Ein Skandal ist eine öffentliche Auseinandersetzung, inder es teilweise
auch polemisch hergeht und in dem es mindestens zwei Parteien gibt -
den Auslöser und dessen Angreifer -, deren Meinung~n meist diametral
entgegengesetzt an den verschiedenen Enden der Meinungsskala angelegt
sind und die jeweils aufs Heftigste versuchen, die Öffentlichkeit
von ihrer Version von Wahrheit zu überzeugen. Damit die Angreifer jedoch
überhaupt den entschiedenen Handlungsbedarf bemessen, muß
ihnen der Auslöser dafür schon einen derartigen meinungspolitischen
Zündstoff in die Hand liefern, an dem sie sich unproblematisch entzünden
und explodieren können, ohne dabei Gefahr zu laufen, allein mit ihrer
Meinung dazustehen; kurz einem richtigen Skandalauslöser ist bereits
die extreme Position inhärent; Mittelmaß vermag hingegen nicht,
eine Öffentlichkeit derart vorausberechenbar und quasiautomatisch in
zwei Lager zu spalten.
Als Michel Houellebecqs zweiter Roman unter dem französischen Originaltitel
"Les particules elementaires" 1998 im Pariser Verlag Flammarion,
und ein Jahr später in der deutschen Übersetzung unter dem Titel
"Elementarteilchen" beim Kölner DuMont Buchverlag, erschien, brauchten
die Leser nicht lange nach den skandalträchtigen Elementen zu suchen;
bereits alle Träger des genetischen Y-Chromosoms konnten sich
heftigst auf den Schlips und vielmehr noch sonstwohin getreten fühlen,
denn was in dem Satz: "aber seit Jahrhunderten erfüllten die Männer offensichtlich so gut wie gar keinen Zweck mehr" 1 eine Hauptfigur des Romans,
Michel, reflexiv zusammenfaßt, wird am Lebenslauf der zweiten
Hauptfigur Bruno dahingehend konkretisiert, daß Männer zur wahrer liebe
gänzlich unfähige, in ihrem pathologischen Libidinal-Hedonismus
untherapierbar gefangene, Perverse sind, die die sinnvolle Fortentwicklung
des Menschen nur bremsen und - da es keinerlei rettende Ausnahmen
unter ihnen gibt - deswegen abgeschafft werden müssen.
Inhaltsverzeichnis
- I. EINLEITUNG
- 1. Einführung in Thema, Ziele und Aufbau dieser Arbeit
- 2. Das Presseecho auf den Roman im deutschsprachigen Raum
- 3. Der Sloterdijk-Skandal anläßlich der Elmauer Rede
- II. DIE THEMEN DES ROMANS „ELEMENTARTEILCHEN“
- 1. Die Todesproblematik
- 2. Der Individualismus der 68er als unreine Moral
- 3. Brunos pathologischer Libidinal-Hedonismus
- 4. Liebesunfähigkeit in Zeiten des medialen Konsumterrors
- 5. Der ORT als Symbol des Scheiterns kommunistischer Utopie
- 6. Individualismus führt in letzter Konsequenz zum Ritualmord
- 7. Am Ende: Wir klonen uns eine glückliche Gesellschaft
- III. DER STIL DES ROMANS „ELEMENTARTEILCHEN“
- 1. Die wissenschaftlichen Passagen
- 2. Ist einfache Schreibweise Mangel künstlerischen Könnens?
- IV. KONZEPTE FÜR EINE DRAMATURGISCHE ADAPTION
- 1. Der Schauplatz der Handlung
- 2. Die Figuren des Romans
- 3. Die Rolle des Chores
- 4. Konzepte für ein neues Ende
- 5. Beispielseequenz
- V. VERSUCH EINES RESÜMEES
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Möglichkeit einer dramaturgischen Adaption von Michel Houellebecqs Roman „Elementarteilchen“. Das Hauptziel besteht darin, die Herausforderungen und Chancen einer solchen Adaption zu analysieren und konkrete Konzepte zu entwickeln. Die Arbeit berücksichtigt dabei die kontroversen Reaktionen auf den Roman und die damit verbundenen gesellschaftlichen Diskurse.
- Die kontroversen Reaktionen auf den Roman und den daraus resultierenden Skandal.
- Analyse der zentralen Themen des Romans, wie z.B. die Todesproblematik, Individualismus und Liebesunfähigkeit.
- Untersuchung des Romanstils und seiner Herausforderungen für eine Bühnenadaption.
- Entwicklung von Konzepten für eine dramaturgische Adaption, inklusive Schauplatz, Figuren und möglicher Enden.
- Die Auseinandersetzung mit dem Werk im Kontext der gesellschaftlichen Debatten der Zeit.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und beschreibt die Zielsetzung der Arbeit. Sie beleuchtet den Skandal um den Roman und dessen Rezeption im deutschsprachigen Raum, sowie Parallelen zur Sloterdijk-Debatte. Der zweite Teil analysiert die zentralen Themen des Romans, wie z.B. die Darstellung der Todesproblematik, die Kritik am Individualismus der 68er-Generation und die Problematik von Liebesunfähigkeit in der modernen Gesellschaft. Der dritte Teil konzentriert sich auf den Stil des Romans, insbesondere die Verwendung wissenschaftlicher Passagen und die Frage nach der literarischen Qualität seiner schlichten Sprache. Der vierte Teil entwickelt Konzepte für eine mögliche Bühnenadaption, wobei Schauplatz, Figuren, die Rolle eines Chores und alternative Enden betrachtet werden.
Schlüsselwörter
Michel Houellebecq, Elementarteilchen, Dramaturgie, Bühnenadaption, Skandalroman, Individualismus, Liebesunfähigkeit, medialer Konsumterror, Todesproblematik, 68er-Bewegung, Klonen.
- Quote paper
- Magister Artium Daniel Kasselmann (Author), 2000, Elementarteilchen - Chiffre unserer Gegenwart, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123223