William Shakespeares Drama „Der Sturm“ wurde 1611 uraufgeführt und ist damit am historischen Beginn eines elisabethanischen Diskurses über Kolonisation und „edle“ sowie „böse Wilde“ zu verorten. In den Motiven des Theaterstücks zeigt sich die Kontinuität verschiedener Diskurse, vom usurpierten „Zauberer-König“ bis zum „barbarischen Wilden“, welche sich teilweise bis in die Antike zurückverfolgen lassen. Eine geschichtliche Epoche, in der die Zuschreibung des „Barbarischen“ schon auf eine Dimension des Inferioren, eingeschlossen die moralische Minderwertigkeit verwies.
Nach einer postkolonialen Lesart des Stücks entwirft Shakespeare mit der Insel, auf der die Handlung stattfindet, quasi eine modellhafte Kolonie und mit den Figuren, die diese Insel bevölkern, die Prototypen des technologisch wie vermeintlich moralisch überlegenen Imperialisten, Prospero, und des dämonisierten, unverbesserlichen „Wilden“ Caliban, der aufgrund seiner „barbarischen“ Qualitäten naturgemäß nichts anderes sein kann als ein Sklave.
Mit dem für die Handlung zentralen Figurenverhältnis Prospero-Caliban greift Shakespeare einen Diskurs seiner Epoche auf, der „durch die zeitgenössische Faszination für die neue Welt, durch die Abenteuer der Entdecker und Kolonisatoren“ angeregt wurde. Geprägt von diesem geschichtlichen Kontext schreibt Shakespeare sein Drama „Der Sturm“, dessen Charaktere in ihren Figurenreden aus verschiedenen Perspektiven zu den Diskursen ihrer Zeit Stellung beziehen: Zu dem historisch neuen Phänomen der Kolonisation der „Schönen neuen Welt“ und den „Wilden“, die dort anzutreffen sind.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Der elisabethanische Diskurs um die „Schöne neue Welt“
- Methode: Die literaturwissenschaftliche Diskursanalyse
- Macht: Prosperos Beherrschung von Mensch und Natur
- Gonzalo und Prospero: Zwei Perspektiven auf den „natürlichen Menschen“
- Fazit: Caliban als „Verlierer im Weltprozeẞ“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text analysiert William Shakespeares Drama Der Sturm (1611) im Kontext des elisabethanischen Diskurses über Kolonisation und die Idee des "natürlichen" Menschen. Die Analyse verfolgt das Ziel, die Diskursformationen um Macht, Kolonialisierung und die Beherrschung von Mensch und Natur aufzuzeigen, die in Shakespeares Stück zur Geltung kommen.
- Die literaturwissenschaftliche Diskursanalyse nach Michel Foucault als theoretisches Framework
- Prosperos Beherrschung von Mensch und Natur als Modell für die koloniale Machtstruktur
- Die Rolle von Caliban als Repräsentant des "Wilden" und des "barbarischen" Menschen
- Gonzalo und Prospero als kontrastierende Perspektiven auf den "natürlichen Menschen"
- Die Frage, ob Shakespeares Drama die zeitgenössischen Diskurse reproduziert, modifiziert oder unterläuft.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Entstehungszeit von Shakespeares Der Sturm ein und stellt das Werk in den Kontext des elisabethanischen Diskurses über Kolonisation und die Konzepte von "edlen" und "bösen Wilden". Das Stück wird als eine modellhafte Darstellung der kolonialen Machtverhältnisse präsentiert, wobei Prospero den technologisch und vermeintlich moralisch überlegenen Imperialisten und Caliban den dämonisierten "Wilden" verkörpert.
Das zweite Kapitel widmet sich der literaturwissenschaftlichen Diskursanalyse nach Michel Foucault als theoretischer Grundlage für die Analyse von Shakespeares Stück. Der Fokus liegt auf dem Begriff des Archivs, den Foucaults Diskursanalyse einführt, und dessen Bedeutung für die Rezeption und Interpretation von Texten.
Das dritte Kapitel untersucht die Machtverhältnisse in Shakespeares Der Sturm, wobei Prosperos Beherrschung von Mensch und Natur im Mittelpunkt steht. Die Analyse beleuchtet Prosperos koloniale Eroberung der Insel und die Versklavung Calibans.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter des Textes umfassen: elisabethanischer Diskurs, Kolonialisierung, „Schöne neue Welt“, Diskursanalyse, Michel Foucault, Macht, Natur, Prospero, Caliban, „natürlicher Mensch“. Der Text untersucht die Konzepte von Macht und Herrschaft im Kontext der Kolonialisierung und die Konstruktion des "Wilden" in der elisabethanischen Literatur. Dabei steht die Frage im Vordergrund, wie sich die literaturwissenschaftliche Diskursanalyse auf die Analyse von Shakespeares Der Sturm anwenden lässt.
- Arbeit zitieren
- Leon Maack (Autor:in), 2021, "Der Sturm" von William Shakespeare. Die Beherrschung von Mensch und Natur und die Idee des "natürlichen" Menschen zu Beginn des 17. Jahrhunderts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1236098