Entwicklungspolitik mit Zukunft

Lösungsvorschläge für globale Gerechtigkeit


Seminararbeit, 2008

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Reform der Welthandelsordnung

3. Angemessener Schutz von geistigem Eigentum

4. Bessere Nutzung natürlicher Ressourcen

5. Strategie gegen die globale Erwärmung

6. Zähmung der multinationalen Konzerne

7. Entschuldung der Entwicklungsländer

8. Neues System der Weltwährungsreserven

9. Demokratisierung internationaler Institutionen

10. Schlussfolgerungen

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Die Globalisierung in ihrer heutigen Form ist keine Erfolgsgeschichte. Sie hat das Schick­sal der meisten Armen in der Welt nicht gelindert. Sie ist ökologisch bedenklich. Sie hat die Weltwirtschaft nicht stabilisiert. Und bei der marktwirtschaftlichen Transformation der Zentralverwaltungswirtschaften wurden so viele Fehler gemacht, dass, mit Ausnahme von China, Vietnam und einigen osteuropäischen Ländern, die Armut sprunghaft anstieg und die Einkommen stark zurückgingen.“ (STIGLITZ 2002, S. 280)

Dieses Zitat stammt nicht etwa von einer globalisierungskritischen NGO, sondern vom einem der profiliertesten Wirtschaftswissenschaftler der Gegenwart, dem ehemali­gen Chefökonomen der Weltbank und Nobelpreisträger Joseph STIGLITZ. In seinem 2002 erschienen Werk „Die Schatten der Globalisierung“ zeigt er auf, dass Neoliberalismus und die freie Marktwirtschaft besonders für Entwicklungsländer große Nachteile mit sich gebracht haben.

STIGLITZ schreibt weiter: „Manche sehen einen einfachen Ausweg: Sie wollen die Globali­sierung begraben. Doch das ist weder machbar noch wünschenswert. Denn die Globali­sierung hat auch segensreiche Wirkungen entfaltet.“ Er führt hier den wirtschaftlichen Er­folg Ostasiens, die bessere Gesundheitsversorgung und die „aktive globale Zivil­ge­sell­schaft, die für mehr Demokratie und größere soziale Gerechtigkeit kämpft“ an. Und weiter: „Nicht die Globalisierung ist das Problem, sondern die Art und Weise, wie sie umgesetzt wurde.“

STIGLITZ bestätigt, dass in der globalen Finanz- und Wirtschaftspolitik viele Fehler ge­macht wurden und noch immer gemacht werden. Doch nun gilt es, die Lehren daraus zu ziehen, und Mittel und Wege zu finden, um die negativen Aspekte der Globalisierung zu minimieren. Eine andere Welt ist möglich – ein Umdenken bringt nicht nur den Entwick­lungs-, sondern auch den Industrieländern etwas. Das Ziel dieser Arbeit ist es, eine sol­che Entwicklungspolitik mit Zukunft zu skizzieren, indem die einzelnen Lösungsansätze und Strategien für globale Gerechtigkeit aufgezeigt werden. Damit soll ein Überblick über die Handlungsmöglichkeiten in der internationalen Finanz- und Wirtschaftspolitik ge­schaffen werden.

Zunächst stellt sich aber die grundlegende Frage: Was ist überhaupt Entwicklung? Was bedeutet Entwicklungspolitik? Es gibt viele Versuche, diese Begriffe zu definieren: So schreib MIKUS 1994: „Entwicklung wird unter allgemeinen Gesichtspunkten als Fort­schritt eines Prozesses ver­standen, bei dem kulturelle, soziale, politische, ökonomische und technische Kriterien berücksichtigt werden.“

„Was unter Entwicklung zu verstehen ist, macht einen guten Teil der Entwicklungs­proble­matik selbst aus. Der Begriff ist weder vorgegeben noch allgemein definierbar, noch wert­neutral, sondern abhängig von Raum und Zeit sowie insbesondere von individuellen und kollektiven Wertvorstellungen.“ (NOHLEN, 2002)

„Entwicklung bedeutet nicht im Passiv Entwickelt-Werden, ... sondern im Aktiv Sich-Ent­wickeln durch das Auswickeln der eigenen Fähigkeiten, je besondere Problemlagen zu meistern.“ (NUSCHELER, 2004)

Allein diese drei Definitionsversuche zeigen die Schwierigkeit, den Begriff Entwicklung zu erklären. Das grundlegende Problem besteht darin, dass jede Entwicklung eine bestimm­te Richtung braucht, welche aber nicht immer klar definiert ist. Derzeit herrscht vor allem in westlichen Ländern die Meinung vor, dass eine positive Entwicklung mit einer Moderni­sierung nach europäischem und US-amerikanischem Vorbild gleichzusetzen ist.

Im Jahr 2000 haben sich 189 Nationen beim UN-Gipfel auf die Millenium Development Goals geeinigt: Menschliche Entwicklung (Abnahme von weltweiter Armut, Verbesserung der Gesundheit, Förderung von Menschenrechten, etc.) soll anstelle von ökonomischem Wachstum in den Vordergrund treten. Diese Ziele, die sehr detailliert ausformuliert wur­den und bis 2015 erreicht werden sollen, spielen eine zentrale Rolle in der internatio­na­len Entwicklungspolitik.

Doch es gibt viele Kritikpunkte: Die Millenium Development Goals gelten als Agenda von „oben“, die größtenteils von den reichen Ländern des Westens mitbestimmt ist. Partizipa­torische Ansätze treten in den Hintergrund. Zudem ist es ungeklärt, wie die Fortschritte und Maßnahmen überprüft werden, und auch der kurzfristige Zeithorizont widerspricht sich mit der Perspektive der Nachhaltigkeit.

Vielen gehen die Millenium-Ziele auch nicht weit genug: Entwicklungsprioritäten, wie Ver­sorgung mit reproduktiven Gütern u. institutionelle Reformen der Weltpolitik, werden bei­spielsweise gar nicht berücksichtigt. (ZIMMERMANN, 2008)

Somit ist klar, dass eine Entwicklungspolitik mit Zukunft mehr braucht als diese Mille­nium Development Goals. Entwicklung braucht eine klare Richtung. In vielen Entwick­lungsländern haben Marktöffnung, Abbau von Handelshemmnissen und Privatisierungen nicht zu einer Verbesserung, sondern in vielen Fällen zu einer Verschlechterung der Situa­tion geführt. Die Richtung muss also korrigiert werden, weg vom Neoliberalismus, hin zu einer neuen Form der Globalisierung, die die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Benachteiligungen der Entwicklungsländer beseitigt. Das ist nur jedoch nur dann möglich, wenn reiche und arme Staaten gemeinsam an einem Strang ziehen. (STIGLITZ, 2006)

Die Millenium Development Goals der vereinten Nationen waren ein erster Schritt in die richtige Richtung. Jetzt ist es an der Zeit, diesen Weg zielstrebig weiterzugehen, um die globalen Ungerechtigkeiten abzubauen und allen Ländern die Chance zu geben, von der Globalisierung zu profitieren. Denn eine Entwicklungspolitik mit Zukunft bringt nicht nur den Entwicklungsländern etwas, sondern auch die Industrieländer werden auf lange Sicht davon profitieren. Eine Reform der Weltwirtschaft ist sowieso unausweichlich, aber je frü­her gehandelt wird, desto früher werden die Vorteile für alle sichtbar (STIGLITZ, 2006). Im Folgenden werden nun Vorschläge gebracht, wie eine solche Entwicklungspolitik mit Zu­kunft aussehen kann. Ein Großteil stammt – wenn nicht anders gekennzeichnet – aus dem umfassendsten Werk zu diesem Thema – STIGLITZ (2006): Die Chancen der Globa­lisierung. Viele andere Autoren bringen sehr ähnliche Vorschläge und bestätigen dadurch STIGLITZ. Sie werden daher nur dann zitiert, wenn ihre Ideen darüber hinaus gehen.

2. Reform der Welthandelsordnung

„Auch wenn es schwierig sein mag, eine faire Welthandelsordnung zu definieren, steht doch fest, dass die gegenwärtigen Regelungen nicht fair sind“ (STIGLITZ, 2006). Er ist der Meinung, dass sich das Welthandelsregime so gestalten lässt, dass es gleich­zei­tig den ärmsten Ländern zugute kommt und den Interessen der Industrie­län­der gerecht wird.

Dazu macht STIGLITZ folgende Vorschläge:

- Entwicklungsländer sollen eine besondere und differenzierte Behandlung erfahren. Derzeit gewähren Industrieländer Importgütern aus Entwicklungsländern freiwillig nie­drigere Zölle. In der Regel werden jedoch dafür Gegenleistungen erwartet. STIGLITZ fordert, dass die Wohlstandsländer den ärmeren Ländern einfach ihren Markt öffnen sollen, ohne wirtschaftliche oder politische Auflagen daran zu knüpfen.
- Auch die Entwicklungsagenda der Entwicklungsländer soll erweitert werden. Sie sollen verstärkt die Möglichkeit erhalten, aus eigener Kraft zu wachsen. Dafür müssen Sub­ventionen für den Aufbau neuer Industrien erlaubt werden.
- Die hohe Subventionierung der Landwirtschaft in den Industrieländern stellt eines der größten Probleme dar: Dadurch können Produkte aus Entwicklungsländern preislich nicht mithalten. Nur wenn die Wohlstandsländer ihre Agrarausgaben auf Staatskosten senken, bekommen auch die armen Nationen eine Chance, auf dem Weltmarkt zu re­üssieren.
- Ebenso müssen die Zollsysteme so gestaltet werden, dass sie die Entwicklung för­dern: Derzeit werden Produkte, je stärker verarbeitet, desto höher verzollt. Durch eine Abschaffung der Zollabstufung hätten Entwicklungsländer verstärkt die Möglichkeit, selbst ihre Produkte weiterzuverarbeiten, und so die Wertschöpfung im Land zu behalten.
- Zudem scheint eine Liberalisierung der Arbeitskräftebewegungen sinnvoll. Ein Abbau von Beschränkungen in diesem Bereich käme den Entwicklungsländern zu Gute, da Arbeitskräfte, die in den Industrieländern beschäftigt sind, einen Teil ihres Einkom­mens zurück in ihre Heimatländer überweisen.
- Neben dem Abbau von Zöllen sollen auch die nichttarifären Handelshemmnisse für die Entwicklungsländer beseitigt werden. Industrieländer setzen Schutz- und Anti­dumpingzölle oft missbräuchlich ein. Sie schützen damit ihre eigenen Industrien, zum Nachteil der Entwicklungsländer. Hier wird ein einheitlicher Maßstab für unfaire Han­delspraktiken nötig sein. STIGLITZ fordert dafür ein System internationaler Gerichts­höfe. Auch die Ursprungsregeln, die derzeit komplizierten Berechnungen und willkürli­chen Regeln unterliegen, sollen vereinheitlicht werden.
- Ein weiterer Punkt ist die Verhinderung bilateraler Handelsabkommen, die oft eine handelsablenkende Wirkung erzeugen, zugunsten einer multilateralen Wirtschaft.
- Auch institutionelle Reformen sind unumgänglich: Defizite im internationalen Ord­nungsregime tragen die Hauptschuld an den Misserfolgen der Globalisierung. Egal, ob es darum geht, wie Entscheidungen getroffen werden, was in der Tagesordnung steht, wie Streitigkeiten beigelegt werden oder wie Regelungen letztlich durchgesetzt wer­den: Die Politikgestaltung auf internationaler Ebene braucht klare Richtlinien, um eine faire Welthandelsordnung zu gewährleisten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Entwicklungspolitik mit Zukunft
Untertitel
Lösungsvorschläge für globale Gerechtigkeit
Hochschule
Technische Universität Graz
Veranstaltung
Seminar "Ökonomie der Entwicklungsländer"
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
18
Katalognummer
V122841
ISBN (eBook)
9783640269921
ISBN (Buch)
9783640268559
Dateigröße
452 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
"Hervorragende Arbeit, sehr gut dargestellt und ausgeführt, sehr guter Literaturvergleich."
Schlagworte
Entwicklungspolitik, Zukunft, Entwicklungsländer, Globalisierung, Weltwirtschaft
Arbeit zitieren
Christian Kozina (Autor:in), 2008, Entwicklungspolitik mit Zukunft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122841

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