Max Ernsts „Au Rendez-vous des Amis“ (1922): Ein präsurrealistisches Gruppen- und Freundschaftsbild


Hausarbeit, 2005

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was zu sehen ist: Die Beschreibung von „Au Rendez-vous des Amis

3. Von 1 wie Crevel bis 17 wie Desnos: Die Personen in „Au Rendez-vou des Amis“

04. Zwischen Zitat und Adaption: Die Struktur von „Au Rendez-vous des Amis“ als gemalte Collage

05. Vom Dadaismus zum Surrealismus: Die programmatische Aussage von „Au Rendez-vous des Amis“

Literatur

Max Ernst, „Au Rendez-vous des Amis“,1922, Öl auf Leinwand, 130x193 cm, Köln, Museum Ludwig

1. Einleitung

Diese Arbeit wird sich mit dem Bild „Au Rendez-vous des Amis“ von Max Ernsts aus dem Jahr 1922 unter folgenden Gesichtspunkten befassen:

Das Werk, welches mit 130 x 193 cm damals Ernsts bis dahin Größtes ist, zählt zu den gemalten Collagen und zeigt inhaltlich die programmatische Konstituierung der Gruppe der Surrealisten um André Breton. Diese Gruppe wird im Jahr 1924 durch die surrealistischen Manifeste ins Leben gerufen. Die Surrealisten gingen aus der Pariser Dada-Bewegung hervor. In diesem Zusammenhang stellt Ernsts Werk durch die Auswahl der dargestellten Personen ein präsurrealistisches Gruppen- und Freundschaftsbild – in der Übergangsphase vom Dadaismus zum Surrealismus – dar.

Demzufolge werde ich nach einer anfänglichen Bildbeschreibung das Werk hinsichtlich seiner Struktur als gemalte Collage und in seiner programmatischen Aussage für die sich konstituierende surrealistische Bewegung näher untersuchen.

Zunächst jedoch zu der Person Max Ernsts und seiner Verbindung zur Pariser Avantgarde: Ernst wurde 1891 in Brühl bei Köln geboren. Von 1909 – 1914 studierte er unter anderem Philosophie, Psychologie und Kunstgeschichte an der Universität Bonn. Aus seinem Studium erklärt sich der reichhaltige Fundus klassischer Motive in seinen Bildern, auf deren abstrakte Brechung ich im weiteren Verlauf noch eingehen werde. Die wohl prägenste Zäsur seines Lebens war die Teilnahme am ersten Weltkrieg über dessen gesamte Länge. Er selbst schrieb: „Max Ernst starb am 1. August 1914. Er kehrte ins Leben zurück am 11.November 1918 als junger Mann, der ein Magier werden und den Mythos seiner Zeit finden wollte.[1]

1919 gründet Ernst gemeinsam mit Hans Arp und Johannes Theodor Baargeld die Kölner Dada–ZentraleW 3 ’ In der Folgezeit entwickelt Ernst die Collagetechnik und nimmt Kontakt zu der Pariser Avantgarde auf, zunächst zu Tristan Tzara und später 1920 auch André Breton. Im gleichen Jahr formiert sich eine Pariser Dada - Bewegung um André Breton, Louis Aragon und Tristan Tzara entsteht, dabei gilt die Zeitschrift „Dada 6 (Bulletin Dada)[2] Tristan Tzaras als das erste Pariser Dada–Zeitschrift. Im Mai 1920 erscheinen in der Zeitschrift „Littérature[3]Manifestes Dada[4], zeitgleich gibt es dazu das „Festival Dada[5] in der Salle Gaveau. Im Oktober des gleichen Jahres entstehen in Zusammenarbeit von Max Ernst und Hans Arp die ersten „Fatagaga-Collagen[6]. 1921 hat Max Ernst seine erste Ausstellung in Paris, in der Buchhandlung „Au Sans Pareil[7]. Paul Éluard illustriert seinen Gedichtsband „Répétitions[8] mit Collagen von Max Ernst. Nach einem gemeinsamen Aufenthalt Eluard und Ernsts in Tirol bricht Max Ernst im August 1922 mit dem Pass Eluards nach Paris auf und zieht bei den Eluards in Saint-Brice ein. In diesem Jahr entsteht „Au Rendez-vous des Amis“ und wird 1923 auf dem „Salon des Indépendants[9] ausgestellt.

2. Was zu sehen ist: Die Beschreibung von „ Au Rendez-vous des Amis “

Das Bild ist klassisch in Vorder-, Mittel- und Hintergrund gegliedert. Der Hintergrund wird durch einen nachtschwarzen Himmel gebildet, vor dem sich ein schroff gezacktes, in kalten Türkistönen gehaltenes Gebirgsmassiv befindet. Auf eben jenem Himmel leuchtet in der Mitte eine aus konzentrischen Kreisen und weiteren Kreissegmenten komponierte Erscheinung. Der Berg erinnert mit seinem Doppelgipfel in Gestalt und Struktur an einen Eisberg. Im Mittelgrund – am äußeren linken Rand des Bildes – erkennt der Betrachter eine eigenartige, auf bewegten Wasserkaskaden ruhende, hüttenähnliche Struktur, auf deren bühnenhafter Innenarchitektur mehrere, an Marionetten erinnernde, Figuren miteinander agieren.

Den dominanten Vordergrund bildet eine Anzahl von Personen zu zwei Reihen mit annähernd gleicher Kopfhöhe, von denen siebzehn eine Nummer zugeordnet ist. Vom Zentrum nach links hin sieht der Betrachter eine in der Luft, beziehungsweise einander auf dem Schoß, sitzende Gruppe von fünf Männern; links daneben ein einzelner Mann, in einer Haltung als spiele er auf einem unsichtbaren Klavier. Dahinter formiert sich eine nach oben hin – anders als es das abschüssige Gelände zuließe – gestaffelte Menschenansammlung, von denen die fünf ersten sehr detailliert dargestellt sind. Im Gegensatz dazu finden sich auf der rechten Seite des Werks insgesamt nur sechs Personen von denen zwei – rechts von außerhalb des Bildes – mit weit ausholenden Schritten heran eilen. Das linke Bein des Ersten der Beiden scheint seltsamer Weise über zwei Füße, die in entgegengesetzte Richtung zeigen, zu verfügen. Hinter diesen sieht man zunächst am auffälligsten einen Mann, in tänzelnder Bewegung und mit einem roten Umhang versehen; links unmittelbar hinter ihm ein weiterer Mann, der einen Lorbeerkranz um die Hüften trägt. Zu dessen Rechten ein weiterer Mann, der in einer Säule endet und im Unterschied zum Anzug tragenden Rest in ein antikes Gewand gekleidet ist, wiederum rechts von ihm die einzige Frau, die über die Schulter den Betrachter anzuschauen scheint. Zumindest die siebzehn Vorderen scheinen über seltsame Handzeichen zu kommunizieren, bei Dreien aus der Sitzgruppe zeigen sich sogar identische Hand- und Fingerhaltungen. Das Inkarnat erscheint bei den meisten Personen dieser Gruppe geisterhaft grau, während einige einen natürlicheren Farbton zeigen. Das ganze findet auf einem braunen Hochplateau statt, welches sich nicht zu dem bereits beschriebenen Berg im Hintergrund fortzusetzen scheint.

Neben diesen Personen zeigen sich auf dem Plateau auf der linken Seite des Bildes ein Messer und ein kompliziert geteilter Apfel. Beides ruht fast schwebend auf einer seltsamen – nicht näher identifizierbaren – pentagonischen Unterlage. Außerdem befindet sich jeweils unten am rechten und linken Rand des Bildes eine Schrifttafel, die einer Nummer – die dreizehn der dargestellten Personen zugeordnet ist – den jeweiligen Namen zuordnet.[10]

3. Von 1 wie Crevel bis 17 wie Desnos: Die Personen in „Au Rendez-vou des Amis“

Max Ernst hat wie oben bereits erwähnt siebzehn Personen mit einer Nummer versehen und den dazu gehörigen Namen auf die zwei Tafeln geschrieben. Im folgenden sollen in diesem Kapitel die dargestellten Personen in der von Ernst vorgegebenen Reihenfolge näher beschrieben werden, sowohl in ihrer bildnerischen Ausgestaltung, als auch in ihrer Bedeutung hinsichtlich der Pariser Literaten- und Künstlergruppe:

[...]


[1] Ernst, M.: zit. nach Schneede, U.M.: Max Ernst; Dada in Köln; Stuttgart, 1972; Seite16.

[2]Dada 6 “: Im Februar 1920, in erschienene Zeitschrift von Tristan Tzara. Die auch unter Bezeichnung „Bulletin Dada“ bekannte Zeitschrift gilt als die erste in Paris herausgegebene Dada-Zeitschrift.

[3]Littérature “: Zeitschrift, in der Texte der literarischen Pariser Avantgarde publiziert wurden. Erstmals publiziert im März 1919 durch Louis Aragon, André Breton und Philippe Soupault. Die erste Serie wird in der Buchhandlung „Au Sans Pareil“ verlegt. Von Oktober bis Dezember 1919 veröffentlichen Soupault und Breton, in drei Fortsetzungen „Les champs magnétiques“ - die ersten Texte in automatischer Schreibweise - in Littérature.

[4]Manifestes Dada “: Abgedruckt in Littérature 23 im Mai 1920.

[5]Festival Dada “: Parallel zu den in Littérature 23 erschienenen Manifestes Dada von den Pariser Dadaisten organisiertes Festival in der Salle Gaveau. Den Höhepunkt der Pariser Dada-Veranstaltungen stellt dabei die Ausstellung Georges Ribemont-Dessaignes’ bei Au Sans Pareil dar.

[6]Fatagaga-Collagen “: Von Max Ernst und Hans Arp ab Oktober 1920 hergestellte Collagen. Ernst fertigt dabei die Collagen während Arp die Titel beisteuert.

[7]Au Sans Pareil “: Buchhandlung, eröffnet im Mai 1919 von René Hilsum, einem Schulfreund André Bretons. Treffpunkt der Pariser Avanrgarde um André Breton. Ausstellungsort unter anderem für Max Ernst, Francis Picabia und Georges Ribemont-Dessaignes. Bei Au Sans Pareil wurde die erste Serie von Littérature verlegt.

[8]Répétition “: siehe Text

[9]Salon des Indépendants “: Bedeutende Ausstellung, für den sich konstituierenden Surrealismus, der Gruppe um André Breton im Juli 1923.

[10] Vgl. Bauer, G.: Max Ernsts Gemälde „Au Rendez-vous des Amis“ in: Wallraff-Richartz-Jahrbuch; Bd.45; Köln 1984; Seite 231 f.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Max Ernsts „Au Rendez-vous des Amis“ (1922): Ein präsurrealistisches Gruppen- und Freundschaftsbild
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Institut für Kunstgeschichte)
Veranstaltung
Das Frühwerk Max Ernsts und die Anfänge des Surrealismus
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
15
Katalognummer
V123147
ISBN (eBook)
9783640288199
Dateigröße
457 KB
Sprache
Deutsch
Arbeit zitieren
Magister Artium Philipp Blum (Autor:in), 2005, Max Ernsts „Au Rendez-vous des Amis“ (1922): Ein präsurrealistisches Gruppen- und Freundschaftsbild, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123147

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Max Ernsts „Au Rendez-vous des Amis“ (1922): Ein präsurrealistisches Gruppen- und Freundschaftsbild



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden