Didaktik in historischer Perspektive:

Eine Auseinandersetzung mit der Klassischen Deutschen Berufsbildungstheorie


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Problemstellung

2. Historischer Hintergrund
2.1 Bildungssituation im 19. Jahrhundert
2.2 Kritik an der allgemeine Fortbildungsschule

3. Die Klassische Deutsche Berufsbildungstheorie
3.1 Berufsbildungstheorie - Entstehungsvoraussetzungen und Grundzüge
3.2 Georg Kerschensteiner (1854 - 1932)
3.2.1 Biographie
3.2.2 Konzepte/Reformen Georg Kerschensteiners
3.2.2.1 "Staatsbürgerliche Erziehung der deutschen Jugend"
3.2.2.2 Kerschensteiners Theorie der Arbeitsschule
3.2.2.3 Berufsbildung oder Allgemeinbildung
3.3 Eduard Spranger (1882 - 1963)
3.3.1 Biographie
3.3.2 Berufsbildung und Allgemeinbildung
3.4 Kerschensteiner und Spranger im Vergleich

4. Die Klassische Deutsche Berufsbildungstheorie in heutigem Kontext
4.1 Aktuelle Diskussion der Berufsbildungstheorie
4.2 Umsetzung an Hand eines Beispiels in der beruflichen Schule

5. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

1. Problemstellung

Georg Kerschensteiner und Eduard Spranger gehören zu den zentralen Gestalten der pädago- gischen Reformbewegung, die Anfang des 20. Jahrhunderts die pädagogische Praxis und Theorie sowohl in Deutschland als auch weltweit nachhaltig umgestalteten.[1] Aus der histori- schen Notwendigkeit heraus reicht nach Georg Kerschensteiner das "Alte", d. h. die alte Bil- dung nicht mehr aus, das Schulsystem des 19. Jahrhunderts muss reformiert werden. Die Ge- schichte dieser reformpädagogischen Idee, d. h. die grundlegende Reformierung des berufli- chen Schulwesens, wird immer noch als eine lineare Erfolgsgeschichte angesehen, denn die herausragenden Leistungen der beiden Pädagogen sind auch heute noch in der beruflichen Bildung, besonders im dualen System zu erkennen. Damit etablierte sich die Berufsschule als zweite Säule im dualen System der Berufsbildung und Georg Kerschensteiner ging als „Vater der Berufsschule“[2] in die Geschichte ein.

Die Aufgabe meiner Hausarbeit soll es nun sein, die Klassische Deutsche Berufbildungstheo- rie, die auch als klassische Berufsbildungstheorie Kerschensteiner-Sprangerscher Prägung bezeichnet wird[3], vom historischen Kontext her zu betrachten. Zunächst sollen die Bildungssi- tuation und die Missstände, die vor der Reform Georg Kerschensteiners herrschen, beleuchtet werden. Des Weiteren soll der Begriff der Klassischen Deutschen Berufsbildungstheorie er- läutert und die Ansichten der beiden Pädagogen Georg Kerschensteiner und Eduard Spranger herausgearbeitet werden, um dann die Frage zu klären, ob die Ansätze dieser beiden Pädago- gen in die heutige Zeit übertragbar sind, ob diese in den beruflichen Schulen noch Anwen- dung finden, bzw. inwiefern ihre entwickelte Berufsbildungstheorie darüber hinaus für die heutige und zukünftige Berufs- und Wirtschaftspädagogik insgesamt noch von Bedeutung ist. Damit soll in einem letzten Kapitel der Blick auf die heutige Situation an den berufsbildenden Schulen fallen. Kurz zusammengefasst lautet die Frage: "Wie haben sich die Ideen Georg Kerschensteiners und Eduard Sprangers entwickelt und gelten diese Ansätze heute noch?"

2. Historischer Hintergrund

Die Geschichte der reformpädagogischen Idee, d. h. die klassische deutsche Berufsbildungs- theorie, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts herauskristallisiert hatte, wird immer noch als Erfolgsgeschichte gesehen. Sie beschäftigte sich mit den damals bestehenden Gegensätzen zwischen Allgemeinbildung und Berufsbildung und versuchte diese zu überwinden. Entschei- denden Einfluss auf den Erfolg dieser klassischen deutschen Berufsbildungstheorie leistete jedoch die damalige Bildungssituation. Im nachfolgenden Abschnitt soll dieser historische Kontext näher beleuchtet werden.

2.1 Bildungssituation im 19. Jahrhundert

Die Wurzeln der Lehrlingsausbildung, wie wir sie in Deutschland finden, reichen bis ins Mit- telalter zurück. Das von den Zünften geschaffene Ausbildungsmodell (Lehrling – Geselle – Meister) hatte sich im Spätmittelalter voll durchgesetzt, die Zünfte regelten das Lehrlings- wesen und unterwarfen den jungen Menschen mit dem Eintritt in die Lehre ihrer umfassenden Lebensordnung. Von besonderer Bedeutung waren damals die Strukturvorgaben der ständi- schen Gesellschaft, d. h. damit war mit der Geburt und der berufsständischen Zugehörigkeit der Status jedes einzelnen bereits bestimmt. Diesen Stand, in den man hineingeboren wurde, konnte man auf Grund der bestehenden streng organisierten Herrschaftsordnung nicht verlas- sen und jedem Menschen wurde damit auch sein Platz in der Gesellschaft zugewiesen.[4] Dabei war die Lehrlingsausbildung bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts überwiegend von der Hand- werkslehre geprägt. „In der Epoche der Aufklärung entstand bekanntlich zum ersten Mal ein Problembewusstsein dafür, dass es nicht (mehr) ausreiche, Kinder und Jugendliche in die Le- benswelt der Erwachsenen ‚hineinwachsen’ zu lassen.“[5] Im Mittelpunkt und im Interesse der Bildungsdiskussion stand das Ideal der freien Entfaltung der Persönlichkeit des Menschen. Die ersten öffentlichen Pflichtschulen wurden errichtet, um allen Bevölkerungsgruppen eine formale Bildung zu gewährleisten.

Ausgehend davon wird der Allgemeinbildung ein höherer Bildungswert als der Berufsbildung zugesprochen und die Ansicht wird vertreten, dass die wahre Menschenbildung ausschließlich über die Allgemeinbildung erfolgt. Damit soll deutlich werden, dass eine Spezialbildung für einen Beruf erst dann vorgenommen werden kann, wenn bereits eine reine allgemeine Bil- dung betrieben wurde.[6] Nach den Gedanken von Wilhelm von Humboldt (1767 - 1835) voll- zog sich Bildung zu dieser Zeit im Elementarunterricht, dann im Schulunterricht und zuletzt im Universitätsunterricht. Diese drei Stufen müssen als Zusammenhang betrachtet werden, denn jede vorausgehende Stufe ist notwendige Grundlage für die folgende Stufe.[7] „Die Volksbildung ist die Basis aller Bildung überhaupt.“[8] Mit dieser nun eingeleiteten Schulre- form entstand zu Beginn des 19. Jahrhunderts die allgemeine Volksschule, die allen Bürgern die Möglichkeit einräumte, zumindest Unterricht in den allgemeinen und elementaren Fächern wie Lesen, Schreiben und Rechnen zu erhalten.[9] „Der Staat sicherte nun die finanzielle Seite der Schulen, führte den Schulzwang ein, verbot auch die Kinderarbeit und legte die inhaltli- chen Richtlinien fest.“[10] Nach vierjähriger Volksschulzeit traten die meisten Absolventen be- reits im Alter von 14 Jahren in eine Ausbildung im Betrieb ein. Da die Volksschule nun hauptsächlich auf die Allgemeinbildung ausgerichtet war, entstanden im Gewerbe und in der Industrie die Forderungen nach Wissensvermittlung, deren Zentrum auf der beruflichen Kom- ponente von Wissen lag.[11]

Im Zusammenhang mit der zunehmenden Industrialisierung und unter dem Einfluss des Wirt- schaftsliberalismus lösten sich die Zünfte auf und die Lehrlingsausbildung im Handwerk im 19. Jahrhundert geriet in eine tiefe Krise, d. h. die Struktur des Handwerks unterlag einem drastischen Wandel.[12] Das Handwerk sah sich bei der Ausbildung von Nachwuchskräften gefährdet, da die Zünfte aufgelöst und die Gewerbefreiheit eingeführt wurde. Auch wurde die Ausbildung vernachlässigt, da die Erziehung zu einer möglichst großen und prompten Ar- beitsleistung aufgrund der Industrialisierung im Vordergrund stand. Mit dem Eintritt in die Fabriken erhofften sich nahezu alle Jugendlichen eine finanzielle Besserstellung. Damit nun auch berufliche Inhalte in den Schulen behandelt werden konnten, benötigte man eine Institu- tion, die an die vermittelten Kenntnisse der Volksschule anknüpft und nicht nur den Volks- schulstoff wiederholt, wie es die damaligen Sonntagsschulen taten, welche die Jugendlichen zunächst abends und an Sonntagen, d. h. außerhalb der Arbeitszeit besuchten.[13] Am Ende des 19. Jahrhunderts wurden dann die Fortbildungsschulen, die auf die Volksschule aufbauen sollten und deren Besuch nicht verpflichtend war, gegründet, mit dem Ziel den Erziehungs- einfluss nach der Volksschule weiterzuführen und die Erziehungslücke zwischen Volksschule und Militärdienst zu schließen. Diese Erziehungslücke entstand dadurch, dass die Jugendli- chen die Volksschule mit 14 Jahren verließen und mit 18 Jahren direkt in den Militärdienst eintraten. Mit der Einführung der allgemeinen Fortbildungsschulen erhoffte man sich eine bessere Integration der Jugendlichen in den bürgerlichen Nationalstaat und die Bewahrung vor einem Sozialisationsdefizit. Aber auch die allgemeine Fortbildungsschule wurde als Er- gänzung bzw. Wiederholung des Volksschulstoffs angesehen und berufliches Wissen konnte immer noch nicht vermittelt werden.[14]

2.2 Kritik an der allgemeine Fortbildungsschule

Kerschensteiner beschreibt die allgemeine Fortbildungsschule damals folgendermaßen: Sie „war den Schülern gleichgültig, den Meistern lästig, den Lehrern ein Gegenstand vergeblicher Liebesmühe. Alles war froh, wenn mit vollendetem 16. Lebensjahre der Tag der Entlassung kam“[15]. Alle Betroffenen dieser Fortbildungsschule, sowohl Jugendliche als auch Meister und Lehrer nahmen sie als unumgängliches Übel hin und standen ihr desinteressiert und ableh- nend gegenüber. Die Jugendlichen konnten sich kaum weiterqualifizieren, denn es fehlte ih- nen der Bezug zu den Inhalten, die sie zu vermitteln versuchte. Die Meister sahen die dort zu verbringende Zeit als vergeudet, da die Jugendlichen keineswegs etwas Nützliches lernten und den Meistern fehlten die Arbeitskräfte, während diese die Fortbildungsschule besuchten, d. h. die Jugendlichen leisteten keine Arbeit. Für die Lehrer bedeutete dies nur mehr Auf- wand, zusätzlich zu ihrer Tätigkeit an den Volksschulen, denn es gab kein zusätzliches, wei- tergebildetes Lehrerpersonal. Auch verloren die Lehrer jeglichen Eifer an ihrer Arbeit, da die unmotivierten Schüler nur geringe Beteiligung am Unterricht zeigten.[16] Darüber hinaus ka- men noch schlechtes Ansehen in Gesellschaft und Wirtschaft hinzu und weitere negative ma- terielle und organisatorische Bedingungen, d. h. es gab kaum spezifische Lehrmittel, keine eigenständige Lehrerausbildung, keine ausgereiften didaktischen Konzepte und zu wenige Schulräume, in denen Unterricht gehalten werden konnte.[17] Ursache für diese Defizite war, so Lipsmeier, „das Fehlen einer eigenen Lehrplan- und Bildungstheorie“[18]. Diese Missstände erkannte der damalige Münchener Stadtschulrat Georg Kerschensteiner und hatte nun den Auftrag diese allgemeine Fortbildungsschule zu reformieren.[19] Mit dieser Reform forderte er eine didaktisch orientierte Pflichtschule, die die Erziehung zu Arbeit und Beruf als Medium zur politischen Erziehung der Jugend für den bürgerlichen Nationalstaat setzen sollte. Dies war die Geburtsstunde der Berufsschule. Im nachfolgenden soll nun auf diese Reformierung näher eingegangen werden.

3. Die Klassische Deutsche Berufsbildungstheorie

„Die (klassische) ’Berufsbildungstheorie’ entstand als erste berufs- und wirtschaftspädagogi- sche Denkschule am Beginn des 20. Jahrhunderts und prägte das Selbstbild der Disziplin bis zum Ende der ersten beiden Nachkriegsjahrzehnte.“[20] Die Werke Georg Kerschensteiners und Eduard Sprangers bilden zusammen die klassische Berufsbildungstheorie, die „unterstellt, daß es möglich sei, die Ausformung aller Anlagen des Einzelmenschen mit den an ihn gestellten beruflichen Anforderungen zu harmonisieren.“[21] Einige dieser wichtigen Schriften sollen nachstehend näher betrachtet werden.

3.1 Berufsbildungstheorie - Entstehungsvoraussetzungen und Grundzüge

Die Voraussetzungen der Entstehung der Berufsbildungstheorie sind ideen-, mentalitäts- und sozialgeschichtlicher Natur. Ideengeschichtlich entwickelte sich die Berufsbildungstheorie seit dem Zeitalter der Aufklärung und zwar im Kontext der Bildungstheorie. Die berufliche Tätigkeit spielte im Bildungsprozess des Menschen eine immer wichtigere Rolle. Aus menta- litätsgeschichtlicher Sicht wirkte sich die damalige strukturelle Abwertung der beruflichen Bildung negativ auf die weitere gesellschaftliche Beurteilung ihrer Anerkennung aus. Die Thematisierung von Fragen zur beruflichen Bildung erfolgte nur noch unter den Präferenzen des politischen Systems, des Beschäftigungssystems und einzelner Umweltsysteme. Als sozi- algeschichtliche Voraussetzungen können die in der Gesellschaft entstehenden starken sozia- len Gegensätze genannt werden, wie die Unzufriedenheit mit der allgemeinen orientierten Fortbildungsschule und die zunehmenden Defizite im Bildungs- und Sozialisationsprozess der Jugendlichen.[22]

Nicht alle Vertreter der klassischen Berufsbildungstheorie reagieren gleich auf die dargestell- ten Entstehungsvoraussetzungen. Um die Grundzüge der Berufsbildungstheorie nun aufzuzei- gen, muss zwischen Georg Kerschensteiner und Eduard Spranger unterschieden werden.

3.2 Georg Kerschensteiner (1854 - 1932)

Georg Kerschensteiner ist einer der bekanntesten Pädagogen unseres Jahrhunderts. Er „war das Schaufenster der deutschen Reformpädagogik.“[23] Auf der einen Seite erhielt er sehr starke Kritik, aber andererseits gebührte ihm auch große Anerkennung für das, was er geschaffen hatte.[24] Für die einen „gilt er als der ’Vater der Berufsschule’ und der Berufsbildungstheorie, die anderen halten diese Theorie wegen ihres sozialwissenschaftlich unreflektierten, ideolo- gisch aufgeladenen Berufsbegriffs für eine Irreführung der Berufspädagogik und für eine der ’verhängnisvollen Wurzeln’ des Berufsschulverständnisses.“[25] Damit wird er auch angesehen als der Erfinder des "Dualen Systems".

3.2.1 Biographie

Im Jahre 1854 wurde Georg Kerschensteiner (der einer Kaufmannsfamilie entstammte) in München geboren. Nachdem er die Volksschule absolviert hatte, wählte er den Lehrerberuf. Die Motive, die ihn dazu geleitet haben gerade diesen Beruf zu wählen, waren erstens die damalige kurze Dauer des Lehrerseminars und zweitens stellte es auch die billigste Form der Ausbildung dar, die sich die Eltern leisten konnten.[26] Mit 17 Jahren wurde er somit Hilfsleh- rer und stand einer Aufgabe gegenüber, der er noch nicht gewachsen schien. Dies war der Grund dafür, dass er den Entschluss fasste, das Abitur nachzumachen, um anschließend ein Mathematik-/Physikstudium an der Universität München zu beginnen. Nach dem Examen unterrichtete er dann 1883 als Gymnasiallehrer in Nürnberg. Als Georg Kerschensteiner 1893 zum Schulrat in München gewählt wurde, war sein Name noch unbekannt, sogar bei der Leh- rerschaft. Zur damaligen Zeit ließ sich wohl noch nicht erahnen, welche Akzente dieser neue Schulrat setzen würde. Den Realienlehrplan, welcher scharfe Kritik erfuhr, legte er 1898 den Münchener Volksschulen vor. Dieser Kritik versuchte er mit seiner ersten pädagogischen Schrift Betrachtungen zur Theorie des Lehrplans (1899) entgegenzuwirken. Große Anerken- nung erfuhr er allerdings erst durch die preisgekrönte Schrift Staatsbürgerliche Erziehung der deutschen Jugend (1901).[27] Diese Schrift war „eine damals von breiten Kreisen gesuchte Ant- wort auf die Frage nach einer Begründung der Fortbildungsschule […], die über deren profes- sionalistische Wende hinausführte und gleichwohl den Beruf als didaktisches Zentrum auf- nahm.“[28] Für die Reform des Schulwesens bzw. Berufsschulwesens bildeten weitere Schrif- ten, die im nachfolgenden kurz genannt werden, das Fundament. Mit dem Aufsatz zur Berufs- oder Allgemeinbildung (1904), begann er zum ersten Mal an der Möglichkeit einer Bildungs- theorie zu arbeiten. Diese Idee entstand auch durch den regen Briefwechsel mit Eduard Spranger, auf dessen Theorie noch im nachfolgenden näher eingegangen wird. Im Jahre 1908 entstand dann die Schrift Begriff der Arbeitsschule. 1911 nahm Georg Kerschensteiner das Angebot einer Reichstagskandidatur der Freisinnigen Volkspartei an, die für ihn allerdings keine bedeutende Rolle spielte. Nach achtjähriger Arbeit im Reichstag erschien sein wohl größtes Werk Theorie der Bildung (1926), dem schließlich postum 1933 die Theorie der Bil- dungsorganisation folgte. Bis ins hohe Alter unternahm Georg Kerschensteiner noch Vor- tragsreisen und publizierte, doch eine Berufstätigkeit im Ausland lehnte er immer wieder ab, denn mit seiner Professur in München, d. h. in seiner Vaterstadt, war er ausreichend ausge- lastet. An den Folgen seiner Bronchitiserkrankung starb Georg Kerschensteiner am 15. Januar 1932.[29]

3.2.2 Konzepte/Reformen Georg Kerschensteiners

Im nachfolgenden Kapitel, soll nun näher auf einige wichtige Schriften Georg Kerschenstei- ners eingegangen werden.

3.2.2.1 "Staatsbürgerliche Erziehung der deutschen Jugend"

„Nicht die Schule allein, sondern Teilnahme an den Angelegenheiten des Ganzen ist der si- cherste Weg zur Vollendung der geistigen und sittlichen Entwicklung eines Volkes.“ (Karl von Stein)[30]

Die Grundzüge der staatsbürgerlichen Erziehung können nur durch eine Schulreform gesi- chert werden.[31] Dabei soll natürlich Wissen vermittelt werden, welches auch Gesetzeskunde, Bürgerkunde, Volkswirtschaftslehre, Verfassungskunde, die Lehre von Rechten und Pflichten des Bürgers und vor allem die Lehre von den Aufgaben und Einrichtungen des Staates mit einschließt.[32] „Staatsbürgerliche Erziehung ist Charaktererziehung, und zwar eine Charakter- erziehung, die den Menschen in den gewollten Dienst der Gemeinschaft stellt. Und dieser Dienst soll von dem Streben geleitet sein, die Entwicklung des gegebenen Staates dahin zu führen, daß seine Machtbefugnisse nicht immer mehr und immer notwendiger, sondern immer überflüssiger werden. Ohne eine gründliche Reform unserer Schulen in der Richtung von In- stitutionen für systematische Charakterbildung werden unsere Maßnahmen für staats- bürgerliche Erziehung von durchaus kümmerlichem Erfolge begleitet sein“.[33] Somit bildet die Schrift Georg Kerschensteiners zur "Staatsbürgerlichen Erziehung" das Gründungsdokument der obligatorischen Fortbildungsschule.

[...]


[1] Vgl. Wehle, 1979, S. 1.

[2] Stratmann, 1978, S. 57.

[3] Vgl. Backes-Haase, 2001, S. 30.

[4] Vgl. Zabeck, 1983, S. 32.

[5] Lange et al., 2001, S. 12.

[6] Vgl. Schelten, 2000, S. 1.

[7] Vgl. Blättner, 1980, S. 179-184.

[8] Blättner, 1980, S. 181.

[9] Vgl. Gonon, 1992, S. 151.

[10] Ebenda, S. 151/152.

[11] Vgl. ebenda, S. 154.

[12] Vgl. Greinert, 1992, S. 17-20.

[13] Vgl. Gonon, 1992, S. 154.

[14] Vgl. Blankertz, 1969, S. 128.

[15] Kerschensteiner, 1954, S. 121.

[16] Vgl. Müllges, 1967, S. 14.

[17] Vgl. Lipsmeier, 1978, S. 18.

[18] Ebenda, S. 18.

[19] Vgl. ebenda, S. 19.

[20] Backes-Haase, 2001, S. 22.

[21] Zabeck, 1974, S. 47.

[22] Vgl. Backes-Haase, 2001, S. 23-26.

[23] Wilhelm, 1979, S. 105.

[24] Vgl. Stratmann, 1978, S. 57.

[25] Ebenda, S. 57.

[26] Vgl. Wilhelm, 1979, S. 104.

[27] Vgl. Stratmann, 1978, S. 57-59.

[28] Ebenda, S. 58.

[29] Vgl. Stratmann, 1978, S. 58-59.

[30] Vgl. Kerschensteiner, 1966a, S. 5.

[31] Vgl. Adrian, 1998, S. 58.

[32] Vgl. Stratmann, 1978, S. 63.

[33] Kerschensteiner, 1914, S. 28; zit. in: Adrian, 1998, S. 58.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Didaktik in historischer Perspektive:
Untertitel
Eine Auseinandersetzung mit der Klassischen Deutschen Berufsbildungstheorie
Hochschule
Universität Konstanz
Veranstaltung
Hauptseminar: „Didaktische Konzepte und Theorien“
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
27
Katalognummer
V123625
ISBN (eBook)
9783640281541
ISBN (Buch)
9783640284436
Dateigröße
495 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Didaktik, Perspektive, Hauptseminar, Konzepte, Theorien“
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Dipl.-Hdl. Erna Müller (Autor:in), 2007, Didaktik in historischer Perspektive:, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123625

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