In der vorliegenden Masterarbeit wird die Implementierung der Förderung selbstregulierten Lernens in praktischen Unterrichtskonzepten für den Fächerverbund Biologie, Naturphänomene und Technik der fünften und sechsten Klassen des Gymnasiums untersucht. Dabei wird der Frage nachgegangen, wie gut die Förderung der prozessbezogenen Kompetenz aus Sicht der pädagogisch-psychologischen Forschung in Best-Practice-Beispielen der Unterrichtspraxis gelingt. Die Basis für die Begutachtung des Lehr-Lern-Materials bilden sieben Qualitätskriterien, die aus empirisch abgesicherten direkten und indirekten Fördermaßnahmen selbstregulierten Lernens abgeleitet wer-den. Trotz der Berücksichtigung in der Leitperspektive Prävention und Gesundheitsförderung des Bildungsplans 2016 hat die qualitative Untersuchung von zwei Unterrichtskonzepten gezeigt, dass eine Förderung selbstregulierten Lernens von Lehrkräften vorwiegend auf der Ebene der indirekten Förderung umgesetzt wird. Dies genügt den Qualitätskriterien dieser Arbeit nur teilweise. Dennoch konnten eine weitere untersuchte Unterrichtseinheit und die Weiterentwicklung eines Materials zeigen, dass eine qualitativ hochwertige Implementierung in den naturwissenschaftlichen Fachunterricht möglich ist. Die Materialien sind dieser Arbeit beigefügt und können von angehenden sowie praktizierenden Lehrkräften genutzt werden. Insgesamt besteht ein großer Wissensvorsprung aufseiten der Forschung gegenüber der Praxis, der nur durch einen höheren Stellenwert der Förderung selbstregulierten Lernens und der gezielten Unterstützung von Lehrkräften in Form von hochwertigen Beispielmaterialien überwunden werden kann.
Inhaltsverzeichnis
Kurzfassung
Abstract
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Vorwort
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Selbstreguliertes Lernen in der pädagogisch-psychologischen Forschung
2.1 Begriffsbestimmung
2.2 Lernstrategien
2.3 Modelle der Selbstregulation
2.3.1 Prozessmodelle
2.3.2 Schichtenmodelle
2.4 Förderung der Selbstregulation
2.4.1 Fördermodell
2.4.2 Direkte Fördermaßnahmen
2.4.3 Indirekte Fördermaßnahmen
2.5 Zusammenfassung der Qualitätskriterien
3 Selbstreguliertes Lernen in der Unterrichtspraxis
3.1 Selbstregulation im Bildungsplan Baden-Württembergs
3.2 Der Beitrag von Schulbüchern zur Selbstregulation
3.3 Beispiel 1: Feuer löschen – aber richtig!
3.3.1 Anbindung an die pädagogisch-psychologische Forschung
3.3.2 Methodische Analyse Stunde 1: Methoden des Feuerlöschens
3.3.3 Methodische Analyse Stunde 2/3: Typen von Feuerlöschern
3.3.4 Methodische Analyse Stunde 4: Löschen von speziellen Bränden
3.3.5 Methodische Analyse Stunde 5: Verhalten im Brandfall an der eigenen Schule
3.3.6 Analyse und Beurteilung der Qualität des Materials aus Sicht der Pädagogischen Psychologie
3.3.7 Weiterentwicklung der Unterrichtseinheit
3.4 Beispiel 2: Sinneswahrnehmungen erkunden
3.4.1 Anbindung an die pädagogisch-psychologische Forschung
3.4.2 Methodische Analyse 1. Unterrichtsabschnitt: Einführungsphase
3.4.3 Methodische Analyse 2. Unterrichtsabschnitt: Planungsphase
3.4.4 Methodische Analyse 3. Unterrichtsabschnitt:
3.4.5 Methodische Analyse 4. Unterrichtsabschnitt: Reflexionsphase
3.4.6 Methodische Analyse 5. Unterrichtsabschnitt: Präsentationsphase
3.4.7 Analyse und Beurteilung der Qualität des Materials aus Sicht der Pädagogischen Psychologie
4 Schlussbetrachtungen
4.1 Exkurs: MINT und Mädchen
4.2 Diskussion der Ergebnisse
4.3 Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhangsverzeichnis
Kurzfassung
In der vorliegenden Masterarbeit wird die Implementierung der Förderung selbstregulierten Lernens in praktischen Unterrichtskonzepten für den Fächerverbund Biologie, Naturphänomene und Technik der fünften und sechsten Klassen des Gymnasiums untersucht. Dabei wird der Frage nachgegangen, wie gut die Förderung der prozessbezogenen Kompetenz aus Sicht der pädagogisch-psychologischen Forschung in Best-Practice-Beispielen der Unterrichtspraxis gelingt. Die Basis für die Begutachtung des Lehr-Lern-Materials bilden sieben Qualitätskriterien, die aus empirisch abgesicherten direkten und indirekten Fördermaßnahmen selbstregulierten Lernens abgeleitet werden. Trotz der Berücksichtigung in der Leitperspektive Prävention und Gesundheitsförderung des Bildungsplans 2016 hat die qualitative Untersuchung von zwei Unterrichtskonzepten gezeigt, dass eine Förderung selbstregulierten Lernens von Lehrkräften vorwiegend auf der Ebene der indirekten Förderung umgesetzt wird. Dies genügt den Qualitätskriterien dieser Arbeit nur teilweise. Dennoch konnten eine weitere untersuchte Unterrichtseinheit und die Weiterentwicklung eines Materials zeigen, dass eine qualitativ hochwertige Implementierung in den naturwissenschaftlichen Fachunterricht möglich ist. Die Materialien sind dieser Arbeit beigefügt und können von angehenden sowie praktizierenden Lehrkräften genutzt werden. Insgesamt besteht ein großer Wissensvorsprung aufseiten der Forschung gegenüber der Praxis, der nur durch einen höheren Stellenwert der Förderung selbstregulierten Lernens und der gezielten Unterstützung von Lehrkräften in Form von hochwertigen Beispielmaterialien überwunden werden kann.
Schlüsselwörter: Selbstreguliertes Lernen, selbstgesteuertes Lernen, Unterrichtspraxis, indirekte Förderung, direkte Förderung, Lehrmaterial, BNT, Implementierung in den Fachunterricht
Abstract
This master's thesis examines the implementation of the encouragement of self-regulated learning in practical teaching concepts for the subjects “Biologie, Naturphänomene und Technik“ in the fifth and sixth grades of high school. It is to be investigated how well the encouragement of process-related competence succeeds from an educational psychology perspective in best-practice examples of teaching. The basis for the assessment of teaching and learning tools constitutes of seven quality related criteria, which are derived from empirically verified direct and indirect support measures for self-regulated learning. Despite being considered in the guideline prevention and health promotion of the educational curriculum in 2016, the qualitative analysis of two teaching concepts has shown that the encouragement of self-regulated learning by teachers is mainly implemented by means of indirect encouragement. Hence the quality criteria are only partially satisfied in this work. Nevertheless, another examined teaching unit as well as the further development of worksheets were able to show that a high-quality implementation is possible in the teaching of scientific subjects. The worksheets are attached to this paper and can be used by trainees and practicing teachers. Overall, there is a great knowledge advantage on the research side compared to practice. This can only be overcome by making the encouragement of self-regulated learning a high priority and obtaining targeted support from teachers in the form of high-quality example worksheets.
Key words: Self-regulated learning, self-directed learning, teaching practice, indirect support, direct support, worksheets, BNT, implementation in class
Abkürzungsverzeichnis
AB Arbeitsblatt
BNT Biologie, Naturphänomene und Technik
PG Prävention und Gesundheitsförderung
PISA Programme for International Student Assessment
MINT Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik
SRL Selbstreguliertes Lernen
SuS Schülerinnen und Schüler
Abbildungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vorwort
Eine Masterarbeit ist wie ein großer Berg des Lernens. Zu Beginn ist die Motivation groß und die ersten Schritte fallen leicht. Zwischendurch kommen Schwierigkeiten auf, die es zu regulieren gilt und am Schluss folgt der dankende Rückblick auf all die Menschen, die diesen Weg begleitet haben.
Die vorliegende Masterarbeit entstand im Rahmen meines Studiums im Master of Education an der Universität Heidelberg. Im Übergang vom Studium zum Referendariat vereint diese Arbeit den Spagat zwischen Forschung und Unterrichtspraxis. Ein ganz besonderer Fokus liegt dabei auf der praktischen Lehrtätigkeit, weshalb diese Arbeit aus der Praxis heraus vor allem für angehende und praktizierende Lehrerinnen und Lehrer geschrieben ist.
An dieser Stelle möchte ich mich herzlich und aufrichtig bei Frau Prof. Dr. Silke Hertel bedanken, die mich mit viel Verständnis und Begeisterung betreut hat. Insbesondere ihr bildungswissenschaftliches Fachwissen und ihre inspirierenden Ideen habe ich hoch zu schätzen gewusst. Dr. Kim Erdmann danke ich ebenfalls herzlich für die Zweitkorrektur meiner Arbeit.
Zudem danke ich meinen Eltern. Danke, dass ihr immer an mich glaubt und mich auf diesem Weg in so vielerlei Hinsicht unterstützt habt, ihr habt mir das Studium überhaupt erst möglich gemacht.
Darüber hinaus möchte ich mich bei meinem Ehemann Christoph bedanken. Danke, dass du mich auch in schwierigen Zeiten unterstützt, meine Ziele zu erreichen, danke für deine praktischen Lösungen und vor allem für deine Liebe.
Letztlich danke ich allen Leserinnen und Lesern für ein aufschlussreiches Feedback und wünsche aus tiefstem Herzen eine erkenntnisreiche Befassung mit dieser Arbeit.
Heidelberg, Februar 2022
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Ein ganz normaler Arbeitstag in einem Teil der erwachsenen Berufswelt – der Kaffee dampft in seiner Tasse, der Laptop ist aufgeklappt und hochgefahren. Sekunden später öffnen sich durch ein paar einfache Klicks Schreibprogramm und Internetbrowser. Die Suchleiste wartet auf die Eingabe eines Begriffs. Weitere Sekunden vergehen, – jeder weiß, was hier zu tun ist. Die Frage ist nur, wie gehe ich am besten vor? Welche Erwartungen habe ich an mein eigenes Arbeitsergebnis? In welcher Reihenfolge erledige ich meine To-dos und wie viel Zeit habe ich dafür? Das Eintippen eines einzigen Suchbegriffs führt zu unzähligen interessanten und weniger relevanten Ergebnissen. Welche Internetseite könnte für mich informativ sein? Wie viel Zeit investiere ich in meine Recherche? Findet sich keine Antwort auf meine Frage, muss ich abwägen, ob mir die Suche nach einem geeigneten Buch weiterhelfen könnte. Ist dies nicht unmittelbar verfügbar, wende ich mich zunächst einer anderen Aufgabe zu. Doch nichts lässt sich unendlich aufschieben, denn eines ist gewiss: Die Deadline steht.
Egal ob in einem Bürojob, in einem Pflegeberuf oder im Handwerk, – die meisten Berufstätigen arbeiten mehr oder weniger selbstreguliert. Auch andere Lebensbereiche sind von der Selbstregulation betroffen – so zum Beispiel ein Hobby, Sport, Freizeit oder unsere eigene Gesundheit. Die Selbstregulation ist fester Bestandteil unseres Lebens und unser täglicher Begleiter. Sie bezeichnet die Fähigkeit, Gedanken, Gefühle und Handlungen zu planen und diese zyklisch an die Erreichung persönlicher Ziele anzupassen (vgl. Zimmerman, 2000). Damit ermöglicht Selbstregulation das Setzen individueller Ziele und auch das Erreichen dieser.
Aufgrund der Wissensexplosion durch die Globalisierung und schnell veraltenden Wissens unter anderem durch die Digitalisierung ist es essenziell, dass Schülerinnen und Schüler die Kompetenz zur eigenverantwortlichen und selbstregulierten Aneignung von Wissen erwerben (vgl. Perels et al., 2020). Möchte die Schule dementsprechend auf Herausforderungen des Erwachsenenlebens vorbereiten, müssen neben Fachinhalten auch übergreifende Kompetenzen vermittelt werden. Auf die Generation der Schülerinnen und Schüler warten globale Herausforderungen, die Kompetenzen voraussetzen, für die in Schule und Unterricht der Grundstein gelegt werden muss. Beispielsweise das Stoppen des Klimawandels als eines der sustainable development goals (vgl. United Nations, 2015) erfordert ein hohes Maß an selbstregulatorischen Fähigkeiten. Nicht zuletzt ist die Selbststeuerung (self-direction) als eines der 21 century skills definiert worden, den Kompetenzen, die erforderlich sind, um den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts erfolgreich begegnen zu können (vgl. Trilling & Fadel, 2009).
Im Schulalltag ist diese Arbeitsweise weniger oft vertreten. Hier bestimmen zumeist Bildungspläne, Stundenpläne und Unterrichtsverlaufspläne der Lehrkräfte das Lernverhalten von Schülerinnen und Schülern (vgl. Holzkamp, 1995). Doch zu einem erfolgreichen Lernen, dem Ziel der meisten Bildungsprozesse, tragen eine Reihe von Rahmenbedingungen bei, zu denen auch das selbstregulierte Lernen (SRL) zählt (vgl. Renkl, 2020). Nicht nur für die erfolgreiche Teilhabe an unserer Gesellschaft ist selbstreguliertes Lernen elementar. Außerhalb des Unterrichts treten Lernsituationen auf, wie zum Beispiel das Erledigen von Hausaufgaben oder das Lernen für eine Klassenarbeit, die das selbstständige Planen, Erarbeiten und Reflektieren von Lernprozessen fordern (vgl. Perels et al., 2020). Zudem verlangt auch die Vorbereitung auf das Abitur genau diese Kompetenzen. Letztlich wird diese Fähigkeit auch im Unterricht selbst, zum Beispiel bei der selbstständigen Durchführung eines Experiments im Biologieunterricht, benötigt. Das selbstregulierte Lernen als fächerübergreifende Kompetenz ist demzufolge essenziell, um Herausforderungen im Schulalltag, der individuellen Lebensgestaltung, dem Berufsleben und zuletzt auch gesellschaftlichen Herausforderungen erfolgreich begegnen zu können.
In Deutschland begann die Diskussion um den Begriff des selbstgesteuerten Lernens in den 1970er-Jahren und hat sich bereits in den Achtzigern als fester Bestandteil der pädagogisch-psychologischen Forschung etabliert (vgl. Neber et al., 1978; Neber 1982; Weinert 1982; Zimmerman & Schunk, 1989). Seit Beginn des 21. Jahrhunderts wird selbstreguliertes Lernen als eine der wichtigsten fächerübergreifenden Kompetenzen verstanden, die von der OECD als Indikator für effektives Lernen aufgenommen wurde (vgl. Artelt et al., 2004) und in der international vergleichenden Schulleistungsuntersuchung PISA mit untersucht wird (vgl. Kiper & Mischke, 2008). Eine große Anzahl empirischer Studien (z.B. Dörrenbächer & Perels, 2016; Otto, 2007a; Perels et al., 2009; Schmitz & Wiese, 2006; Zimmerman et al., 2011) hat sich zudem bereits mit der Förderung selbstregulierten Lernens auseinandergesetzt und gezeigt, dass dieser Kompetenz eine Schlüsselrolle in allen Lernsituationen zukommt (vgl. Perels et al., 2020). Auch in den Bildungsplan 2016 für die Gymnasien Baden-Württembergs hat das selbstregulierte Lernen im Rahmen der Leitperspektive „Prävention und Gesundheitsförderung“ Einzug erhalten (vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, 2016a). Das Rahmencurriculum gibt demnach vor, dass selbstreguliertes Lernen als prozessbezogene Kompetenz der zuvor genannten Leitperspektive in den Fachunterricht aller Unterrichtsfächer implementiert werden soll. Doch die Suche nach gutem und hilfreichem unterrichtspraktischem Material gestaltet sich für Lehrerinnen und Lehrer als schwierig. In dieser Arbeit soll der Wissensvorsprung der pädagogisch-psychologischen Forschung mit der tatsächlichen Unterrichtspraxis hinsichtlich des selbstregulierten Lernens in Beziehung gesetzt werden. Daraus und mit Fokus auf den Fächerverbund Biologie, Naturphänomene und Technik ergibt sich folgende Forschungsfrage:
Wie gut gelingt die Förderung selbstregulierten Lernens in praktischen Unterrichtskonzepten für den Fächerverbund Biologie, Naturphänomene und Technik der fünften und sechsten Klassen an Gymnasien Baden-Württembergs aus Sicht der pädagogisch-psychologischen Forschung?
1.3 Aufbau der Arbeit
Um diese Forschungsfrage zu beantworten, wird in dieser Arbeit zunächst ein Überblick über die aktuelle pädagogisch-psychologische Forschung zum Thema selbstregulierten Lernens gegeben. Dazu erfolgt eine Begriffsbestimmung des selbstregulierten Lernens, bei der sowohl auf Definitionen und Synonyme als auch auf Komponenten eingegangen wird (Kapitel 2.1). Diverse Lernstrategien werden ebenso im ersten theoretischen Teil dieser Arbeit näher betrachtet (Kapitel 2.2). Daran anschließend werden verschiedene Modelle der Forschung zum selbstregulierten Lernen vorgestellt, die sich in Prozess- und Schichtenmodelle untergliedern lassen und neben Definitionen oftmals Ausgangsbasis für entwickeltes Unterrichtsmaterial sind (Kapitel 2.3). Nach einer kurzen Vorstellung eines Fördermodells (Kapitel 2.4.1), folgt eine nähere Erläuterung günstiger Förderbedingungen, die sich in den letzten Jahren aus Trainings der empirischen Bildungsforschung zur Förderung selbstregulierten Lernens ergeben haben. Diese lassen sich in direkte (Kapitel 2.4.2) und indirekte Fördermaßnahmen (Kapitel 2.4.3) unterteilen (vgl. Friedrich/Mandl, 1997). Aus diesen erfolgreichen Förderbedingungen werden jeweils Qualitätskriterien zur Beurteilung praktischer Unterrichtskonzepte aus Sicht der pädagogisch-psychologischen Forschung abgeleitet, um die Güte des zu untersuchenden Unterrichtsmaterials kriteriengeleitet beurteilen zu können (Kapitel 2.4.4).
Das dritte Kapitel dieser Arbeit widmet sich daraufhin dem selbstregulierten Lernen in der konkreten Unterrichtspraxis. Dazu wird zunächst ein Einblick in die Verankerung des selbstregulierten Lernens in den Bildungsplan 2016 des Landes Baden-Württembergs für den Fächerverbund Biologie, Naturphänomene und Technik der fünften und sechsten Klassen am Gymnasium gegeben (Kapitel 3.1). Auf Basis der curricularen Ansätze wird daraufhin auch der Beitrag von Schulbüchern zur Selbstregulation näher betrachtet, da das Schulbuch ein zentraler Bestandteil der Planung und Durchführung von Unterricht ist. Zudem setzen die Schulbücher die Forderungen der Bildungspläne um, weshalb sich eine nähere Begutachtung lohnt (Kapitel 3.2).
Da diese Arbeit aus der Praxis heraus für angehende und praktizierende Lehrkräfte geschrieben ist, soll es sich insgesamt um eine Zusammenstellung unterrichtspraktischen Materials handeln, das die Ansprüche der pädagogisch-psychologischen Forschung erfüllt und somit als Best-Practice-Beispiel fungieren kann. Aus diesem Grund wurde zum einen ein Material ausgewählt, das auf der Webseite der Bildungspläne Baden-Württembergs als empfohlenes Material zur Förderung selbstregulierten Lernens abrufbar ist und vom Landesinstitut für Schulentwicklung herausgegeben wurde. Dieses trägt den Titel „Feuer löschen – aber richtig“ (Kapitel 3.3). Weiterhin wurde ein Material zum Thema „Sinneswahrnehmungen erkunden“ in diese Arbeit mit aufgenommen (Kapitel 3.4). Bei allen Autoren der Materialien handelt es sich um praktizierende Lehrerinnen und Lehrer. Im analytischen Teil dieser Arbeit werden die Unterrichtskonzepte zunächst methodisch analysiert. Anschließend erfolgt die qualitative Beurteilung des Materials bezüglich der Förderung selbstregulierten Lernens aus Sicht der Pädagogischen Psychologie anhand der in Kapitel 2.5 formulierten Qualitätskriterien. Da das Ziel dieser Arbeit eine Zusammenstellung von hochwertigen Unterrichtsmaterialien ist, wird das Lehr-Lern-Material gegebenenfalls weiterentwickelt und kann dann dem Anhang dieser Arbeit entnommen werden. In Kapitel 4.1 wird außerdem ein Exkurs zum Thema MINT und Mädchen hergestellt. Schließlich werden alle Ergebnisse in Bezug auf die Forschungsfrage in einer Diskussion zusammengefasst (Kapitel 4.2). Ein Blick auf die Zukunft selbstregulierten Lernens in der Schule schließt diese Arbeit ab. (Kapitel 4.3).
2 Selbstreguliertes Lernen in der pädagogisch-psychologischen Forschung
2.1 Begriffsbestimmung
Der Begriff des selbstregulierten Lernens – im Englischen self-regulated learning – wird im alltäglichen Sprachgebrauch und auch häufig in wissenschaftlichen Publikationen synonym zu einer Vielzahl weiterer Ausdrücke verwendet. Dazu gehören das selbstgesteuerte Lernen (self-directed learning), das selbstbestimmte Lernen (self-determined learning) und auch Bezeichnungen wie selbstorganisiertes, autonomes, selbstständiges, eigenständiges, autodidaktisches und eigenverantwortliches Lernen. An dieser Vielzahl von Begrifflichkeiten, die alle das Gleiche meinen und doch etwas Unterschiedliches ausdrücken, zeigt sich, dass selbstreguliertes Lernen kein einheitlich definiertes Konstrukt ist. Dies liegt unter anderem daran, dass sich beinahe alle Forschungszweige der Pädagogik und der Psychologie mit der Selbstregulierung oder mit Teilaspekten der Selbstregulierung befassen und jeweils einen anderen Fokus setzen (vgl. Konrad & Traub, 2018).
Um sich dem Konzept des selbstregulierten Lernens anzunähern, liegt es nahe, die drei Hauptkomponenten des Begriffs – „Lernen“, „Regulation“ und „Selbst“ – näher zu beleuchten. Mit „Lernen“ sind Handlungen gemeint, bei denen Wissen und Kompetenzen aufgebaut werden (vgl. Götz & Nett, 2017). Dieser Wissens- beziehungsweise Kompetenzerwerb wird im Kontext von Bildungsprozessen „Lernen“ genannt (vgl. Renkl, 2020).
Die „Regulation“ ist ein interdisziplinär gebrauchter Ausdruck, der ursprünglich aus den Naturwissenschaften stammt. Er lässt sich mit dem kybernetischen Modell eines einfachen Regelkreises von Wiener (1948) näher bestimmen: Bei der „Regulation“ wird ein aktueller Ist-Zustand mit einem angestrebten Soll-Zustand verglichen. Über eine Rückkopplungsschleife wird dem System übermittelt, ob der Wert übereinstimmt oder nicht. Entspricht der Ist-Wert dem Soll-Wert, erfolgt keine regulierende Handlung. Unterscheiden sich die Zustände allerdings, werden regulierende Aktionen initiiert, die den Ist-Wert an den Soll-Wert angleichen sollen. Auf diese Weise wird zum Beispiel in unserem gesunden Körper die Körpertemperatur konstant auf ca. 37 °C gehalten. Der Soll-Wert (37°C) wird stetig mit dem Ist-Wert abgeglichen. Dieser kann sich beispielsweise durch eine niedrige Umgebungstemperatur oder Sport verändern. Stimmen die Werte nicht überein, wird reguliert, indem der Körper beispielsweise schwitzt oder zittert. Auch auf das Lernen ist dieses Regelkreismodell übertragbar (siehe Abbildung1). Setzt sich beispielsweise Hannah, eine Schülerin der sechsten Klasse, das Ziel, innerhalb einer halben Stunde den Ablauf der Befruchtung bei Blütenpflanzen auswendig zu lernen (Soll-Wert bzw. Lernziel) und hat durch die Ablenkung jüngerer Geschwister nach einer Viertelstunde lediglich zwei der 13 Schritte gelernt (Ist-Wert bzw. tatsächliches Lernverhalten), kann sie ihr Lernen selbst regulieren, indem der Ist-Wert mit dem Soll-Wert verglichen und aufgrund der Abweichung der beiden Zustände eine regulierende Lernhandlung eingeleitet wird. Zum Beispiel kann dies ein Strategiewechsel sein, bei dem sich Hannah einen ruhigen Ort zum Lernen sucht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Für die begriffliche Annäherung ist nun als Drittes und Letztes das „Selbst“ näher zu bestimmen. Es handelt sich dabei um einen uneinheitlich definierten Begriff. Vereinfacht formuliert beschreibt das „Selbst“ die Gesamtheit der Aspekte, die unsere Persönlichkeit ausdrücken und das, was unser menschliches Handeln als aktiver Initiator reguliert (vgl. Konrad & Traub, 2018). Fokussiert sich eine Person aktiv auf das „Selbst“, wird das Verhalten stärker überwacht und in Einklang mit allgemein anerkannten sozialen Normen gebracht (vgl. Morf & Koole, 2014). In Bezug zum Kontext Lernen ist mit dem „Selbst“ die Eigeninitiative eines Individuums gemeint, das sich Ziele setzt und Handlungen aufrechterhält (vgl. Götz & Nett, 2017).
Auf der Grundlage dieser drei Hauptkomponenten des Begriffs kann selbstreguliertes Lernen wie folgt definiert werden:
Selbstreguliertes Lernen ist eine Form des Erwerbs von Wissen und Kompetenzen, bei der Lerner sich selbstständig und eigenmotiviert Ziele setzen sowie eigenständig Strategien auswählen, die zur Erreichung dieser Ziele führen und durch Bewertung von Erfolgen bezüglich der Reduzierung der Ist-Soll-Differenz Ziele und Aktivitäten im Hinblick auf eine Erreichung des Soll-Zustandes prozessbegleitend modifizieren und optimieren. (Götz & Nett, 2017, S. 146).
Diese Definition macht insbesondere die Regulation des Handlungsprozesses deutlich. Synonyme des Konzepts wie zum Beispiel selbstgesteuertes Lernen oder selbstorganisiertes Lernen werden in der Literatur ebenfalls häufig verwendet. Die Selbststeuerung betont dabei die gezielte Veränderung eines Wertes, wohingegen die Selbstregulierung ein Streben nach Reduzierung der Ist-Soll-Wert-Differenz deutlich macht (Müller et al., 2015). Das selbstregulierte Lernen kann damit als Teilaspekt des selbstgesteuerten Lernens aufgefasst werden (vgl. Konrad & Traub, 2018). Das selbstorganisierte Lernen bezeichnet hingegen einen offenen Lernprozess, bei dem Lernziele und Zeit nicht vorgegeben werden. Diese Arbeit bezieht alle unterschiedlichen Konzepte mit ein, folgt aber der begrifflichen Definition des selbstgesteuerten Lernens und den Konnotationen der Regulation, die hinter dem Begriff stehen.
Neben der genannten Definition gibt es zahlreiche weitere Begriffsbestimmungen (z.B. Friedrich & Mandl, 1997; Schiefele & Pekrun, 1996; Zimmerman, 2000), die alle darin übereinstimmen, „dass drei Komponenten selbstregulierten Lernens unterschieden werden“ (Perels et al., 2020, S. 46). Dies ist zum einen die kognitive Komponente selbstregulierten Lernens, bei der es um die Informationsverarbeitungsprozesse im Gehirn und das Wissen über Konzepte und Strategien des Lernens geht (vgl. Perels et al., 2020). Die Lernerin oder der Lerner muss über Wissen und Kompetenzen verfügen, um die Ist-Soll-Differenz zu reduzieren (vgl. Götz & Nett, 2017). Dazu gehört ein gewisses Repertoire an Lernstrategien, Wissen über die Einsetzbarkeit dieser Lernstrategien und auch die Planungskompetenz über den Lernprozess (vgl. Götz & Nett, 2017). Die Schülerin Hannah aus dem oben genannten Beispiel hat die Aufgabe den Ablauf der Befruchtung bei Blütenpflanzen auswendig zu lernen. Sie wählt dafür den Küchentisch als Lernort aus, setzt sich das Ziel, die Schritte in einer halben Stunde zu beherrschen, um anschließend zum Karateunterricht zu gehen. Außerdem beschließt sie, sich zunächst zwei Schritte einzuprägen, diese abzudecken und immer einen neuen hinzuzunehmen, wenn sie die vorherigen wiedergeben kann. Dies sind Kompetenzen der kognitiven Komponente selbstregulierten Lernens. Hannah plant ihre Lernstrategie und wählt aus einem Repertoire an Wissen über Lernen eine geeignete Vorgehensweise aus.
Die zweite Komponente ist die motivationale Komponente, die sich auf die Selbstmotivierung und volitionale Steuerung des Lernens bezieht (vgl. Perels et al., 2020). Die Lernenden benötigen hierfür die Fähigkeit, sich selbst zu motivieren, den Lernprozess zu starten und aufrechtzuerhalten (vgl. Götz & Nett, 2017). Neben Motivation gehört auch Mut dazu, eine zuvor ausgewählte, aber ineffektive Lernstrategie aufzugeben und durch eine neue zu ersetzen (vgl. Götz & Nett, 2017). Im Beispiel der Schülerin der sechsten Klasse gehört zur motivationalen Komponente des selbstregulierten Lernens die Motivation zur Initiierung der Lernhandlung. Diese Motivation kann dabei sowohl intrinsischen als auch wie in diesem Fall extrinsischen Ursprungs sein. Auch das konzentrierte Weiterarbeiten an der Aufgabe und die Entschlossenheit den Lernort nach 15 Minuten zu wechseln, sind Bestandteile der motivationalen Komponente.
Als Drittes wird die metakognitive Komponente von den anderen beiden genannten Komponenten unterschieden (vgl. Perels et al., 2020). Hierbei handelt es sich um die Fähigkeit der Planung, der diagnostischen Selbstbeobachtung und der Differenzbewertung des Ist-Soll-Werts mit dem Ziel, das Lernverhalten adaptiv auf das angestrebte Lernziel anzupassen (vgl. Götz & Nett, 2017; Perels et al., 2020). Hannah schätzt ihren Wissenstand nach einer Viertelstunde Lernen realistisch ein, indem sie sich selbst beobachtet und den Störfaktor identifiziert. Zudem hat sie vor Beginn der Lernhandlung nicht nur Motivation geschöpft und eine Lernstrategie ausgewählt, sie hat sich auch ein zeitlich definiertes Lernziel1 gesetzt und ihren Lernprozess geplant. Dies sind ihre metakognitiven Kompetenzen als selbstreguliert-lernende Person.
2.2 Lernstrategien
Die Anwendung bestimmter Lernstrategien beeinflusst den gesamten Prozess des selbstregulierten Lernens. Bereits die motivationale Komponente wird durch bestimmte lernstrategische Gedanken beeinflusst. Damit sind Lernstrategien zentraler Ansatzpunkt der Förderung selbstregulierten Lernens. Wild (2006) definiert Lernstrategien als „jene Verhaltensweisen und Kognitionen, die vom Lernenden aktiv zum Zweck des Wissenserwerbs eingesetzt werden“ (S.427). Dieses Konzept von Lernstrategien versteht den Lernenden als ein aktives, selbstreflektiertes und selbstgesteuertes Individuum (vgl. Wild, 2006). In der Forschung werden zumeist drei Gruppen von Lernstrategien voneinander unterschieden, dazu gehören die kognitiven Strategien, die metakognitiven Strategien und die ressourcenorientierten Lernstrategien (vgl. Pintrich & Garcia, 1994; Wild, 2000). Die kognitiven und metakognitiven Lernstrategien werden auch Primärstrategien genannt, wohingegen die ressourcenorientierten Strategien als Stütz- oder Sekundärstrategien bezeichnet werden (vgl. Wild, 2000).
Kognitive Lernstrategien beschreiben die Verarbeitung eines konkreten Lerninhalts (vgl. den Elzen-Rump & Leutner, 2007). Sie haben das Ziel, den Informationsverarbeitungsprozess im Gehirn zu fördern und zu verbessern (vgl. Martin & Nicolaisen, 2015). Auch die kognitiven Lernstrategien lassen sich erneut untergliedern in die sogenannten Oberflächenstrategien, zu denen die Wiederholungsstrategien zählen und die Tiefenverarbeitungsstrategien unter die Elaborations- und Organisationsstrategien sowie das kritische Prüfen fallen (vgl. Perels et al., 2020). Erstere, die Wiederholungsstrategien, sind eine der natürlichsten Lernformen, die auch in unserer globalisierten und digitalisierten Welt durchaus einen wichtigen Platz einnehmen (vgl. Martin & Nicolaisen, 2015). Beispiele für diese Lernstrategie sind die Unterteilung der Lerninhalte in kurze Wiederholungssequenzen, aber auch Eselsbrücken sowie die Loci-Methode2 können bei dieser Lernstrategie eingesetzt werden. Diese Oberflächenstrategien dienen einem reinen Faktenlernen, während die Tiefenstrategien zu einem fest verankerten Wissensschatz führen (vgl. Perels et al., 2020). Zu diesen Tiefenstrategien gehören beispielsweise das Erstellen von Mindmaps, das Anknüpfen von unbekanntem Wissen an Vorwissensbestände oder auch das kritische Hinterfragen des Lerngegenstands (vgl. Martin & Nicolaisen, 2015).
Metakognitive Lernstrategien werden auch als Überwachungs- und Regulationsstrategien bezeichnet (vgl. Leutner & Leopold, 2006). Ihr Ziel ist es, eine sogenannte prozedurale Lernkompetenz aufzubauen, also das eigene Lernen zu planen, zu regulieren und zu reflektieren, um zu einem besseren Lernergebnis zu gelangen (vgl. Martin & Nicolaisen, 2015). Demnach prüfen die metakognitiven Lernstrategien den Einsatz und den Erfolg der kognitiven Strategien und beobachten das Lernverhalten, um gegebenenfalls zu intervenieren (vgl. Perels et al., 2020). Beispielsweise handelt es sich um eine metakognitive Überwachungsstrategie, wenn ein Lernender beim Wissensaneignungsprozess kurz innehält und überprüft, ob er oder sie sich dem angestrebten Lernziel durch die ausgewählte Lernstrategie annähert und ob er oder sie es auf diese Art und Weise auch erreichen kann (vgl. Leutner & Leopold, 2006). Der Lernende nimmt hierbei eine Vogelperspektive ein (vgl. Martin & Nicolaisen, 2015). Dies kann zum Beispiel durch ein Lerntagebuch unterstützt werden (vgl. Martin & Nicolaisen, 2015). Eine metakognitive Regulationsstrategie kommt nach der Überwachung zum Einsatz und kann konkret das erneute Lesen einer nicht verstandenen Textstelle umfassen oder auch das Notieren offener Fragen für eine kommende Besprechung (vgl. Leutner & Leopold, 2006).
Ressourcenorientierte Lernstrategien werden auch als Stützstrategien bezeichnet und geben die Ressourcen wieder, die dem Lernenden während des Lernprozesses zur Verfügung stehen (vgl. Perels et al, 2020; Martin & Nicolaisen, 2015). Differenziert werden hierbei internale und externale Ressourcen (vgl. Perels et al., 2020). Internale Ressourcen bzw. interne Stützen sind zum Beispiel Anstrengung, Konzentration, Aufmerksamkeit oder auch die Bereitschaft für den eigenen Lernerfolg zu arbeiten (vgl. Perels et al., 2020; Martin & Nicolaisen, 2015). Dies kann beispielsweise durch ein vor Augen führen der eigenen Fernlernziele geschehen. Eine eigene Ressource kann aber auch ein erholter Geist sein, der durch autogenes Training oder andere Stressbewältigungsstrategien aufgebaut werden kann. Externale Ressourcen oder äußere Stützen sind hingegen eine optimale Lernumgebung, eine soziale Unterstützung und eine ausreichende Informationsverfügbarkeit, beispielsweise in Form von Büchern (vgl. Perels et al., 2020). Eine konkrete ressourcenorientierte Lernstrategie kann dabei beispielsweise das Lernen mit Mitschülerinnen oder Mitschülern sein (Martin & Nicolaisen, 2015).
2.3 Modelle der Selbstregulation
2.2.1 Prozessmodelle
Modelle werden in Forschung und in Lehre genutzt, um Sachverhalte vereinfacht darzustellen, ihnen eine übersichtliche Struktur zu geben und letztlich aus ihnen eine Erkenntnis zu gewinnen (vgl. Götz & Nett, 2017). Sie ermöglichen es oftmals, Zusammenhänge zu erfassen und in ihnen angenommene Prozesse zu analysieren (vgl. Götz & Nett, 2017). Auch die Modelle des selbstregulierten Lernens, die aus der pädagogisch-psychologischen Forschung stammen, sind Grundlage für die Förderung der prozessbezogenen Kompetenz. So vielfältig die Definitionen des selbstregulierten Lernens sind, so unterschiedlich sind auch die Modelle dieses Konzepts. Die zahlreichen Modelle (u. a. Wiener, 1948; Zimmerman, 1989; Nelson & Narens, 1990; Schiefele & Pekrun, 1996; Boekaerts, 1999; Borkowski et al., 2000; Schmitz, 2001; Zimmerman & Campillo, 2003; Boekaerts & Niemivirta, 2005; Pintrich, 2005; Winne & Perry, 2005; Schmitz & Schmidt, 2007) haben allerdings gemeinsam, „dass sie ein dynamisches Zusammenwirken motivationaler, kognitiver und metakognitiver Aspekte des Lernens darstellen“ (Götz & Nett, 2017, S. 152). Neben weiteren Kategorisierungsansätzen (z. B. Puustinen & Pulkkinen) werden diese teilweise sehr verschiedenen Modelle selbstregulierten Lernens häufig darin unterschieden, „inwieweit die in den Modellen dargestellten Konstrukte primär eine Hierarchie oder einen (zeitlichen) Prozess darstellen“ (Götz & Nett, 2017, S.154). Die sogenannten Schichten- oder Hierarchiemodelle heben die unterschiedlichen Ebenen der Selbstregulation sowie die darin enthaltenen Aspekte hervor (vgl. Perels et al., 2020). Dabei handelt es sich beispielsweise um bestimmte Lerntechniken und metakognitive Kontrollstrategien (vgl. Nett & Götz, 2019). Die sogenannten Prozess- oder Phasenmodelle hingegen betonen die zeitlich angeordnete Reihenfolge des Prozesses der Selbstre gulation (vgl. Perels et al., 2020).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Prozessmodelle sollen im Folgenden am häufig zitierten Selbstregulationsmodell von Bernhard Schmitz exemplifiziert werden (siehe Abbildung 2). Grundidee dieser Modelle ist der iterative Prozesscharakter selbstregulierten Lernens, bei dem Ziele durch mehrmaliges Wiederholen einzelner regulierter Phasen erreicht werden (vgl. Perels et al., 2020). Das kybernetische Modell eines Regelkreises, das bereits in Kapitel 2.1 ausführlich beschrieben wurde, bildet die Grundlage der Prozessmodelle, die in den letzten beiden Jahrzehnten hervorgebracht wurden (vgl. Perels et al., 2020). Sie wurden immer weiterentwickelt und zunehmend weiter ausdifferenziert. Zum Beispiel wurden Grundannahmen von Bandura (1991a) und Zimmerman (2000) aufgenommen und der zyklische sowie adaptive Charakter der Selbstregulation mehr in den Fokus gerückt. Schmitz (2001; siehe auch Schmitz & Schmidt, 2007) differenziert in seinem Modell auf Grundlage der Überlegungen von Heckhausen (1989) und Gollwitzer (1990) drei Phasen des selbstregulierten Lernprozesses: Die präaktionale Phase, die aktionale Phase und die postaktionale Phase.
Die präaktionale Phase beschreibt den zeitlichen Abschnitt des Lernprozesses vor der eigentlichen Lernhandlung. In dieser Phase existiert in der Regel eine zu bearbeitende Aufgabe in einer bestimmten Lernumgebung. Dabei kann die gestellte Aufgabe fremdbestimmt oder selbst gewählt sein (vgl. Götz & Nett, 2019). Ausgehend von den persönlichen Bedingungen, umgebenden Umweltfaktoren und der Aufgabenstellung setzt sich die lernende Person ein Lernziel (vgl. Hasselhorn & Labuhn, 2008). Die Situation, in der sich die Lernerin oder der Lerner befindet und die Art und Weise der Aufgabe nehmen neben der Zielsetzung Einfluss auf das emotionale Erleben der lernenden Person und ihre oder seine Motivation (vgl. Götz & Nett, 2017). Der geplante Strategieeinsatz der präaktionalen Phase des selbstregulierten Lernprozesses wird letztlich beeinflusst durch alle drei Bedingungen: Emotionen, Ziele und Motivation. Zudem beeinflussen sich diese drei Komponenten gegenseitig (vgl. Götz & Nett, 2017). So kann beispielsweise eine geringe Motivation für die Aufgabenstellung negative Emotionen hervorrufen und das Lernziel herabsetzen. Dieses Zusammenspiel nimmt dann ebenfalls Einfluss auf den geplanten Strategieeinsatz, der bei geringer Motivation und negativer Emotion eher zu einem Einsatz von Oberflächenstrategien, wie zum Beispiel Wiederholungsstrategien, führt (vgl. Götz & Nett, 2017). Bei einem positiven Emotionserleben kommen eher Tiefenverarbeitungsstrategien zum Einsatz, wie zum Beispiel die Elaborationsstrategien, die das neue Wissen an vorhandene Wissensstrukturen anknüpfen (vgl. Götz & Nett, 2017).
Bei der eigentlichen Bearbeitung der Aufgabe in der aktionalen Phase des selbstregulierten Lernprozesses rücken die Faktoren Zeit, Volition und die angewendeten Lernstrategien ins Zentrum. Der Strategieeinsatz, der in der präaktionalen Phase geplant wurde, beeinflusst das Lernen sowohl quantitativ, also die Dauer der aktiven Lernzeit, als auch qualitativ in Form der Nutzung der effektiven Lernzeit (vgl. Götz & Nett, 2017). Neben der Zeit beeinflusst auch die Volition, also der „Wille“, diese Phase des Lernprozesses entscheidend. Die Volition ist dafür ausschlaggebend, ob die lernende Person den Lernprozess aufrechterhält oder sich von der Umgebung (z. B. andere Personen, Freizeitaktivitäten) ablenken lässt (vgl. Götz & Nett, 2017). Auch eigene Gedanken, die für die Aufgabe irrelevant sind, müssen in dieser Phase von der Volition beiseitegeschoben werden, um das Lernen fortzuführen (vgl. Götz & Nett, 2017). Der Lernprozess wird in der aktionalen Phase kontinuierlich durch das sogenannte Self-Monitoring (vgl. Zimmerman, 2000) überwacht. Hierbei wird der Ist-Zustand der Lernleistung mit dem Soll-Zustand verglichen, der sich aus den gesetzten Lernzielen ergibt. Durch die exekutive metakognitive Leistung wird die Effektivität des Lernens bewertet (vgl. Hasselhorn & Labuhn, 2008; Götz & Nett, 2017). Aus allen Einflussgrößen der aktionalen Phase ergibt sich die Lernleistung.
Die postaktionale Phase findet nach der sichtbaren Lernhandlung statt. In ihr wird das Lernergebnis metakognitiv reflektiert (vgl. Hasselhorn & Labuhn, 2008). Schmitz (2001) unterscheidet bei der Bewertung quantitative von qualitativen Faktoren. Dies können beispielsweise die Menge und die Bearbeitungstiefe der gelösten Aufgaben sein (vgl. Götz & Nett, 2017). Die Bezugsnorm der Bewertung kann sich dabei sowohl an externen als auch an internen Normvorstellungen orientieren (vgl. Götz & Nett, 2017). In der postaktionalen Phase wird demzufolge das in der präaktionalen Phase gesetzte Lernziel mit dem Ergebnis der aktionalen Phase verglichen und der gesamte Handlungsablauf reflektiert. Insgesamt wird der Umgang mit Problemen, Schwierigkeiten oder auch Erfolgen bewertet. Daraus leitet die Lernerin oder der Lerner Vorsätze und Schlussfolgerungen für nächste Lernsequenzen ab (vgl. Perels et al., 2020). Entweder wird dabei versucht, den Lernprozess zu optimieren oder funktionierende Strategien beizubehalten. Schlussendlich findet eine Ziel- und/oder Strategiemodifikation statt.
Das Modell von Schmitz (2001) stimmt mit den Erkenntnissen von Sitzmann und Ely (2011) überein, die Zielsetzung, Anstrengung, Ausdauer und Selbstwirksamkeit als Erfolgsfaktoren für selbstreguliertes Lernen in ihrer Metaanalyse identifiziert haben. Pintrich (2000) hat ein ganz ähnliches Prozessmodell erarbeitet, in dem allerdings nicht drei, sondern vier Phasen der Selbstregulation voneinander abgegrenzt werden: Die Planungs- und Aktivationsphase, die Überwachungs- oder Monitoringphase, die Kontrollphase und die Reaktions- und Reflexionsphase. Zudem werden im Gegensatz zu Schmitz (2001) die vier Regulationsfaktoren Kognition, Motivation/Affekt, Verhalten und Kontext differenziert, die sich auf jede der vier genannten Phasen beziehen (vgl. Pintrich, 2000). Die Prozessmodelle sind besonders geeignet, um die Phasen des Lernens aufzuzeigen und die jeweils beteiligten kognitiven, metakognitiven, emotionalen und motivationalen Perspektiven zu strukturieren. Des Weiteren können aus ihnen Implikationen für die Förderung selbstregulierten Lernens abgeleitet werden, weshalb sich auch die fachdidaktische Literatur auf die Erkenntnisse der pädagogisch-psychologischen Forschung stützt (vgl. Götz & Nett, 2017).
2.2.2 Schichtenmodelle
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die sogenannten Schichtenmodelle lassen sich den bereits beschriebenen Prozess- oder Phasenmodellen gegenüberstellen. Sie rücken nicht den zeitlichen Ablauf des Lernprozesses, sondern die unterschiedlichen Ebenen – die „Schichten“ – selbstregulierten Lernens ins Zentrum der Betrachtung (vgl. Perels et al., 2020). Ein oft in der Forschung zitiertes Modell ist das Drei-Schichtenmodell von Monique Boekaerts (1999; siehe Abbildung 3).
In diesem Modell sind zielscheibenähnlich drei Ebenen der Regulation angeordnet: Die Regulation des Verarbeitungsmodus, die Regulation des Lernprozesses und die Regulation des Selbst. Alle drei Schichten sind Teile des selbstregulierten Lernens. Damit definiert Boekaerts (1999) selbstreguliertes Lernen als Interaktion kognitiver Kompetenzen, metakognitiver Fähigkeiten und der Regulation des Selbst. Diese drei Ebenen enthalten wiederum unterschiedliche Bestandteile selbstregulierten Lernens (vgl. Götz & Nett, 2017).
Im Zentrum des Modells steht die Regulation des Verarbeitungsmodus und damit der kognitive Prozess der Selbstregulation. Damit ist die konkrete Wahl kognitiver Strategien gemeint, die der Aneignung des Lerngegenstandes dienen. Demzufolge ist die Kenntnis und Nutzung von Lernstrategien Grundvoraussetzung für die regulatorische Tätigkeit der lernenden Person im Prozess (vgl. Götz & Nett, 2017). Die Lernende oder der Lernende muss folglich für das selbstregulierte Lernen über ein Repertoire an kognitiven Lern- und Problemlösestrategien verfügen (vgl. Götz & Nett, 2017). Im Unterricht sollten Lehrerinnen und Lehrer deshalb verschiedene Lernstrategien vermitteln, damit die Schülerinnen und Schüler ein gewisses Repertoire an Lernstrategien besitzen (vgl. Nett & Götz, 2019).
In der mittleren Ebene, der metakognitiven Schicht, wird der Lernprozess durch den Gebrauch metakognitiven Wissens überwacht und anschließend gesteuert. Dies geschieht, indem sowohl metakognitives Wissen als auch metakognitive Strategien genutzt werden (vgl. Perels et al., 2020). Somit wird der Einsatz der kognitiven Lernstrategien beobachtet und gegebenenfalls reguliert (vgl. Götz & Nett, 2017). Drei essenzielle metakognitive Strategien sind Planung, Regulation und Monitoring, die einen sinnvoll stattfindenden Lernprozess gewährleisten (vgl. Nett & Götz, 2019). Beim Monitoring erfolgt dabei eine Bewertung des Lernprozesses in Bezug auf die Ist-Soll-Differenz, auf deren Grundlage dann gegebenenfalls eine Regulation, zum Beispiel in Form eines Strategiewechsels, erfolgt (vgl. Götz & Nett, 2017). Im Schulalltag nehmen Lehrerinnen und Lehrer ihren Schülerinnen und Schülern die metakognitive Überwachung und Steuerung des Lernprozesses ab, indem sie beispielsweise Vorbereitungspläne auf eine Klassenarbeit erstellen und herausgeben (vgl. Nett & Götz, 2019). Diese Unterstützung ist für Schülerinnen und Schüler, die ihr Lernen noch nicht selbst regulieren können, durchaus sinnvoll, jedoch ist die Wahl der Lern- und Problemlösestrategien sehr individuell und bereits junge Schülerinnen und Schüler sollten lernen, ihren Lernprozess möglichst selbstständig zu regulieren (vgl. Nett & Götz, 2019).
Die äußere Ebene des Schichtenmodells von Boekaerts (1999) thematisiert die übergeordnete Regulation des Selbst, die sich zum größten Teil aus volitionalen und motivationalen Aspekten zusammensetzt (vgl. Perels et al., 2020). Insbesondere werden auf dieser Ebene des Lernprozesses Ziele gesetzt und Entscheidungen bezüglich der Ressourcen (z. B. Ruhe, Zeit, Energie) für die Erreichung dieser Ziele getroffen (vgl. Perels et al., 2020). Letztlich handelt es sich hierbei um die regulatorischen Fähigkeiten der Lernenden Lernhandlungen in Bezug auf Fernziele und kurzfristige Ziele zu planen, auszuführen und vor internen und externen Ablenkungen abzuschirmen (vgl. Götz & Nett, 2017).
Die konzentrisch angeordneten Ellipsen im Schichtenmodell Monique Boekaerts (1999) machen vor allem die Verknüpfung der Ebenen deutlich, wobei immer die innen liegende Ellipse Voraussetzung für die außen liegende Ebene ist (vgl. Nett & Götz, 2019). Das Modell ist Grundlage für die Einordnung bedeutsamer Lernstrategien und macht die Verwobenheit der einzelnen Komponenten im gesamten Konzept des selbstregulierten Lernens deutlich.
Neben dem Drei-Schichtenmodell von Boekaerts gibt es noch weitere Modelle, die den Stufencharakter des selbstregulierten Lernprozesses betonen. Das Hierarchiemodell von Landmann & Schmitz (2007a) beschreibt ebenfalls verschiedene Ebenen, die aufeinander aufbauen und bezieht auch prozessuale Komponenten mit ein (vgl. Perels et al., 2020). Die Autorin und der Autor gestalten in ihrem Modell Schichten, die sich auf das Self-Monitoring unterschiedlicher Regulationsordnungen beziehen (Ausführungsregulation, Strategieregulation, Mustererkennung und Zielregulation). Gekoppelt sind diese Ebenen an zeitliche Komponenten des Lernprozesses (Zielsetzung, Strategieauswahl, präaktionale Phase, aktionale Phase, postaktionale Phase und Kontrolle der Zielerreichung).
2.4 Förderung der Selbstregulation
2.4.1 Fördermodell
Die Förderung selbstregulierten Lernens knüpft an einen komplexen Prozess an, der von einer großen Anzahl an motivationalen, kognitiven und metakognitiven Teilaspekten beeinflusst wird und dementsprechend vielschichtig ist (vgl. Götz et al., 2006). Infolgedessen ist auch das Modell zur Förderung selbstregulierten Lernens von Götz und Nett (2017) an dieser Vielschichtigkeit orientiert und gliedert sich in die Förderbereiche Emotionen, Motivationen, Metakognitionen und Ressourcen (siehe Abbildung 4).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Insgesamt soll das Modell als Ausgangsbasis für die Förderung selbstregulierten Lernens dienen, um alle nötigen Teilaspekte zu berücksichtigen. Die in Kapitel 2.3 beschriebenen Modelle der Selbstregulationen bilden dabei die Grundlage – insbesondere das Wissen und die Kompetenzen, die in ihnen ausgeführt werden. Somit ist das Fördermodell selbstregulierten Lernens von Götz und Nett (2017) ein Meta-Modell, das nach der Auswahl eines Selbstregulationsmodells für die Förderung in der Schule genutzt werden kann. Die Kompetenzen, die für ein erfolgreiches selbstreguliertes Lernen eine Rolle spielen, sind zum Beispiel der passende Einsatz an Lernstrategien und das Wissen über diese sowie die Kompetenz zum Monitoring (vgl. Götz & Nett, 2017).
Im Mittelpunkt des Fördermodells steht das selbstregulierte Lernen. Dieses kann nach Götz und Nett (2017) nur erfolgreich sein, wenn die Lernende oder der Lernende über ein gewisses Repertoire an Wissen und Kompetenzen zu Aspekten selbstregulierten Lernens verfügt. Im Prozess des selbstregulierten Lernens selbst bilden sich allerdings weitere Fähigkeiten aus, weshalb das selbstregulierte Lernen und das Wissen sowie die Kompetenzen zu Aspekten selbstregulierten Lernens sich gegenseitig beeinflussen (vgl. Nett & Götz, 2019). Aus diesem Grund hängt die Wirksamkeit von Förderprogrammen stark von den bereits vorhandenen Kompetenzen und dem bestehenden Wissen bei Schülerinnen und Schülern ab (vgl. Götz & Nett, 2017). Beim Einsatz des Modells zur Förderung kann es zudem sinnvoll sein, dieses Metamodell und das jeweils ausgewählte Selbstregulationsmodell (Prozess- oder Schichtenmodell) den Schülerinnen und Schülern altersstufengerecht aufgearbeitet zu zeigen, dies konnte unter anderem in evaluierten Trainingsprogrammen demonstriert werden (vgl. Stöger et al., 2014). Auch Ableitungen der Prozessmodelle selbstregulierten Lernens eignen sich zur Bewusstmachung der selbstregulierten Lerninhalte. Ein Beispiel hierfür ist der „Berg des Lernens“, der sich wie das Prozessmodell von Schmitz (2001) an den drei Phasen des Lernprozesses orientiert (vgl. Hertel, 2007). Altersgerecht aufgearbeitet ermöglichen solche Visualisierungen einen leichteren Zugang zu dem abstrakten Thema des selbstregulierten Lernprozesses und versprechen einen höheren Fördererfolg. Produktiv kann die Förderung selbstregulierten Lernens darüber hinaus nur sein, wenn den Schülerinnen und Schülern ein gewisser Grad an Freiheit zur Gestaltung des eigenen Lernprozesses gestattet wird (vgl. Sierens et al., 2009).
Förderliche Perspektiven zum Aufbau von Wissen und Kompetenzen zum selbstregulierten Lernen sind die im Modell visualisierten individuellen Voraussetzungen der Lernenden in den Bereichen Emotionen, Motivationen, Metakognitionen und vorhandenen Ressourcen (vgl. Götz & Nett, 2017). Demzufolge „kann erfolgreiches selbstreguliertes Lernen insbesondere dann stattfinden, wenn Lernende beim selbstregulierten Lernen positive Emotionen erleben, motiviert sind, sich die Lerninhalte eigenständig anzueignen, über die notwendigen Ressourcen, wie z. B. Zeit und Arbeitsmaterialien verfügen und zudem wissen, wie effiziente Selbststeuerung funktioniert“ (Nett & Götz, 2019, S. 81). Auch hier gilt die gegenseitige Beeinflussung. Beispielsweise ist Motivation nötig, damit sich Schülerinnen und Schüler Wissen zum selbstregulierten Lernen aneignen. Der sich anschließende Erfolg beim selbstregulierten Lernprozess unter der Anwendung dieses Wissens erhöht anschließend wiederum die Motivation. Die Bereiche Emotionen, Motivationen, Metakognitionen und Ressourcen beeinflussen sich außerdem gegenseitig und können sich entweder verstärken oder behindern (vgl. Götz & Nett, 2017).
Die Bedeutsamkeit von Emotionen in Bezug auf das Lernen wurde in der empirischen Bildungsforschung bereits vielfach erkannt (z. B. Schutz & Pekrun, 2011). So kommt es beispielsweise dazu, dass positive Emotionen meist die intrinsische Motivation steigern (vgl. Götz & Nett, 2017). Wenn Lernende während des Lernprozesses positive Emotionen, wie zum Beispiel Stolz oder Freude empfinden, erfolgt eine ganzheitliche Tiefenverarbeitung, was sich wiederum positiv auf die Aneignung von Wissen und Kompetenzen auswirkt (vgl. Götz & Nett, 2017). An diesem Punkt können Lehrerinnen und Lehrer in ihrem Unterricht ansetzen, indem sie dem Thema des selbstregulierten Lernens mit Enthusiasmus und Freude begegnen und damit das positive Erleben bei ihren Schülerinnen und Schülern fördern (vgl. Keller et al., 2016).
Die Motivation von Schülerinnen und Schülern für das selbstregulierte Lernen kann unter anderem gefördert werden, wenn Lehrkräfte die Relevanz und die Effektivität selbstregulatorischer Kompetenzen verdeutlichen (vgl. Götz & Nett, 2017). Methoden und Strategien kennenzulernen, die den Lernprozess effektiver und einfacher gestalten liegt im Interesse der Lernenden und wirkt motivierend. Auch die Vermittlung einer adäquaten Selbstwirksamkeitsüberzeugung kann die Motivation der Lernenden erhöhen (vgl. Nett & Götz, 2019). Empirische Studien konnten darlegen, dass Selbstwirksamkeitsüberzeugungen einen signifikanten Einfluss auf die Intensität der Selbstregulation nehmen (vgl. Caprara et al., 2008; Bouffard-Bouchard et al., 1991; Eilam et al., 2009).
Neben dem positiven Einfluss auf Emotionen und Motivationen kann der Prozess des selbstregulierten Lernens auch durch eine Verbesserung der zur Verfügung stehenden Ressourcen gefördert werden. Auf der Seite der Lernenden können dies beispielsweise Zeit, die Verfügbarkeit von Lernmaterialien oder auch personelle Ressourcen bei der Unterstützung des Lernprozesses sein (vgl. Nett & Götz, 2019). Auf der Seite der Lehrkräfte, die als personale Ressource ebenfalls Einfluss auf das selbstregulierte Lernverhalten der Schülerinnen und Schüler nehmen, sind Aus- und Weiterbildungsangebote zur Vermittlung der gewünschten Kompetenzen unabdingbar (vgl. Götz & Nett, 2017). Damit ist die Förderung selbstregulierten Lernens ein langfristiger Prozess (vgl. Götz & Nett, 2017). Für die Schulpraxis ist vor allem wichtig, der Kompetenz zum selbstregulierten Lernen im Curriculum genügend Aufmerksamkeit zu schenken, um die nötigen zeitlichen und personellen Ressourcen bereitstellen zu können (vgl. Götz & Nett, 2017). Spielt dieser Lernprozess nur eine untergeordnete Rolle, haben die Lehrerinnen und Lehrer kaum die Möglichkeit und den Spielraum der Vermittlung dieser Fähigkeiten und Fertigkeiten den notwendigen Raum zu geben. Zudem muss allerdings auch berücksichtigt werden, dass die Schülerinnen und Schüler bezüglich ihrer Arbeitsbelastung nicht zusätzlich beansprucht werden (vgl. Götz & Nett, 2017).
[...]
1 Lernziele sollten nach der SMART-Formel stets spezifisch, messbar, attraktiv bzw. akzeptiert, realistisch und terminiert sein (vgl. Drucker, 1977).
2 Die Loci-Methode ist eine kognitive Lernstrategie, bei der die Lernerin oder der Lerner neue Lerninhalte mit bekannten Orten bzw. einer Reihe von Orten verknüpft, die zum einen im Gehirn fest verankert sind und zum anderen in einer ganz bestimmten Reihenfolge passiert werden, z.B. ein Nachhauseweg (vgl. Glowalla, 2008). Möchte sich der Lernende später an den neuen Lerninhalt erinnern, muss er lediglich den Weg in Gedanken nachverfolgen und „findet“ die nötige Information (vgl. Glowalla, 2008).
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