Die Beziehung zwischen Mobbing und Gruppenzwang im schulischen Kontext


Hausarbeit, 2014

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition des Begriffs Gruppe/Peer Group
2.1 Der Stellenwert von Peer Groups für Jugendliche

3. Gruppenzwang
3.1 Was ist Gruppenzwang und wie äußert er sich?
3.2 Entstehung von Gruppenzwang

4. Mobbing
4.1 Was ist Mobbing?
4.1.1 Mobbing als Gewalttat - Die fünf Arten von Gewalt
4.1.2 Formen von Mobbing
4.2 Entstehung von Mobbing
4.3 Die Beteiligten
4.3.1 Täter
4.3.2 Opfer
4.3.3 Täter/Opfer
4.3.4 Zeugen

5. Gruppenzwang und Mobbing - und ihre gegenseitige Beeinflussung

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Thema Mobbing stellt eine große Problematik unserer heutigen Gesell­schaft dar. Im Schulalltag sehen sich viele Lehrerinnen mit dieser Art von Ge­walt unter Schülerinnen konfrontiert. Mobbing-Fälle sind dabei stets sehr komplex und für Außenstehende schwer nachzuvollziehen. Peer Groups sind ein entscheidender Faktor, wenn es um Mobbing geht. Das dieser Hausarbeit zugrunde liegende Seminar beinhaltete Peers als einen großen Themenkom­plex, deshalb soll die Frage, was Gruppen, bzw. Peer Groups im Speziellen, eigentlich seien, allem voran geklärt werden. Zudem ist es sehr wichtig, sich die Bedeutung, den Stellenwert, den solche Peer Groups für Jugendliche ha­ben, vor Augen zu führen. Auf dieser Grundlage ist das weitere Vorgehen leichter zu verstehen, da die Peers der Schülerinnen immer wieder auftreten werden und die Möglichkeit von Gruppenzwang nur auf der Basis des Stel­lenwertes der Zugehörigkeit zu Gruppen erläutert werden kann.

Nachdem also sowohl in definitorischer Hinsicht, als auch inhaltlich mit Blick auf die Jugendlichen die Bedeutung von Peer Groups herausgestellt wurde, gelangt diese Arbeit zu dem Themenkomplex des Gruppenzwanges, auch Gruppendruck genannt. Hierbei soll die Funktionsweise und Dynamik von Gruppenzwang verdeutlicht werden, indem eine nähere Betrachtung der Ent­stehung und Äußerung von Gruppendruck vorgenommen wird.

Diese Hausarbeit beschäftigt sich des Weiteren mit der Frage, was Mobbing eigentlich ist, und versucht, die Strukturen von Mobbing aufzudecken und zu erläutern. Neben der Klärung von Definitionsansätzen und der Entstehung von Mobbing sollen hier auch die Rollen der verschiedenen Beteiligten be­leuchtet werden. Wie wird ein Mensch im Schulalter zum Täter und was be­deutet Mobbing für das Opfer? Was verbirgt sich hinter dem Begriff „Täter/Opfer“ und welche entscheidende Rolle können Zeugen spielen? Anschließend an die Darstellung der beiden Themenschwerpunkte dieser Ar­beit soll ein Transfer von beiden auf ihre gegenseitige Beziehung stattfinden. In der Literatur gibt es nur wenige Hinweise auf die Verbindung zwischen Mobbing und Gruppendruck, deshalb wird besagter Transfer auf der Basis der zuvor dargelegten Ergebnisse von der Autorin der vorliegenden Hausar­beit selbst vollzogen. Die Arbeit gilt dem Versuch, die komplexen Dynamiken und Strukturen, welche auf die Prozesse und Hintergründe von Mobbing einwirken und diese bestimmen, unter der Berücksichtigung der dann entstehenden sozialen und psychischen Konstellationen, zu erfassen. Inwiefern beeinflussen Mobbing und Gruppenzwang sich gegenseitig?

2. Definition des Begriffs Gruppe/Peer Group

Mueller und Thomas halten in ihrer „Einführung in die Sozialpsychologie“ (1974) auf Seite 93 fest, dass ein Teil der Definitionen des Gruppenbegriffs auf „Interaktion“ abziele, während der andere Teil die „Norm“ in den Vorder­grund stelle. So sei ,,[e]ine Definition, die auf Interaktion besonderen Wert legt“, folgende:

„Eine Gruppe ist definiert durch die Interaktion. Wenn wir sagen, die Individuen A, B, C, D, E bilden eine Gruppe, so bedeutet das, daß [sic] zumindest die folgenden Umstände herrschen: Innerhalb eines gegebenen Zeitraumes steht A häufiger mit B, C, D, E in Interaktion als mit M, N, L [...] Auf diese Weise ist es möglich, durch bloße Zählung von Interaktionen eine Gruppe herauszuarbeiten, die sich quantitaiv von anderen Gruppen unterscheidet“ (Homans I960: 102f. in: Mueller/Thomas 1974: 93f.)

Geht man von der Bestimmung von Normen in der Bildung von Gruppen aus, so biete sich folgende Definition an:

„Die Definition von Gruppe, für die man sich entscheidet, hängt natürlich von dem Zweck ab, fürden man sie braucht [...] Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang die Wirkung der Normen, die das Individuum mit anderen teilt oder zu teilen glaubt.“ (Newcomb 1959: 424f. in: Mueller/ Thomas 1974: 94).

Von diesen beiden verschiedenen Definitionsansätzen abgesehen, existieren Bestimmungsmerkmale, die Gruppen generell ausmachen. Sie werden von König und Schattenhofer dargestellt. Diese benennen die Gruppengröße von „3 bis ca. 20 Mitgliedern]“ (König/Schattenhofer 2011: 15), die „gemeinsame Aufgabe oder ein gemeinsames Ziel“ (ebd.), sie rücken die „Kommunikation“ (ebd.) in den Vordergrund, die von Angesicht zu Angesicht, also direkt, mög­lich sein sollte (vgl. ebd.), und sie heben die nötige „Dauer“ (ebd.) einer Gruppe hervor, die zwischen „3 Stunden [...] bis zu vielen Jahren“ (ebd.) an­halten solle. Wachse eine Gruppe durch zum Beispiel einen großen zeit­lichen Umfang zusammen, so stellen sich laut den Autoren ein Gefühl der „Gruppenzugehörigkeit und des Gruppenzusammenhalts“ (ebd.) und „ein Ge­flecht aufeinander bezogener sozialer Rollen, die auf das Gruppenziel gerich­tet sind“ (König/Schattenhofer 2011: 15) ein. Sie betonen ferner, dass „ein System gemeinsamer Normen und Werte als Grundlage der Kommunika­tions- und Interaktionsprozesse“ (ebd.) entstehe, womit sie die zuvor be­schriebenen unterschiedlichen Ansätze vereinen.

Will man nun den Bezug zu Peer Groups herstellen, so sind die zuvor festge­haltenen Aspekte lediglich auf Jugendliche einer Altersklasse zu beziehen. Peers sind Gleichaltrige eines Individuums, die mit diesem in Interaktion ste­hen, zum Beispiel dadurch, dass sie in einer Schulklasse sind. So müssen Peers nicht immer gleichbedeutend mit Freunden sein, die Beziehungen in­nerhalb einer Peer Group, die zum Beispiel, wie es in dieser Hausarbeit be­handeltwird, ein und derselben Klasse angehören, lassen große Heterogeni­tät und damit auch großes Konfliktpotenzial zu. In einer solchen schulischen Peer Group kann es zu der Bildung weiterer kleinerer Peer Groups kommen, deren Mitglieder dann zum Beispiel tatsächlich freundschaftliche Beziehun­gen pflegen. Auf diesen Themenkomplex wird in Kapitel 3 noch weiter einzu­gehen sein.

2.1 Der Stellenwert von Peer Groups für Jugendliche

Wenn der Stellenwert einer Peer Group für einen Jugendlichen bestimmt werden soll, so ist dieser an dem Nutzen einer solchen Gruppe von Gleich­altrigen für den Einzelnen zu messen. Alsaker und Flammer (2011) heben hervor, dass Jugendliche durch ihre Beziehungen zu Gleichaltrigen ihren „Selbstwert“ (Alsaker/Flammer 2011: 152) beziehen. In der Phase der Ado­leszenz würden die Beziehungen zu Erwachsenen, wie zum Beispiel den El­tern, an Bedeutung verlieren, diese zu den Peers jedoch an Bedeutung ge­winnen (vgl. ebd.). Oftmals existiere sogar die feste Erwartung, dass sich an diesen Gleichaltrigen orientiert werden müsse (vgl. Adams/Gullota/Mark- strom-Adams 1994 in: Alsaker/Flammer 2011: 152). „Dies verleiht den Be­wertungen durch die Peers und derwahrgenommenen Sozialkompetenz eine zentrale Rolle in der Selbstbeurteilung.“ (Alsaker/Flammer 2011: 152). Der Selbstwert werde in dieser Phase also zu einem sehr großen Teil aus der Qualität der Beziehungen zu den Peers gezogen. Verstärkend kommt noch hinzu, „dass soziale Akzeptanz in öffentlichen Settings [...] größere Anteile der Varianz im Selbstwert erklärt als Akzeptanz von nahen Freunden.“ (Har­ter 1999 in: Alsaker/Flammer 2011: 152). Die Öffentlichkeit repräsentiert da­bei ein breiteres Spektrum an Meinungen und somit Objektivität, ein generel­les Meinungsbild, das dadurch mehr Wert für das Individuum hat als einzelne Meinungen von „nahen Freunden“. Der extrem hohe Stellenwert, den Peer­Beziehungen für Jugendliche einnehmen, kann auch durch Studien bezeugt werden, die herausfanden, dass zum Beispiel von Mobbing gezeichnete, also schlechte Beziehungen zu Gleichaltrigen in der Jugendphase zu einer sehr negativen Selbstbewertung bis ins Erwachsenenalter hinein führen. Also: Der Selbstwert eines Individuums wird im Jugendalter für meist das ganze Leben durch die Bewertung der Peers bestimmt. Deshalb ist es in diesem Alter von elementarer Wichtigkeit, gute Beziehungen zu seinen Peers aufrechtzuerhal­ten, und dazu zählt die feste Zugehörigkeit zu Peer Groups.

3. Gruppenzwang

Nachdem der Themenkomplex der Peer Groups abgeschlossen wurde, gilt es nun, die Strukturen und Prozesse, die sich hinter dem Begriff Gruppen­zwang bzw. Gruppendruck verbergen, zu erläutern. Gruppenzwang kann nur entstehen, wenn eine Gruppe überhaupt vorhanden ist. Was eine Gruppe ist, wodurch sich daran anlehnend speziell die Peer Group auszeichnet und wie wichtig die Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe für Schülerinnen ist, wur­de in Kapitel 2 dargelegt. Darauf aufbauend ist nun die Entstehung und Äußerung von Gruppendruck aufzuzeigen.

3.1 Was ist Gruppenzwang und wie äußert er sich?

Gruppenzwang ist gekennzeichnet durch den „Erwartungsdruck“ (Bittner 2013: 86) der Mitglieder einer Gruppe bzw. Peer Group, der auf ein Individu­um, das dieser Peer Group angehört, gerichtet ist. Von der Gruppe wird ein bestimmtes Verhalten erwartet, das das Individuum dann zu leisten hat. Eine Gruppe habe in einer solchen Situation immer ein „Druckmittel“ (ebd.: 87), das eingesetzt werde, sollte die Möglichkeit bestehen, dass das Individuum sich dem Erwartungsdruck nicht beugt. Häufig beinhalte dieses Druckmittel, dem Betreffenden „die Zugehörigkeit zu entziehen“ (Bittner 2013: 87). Dadurch wirkt der Gruppenzwang auf besagtes Individuum, der es zu „Konformität“ (Wilkening 1978: 1) zwingt.

„Konformität ist immer gekennzeichnet durch eine Anpassung, ein Nachgeben gegenübereinem Gruppendruck, wobei die Verhaltensänderung stets in Richtung aufeine größere Übereinstimmung mitder Gruppe und den von ihrgeäußerten Normen erfolgen muß [sic], [...] Im allgemeinen genügt die reine Anwesenheit mehrerer Personen, die abweichende Urteile ab­geben, zur Induzierung einer Urteilsänderung.“ (ebd.)

Gruppenzwang beschreibt also die Einwirkung einer Gruppe auf einen Ein­zelnen und äußert sich in einer Konformität innerhalb der Gruppe, die das In­dividuum erst noch annehmen muss. Aufgrund der dann vorherrschenden, tatsächlich Druck und Spannung auslösenden Gruppendynamik nimmt das Individuum diese Konformität auch an, da es sonst den Ausstoß aus der Gruppe riskiert (vgl. Bittner 2013: 87), was, wie im vorherigen Kapitel be­leuchtet wurde, existentielle Konsequenzen für das Individuum nach sich zie­hen kann und darum als unbedingt zu vermeiden gilt.

3.2 Entstehung von Gruppenzwang

„Wenn das Individuum zum Mitglied einer von ihm positiv bewerteten Gruppe werden will, wird es im allgemeinen seine Denk- und Handlungsweisen und Gefühle in Richtung auf die Gruppennormen verändern.“, hält Leon Mann 1999 in seinem Werk „Sozialpsychologie“ auf Seite 64 fest. Hier wird deut­lich, dass der Jugendliche, der sich einer Peer Group anschließt, im Prozess dieses Anschließens bereits eine erste notwendige Anpassung durchläuft. Er gibt also „einen Teil seiner Individualität“ (ebd.) auf, um Zugehörigkeit zu fin­den und zu behalten. „Auf diese Weise entsteht der Gruppendruck, der die Gruppenkonformität unter den Mitgliedern herbeiführt.“ (ebd.). Durch den zu­vor beschriebenen hohen Stellenwert, den die Peer Group für das Individuum hat, ist es bestrebt, die Gruppenkonstellation aufrechtzuerhalten und sich in diesem Sinne konform zu verhalten. Die positive Bewertung der Gruppe und die Wichtigkeit dieser für den Jugendlichen beeinflussen sich also gegensei­tig und lassen den Betreffenden danach handeln, selbst wenn dieser sich ohne die Drucksituation anders verhalten würde (vgl. ebd.).

Des Weiteren spielt die Attraktivität der Gruppe eine große Rolle. 'Angesagte' Cliquen besitzen eine höhere „Anziehungskraft“ (Leon Mann 1999: 64) als weniger 'angesagte'.1 Gravierend ist hierbei die Aussage, dass „Gruppen mit hoher Kohäsion oder Anziehung versuchen, einen größeren Einfluss über ihre abweichenden Mitglieder zu erringen als Gruppen mit niedriger Kohä­sion.“ (Mann 1999: 64). Das hat zur Folge, dass es schwieriger ist, in einer 'hochrangigen' Peer Group zu bleiben als in einer, die zum Beispiel in der Klasse keinen so hohen Status genießt. Jugendliche, die es in eine solche Gruppe geschafft haben, werden so auch mit mehr Einsatz versuchen, die­sen hohen Anforderungen gerecht zu werden und zu bleiben, wodurch die Möglichkeit zum erfolgreichen Ausüben des Gruppendruckes nochmals ver­schärft wird.

4. Mobbing

Mobbing kann in vielerlei Form geschehen. Immer ist es jedoch eine kom­plexe Art der Gewaltanwendung, unter der die Betroffenen sehr leiden und kaum an einen Ausweg glauben. Im nun folgenden Teil dieser Arbeit soll dif­ferenziert geklärt werden, was Mobbing bedeutet, wie es entsteht und wer an Mobbing beteiligt ist.

4.1 Was ist Mobbing?

Rüdiger Gollnick liefert in seinem Werk „Schulische Mobbing-Fälle - Analy­sen und Strategien“ (2005) Definitionen von Mobbing. Er geht dabei zunächst von einer generellen Definition aus, die dann spezifiziert wird. Im Allgemei­nen sei Mobbing „die kindliche Gruppengewalt gegen Kinder“ (Leymann 1995: 14 in: Gollnick 2005: 35). Gollnick weitet diese speziell für den schu­lischen Kontext weiter aus und kommt zu folgendem Ergebnis:

„Unter Mobbing wird eine konfliktbelastete Kommunikation in der Klasse[...] verstanden, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder mehreren Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt der Ausgrenzung [...]

[...]


1 Dies kann in Anlehnung an die in 2.1 angesprochene Bewertung durch die 'breite Öffentlichkeit' gesehen werden. Je beliebter eine Gruppe bei den Peers ist, desto größer ist die Anerkennung, die der dazugehörige Jugendliche durch sie in der Öffentlichkeit bekommt. Dies ist für seinen Selbstwert von besonderer Bedeutung. 7

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Beziehung zwischen Mobbing und Gruppenzwang im schulischen Kontext
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Bildungswissenschaften)
Veranstaltung
Familie, Schule, Peers – und ihre Beziehungen im Schulalter
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
20
Katalognummer
V1236024
ISBN (eBook)
9783346656605
ISBN (Buch)
9783346656612
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mobbing, Bully, Täter, Opfer, Peers, Schule, Bildung, Gewalt, Gruppenzwang
Arbeit zitieren
Master of Education Marie Sophie Jendrusch (Autor:in), 2014, Die Beziehung zwischen Mobbing und Gruppenzwang im schulischen Kontext, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1236024

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