Der Pazifismus der Bertha von Suttner

Quellen, Herkunft und Charakteristika ihrer Friedenspolitik


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

25 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Visionen und Kernthesen der Bertha von Suttner
2.1 Wurzeln und Herkunft ihrer Ideen und Ziele – Charakteristika der Gewaltlosigkeit
2.2 Adressaten des Suttnerschen Pazifismus und zeitgenössische Kritik der Mächtigen Europas
2.3 Bedenken aus den eigenen Reihen – Der Pazifismus als Irrweg?

3. Die Wegbereiterin
3.1 Die Haager Friedenskonferenzen anno 1899 und 1907
3.2 Der Friedensnobelpreis
3.3 Langfristige Erfolge – Bertha von Suttner als Vorbild für moderne Organisationen und die globale Sicherheitspolitik

4. Sachtitel – Ergebnisse der Betrachtungen und Ausblicke auf die künftige Forschungsarbeit

5. Biographischer Anhang

6. Literaturverzeichnis

7. Schematische Darstellungen und Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

„Si vis pacem, para bellum“[1] versus „si vis pacem, para pacem”.[2] Imperialismus und Rüstungspolitik versus Pazifismus und geistiger Einsatz für ein friedliches Zusammenleben. Die führenden Vertreter der europäischen Großmächte versus Bertha von Suttner[3] und deren Anhänger – jener intentionale Konflikt der Ideen und Ziele prägte maßgeblich die politische, militärische und pazifistische Kontroverse an der Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhundert.[4] Mit der Darstellung und der unmittelbaren Überzeichnung der Gefahren der übersteigerten Rüstungspolitik im Deutschen Reich, Österreich-Ungarn, Frankreich und Großbritannien trat Bertha von Suttner in die Position der mutigen Streiterin für die Überwindung des Krieges und dessen inhumanen Konsequenzen für die Zivilbevölkerung. Als wichtige Persönlichkeit in der Aufarbeitung der kriegsgegnerischen Strömungen am Ende des 19. und frühen 20. Jahrhunderts der Friedensforschung bis in das 21. Jahrhundert hinein setzte sich die Pazifistin Zeit ihres Lebens für die Anschaffung oder zumindest für eine Begrenzung der zur Verfügung stehenden Gewaltmittel ein, auf die sich die Kriegführung der Nationen stützte. Doch die Vertraute Alfred Nobels[5] sprach sich durchaus zugunsten des bestehenden Bündnissystems im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts[6], obgleich die daraus resultierenden Konfrontations- und Konfliktpotentiale von der Kämpferin für den Frieden als aggressiv und militaristisch abgelehnt wurden. In politischer Hinsicht war Bertha von Suttner jedoch von der Funktionsfähigkeit der zwischenstaatlichen Beziehungen überzeugt.

Schon zu Lebzeiten bewies Bertha von Suttner große Weitsicht. Ihren Analysen und Interpretationen zu den Ursachen der Gewaltpolitik[7], den imperialistischen Interessen der Großmächte Europas und den Möglichkeiten deren Beseitigung werden noch im 21. Jahrhundert Anerkennung und positive Resonanz Rechnung getragen.[8] Wurde die zentrale Persönlichkeit der europäischen Friedensbewegung vor dem Ersten Weltkrieg vor allem von den Mächtigen der Nationen scharf kritisiert[9] und teilweise in chauvinistischer Weise verspottet[10], so gilt Bertha von Suttner in der modernen Friedensforschung[11] wie auch bei Gesinnungsgenossen ihrer Zeit[12] tatsächlich als Leitfigur. So attestierte Stefan Zweig anno 1917 Bertha von Suttner „(…) überzeitlichen Mission (…)“.[13]

Doch welche Auswirkungen hatten die Arbeit und der Einsatz der Verfechterin des Friedens auf ihr Zeitalter? Waren die Bestrebungen während der imperialistisch geprägten Politik der europäischen Großmächte zu Beginn des 20. Jahrhunderts umsetzbar? Kann das Wirken der Pazifistin auch die moderne Sicherheitspolitik bzw. die Leitideen der regionalen, kontinentalen und globalen Sicherheitsorganisationen beeinflussen? Dies gilt es im Folgenden vor dem Hintergrund der zentralen Frage der vorliegenden Ausarbeitung zu klären: sicherheitspolitische Errungenschaften oder nicht zu realisierende Visionen zur Friedensschaffung unter besonderer Berücksichtigung der Konsequenzen für die moderne Friedenspolitik. Sind also die Ideen und friedenspolitischen Visionen der Bertha von Suttner auch für künftige Generationen von Bedeutung? Oder muss das scheinbare Ideal der Gewaltlosigkeit eine Utopie bleiben?

Diese Frage leitet sich aus der Aktualität der Friedensforschung im 21. Jahrhundert ab: Zum 100. Jahrestag der Verleihung des Friedensnobelpreises an Bertha von Suttner wurden 2005 vor allem in Erfurt und Osnabrück[14] neue Erkenntnisse in der Aufarbeitung des Lebens und Wirkens der Pazifistin publiziert und diskutiert. So gilt die Kämpferin für den Frieden nunmehr als entscheidende Persönlichkeit für die Einberufung und Organisation der Haager Friedenskonferenzen anno 1899 resp. 1907, die auf Initiative des russischen Zaren Nikolaus II. tagten.[15] Gleichzeitig hebt die moderne Forschung explizit auf die hoch frequentierte Arbeitsintensität der Pazifistin ab, da die Baronin trotz zahlreicher Rückschläge in ihren Wirken kaum beeinflusst werden konnte und weiter unablässig für eine Völkerverständigung und unmittelbare Abrüstung eintrat.[16] Aufgrund dieser Tatsache stellen sich nach Auffassung der Friedensforscher des 21. Jahrhunderts die pazifistischen Ideen der Bertha von Suttner de facto als Vorbild für den US-amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson – den Initiator des nach den Wirren des Ersten Weltkrieges im Jahre 1919 gegründeten Völkerbundes – und im Weiteren gar der diesem nachfolgenden Sicherheitsorganisationen dar. Daneben wird der besondere Status der Pazifistin als einzige Frau im Rahmen der Ersten Haager Friedenskonferenz – im emanzipatorischen Sinne – und darüber hinaus die herausragende Rolle im Kampf gegen den weit verbreiteten, quasi sozialisierten Antisemitismus[17] an der Schwelle zum 20. Jahrhundert betont.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund erklären einige Friedensforscher[18] Bertha von Suttner zur initiativen Persönlichkeit der modernen regionalen, kontinentalen und globalen Sicherheitsorganisationen.[19] Gleichwohl birgt die Fülle der zugänglichen Literatur Gefahren in der Annäherung an Bertha von Suttners Pazifismus sowie der zentralen Fragestellung der vorliegenden Ausarbeitung. Dies bezieht sich vor allem auf zeitgenössische Publikationen des frühen 20. Jahrhunderts, die in ihren zentralen Aussagen zum Teil erhebliche Divergenzen aufweisen. Die Ursache hierfür liegt im intentionalen wie definitorischen Widerspruch von Imperialismus und Pazifismus[20] begründet. Dennoch ist eine deutliche Abgrenzung der Ziele und Kernthesen der Bertha von Suttner infolge einer klaren und einfachen Sprachgestaltung sowie der bildhaften und von zahlreichen Beispielen durchdrungenen Darstellung der Möglichkeiten der Friedenspolitik[21] unabdingbar. Vor diesem Hintergrund liegen der Ausarbeitung im Speziellen die Werke von Bertha von Suttner zugrunde[22], da aus jenen Publikationen unmittelbar auf die Konsequenzen der Gedankengänge der Pazifistin für die spätere Friedens- und Sicherheitspolitik geschlossen werden kann. Im Weiteren dient eine Rede der Kämpferin für eine friedliche Zukunft[23] der Betonung ihrer herausragenden Position in der pazifistischen Bewegung des frühen 20. Jahrhunderts.

Aufgrund der Komplexität des Genannten wird im Folgenden versucht, die Antwort auf die zentrale Fragestellung der vorliegenden Ausarbeitung über eine Metamorphose von Chronologie und Methodologie zu finden. Zunächst gilt es, die Visionen und Kernthesen der Bertha von Suttner, d.h. ihre Intentionen und Ideen, aber auch Kritiken an ihrer Philosophie, zu verdeutlichen. Anschließend wird die Pazifistin als mögliche Wegbereiterin der Haager Friedenskonferenzen anno 1899 und 1907 sowie der Implementierung des Friedensnobelpreises. Schließlich soll geklärt werden ob und in welcher Form auch die modernen Sicherheits-organisationen und die diplomatische Weltpolitik von den Ideen und Zielen der Bertha von Suttner beeinflusst wurden.

2. Visionen und Kernthesen der Bertha von Suttner

2.1 Wurzeln und Herkunft ihrer Ideen und Ziele –
Charakteristika der Gewaltlosigkeit

Die Thesen und Ziele der Bertha von Suttner basieren de facto auf den zentralen Intentionen der pazifistischen Bewegung des ausklingenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts. So könnten Kriege verhindert werden, indem die Staaten Europas in periodischen Friedenskonferenzen diskutieren würden und in Bezug auf die Beziehungen untereinander und anhand gemeinsamer Interessen gegenüber Konsensfindungen positiv eingestellt wären. Weiterhin könnte jedwede Art von Konflikten durch Entscheidungen und anerkannte Weisungen von noch zu implementierenden internationalen Schiedsgerichten beigelegt werden.[24] Auf diese Weise sei folglich eine konsequente Abrüstung und die Senkung der staatlichen Militärbudgets zum Wohle der zivilen Bevölkerung und zur Aufrechterhaltung des Friedens jederzeit möglich und daher unabdingbare Voraussetzung für die Umsetzung der Ziele des Pazifismus.

Bertha von Suttner setzte sich also maßgeblich für die Abschwächung der Entwicklung, der massenhaften Produktion und dem Einsatz von Waffen jeder Art, um diese im Sinne nationaler Ziele gegen einen weiteren souveränen Staat anzuwenden, ein.[25] Die Verfechterin des Friedens warnte vor einer unverhältnismäßigen Steigerung der Vernichtungspotentiale der Waffentechnologien durch Innovation sowie die Ausweitung von deren Produktion durch die Industrie.[26] Freilich galt diese Maxime in der Politik der führenden Vertreter der europäischen Großmächte im Zeitalter des Imperialismus als abwegig und nicht realisierbar; das Fundament jener Kontroverse bildete der intentionale Widerspruch des staatlichen, pseudo-pazifistischen, aber gleichwohl quasi-imperialistischen „Si vis pacem, para bellum“[27] gegenüber der scheinbar illusorischen „Si vis pacem, para pacem“.[28]

En Detail kündigte die Theorie der Bertha von Suttner die menschliche Vollkommenheit infolge eines stetigen, gesetzmäßigen und sittenhaften Prozesses an, aufgrund dessen die Gesamtheit der Menschen als Endziel jener anti-zyklischen Entwicklung das so genannte „Edelmenschentum“[29] erwarte. In dieser Dimension sollten sich schließlich privates Glück, soziale wie politische Gerechtigkeit, Vernunft und Frieden als wesentliche Merkmale des menschlichen Zusammenlebens veräußern. Die Problematik jener Auffassung blieb jedoch selbst den loyalen Anhängern der Bertha von Suttner nicht verborgen: handelt es sich in der Formulierung dessen tatsächlich um eine jemals in die Praxis umsetzbare Theorie oder erscheint die Idee der Pazifistin als Weiterführung utopischer Hypothesen[30] in der Tradition der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Visionären, wie etwa Thomas Morus, Tommaso Campanella oder Francis Bacon.[31]

[...]


[1] Zit. Rittberger, V.: Die Vision vom Frieden. Bertha von Suttners Erbe für die Friedensforschung heute – Rede zum 100. Jahrestag der Verleihung des Friedensnobelpreises an Bertha von Suttner. In: Deutsche Stiftung Friedensforschung 2001 bis 2006. 100 Jahre Friedensnobelpreis – Bertha von Suttner. Deutsche Stiftung Friedensforschung – Osnabrück 2006, S. 32.

[2] Zit. ebd.

[3] Für Lebensdaten und eine Zusammenfassung des Wirkens der Bertha von Suttner s. Kap. 5: „Biographischer Anhang“. Für weitere Studien zum Leben der Pazifistin vgl. Wintersteiner, M.: Die Baronin Bertha von Suttner. Erzählende Biographie. Mühlacker u.a. 1984. Vgl. auch Key, E: Florence Nightingale und Bertha von Suttner. Zwei Frauen im Krieg wider den Krieg. Zürich 1919.

[4] Bertha von Suttner kann durchaus als Gegner des Deutschen Kaisers und den Heeresleitungen der Großmächte Europas stilisiert werden. Neben ihrem Wirken zur Implementierung einer dauerhaften, von allen Seiten anerkannten und zweckorientierten Völkerverständigung und ihrer Kritik an der Massenproduktion zu Rüstungszwecken äußerte sich ihr Einfluss vor allem im Zuge der Organisation der Haager Friedenskonferenzen – wenngleich diese wenig erfolgreich waren – sowie der engen Verbindung zu Alfred Nobel. S. dazu Kap. 3.2: „Der Friedensnobelpreis“. S. auch Kap. 3.1: „Die Haager Friedenskonferenzen anno 1899 und 1907 – Das Scheitern der Völkerverständigung in kurzfristiger Perspektive“. Zu der oppositionellen Haltung der Bertha von Suttner gegenüber der Rüstungsindustrie vgl. insb. Suttner, B. von: Rüstung und Ueberrüstung. Berlin 1909.

[5] S. Kap. 3.2: „Der Friedensnobelpreis“.

[6] S. Abb. 1: „Bündnisse und Konfrontationen im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts“.

[7] Vgl. Suttner: Rüstung und Ueberrüstung.

[8] S. dazu Kap. 3.3: „Langfristige Erfolge – Bertha von Suttner als Vorbild für moderne Organisationen und die globale Sicherheitspolitik“.

[9] S. Holl, K.: Bertha von Suttner. Der Kampf einer Frau gegen den Krieg. In: Deutsche Stiftung Friedensforschung 2001 bis 2006. 100 Jahre Friedensnobelpreis – Bertha von Suttner. Deutsche Stiftung Friedensforschung – Osnabrück 2006, S. 41.

[10] S. Abb. 2: „Die Friedens-Bertha. Karikatur aus der ,Lustigen Woche’“.

[11] Vgl. etwa Oldfield, S.: Frauen gegen den Krieg. Alternativen zum Militarismus 1900-1990. Aus dem Englischen von Heidi Fehlhaber. Frankfurt/Main 1992. S. auch Anm. 9.

[12] S. Rittberger, S. 32.

[13] Zit. nach ebd.

[14] Vgl. Rittberger, vgl. Holl.

[15] S. Kap. 3.1: „Die Haager Friedenskonferenzen anno 1899 und 1907 – Das Scheitern der Völkerverständigung in kurzfristiger Perspektive“.

[16] S. Kap. 2.2: „Adressaten des Suttnerschen Pazifismus und zeitgenössische Kritik der Mächtigen Europas“. S. auch Kap. 5: „Biographischer Anhang“.

[17] S. Kap. 2.2: „Adressaten des Suttnerschen Pazifismus und zeitgenössische Kritik der Mächtigen Europas“.

[18] Vgl. Kleberger, I.: Bertha von Suttner. Die Vision vom Frieden. Berlin, München 1985. Vgl. auch Oldfield.

[19] S. Kap. 3.3: „Langfristige Erfolge – Bertha von Suttner als Vorbild für moderne Organisationen und die globale Sicherheitspolitik“.

[20] Der Begriff Pazifismus leitet sich vom lateinischen pax für Frieden ab. Er entstand im Zuge der Französischen Revolution und den frühen Emanzipationstendenzen im europäischen Raum am Ende des 18. Jahrhunderts. Im frühen 20. Jahrhundert verstanden Politiker und Wissenschaftler unter Pazifismus die Umsetzungsversuche einer gewaltarmen und friedliebenden multilateralen Politik, deren Ziele seit dem Wiener Kongress anno 1815 explizit die Implementierung eines internationalen Völkerrechtes bedeuteten.

In Publikationen der Neueren Geschichte findet der Begriff Imperialismus erstmals im Zeitalter der französischen Hegemonialbestrebungen unter Napoléon Bonaparte eine wissenschaftliche Anwendung. Das Streben nach statuierter Großmacht führte im frühen 20. Jahrhundert zur Urkatastrophe desselben – dem Ersten Weltkrieg. Fundamentale Faktoren des Imperialismus sind Kolonialisierung, gesteigerte Rüstung bzw. die Umverteilung der industriellen Produktion zugunsten der Kriegswirtschaft, die Ausweitung von Bündnissystemen mit Rückversicherungscharakteristika und eine allgemein aggressive Außenpolitik.

[21] Vgl. Suttner: Rüstung und Ueberrüstung.

[22] Vgl. Suttner, B. v.: Die Waffen nieder. Eine Lebensgeschichte. Dresden u.a. 1914. Dies.: Rüstung und Ueberrüstung. Berlin 1909. Dies.: Memoiren. Leipzig, Stuttgart 1909.

[23] S. Kleberger, S. 199-204.

[24] S. Rittberger, S. 33.

[25] S. Suttner: Rüstung und Ueberrüstung, S. 14f.

[26] S. Rittberger, S. 33.

[27] Zit. ebd., S. 32.

[28] Zit. ebd. S. dazu auch Kap 1.: „Einleitung“.

[29] S. Holl, S. 43f.

[30] Die Bedeutung utopischer Theorien für den Realismus sind in den Werken von Morus, Campanella und Bacon entscheidend, da Hypothesen oder Visionen zur Verbesserung staatlicher Gefüge oder der Menschheit an sich einzig über die Kenntnis der Realität und ihren Problemen entstehen können. Vor dem Hintergrund der anthropologischen Soziologie vgl. dazu. Heinisch, K. J.: Zum Verständnis der Werke. In: Ders.: Der utopische Staat. Morus – Utopia, Campanella – Sonnenstaat, Bacon – Neu-Atlantis. Übersetzt und mit einem Essay <Zum Verständnis der Werke>, Bibliographie und Kommentar. Reinbek bei Hamburg 2005, S. 216-265. Vgl. auch Nozick, R.: Anarchie, Staat, Utopia. Aus dem Amerikanischen übertragen von H. Vetter. München 2006.

[31] Thomas Morus veröffentlichte anno 1516 das Werk „Utopia“. In ähnlicher Tradition der Utopie eines gerechten, weil klar strukturierten Staates standen auch Tommaso Campanellas „Die Sonnenstadt“ des Jahres 1602 oder die 1624 von Francis Bacon publizierte Staatstheorie der „Neu-Atlantis“. Vgl. hier Morus, T.: Utopia. Nachdruck der Ausgabe Berlin 1922. Darmstadt 1973. Vgl. Campanella, T.: Die Sonnenstadt. Ein poetischer Dialog. München 1988. Vgl. Bacon, F.: Neu-Atlantis. Reclam Universalbibliothek Nr. 6645, Stuttgart 2003. Vgl. auch Ahrbeck, R.: Morus, Campanella, Bacon. Frühe Utopisten. Köln/Leipzig 1977.

Morus, Campanella und Bacon entwarfen in ihren Werken staatliche Gefüge, die auf den Idealen des Gemeinwohles, Solidarität sowie gemeinnützige Arbeit und den Wissenschaften als unabdingbare Voraussetzungen für die Funktionalität moderner Staaten basierten. Während Campanella die Astrologie, die Fortpflanzung und vor allem die allgegenwärtige Weiterbildung des Geistes besonders schätzte, versuchte der Humanist und enge Vertraute des Erasmus von Rotterdam die menschlichen Tugenden des friedvollen Zusammenlebens, der Wertschätzung der Hände Arbeit und die Prinzipien des Katholizismus in seinem utopischen Staat zu transferieren. Da Bacons Neu-Atlantis unvollendet und daher einzig als Fragment zugänglich ist, bleibt bei dem Engländer die sozialstrukturelle und anthropologische Konstruktion der Gesellschaft offen. Aber gleichwohl wird seine Intention – die Wissenschaften und innovative Technisierung als Mittel der (geistigen) Überlegenheit – in der erhaltenen Fassung unverkennbar. Obwohl die betrachteten Utopisten divergente Ansätze in der Beschreibung des besten Staates der frühen Neuzeit – nicht zuletzt aufgrund ihrer höchst unterschiedlichen biographischen Voraussetzungen – haben, stellen sich ihre Werke dennoch als sozialkritische Analysen der im 16. und 17. Jahrhundert vorherrschenden staatlichen Konstrukte dar. Aufgrund dieser Tatsache werden die genannten Publikationen vor allem in der Soziologie häufig als Symbole der utopischen Theorie oder als Charakteristika der theoretischen Utopie definiert. S. dazu insb. Heinisch, S. 249-257.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Der Pazifismus der Bertha von Suttner
Untertitel
Quellen, Herkunft und Charakteristika ihrer Friedenspolitik
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg  (Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Christliche Sozialethik I. Gewalt – verabscheut, verherrlicht, verantwortet?
Note
3,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
25
Katalognummer
V122784
ISBN (eBook)
9783640272907
ISBN (Buch)
9783640273157
Dateigröße
1226 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pazifismus, Bertha, Suttner, Christliche, Sozialethik, Gewalt
Arbeit zitieren
Holger Skorupa (Autor:in), 2008, Der Pazifismus der Bertha von Suttner , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122784

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