Wie in der vorliegenden Arbeit ersichtlich wird, ist der "contrapasso" als Modell der Vergeltung keineswegs eine Erfindung des padre della lingua italiana, wie Dante Alighieri liebevoll genannt wird. Vielmehr handelt es sich um ein schon lange in der Gesellschaft verankertes Konzept, dessen Etymologie in dieser Arbeit thematisiert wird.
Weiters wird verdeutlicht, dass der Schmerz, den die Sünder des Inferno dantesco erleiden, nicht auf ein einziges Leid zurückzuführen ist, das sie quält. Vielmehr ist es ein ganzes Paket an Martern, das den Schatten auf ewig zusetzt. Unter der Pein der Sinne, die poena sensus, fallen die dem Leser offensichtlichen und grausam beschriebenen Leiden der Sünder, die ein wesentlicher, den Leser belehrender, Bestandteil des Inferno sind. Was die Innerlichkeit eines Schattens der Hölle betrifft, wird in der Arbeit klar hervorgehoben, dass auch hier in mehrfacher Hinsicht gelitten wird. Neben der poena damnis, der Entziehung Gottes, ist es in den meisten Fällen die immer wiederkehrende Erinnerung an das irdische Leben mitsamt den dort verrichteten Schandtaten, die den Seelen ewige Unruhe und Unzufriedenheit beschert.
Die Sünde eines Schattens zeichnet sich, wie mehrmals unterstrichen, in der Realisierung des contrapasso ab. Hierbei schließt sich der Kreis, wenn gesagt wird, dass es die Strafe als Spiegelbild oder zumindest im engen Verhältnis zur Sünde selbst ist, die eine Seele aber und abermals an das erinnert, was ihr unendliche Qualen bereitet: ihre eigene Verfehlung. Bezüglich Dantes Methoden der Umsetzung des contrapasso wird unter dem Punkt 3.2. eine grobe, aber relevante, Unterscheidung vorgenommen: die Distinktion der contrapassi per analogia von den contrapassi di contrasto. Besonders das letzte Kapitel (ab Punkt 4) soll bestmöglich Aufschluss darüber geben, zu welchen Methoden der Autor in den konkreten Fällen greift, um die Evidenz der Sünde in der Vergeltung zu gewährleisten. Die Verbildlichung des Vergehens mithilfe von Metaphern hat es Dante Alighieri ermöglicht, das nicht Darstellbare mit Worten so genau zu beschreiben, dass der Leser beinahe dazu gezwungen ist, sich das Szenario bildlich vorzustellen. Das Zusammenspiel von verschiedenen untereinander abhängigen Strafen, wie am Beispiel von Ugolino und dem Erzbischof Ruggieri, ergibt einen funktionierenden Kreislauf, demnach die Strafe des einen gleichzeitig die Strafe des anderen ergibt.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Il contrapasso
- 2.1. Das Talionsprinzip der Bibel als Modell der Vergeltung
- III. Inferno: das Leiden in seiner Mannigfaltigkeit
- 3.1. La Tenebra, sofferenza e nudità
- 3.2. Der contrapasso der Analogie und der Antithese
- 3.3. Le pene nell'Inferno
- 3.4. Vergeltung und Belohnung in den weiteren cantiche
- 3.4.1. Purgatorio
- 3.4.2. Paradiso
- IV. Dantes Darstellung des contrapasso im nicht-theoretischen Rahmen
- 4.1. Die Körperlichkeit der Schatten als Merkmal in der Commedia
- 4.2. Die contrapassi in konkreten, ausgewählten Fällen
- 4.2.1. Canto V: Francesca e Paolo
- 4.2.2. Canto XXVIII: Bertran de Born
- 4.2.3. Canto XXXIII: l'episodio e contrapasso di Ugolino Della Gherardesca
- V. Fazit
- VI. Bibliografie
- VII. Internetquellen
- VIII. Gender Erklärung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit befasst sich mit dem Konzept des contrapasso in Dantes Divina Commedia, insbesondere im Inferno. Die Arbeit untersucht die gerechte Vergeltung der Sünden im Inferno und analysiert, wie der contrapasso als Modell der Gerechtigkeit in der Commedia eingesetzt wird. Darüber hinaus wird die Wirkung der Sünde auf die Strafe der Verdammten untersucht, um den Zusammenhang zwischen den begangenen Sünden und den ihnen zugeordneten Strafen im Inferno zu beleuchten.
- Das Konzept des contrapasso in der Divina Commedia
- Die Rolle des contrapasso im Inferno
- Die Verbindung zwischen Sünde und Strafe
- Dantes Darstellung des contrapasso in konkreten Fällen
- Die Umsetzung des contrapasso in ausgewählten Cantos
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Kontext und die Motivation für die Untersuchung des contrapasso erläutert. Das zweite Kapitel widmet sich dem Konzept des contrapasso und seiner historischen Entwicklung, wobei es insbesondere auf das Talionsprinzip der Bibel als Vorbild für die Vergeltung eingeht. Kapitel drei behandelt das Leiden der Verdammten im Inferno und beleuchtet die vielfältigen Arten der Strafe, die Dante in seiner Darstellung verwendet. In Kapitel vier werden Dantes Darstellung des contrapasso im Inferno und die Umsetzung des Prinzips in konkreten Fällen wie dem Canto V (Francesca e Paolo) und dem Canto XXVIII (Bertran de Born) untersucht. Kapitel fünf beschäftigt sich mit dem Canto XXXIII und dem Fall von Ugolino Della Gherardesca. Der letzte Teil beinhaltet eine Zusammenfassung der Ergebnisse und einen Ausblick auf weitere Forschungsfelder.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen des contrapasso, der Gerechtigkeit, der Sünde, der Strafe, des Inferno, der Divina Commedia, Dante Alighieri und die Umsetzung des contrapasso in konkreten Fällen. Weitere wichtige Begriffe sind Talionsprinzip, Analogie, Antithese, Körperlichkeit der Schatten und die Darstellung der Verdammten in der Commedia.
- Arbeit zitieren
- Simone Filzmaier (Autor:in), 2021, Dantes Konzept des "contrapasso" unter besonderer Berücksichtigung von "Inferno XXXIII", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1234794