Heideggers Technikbegriff in "Die Frage nach der Technik". Mit Bezug auf den technischen Weltzugang der modernen Naturwissenschaften


Hausarbeit, 2022

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


1 Einleitung

Technik eroffnet uns standig neue Moglichkeiten: Die Entwicklung von Flugzeugen, Zugen und Autos, aber auch die Medizintechnik oder das Internet, wir leben in einem Zeitalter, das uns dank der technischen Entwicklungen Moglichkeiten eroffnet, die unsere Vorfahren sich kaum vorstellen konnten.

Aber was bedeutet „Technik“ uberhaupt?

Wir alle konnen unzahlige technische Dinge nennen und haben eine gewisse Vorstellung davon, was mit „Technik“ gemeint wird. Aber ist uns auch bewusst, was „das Wesen“ der Technik ist?

In dieser Arbeit werde ich den Technikbegriff in dem 1953 von Martin Heidegger an der Technischen Hochschule Munchen gehaltenen Vortrag „Die Frage nach der Technik“1 nachvollziehen. Dazu werde ich auf die Bedeutung des Wesensbegriffes und anschlieftend das Wesen der (modernen) Technik erortern und analysieren, warum dieser technische Weltzugang der modernen Naturwissenschaft zugrunde liegt. Im Zuge dieser Untersuchungen thematisiere ich ebenso die Gefahren, die Heidegger ganz besonders hervorhebt.

Heidegger erfasst die Bestimmung der Technik in seiner Abhandlung durch einen Weg des Fragens: Wir fragen nach etwas, das nicht empirisch vorzufinden ist und konnten uns die „Frage nach dem Wesen“ auch bei anderen Begriffen stellen.Die Frage nach der Technik betrifft uns in diesem „technischen Zeitalter“ allerdings besonders und diese Betroffenheit ist notwendig, denn nur sie bringt uns dazu, dass wir uns Fragen stellen und uns mit den Dingen auseinandersetzen. Wir „denken uns selbst mit“ und genau das ist notwendig, um die Frage nach dem Wesen zu stellen.

2 Die instrumentale und anthropologische Bestimmung der Technik

„Die eine sagt: Technik ist ein Mittel fur Zwecke. Die andere sagt: Technik ist ein Tun des Menschen.“2

Die gemein ublichen Bestimmungen der Technik, nach der sie entweder als Produkt des menschlichen Tuns oder als Mittel fur Zwecke gesehen wird lehnt Heidegger nicht ab, er gesteht der instrumentalen Bestimmung sogar zu, dass sie „unheimlich richtig“3 sei und auch fur die moderne Technik zutrifft, denn zum Beispiel ist ein „Kraftwerk mit seinen Turbinen und Generatoren ein von Menschen gefertigtes Mittel zu einem von Menschen gesetzten Zweck“4

Dennoch, nur weil diese Bestimmung von der Technik richtig ist, zeigt sie uns noch nicht das Wesen . Heidegger will damit erreichen, dass seine Zuhorer sich nicht bloft auf Einzeldinge beschranken, sondern daruber hinaus suchen, was alien Einzeldingen gemein ist, was sie „ausmacht“.

„Damit wir zu diesem (dem Wesen der Technik) oder wenigstens in seine Nahe gelangen, mussen wir durch das Richtige hindurch das Wahre suchen“5

Das Richtige zeichnet sich dadurch aus, dass es etwas uber die Wirklichkeit aussagt und nicht zu leugnen ist. „Nennt man den Menschen zweibeinig, so ist das zwar richtig, beantwortetaber nicht die Frage nach dem Wesen des Menschen. Dieses wird nach Heidegger erst durch das „Wahre“ erschlossen.“6

Folglich mussen wir uns am „Richtigen“ orientieren, um zum „Wahren“ zu gelangen. Wenn wir uns also auf die Suche nach dem Wesen der Technik begeben, so mussen wir laut Heidegger die Interpretation, dass Technik ein bloftes Mittel ist oder in technischen Apparaturen besteht,uberwinden.

„So ist denn auch das Wesen der Technik ganz und gar nichts Technisches. Wir erfahren darum niemals unsere Beziehung zum Wesen der Technik, solange wir nur das Technische vorstellen und betreiben, uns damit abfinden oder ihm ausweichen. Uberall bleiben wir unfrei an die Technik gekettet, ob wir sie leidenschaftlich bejahen oder verneinen. Am argsten sind wir jedoch der Technik ausgeliefert, wenn wir sie als etwas Neutrales betrachten; denn diese Vorstellung, der man heute besonders gerne huldigt, macht uns vollends blind gegen das Wesen der Technik.“7

Zunachst soll untersucht werden, in welchem Zusammenhang Mittel und Zwecke stehen. Beide gehoren fur Heidegger in den Bereich der Kausalitat , welche ihn zur aristotelischen Ursachenlehre bringen. Er stellt die vier Grundbegriffe in einen Zusammenhang, um dem Wesen der Technik naherzukommen:

1. Causa materialis

Der Stoff, woraus etwas besteht

2. Causa formalis

Die Form und Gestalt in der etwas erscheint

3. Causa finalis

Der Zweck, durch den die Sache Form und Stoff erhalt.

4. Causa efficiens

Die Wirkursache. Das, was die Sache bewirkt.

Erlautert werden diese am Beispiel einer Silberschale:

Sie verdankt dem Silber (Causa materialis) das, woraus sie besteht, dem „Schalenhaften“ ihre Form (Causa formalis) und als Opfergerat erfullt sie den Zweck des Opferns (Causa finalis). Der Silberschmied „versammelt“ die drei genannten Weisen des Verschuldens. (Causa efficiens).8

Der Silberschmied selbst ist also eine der vier Ursachen, indem er durch seine Uberlegungen und sein Handwerk die Schale fertigt. Er nimmt dennoch eine besondere Stellung ein, da er die vorherigen drei Weisen versammelt und diese durch ihn erst ins Spiel kommen. Der Mensch ist also ursprunglicher herausgefordert.

„Wie sind nun diese vier Weisen des Verschuldens in ihrer Einheit zu fassen? GemaR Heidegger bringen sie etwas ins Erscheinen, sie lassen etwas in das Anwesen ankommen. Das Verschulden hat fuglich den Grundzug des „An-lassens in die Ankunft“, so dass sich die neue Bezeichnung „Ver-an-lassen“ aufdrangt.“9

Die Silberschale benotigt folglich alle vier Ursachen, um uberhaupt erst existieren zu konnen. Sie sind notwendig, damit sie (aus der nicht-Existenz) hervorgebracht werden kann. Heidegger verbindet also das Verschulden mit einem „Anlassen in die Ankunft“10, die wiederum als ein „Her-vor-bringen“ zu verstehen ist.

Aus der Verborgenheit wird also etwas in den Vorschein gebracht. Die Griechen (z.B. Aristoteles) gebrauchten fur diesenUbergang zwischen Nichtsein und Sein den Begriff „ poiesis“11. Diese„Her-vor-bringengeschiehtimmer im Bereich der Unverborgenheit, der Aletheia.

„Was dieses Bringen ist, sagt uns Platon in einem Satz des „Symposium“: „Jede Veranlassung fur das, was immer aus dem Nicht-Anwesenden uber- und vorgeht in das Anwesen, ist poiesis, ist Her-vor-bringen (...) ein Her-vor-bringen, poiesis, ist nicht nur das handwerkliche Verfertigen, nicht nur das kunstlerisch-dichtende zum- Scheinen- und ins-Bild-Bringen. Auch die physis, das von-sich-her Aufgehen, ist ein Her-vor-bringen, ist poiesis“12

[...]


1 S0ren Reis, "Zur Neubestimmung der Technik - Eine Auseinandersetzung mit Martin Heidegger" (2001, Francke Verlag Tubingen) S.21

2 Martin Heidegger "Vortrage und Aufsatze" (Gunther Neske Verlag, Pfullingen, 1954) S.10

3 Ebd. S.10

4 Ebd. S.10

5 Martin Heidegger "Vortrage und Aufsatze" (Gunther Neske Verlag, Pfullingen, 1954) S. 11

6 S0ren Reis, "Zur Neubestimmung der Technik - Eine Auseinandersetzung mit Martin Heidegger" (2001, Francke Verlag Tubingen) S. 25

7 Martin Heidegger "Vortrage und Aufsatze" (Gunther Neske Verlag, Pfullingen, 1954) S.9

8 Vgl. Martin Heidegger "Vortrage und Aufsatze" (Gunther Neske Verlag, Pfullingen 1954) S11/12, sowie Stefan Zenklusen „Seinsgeschichte und Technik bei Martin Heidegger - Begriffsklarung und Problematisierung" (Tectum Verlag Marburg 2002) S.41

9 Stefan Zenklusen „Seinsgeschichte und Technik bei Martin Heidegger - Begriffsklarung und Problematisierung" (Tectum Verlag Marburg 2002) S.42

10 S0ren Reis, "Zur Neubestimmung der Technik - Eine Auseinandersetzung mit Martin Heidegger" (2001, Francke Verlag Tubingen) S.28

11 Vgl. Dirk Curgsen „Phanomenologie der Poiesis" (Verlag Koeningshausen-Neumann, 2012)

12 Vgl. Martin Heidegger "Vortrage und Aufsatze" (Gunther Neske Verlag, Pfullingen 1954) S.15

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Heideggers Technikbegriff in "Die Frage nach der Technik". Mit Bezug auf den technischen Weltzugang der modernen Naturwissenschaften
Note
1,3
Autor
Jahr
2022
Seiten
15
Katalognummer
V1236363
ISBN (eBook)
9783346658111
ISBN (Buch)
9783346658128
Sprache
Deutsch
Schlagworte
heideggers, technikbegriff, frage, technik, bezug, weltzugang, naturwissenschaften
Arbeit zitieren
Marie-Therese Reinhard (Autor:in), 2022, Heideggers Technikbegriff in "Die Frage nach der Technik". Mit Bezug auf den technischen Weltzugang der modernen Naturwissenschaften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1236363

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