Seit dem Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 1995 stellt sich für Österreich immer dringlicher die Frage, ob im Rahmen der Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der völkerrechtliche Status einer immerwährenden Neutralität in Zukunft beibehalten werden soll, oder ob es aus Gründen der europäischen Integration, der internationalen Solidarität und/oder der allgemeinen Gewährleistung der staatlichen Sicherheit geboten wäre, ein neues sicherheitspolitisches Konzept zu entwickeln, in welcher die Neutralität keine Rolle mehr spielt. Das Modell einer „integrierten Sicherheit“ innerhalb der Europäischen Union stellt eine Option dar, deren mögliche Implikationen, wie beispielsweise die gegenseitige Beistandspflicht, eine Abkehr von der Neutralität nahe zu legen scheinen. Kritiker der gegenwärtigen Sicherheitspolitik sehen diese Option neben einer NATO-Mitgliedschaft als Möglichkeit an, die Sicherheit des Landes zu gewährleisten und sprechen der Neutralität dieses Potential ab. Ein integriertes und umfassendes Sicherheits- und Verteidigungssystem könne hingegen diesen Schutz gewährleisten.
Daher scheint die These gerechtfertigt, dass Österreich mittel- bis langfristig seine Neutralität zugunsten einer anderen sicherheitspolitischen Konzeption, insbesondere der Entwicklung einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, aufgeben wird. Um dies zu argumentieren, soll in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass sich der völkerrechtliche Status der immerwährenden Neutralität zunehmend in einem Spannungsverhältnis mit der fortschreitenden Entwicklung des Konzepts der „integrierten Sicherheit“ befindet, das letztlich eine Abkehr von der Neutralität, nach deren konsekutiven Reduzierung, bedeuten könnte. Vor allem der „Vertrag von Amsterdam“ der Europäischen Union aus dem Jahr 1997 stellte mit der Aufnahme der so genannten „Petersberg-Aufgaben“ in den Vertragstext eine besondere Herausforderung für die Neudefinition der österreichischen Neutralität dar, weshalb in der Arbeit dessen Implikationen genauer untersucht werden sollen. Des Weiteren wird auf die Debatte um eine mögliche militärische Beistandspflicht und deren Konsequenzen für die österreichische Neutralität eingegangen, die anlässlich der Verhandlungen zum Abschluss eines Verfassungsvertrages der Europäischen Union geführt wurden und weiterhin geführt werden.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Neutralität und integrierte Sicherheit
- 1. Der Vertrag von Amsterdam
- 2. Die Debatte um die Beistandspflicht
- III. Schlussfolgerungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die Vereinbarkeit der österreichischen Neutralität mit dem Konzept der integrierten Sicherheit innerhalb der Europäischen Union. Sie analysiert, ob die Neutralität angesichts der Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik beibehalten werden kann oder ob eine neue sicherheitspolitische Konzeption notwendig ist.
- Die Auswirkungen des Vertrags von Amsterdam auf die österreichische Neutralität.
- Die Debatte um eine mögliche militärische Beistandspflicht innerhalb der EU.
- Das Spannungsverhältnis zwischen Neutralität und den Verpflichtungen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP).
- Die Entwicklung des Konzepts der „integrierten Sicherheit“ in der EU.
- Mögliche zukünftige sicherheitspolitische Konzepte für Österreich.
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung stellt die zentrale Forschungsfrage nach der Vereinbarkeit von österreichischer Neutralität und der Entwicklung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Sie skizziert die kontroversen Positionen zu diesem Thema und die Notwendigkeit einer Neudefinition der österreichischen Sicherheitspolitik.
II. Neutralität und integrierte Sicherheit: Dieses Kapitel analysiert die Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, beginnend mit der Einheitlichen Europäischen Akte und dem Vertrag von Maastricht. Besonderes Augenmerk liegt auf dem Vertrag von Amsterdam und seinen Implikationen für neutrale Staaten. Die Debatte um eine mögliche militärische Beistandspflicht wird ebenfalls beleuchtet.
Schlüsselwörter
Österreichische Neutralität, Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), Vertrag von Amsterdam, Integrierte Sicherheit, Beistandspflicht, Europäische Union.
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- Stefan Meingast (Author), 2004, Neutralität und EU, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123154