gattung aber prägen galante Merkmale, die auf die alte Concerto grosso Form angewendet werden. Kennzeichen für den galanten Stil sind kleine Formen, häufige Motivwiederholungen, kantable Melodik, sparsame und harmonisch einfache Begleitung. Darin spiegelt sich das Ideal der Zeit, das Anmut und Zierlichkeit, Verständlichkeit und Natürlichkeit der ausgedrückten Empfindungen fordert und sich gegen die kompliziertere, kontrapunktisch „gearbeitete“ Musik des Hochbarock wendet. Die große Anzahl der Kompositionen dieser Gattung werden Sinfonia concertante, Symphonie concertante oder abgekürzt concertante genannt. Im späten 18. Jahrhundert übte diese Gattung eine bedeutsame musikalische und soziale Form im Konzertleben aus. Die Sinfonia concertante darf nicht als Gattung betrachtet werden, die eine schlechte Mischform aus den oben genannten Gattungen ist. Der Terminus „Sinfonia concertante“ ist genau historisch begründet, ihn genau zu definieren ist aber nicht einfach. Eine Schwierigkeit besteht darin, dass das Adjektiv „concertante“ mehrere Bedeutungen im 18. Jahrhundert hatte. Zum einen wurde es in dem Substantiv-Komplex Sinfonia concertante verwendet und das Wort „concertante“ wurde als Ersatz für die Wortgruppe substantivisch gebraucht. Ebenso wird der Terminus „Concertante“ für ein Concerto Grosso verwendet. Die zweite terminologische Verwirrung entsteht durch die Bezeichnung „Symphonie concertante“ und „Concerto“ für zwei und mehrere Instrumente. Bei Mozart wird der Unterschied deutlich, indem er zwei Konzerte für mehrere Soloinstrumente schieb und sie unterschiedlich benannte. Das Werk, das er für seine 4 Mannheimer Bläserfreunde schrieb, hieß Sinfonia concertante ((KV Anh. 9). Es war für eine öffentliche Aufführung im Concert spirituel gedacht. Das unterhaltsame Stück für den Herzog Guines und dessen Tochter (beide Dilettanten), das für eine private Aufführung vorgesehen war, trugt den Namen Konzert für Flöte und Harfe (KV 299). Seine Unterscheidung ist zwar nicht konsequent, aber sie deutet doch auf gesellschaftliche Inhalte hin. Die Blütezeit der Sinfonia Concertante liegt in einer Zeit, in der die öffentlichen Konzerte an Umfang und Zahl zunahmen. Zentren der Sinfonia conertante waren die aktivsten Städte im Musikleben derzeit: Paris, Mannheim und London.[1]

1.2 Frühgeschichte der Sinfonia concertante

Mit der Frühklassik verlor das Concerto Grosso an Bedeutung und es fehlte in dem Zeitraum von 1750-1770 eine geeignete Concertato-Form. Die klassische Symphonie konnte mit ihren verschiedenen stilistischen Intentionen und eigenen Entwicklungsproblemen daran nichts ändern. Hingegen stellten die leichteren, mehr solistisch ausgerichteten Formen des Divertimento, der Serenade, der Kassation und des Concertino eine ähnliche Gattung zum Concerto Grosso dar. Die Adjektive „concertante“ oder „concertato“ war natürlich auch während der Frühklassik allgemein gebräuchlich, während der Terminus „sinfonia concertante“ nicht vor Ende der 1960er Jahre begegnet. 1745 unterscheidet Scheibe zwischen „Konzertsinfonien“, in denen konzertierende Blasinstrumente sich in Solopassagen von dem Tutti des Orchesters abheben und normalen Sinfonien mit Blasinstrumenten als Füllstimmen. Vor 1745 wurden generell sehr wenig Blasinstrumente in den Symphonien verwendet. Der Terminus der Sinfonia concertante findet sich zum ersten Mal in Drucken von 1767, die Vernier in Paris herausgab. Dazu gehören die „Sei Sinfonie Concertante O Sia Quintteti dell Sig. Misliwecek detto il Boemo“, Opera IIa und ein ähnlich betiteltes Werk von Cannabich. Sie sind aber keine Sinfonien concertantes im oben definierten Sinne, sondern Quintette für fünf Soloinstrumente ohne Orchesterbegleitung. Von Ricci erschienen im Dezember 1767 oder Anfang 1768 Sinfonie concertantes, die aber nicht mehr ausfindig gemacht werden konnten. Seine „Trois Simphonies Concertantes Op IX (Den Haag um 1773, Van Lack) enthalten ein Solokonzert und zwei Konzerte für mehrere Soloinstrumente. Sollte eines von diesen beiden mit dem Vernier-Druck identisch sein, so wäre es die erste veröffentlichte Symphonie concertante im eigentlichen Sinne.

1.3 Die Blütezeit der Sinfonia concertante

Um etwa 1770 entstand eine neue Art von konzertierendem Stück, das den Namen Symphonie concertante annahm. Diese neue Gattung wurde äußerst schnell sehr beliebt. Dabei spielen auch die grundlegenden sozialen Veränderungen eine Rolle. Barry S. Brook nennt folgende Veränderungen: „das Aufkommen einer bürgerlichen Hörerschaft, die öffentlichen Konzertsäle, die größeren Orchester; mus. drückt sich in ihm der Geschmack der Hörerschaft aus, nämlich die zunehmende Faszination durch virtuose Schaustellung, ein Hang zu reicher Klangfülle und besonders eine sich überall durchsetzende Vorliebe für die gefällige melodische Linie[2].Die ersten Komponisten dieser Gattung lebten meistens in Mannheim oder London, die ersten Verleger waren fast nur Franzosen. Brennpunkt der Gesamtentwicklung war Paris, da Paris aufgrund der hohen Einwohnerzahl über mehr Konzerte, mehr Komponisten, mehr Ausführende und mehr Verleger verfügte. Aus Mannheim kamen viele Komponisten nach Paris um dort ihre Werke aufzuführen und veröffentlichen zu lassen.

Der italienische Beitrag zur Sinfonia concertante war sehr gering. Gewöhnlich lebten die Italiener, die Sinfonie concertanti schrieben, im Ausland. In Deutschland gibt es kein einheitliches Bild, da die Komponisten über das ganze Land verteilt sind (abgesehen von Mannheim). Der Terminus Sinfonie concertante wird erst ab den 1790ern verwendet. Zwischen 1760 und 1830 wurden von etwa 500 Sinfonie concertantes von 150 Komponisten geschrieben. Davon waren ca. 260 Kompositionen aus Frankreich. Die französischen Komponisten bevorzugten die zweisätzige Form, während es in den anderen Zentren umgekehrt ist. Die Zahl der Soloinstrumente variiert von zwei bis neun. Die häufigste Besetzung waren zunächst 2 Principal-Violinen, später stellten die Komponisten auch drei bis vier Instrumente zusammen und die Bläser hatten einen immer größeren Anteil. In den 1820er Jahren begann die Gattung Sinfonia concertante auszusterben. Es entstanden nur noch vereinzelte Werke im 19. Jahrhundert, zum Beispiel von Brahms und Beethoven. Zahlreiche zeitgenössische Komponisten verwenden diesen Terminus der Sinfonia concertante für ihre Werke wieder.

1. 4 Vergleich zwischen dem Concerto grosso und der Sinfonia Concertante:

Concerto grosso

- Ernste Musik è eher für die Kirche gedacht
- Concertino Gruppe: Profi-Ensemble
- Sonata da Chiesa Form, Ritornell-Form
- Monothematik
- Beginnt mit dem oft auch mit dem Concertino
- Große thematische Einheit der Sätze
- Ständige Neuordnung einer feststehenden thematischen Substanz
- Weiterentwicklung zum Solokonzert bzw. der Symphonie

Sinfonia concertante

- heiterer Charakter è zählt in den Bereich der Unterhaltungsmusik
- technisch nicht so anspruchsvoll wie das Solokonzert für die Solisten
- SHS-Form
- SHS-Form lebt von mehreren Themen
- Ausgedehntes Orchestertutti
- Thematisches Material wird nur sehr beschränkt durchgeführt
- In Harmonie und Rhythmus sind nur wenig fortschrittliche Züge erkennbar
- Herausragende Melodik
- kein neuer Beitrag zur klassischen Symphonik

Dieser Vergleich zeigt, dass die Sinfonia Concertante im Vergleich zum Concerto Grosso wenig Möglichkeiten hat, sich weiterzuentwickeln. Der Reiz dieser Gattung liegt im schlichten und einfachen. Ihr Charakter ist heiter und vermeidet dramatische Gesten. Sie dienten wohl eher der Unterhaltungsmusik und wollten ein breites Publikum ansprechen. Entstanden sind sie wahrscheinlich, um den herausragenden Instrumentalisten in einem Orchester die Möglichkeit zu geben, ein Solo zu übernehmen. Das Orchester hat während der Solopassagen eine Begleitungsfunktion mit einem einfach gehaltenen harmonischen Schema. Solisten und Orchester verwenden meist eigenes musikalisches Material. Auch im sogenannten „Durchführungsabschnitt“, wird anstatt das Material der Exposition zu verarbeiten, noch neues Material angebracht. Polyphone Abschnitte treten eher selten auf. Formal gesehen, sind die einzelnen Abschnitte locker gefügt.

1.5 Verbreitung der Sinfonia Concertante:

Stark beteiligt an der Entwicklung der Sinfonia Concertante waren die französischen Komponisten. „In Paris, wo die Sinfonia Concertante ihren Anfang genommen hatte und wo sie ihren Höhepunkt erlebt hat, ist der deutsche Komponist Christan Cannabich (1731–1798) für eine Sinfonie Concertante ausgezeichnet worden“[3]. Nicht nur in Frankreich wurde diese neue Gattung gepflegt, sondern auch in Italien durch Giovanni Battista Viotti. In Wien ist Johann Georg Albrechtsberger (1736–1809), Karl Ditters von Dittersdorf (1739–1799) und Ignaz Joseph Pleyel zu nennen – alles Zeitgenossen der „Wiener Klassiker“. In Deutschland wurden die Sinfonia Concertante für Bläser zunehmend beliebter.

1.6 Aufbau der Sinfonia Concertante:

Um 1750 etablierte sich langsam die Sinfonia concertante. In den späteren Sinfonie concertante ist bereits das heutige Schema eines Sonatensatzes zu erkennen.

Der neue Symphoniestil ist bei den Mannheimern am klarsten ausgeprägt.

„Das Eingangstutti in der Sinfonia Concertante der Mannheimer und Franzosen wird ganz sinfoniemäßig, eine Exposition im Sonatensinne, die allerdings in der Tonika schließt und auch zweite Themen in der Tonika bringt. Die weiteren Tutti sind oft auf wenige Takte gekürzt. Das 3., bei Beginn der Reprise , das Da capo fällt manchmal ganz weg oder beschränkt sich auf die Rückleitung. Die Soli beginnen diese. Das Schlußtutti greift nur den Schluss des Eingangstuttis auf.

Die Soloinstrumente treten in geschlossenen Solopartien auf, untereinander oft imitatorisch oder Abschnitte wiederholend.“[4] Neben den concertanten Instrumenten haben gelegentlich auch andere Instrumente solistische Einwürfe.

Die Sinfonia Concertante waren eine gute Vorbereitung auf die schweren Orchesterwerke der Romantik, da fast alle Instrumente mit solistischen Aufgaben an die Reihe kamen. Die solistischen Ansprüche sind aber normalerweise lange nicht so hoch, wie die des Solokonzertes.

[...]


[1] Vgl. Barry S. Brook: Symphnie concertante S.1899-1902 in: Friedrich Bluße, MGG Band 12, Kassel 1965

[2] Barry S. Brook: Symphonie concertante, S. 1903 – MGG Band 12, Bärenreiter Kassel 1965

[3] vgl. Hans Engel, Das Instrumentalkonzert II, Wiesbaden 1971, S. 411.

[4] Hans Engel, Das Instrumentalkonzert I, S. 358

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Die Sinfonia Concertante allgemein und bei Johann Christian Bach
Hochschule
Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart  (Musikwissenschaft)
Veranstaltung
Hauptseminar: Instrumentalmusik der Mannheimer Hofkapelle und ihr Umkreis
Autor
Jahr
2002
Seiten
28
Katalognummer
V12272
ISBN (eBook)
9783638181990
ISBN (Buch)
9783656443162
Dateigröße
578 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sinfonia Concertante stark geprägt durch Johann Christian Bach
Arbeit zitieren
Viola Fritz (Autor:in), 2002, Die Sinfonia Concertante allgemein und bei Johann Christian Bach, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12272

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