Seit den 40er Jahren hat das schwedische Kinderbuch in einem Maße Bedeutung erlangt, dass es gegenüber der Literatur für Erwachsene als gleichwertig einzuschätzen ist. Dafür spricht sowohl die Vielfalt der Titel als auch ihre künstlerische Qualität. Auf internationalem Niveau weist man der Kinderliteratur des Landes nach schwedischer Meinung sogar eine größere Bedeutung zu, als der Erwachsenliteratur. Heute stellt sich das schwedische Kinderbuch als eine Literatur dar, die gewissermaßen enttabuisiert ist: Nichts, was Menschen berührt, bleibt ihr verschlossen. Weder für Inhalte noch für Darstellungsweisen scheint es Grenzen zu geben. Vielmehr strebt die Literatur für die Jungen und Jüngsten danach, die Selbständigkeit, Hilfsbereitschaft, Solidarität und gegenseitige Achtung der Kinder zu fördern, aber auch ihr kritisches Denkvermögen in Bezug auf die gesellschaftlichen, sozialen und zwischenmenschlichen Verhälntise der Erwachsenwelt zu entwickeln. Letzteres führte in der zweiten Hälfte der vierziger Jahre im Zusammenhang mit der so genannten „antiautoritären“ Erziehung zu Extremen, die infolge der Experimentierfreudigkeit jüngerer Autoren verhältnismäßig breiten Raum einnahmen. Wo Erziehungsfragen im positiven wie im negativen Sinne des Wortes „fragwürdig“ geworden sind, ist auch ein Sturm der Entrüstung über ein Buch, das die Erziehungsnormen bricht, nur noch schwer vorstellbar. Allgemein kann man sagen, dass sich die schwedische Kinderliteratur durch ein frühes Aufgreifen gesellschaftlich und individuell relevanter Themen, durch einen fast vollständigen Verzicht auf die Idylle und durch eine realistische Darstellungsweise der Verhaltensnormen von Kindern in einem problembehafteten Alltagsleben charakterisiert.
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG
- 1.1 Kinderliteratur in Schweden
- 1.1.1 Zum Thema
- 1.1.2 Fragestellung und Zielsetzung
- 1.1.3 Aufbau der Arbeit
- 1.2 Das schwedische Kinderbuch bis 1945
- 1.3 Wechselwirkungen zwischen gesellschaftlichen und reformpädagogischen Konzepten als Voraussetzung für die Entstehung des neuen Kinderbuches
- 1.3.1 Die Reformpädagogik der 30er und der 40er Jahre
- 1.3.2 Zur Verbindung von Pädagogik, Literatur und Politik
- 1.4 Die neue Schriftstellergeneration der 40er Jahre: Astrid Lindgren, Lennart Hellsing, Tove Jansson
- 1.4.1 Astrid Lindgren und das moderne schwedische Kinderbuch
- 1.4.2 Lennart Hellsings Debütbuch und das moderne schwedische Kinderbuch
- 1.4.3 Tove Janssons Debütbuch und das moderne schwedische Kinderbuch
- 1.4.4 Weitere Autoren
- 2. PIPPI LÅNGSTRUMP
- 2.1 Geschichte des Buches: wie es dazu kam
- 2.2 Pippi Långstrump, ein Mädchenbuch? Das Problem der geschlechtsspezifischen Erziehungsmuster
- 2.3 Pippis Eigenwelt
- 2.3.1 Das Chaos
- 2.3.2 Verkehrte Werte
- 2.4 Antiautoritäre Züge in „Pippi Långstrump“: Pippis Souveränität
- 2.4.1 Der Bruch mit den Erziehungsnormen der Zeit
- 2.4.2 Die Souveränität der Figur
- 2.4.2.1 Die körperliche Souveränität
- 2.4.2.2 Die sprachliche Souveränität
- 2.4.2.3 Die finanzielle Souveränität
- 2.4.3 Das freie Spiel
- 2.5 Pippi Långstrump als komische Figur
- 2.6 Intertextuelle Andeutungen in „Pippi Långstrump“
- 2.7 Stilistische Innovation
- 2.8 Politische Anspielungen bei „Pippi Långstrump“
- 3. BRÖDERNA LEJONHJÄRTA
- 3.1 Geschichte des Buches: wie es dazu kam
- 3.2 Der Erzähler
- 3.3 Das Motiv des Phantastischen
- 3.4 Das Thema der Angst
- 3.5 Das Problem des Bösen
- 3.6 Todesmärchen oder Trostbuch?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Neubeginn der schwedischen Kinderliteratur im Jahr 1945. Sie analysiert die Einflüsse reformpädagogischer Konzepte und gesellschaftlicher Veränderungen auf die Entstehung neuer Kinderbücher und fokussiert auf die Werke von Astrid Lindgren, Lennart Hellsing und Tove Jansson als repräsentative Beispiele dieser Entwicklung.
- Der Einfluss der Reformpädagogik auf die schwedische Kinderliteratur
- Die Darstellung von Kindern und ihren Eigenheiten in der Kinderliteratur der 1940er Jahre
- Analyse der Werke von Astrid Lindgren, Lennart Hellsing und Tove Jansson
- Die Entwicklung neuer literarischer Stile und Themen in der schwedischen Kinderliteratur
- Der gesellschaftliche Kontext der Entstehung neuer Kinderbücher
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Kontext der schwedischen Kinderliteratur vor 1945 dar und führt in die Thematik der Arbeit ein. Kapitel 2 analysiert Astrid Lindgrens "Pippi Långstrump", fokussiert auf Pippis Charakter, ihre antiautoritären Züge und ihre Bedeutung für die Entwicklung des Kinderbuchs. Kapitel 3 behandelt "Bröderna Lejonhjärta", untersucht das Motiv des Phantastischen und die Auseinandersetzung mit dem Thema Angst und Tod.
Schlüsselwörter
Schwedische Kinderliteratur, 1945, Reformpädagogik, Astrid Lindgren, Pippi Långstrump, Lennart Hellsing, Tove Jansson, Antiautoritäre Erziehung, Kinderbuch, literarische Innovation.
- Arbeit zitieren
- Zlatka Loukarsky (Autor:in), 2006, Das Jahr 1945 als Neubeginn der schwedischen Kinderliteratur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123169