Die Arbeit stellt den sozialversicherungsrechtlichen Entsendebegriff in der EU und den arbeitsvertraglichen Entsendebegriff gegenüber. Dabei wird zunächst die Anwendbarkeit der europäischen Verordnungen hergeleitet und Begriffsbestandteile des Artikel 12 der VO (EG) 883/2004 betrachtet. Das nationale Sozialrecht wird dabei kurz angesprochen, das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf dem EU-Sozialversicherungsrecht.
Anschließend wird der Artikel 8 der Rom I-Verordnung zur Begriffsbestimmung der arbeitsvertraglichen Entsendung herangezogen und das Problem des anwendbaren Rechts für Individualarbeitsverträge mit grenzüberschreitenden Bezügen erörtert. Darüber hinaus werden die vertraglichen Ausgestaltungsmöglichkeiten betrachtet. Schließlich werden die Unterschiede, aber auch die Gemeinsamkeiten des sozialversicherungsrechtlichen und des arbeitsvertraglichen Entsendebegriffs im Fazit abschließend dargestellt.
Der Zuwachs an Unternehmen, die ins Ausland expandieren und zur Unterstützung ihre Mitarbeiter entsenden ist eindeutig: laut einer Statistik der Europäischen Kommission wurden allein im Jahr 2016 2,3 Millionen Arbeitnehmer entsendet. Folgt man dieser Statistik, stieg die Zahl der Arbeitnehmerentsendungen zwischen 2010 und 2017 um ganze 69% an. Allein dieser rasante Zuwachs an Arbeitnehmerentsendungen verdeutlicht die zunehmende Bedeutung für Unternehmen und deren Personalabteilungen und gibt der Rechtswissenschaft Anlass, sich mit dem Thema der Arbeitnehmerentsendungen weiter auseinanderzusetzen.
Für den Geltungsbereich der Europäischen Union definiert die Kommission den Begriff des entsendeten Arbeitnehmers, wenn er sich auf Weisung seines Arbeitgebers vom Inland in das Ausland begibt, um dort eine Beschäftigung während eines begrenzten Zeitraumes zu erbringen. Dabei sollen die entsendeten Arbeitnehmer im Arbeitsmarkt ihres Heimatstaates integriert bleiben.
Die Europäische Union hat für die Entsendung von Beschäftigten innerhalb des Binnenmarktes verbindliche Richtlinien und Verordnungen erarbeitet, um die Erhaltung von Arbeitnehmerrechten und Arbeitsbedingungen sicherzustellen und Sozialdumping zu vermeiden. Das in Deutschland geltende Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) ist dabei die Umsetzung der europäischen Entsenderichtlinie 96/71/EG vom 16.12.1996. Darüber hinaus beabsichtigen die Entsenderichtlinien die Förderung der Dienstleistungsfreiheit, die ein Grundpfeiler des Binnenmarktes bildet.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung.
- B. Bestimmung des sozialversicherungsrechtlichen Entsendebegriffs in der EU
- I. Anwendbares Recht national und in Europa
- II. Entsendung im EU-Sozialrecht, Art. 12 VO (EG) 883/04 und seine Grenzen
- III. Bestimmung des arbeitsvertraglichen Entsendebegriffs
- I. Bestimmung des anwendbaren Rechts.
- II. Arbeitnehmerentsendungen unter Berücksichtigung des Art. 8 Abs. 2 Rom I-VO
- III. Eingriffsnormen, Art. 9 Rom I-VO
- IV. Vertragsmodelle
- C. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert den sozialversicherungsrechtlichen Entsendebegriff im EU-Recht und stellt ihn dem arbeitsvertraglichen Entsendebegriff gegenüber. Sie beleuchtet die Anwendbarkeit der relevanten EU-Verordnungen, insbesondere die VO (EG) 883/2004 und die Rom I-Verordnung, um das Problem des anwendbaren Rechts bei grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen zu erörtern. Der Fokus liegt auf der Abgrenzung des Entsendebegriffs im Sozialversicherungsrecht und im Arbeitsrecht sowie auf den Auswirkungen auf Arbeitnehmerrechte und Arbeitsbedingungen.
- Anwendbarkeit des EU-Sozialversicherungsrechts und des Rom I-Rechts auf grenzüberschreitende Arbeitsverhältnisse
- Definition des sozialversicherungsrechtlichen Entsendebegriffs nach Art. 12 VO (EG) 883/2004
- Unterschiede zwischen dem sozialversicherungsrechtlichen und dem arbeitsvertraglichen Entsendebegriff
- Möglichkeiten der vertragsrechtlichen Ausgestaltung von Arbeitnehmerentsendungen
- Auswirkungen von Arbeitnehmerentsendungen auf Arbeitnehmerrechte und Arbeitsbedingungen
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung beleuchtet die Bedeutung von Arbeitnehmerentsendungen im Kontext der europäischen Integration und die Notwendigkeit, Arbeitnehmerrechte und Arbeitsbedingungen in diesem Bereich zu schützen. Sie stellt die Relevanz des Entsendebegriffs sowohl im sozialversicherungsrechtlichen als auch im arbeitsvertraglichen Kontext dar.
- Bestimmung des sozialversicherungsrechtlichen Entsendebegriffs in der EU: Dieses Kapitel analysiert die anwendbaren Rechtsnormen, insbesondere Art. 12 der VO (EG) 883/2004, und erläutert den Begriff des entsendeten Arbeitnehmers im EU-Sozialrecht. Es werden die Voraussetzungen für die Anwendung des Entsenderechts und die Grenzen dieser Anwendung betrachtet.
- Bestimmung des arbeitsvertraglichen Entsendebegriffs: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Definition des Entsendebegriffs im Arbeitsrecht, insbesondere im Kontext von Art. 8 der Rom I-Verordnung. Es analysiert das Problem des anwendbaren Rechts für Individualarbeitsverträge mit grenzüberschreitenden Bezügen und die verschiedenen Vertragsmodelle, die im Zusammenhang mit Arbeitnehmerentsendungen eingesetzt werden können.
Schlüsselwörter
Arbeitnehmerentsendung, EU-Sozialrecht, VO (EG) 883/2004, Art. 12, Rom I-Verordnung, Art. 8, anwendbares Recht, grenzüberschreitendes Arbeitsverhältnis, Arbeitnehmerrechte, Arbeitsbedingungen, Vertragsmodelle, Sozialdumping
- Arbeit zitieren
- Ines Otto (Autor:in), 2022, Der sozialversicherungsrechtliche Begriff der Entsendung im EU-Recht und der Unterschied zum arbeitsvertraglichen Entsendebegriff, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1234798