Welche Bedeutung hat Partizipation für eine gelingende Offene Kinder- und Jugendarbeit?


Bachelorarbeit, 2020

65 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Offene Kinder und Jugendarbeit
2.1. Selbstverständnis
2.2. Zielgruppe
2.3. Ziele
2.4. Formen

3. Partizipation
3.1. Was ist Partizipation?
3.2. Partizipationsebenen für Kinder und Jugendliche
3.3. Geschichte der Partizipation
3.4. Gesetzliche Voraussetzungen für Partizipation
3.4.1. Internationale Ebene
3.4.2. Europäische Ebene
3.4.3. Nationale Ebene
3.4.4. Landesebene
3.5. Gründe für Partizipation aus der Sicht von Jugendlichen

4. Jugend
4.1. Jugendforschung und die Geschichte der Jugend
4.2. Jugend heute
4.3. Die Jugendphase

5. Partizipation in der Offenen Kinder und Jugendarbeit
5.1. Begründungen für partizipative Offene Kinder -und Jugendarbeit
5.1.1. Demokratietheoretische Begründung
5.1.2. Dienstleistungstheoretische Begründung
5.1.3. Pädagogische Begründung
5.2. Stufen der Partizipation innerhalb der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
5.3. Neun Phasen der Partizipation nach Sturzenhecker
5.4. Formen der Partizipation in der Offenen Jugendarbeit
5.4.1. Alltägliche und punktuelle Partizipationsformen
5.4.2. Repräsentative Partizipationsformen
5.4.3. Offene Versammlungsformen
5.4.4. Projektorientierte Partizipationsformen
5.4.5. Medienorientierte Beteiligungsformen
5.4.6. Weitestgehende Bestimmungsmachtformen

6. Die Bedeutung von Partizipation in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

9. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit als Partizipationsfeld sind ein aktuell häufig angesprochenes Thema, wodurch die Bedeutung von Partizipation sowohl für die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA), aber auch für Kinder und Jugendliche selbst, verdeutlicht wird. Partizipation bedeutet so viel wie Teilhabe oder auch Beteiligung. Die Kinder und Jugendlichen in Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit sollen also an den Geschehnissen der Einrichtungen teilhaben können, sie sollen Entscheidungen treffen und Projekte mit planen können. Partizipation ist ein „wichtiger Baustein für ein funktionierendes demokratisches Gemeinwesen“ (BOLLMANN/ FUTSCHIK/ LANG/ SWIRZINA 2014, S. 201).

Es stellt sich allerdings die Frage, in wie weit die Akzeptanz von Einrichtungen der OKJA durch Kinder und Jugendliche von der Partizipation derer abhängt. Jugendarbeit hat sich zum Ziel gesetzt, junge Menschen zur „Selbstbestimmung und gesellschaftliche Mitverantwortung“ (ZINSER 2005, S. 158) zu erziehen.

Um der Frage nachzugehen, welche Bedeutung Partizipation für eine gelingende Offene Kinder- und Jugendarbeit hat, wird zu Beginn in Kapitel 2 auf die Offene Kinder- und Jugendarbeit an sich eingegangen. Es wird erläutert, welches Selbstverständnis (Kapitel 2.1) und welche Ziele die Einrichtungen haben (Kapitel 2.3). Es wird aber auch auf die Zielgruppe (Kapitel 2.2) und auf die Formen der OKJA (Kapitel 2.4) eingegangen. Daraufhin wird in Kapitel 3.1 geklärt, was genau unter Partizipation zu verstehen ist und wie die Geschichte der Partizipation ablief (Kapitel 3.3). Weiterhin werden Ebenen der Partizipation in Kapitel 3.2 erläutert und gesetzliche Voraussetzungen erklärt. Im darauffolgenden Kapitel geht es um die Jugend, welche in dieser Arbeit eine besondere Rolle spielt, weil sie die Besuchergruppe der Einrichtungen der Offenen Kinder und Jugendarbeit bildet. Innerhalb des Kapitels über die Jugend wird auf die Geschichte der Jugend (Kapitel 4.1) eingegangen, aber auch auf die Jugend heute (Kapitel 4.2) und die Phase der Jugend (Kapitel 4.3). Um die Fragestellung dieser Arbeit besser beantworten zu können, wird nach dem Kapitel über die Phase der Jugend auf die Partizipation innerhalb der Offenen Kinder- und Jugendarbeit eingegangen. Dort werden differenzierte Begründungen für Partizipation in der OKJA erläutert (Kapitel 5.1). Aber auch auf ein Stufenmodell der Partizipation wird in diesem Kapitel eingegangen (Kapitel 5.2). Im Anschluss daran werden neun Phasen der Partizipation nach Sturzenhecker erläutert. Im vorletzten Kapitel wird abschließend auf die Bedeutung von Partizipation für gelingende Offene Kinder- und Jugendarbeit eingegangen und was dies für die Pädagogen und Pädagoginnen bedeutet. Abschließend erfolgt ein zusammenfassendes Fazit. Oftmals wird in der folgenden Arbeit über Einrichtungen der OKJA geschrieben, diese sind gleichzusetzten mit Jugendzentren.

2. Offene Kinder und Jugendarbeit

Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit gibt es in Deutschland „schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts“ (HAFENEGER 2013, S. 37). Zu früheren Zeiten, beispielsweise im Kaiserreich (1871 – 1918) und in der Weimarer Republik (1918 – 1933), waren sie unter den Namen „‚städtische Jugendheime‘ und ‚Jugendclubs‘, dann auch ‚offene Jugendhäuser‘“ (ebd.) bekannt. Zu Beginn der Jugendarbeit ging es in erster Linie darum, männlichen Jugendlichen eine Anlaufstelle bieten zu können, denn diese wurden oftmals als deviant und delinquent angesehen. Diese Jugendlichen kamen häufig aus schlechteren sozialen Schichten und lebten in Großstädten. Es sollte versucht werden, die Jugendlichen so zu erziehen, dass sie sich an die Gesellschaft anpassen können (vgl. ebd.). Dementsprechend sollten sie kein abweichendes oder kriminelles Verhalten mehr zeigen. In der Nachkriegszeit wurde die Jugendarbeit besonders von der „amerikanischen Militärregierung“ (ebd., S.38) und den dazugehörenden „Erziehungsabteilungen geprägt und beeinflusst“ (ebd.). Die Jugendsozialarbeit wurde etabliert und es wurden Offiziere eingesetzt, die für Freizeiteinrichtungen zuständig waren. Weiterhin etablierten die Offiziere die „Offene Clubarbeit“ (ebd.), die auch unter dem Namen „German Youth Acitivities“ (ebd.) bekannt ist und es entstand eine neue Art von Angeboten für Jugendliche. Besonders im Süden Deutschlands wurden Heime für die „Offene Clubarbeit“ (ebd.) eröffnet und von amerikanischen Soldaten und Jugendoffizieren betreut. Diese Heime „waren weltanschaulich neutral ausgerichtet, wahrten die Pluralität der Meinungen und waren dem Prinzip der Freiwilligkeit verpflichtet“ (ebd.). 256 German Youth Acitivities (GYA) Heime, die heute als Jugendzentren bekannt sind, gab es im Jahr 1951. Bis 1947 wurden sie ausschließlich von amerikanischen Kräften betreut und seitdem von deutschen und amerikanischen Kräften gemeinsam. Diese Heime konnten mittlerweile jedoch sowohl von weiblichen als auch von männlichen Jugendlichen aufgesucht werden. Das Ziel bestand noch immer darin, Jugendliche davor zu bewahren, kriminell zu werden oder zu verwahrlosen. Es gab für die Jugendlichen Sportangebote, aber auch Bastel-, Theater- und Spielangebote sowie Diskussionsrunden oder Vorträge (vgl. ebd.). Dabei hatten die Jugendlichen die Möglichkeit sich selbst mit einzubringen. Sie wählten beispielsweise „Gruppenleiter und Vertreter“ (ebd.). Die Heime waren jedoch, besonders in den Nachkriegsjahren, ein Aufenthaltsort für Jugendliche, denen es nicht gut ging. Sie wurden in den GYA-Heimen mit lebensnotwendigen Dingen, wie beispielsweise Essen und Kleidung versorgt. Weiterhin hatten sie in den Heimen ein „Dach über dem Kopf“ (ebd., S. 39) und sie waren nicht mehr auf den Straßen. Zu Beginn der 1950er- Jahre übernahmen die deutschen Städte und Landkreise die Verantwortung für die Einrichtungen und diese haben einige Einrichtungen schließen müssen, da sie nicht zu den Traditionen der „deutschen organisierten Jugendarbeit“ (ebd.) passten. Andere Einrichtungen wiederum mussten komplett verändert werden. Dies hatte zur Folge, dass dann nur noch 110 Heime von den ursprünglichen 256 Heimen bestanden. Nachdem die Trägerschaft in deutsche Hände gegeben wurde, standen „jugendschützerische und fürsorgerische Leitmotive“ (ebd., S. 40) im Vordergrund. Die Grundaufgaben jedoch haben sich nicht verändert. In den 1960er-Jahren stieg die Anzahl der Heime drastisch an und Mitte der 1960er-Jahre gab es deutschlandweit 1148 Jugendheime. Dort waren „in etwa der Hälfte […] hauptamtliche MitarbeiterInnen beschäftigt“ (ebd., S. 41). Zu den ursprünglich schon bestehenden Aufgaben kamen noch Bildungs- und Beschäftigungsaufgaben hinzu, denn die Jugendarbeit war dazu gezwungen sich zu verändern, da sich auch die Gesellschaft verändert hatte. Die Menschen waren wohlhabender und die Jugend wurde „als Verbraucher- und Konsumentengruppe“ (ebd.) entdeckt. Die Jugendarbeit hatte für die Jugend an Attraktivität verloren und die Besucherzahlen wurden weniger, sodass Veränderungen eintreten mussten. Die Einrichtungen der Jugendarbeit hatten sich zum Ziel gesetzt, dass sie von Offenheit geprägt sind, dass die Jugendlichen mitbestimmen dürfen und auch, dass die Bedürfnisse und Wünsche der BesucherInnen im Mittelpunkt stehen. So wurde der einstige „‚Jugendclub‘ zu einer neuen Organisationsform der Offenen Kinder- und Jugendarbeit“ (ebd.). Die Leitung dieser Einrichtungen wurde in der Regel von hauptamtlichen MitarbeiterInnen übernommen, aber auch Ehrenamtliche waren oftmals in den Einrichtungen beschäftigt, die Trägerschaft wurde häufig von Vereinen übernommen (vgl. ebd.). In den 1990er-Jahren fanden in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit ein weiteres Mal Veränderungen statt. Im Vordergrund standen diesmal die Kooperationen mit Schulen oder der Jugendhilfe (vgl. ebd., S. 45). Zu den Stärken und demnach auch zu den Vorteilen der Einrichtungen der OKJA gehört die Offenheit, von der die Einrichtungen geprägt sind. Aber auch die Möglichkeit der Selbstentfaltung und das dauerhaft anwesend Sein von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen (vgl. ebd.). Dies wiederum bedeutet, dass es für die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit von Vorteil ist, das sie offen sind und sich dadurch von anderen Institutionen abgrenzen. Es gibt also keine Einschränkungen, wer diese Einrichtungen nutzen darf. Alle Jugendlichen, egal ob Junge oder Mädchen, egal welcher Herkunft und egal ob reich oder arm, dürfen die Einrichtungen, wie beispielsweise Jugendzentren besuchen und sich dort aufhalten und an den Programmen teilhaben. Sie dürfen dort so sein, wie sie möchten und haben das Recht darauf, mitzubestimmen.

Die OKJA möchte für alle Besucher und Besucherinnen attraktiv sein und nicht nur für eine bestimmte Zielgruppe. Jedoch wurde „in der Diskussion um Besucher- und Zielgruppe darauf hingewiesen, dass Offene Kinder- und Jugendarbeit vor allem in den Ballungsgebieten und Großstädten für benachteiligte männliche Jugendliche und junge Männer mit Migrationshintergrund zu einem wichtigen integrativen Treffpunkt und Lebensort wird“ (ebd.).

Dies bedeutet, dass sich besonders männliche Jugendliche in den Einrichtungen treffen und dort zusammen ihre Zeit verbringen. Die Pädagogen und Pädagoginnen haben in den Einrichtungen die Aufgaben, die Jugendlichen zu unterstützen, sie zu beraten und zu begleiten, aber auch für sie da zu sein. Weiterhin müssen sie sich auf die BesucherInnen einlassen und ihnen bei Orientierungsprozessen zur Seite stehen. Aus diesen Aufgaben geht auch das Selbstverständnis der Offenen Kinder- und Jugendarbeit hervor.

2.1. Selbstverständnis

Die Funktionen der Institution Offene Kinder- und Jugendarbeit können nicht so präzise und klar genannt werden, wie es beispielsweise bei der Schule der Fall ist, da die Funktionen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit nicht so theoretisch dargelegt wurden, wie es bei Schulen der Fall ist (vgl. STURZENHECKER 2005, S. 338). Dass die Funktionen nicht klar genannt werden können, bedeutet hingegen nicht, dass es keine Funktionen gibt. Die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit haben „einen eigenen Status als Bildungs- und Erziehungsinstitution“ (ebd., S. 339), aber haben dennoch nicht den gleichen Charakter wie Schulen ihn haben. Diese hingegen gelten als eine durchstrukturierte und funktionsbestimmte Institution der Erziehung. Daraus, dass die Funktion nicht klar genannt werden kann, folgt, dass die Funktion der Offenen Kinder- und Jugendarbeit häufig als „Mischfunktion“ (ebd.) beschrieben wird. Die Funktionen, die als gemischt beschrieben werden, sind die der Bildung und die der Kontrolle. Bildung bezieht sich in Einrichtungen der OKJA auf die Bildung von Selbstbestimmtheit und Selbstbewusstsein. Die Jugendlichen sollen also so gebildet und erzogen werden, dass sie sich zu jungen Menschen entwickeln, die selbstbestimmt handeln können. Andererseits sollen die Besucher und Besucherinnen auch kontrolliert werden, was wiederum einen Wiederspruch in sich trägt. Auf der einen Seite sollen die Jugendlichen so erzogen werden, dass sie sich selbst entfalten können und ihre eigenen Erfahrungen machen können, auf der anderen Seite jedoch sollen die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit die Jugendlichen kontrollieren (vgl. ebd.). Die Jugend ist durch „Strukturwandel, Differenzierung, Pluralisierung und Risiken gekennzeichnet“ (ebd.) und Institutionen, die eine genau vorgegebene Funktion haben, haben nicht die Möglichkeit so auf die Jugendlichen einzugehen, wie es die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit haben. Diese haben vielmehr die Möglichkeit mit den Jugendlichen zusammen auf deren Probleme oder Wünsche einzugehen. So können beispielsweise Schulen die Kommunikation zwischen Jugendlichen und Betreuern/Betreuerinnen kaum selbst gestalten. Es ist wichtig, dass Einrichtungen spontan entscheiden können, wie sie handeln und wie sie auf die Jugendlichen eingehen, ohne von Befehlen bestimmt zu werden (vgl. ebd.). Denn nur so haben die MitarbeiterInnen in den Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit die Möglichkeit den Jugendlichen unterstützend beizustehen. Es lässt sich also festhalten, dass die Offene Kinder- und Jugendarbeit und ihre Einrichtungen, im Vergleich zu den Schulen, kaum von Befehlen bestimmt ist und sie deshalb eher dazu in der Lage ist „diskursiv und reflexiv auf (Entwicklungs-)Themen, Interessen und Probleme von Jugend einzugehen“ (ebd.).

Offene Kinder- und Jugendarbeit hat es sich zum Ziel gesetzt, die Jugendlichen, die gefährdet sind, von der Straße zu holen. Diese sollen in den Einrichtungen betreut werden und es soll verhindert werden, dass sie sich riskant verhalten oder kriminell werden (vgl. ebd., S. 340 f.). „Tut sie dies jedoch, verliert sie genau das Potential des flexiblen Freiraums, der erst eine freiwillige, selbsttätige Lebensbewältigung und Selbstentwicklung der Kinder und Jugendlichen eröffnen würde“ (ebd., S. 341). Dies bedeutet, dass die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit sich einen Vorteil verschafft haben, indem sie als eine Möglichkeit gelten, die die Jugendlichen nutzen können, wann sie möchten. Die Einrichtungen sind kaum von Befehlen bestimmt, sodass sich die Jugendlichen frei entfalten können. Wenn die Einrichtungen die Jugendlichen jedoch kontrollieren, verlieren sie genau diese Kennzeichen.

Als weiteren kennzeichnenden Punkt kann man festhalten, dass die Offene Kinder- und Jugendarbeit drei grundlegende Strukturcharakteristika aufweist: Die Offenheit, die Marginalität und die Diskursivität. Offenheit bedeutet, dass die Zielgruppe, aber auch die Ziele der Jugendarbeit offen sein sollten. Diese dürfen also nicht bereits im Vorfeld bestimmt werden und werden für die Einrichtung spezifisch festgelegt. Wie schon erwähnt, sind die Einrichtungen von Freiwilligkeit bestimmt, die Jugendlichen können also kommen und gehen wann immer sie möchten. Es ist im Vorfeld daher auch nicht bekannt, welche BesucherInnen die Einrichtungen besuchen. Da ebenfalls niemand dazu gezwungen werden kann an Aktivitäten der Einrichtung teilzunehmen, ist es von besonderer Bedeutung, dass die Programme, die in den Einrichtungen stattfinden, mit der Besuchergruppe abgestimmt werden und dass diese nach ihrer Meinung gefragt wird, „denn nur mit Adressaten kann Jugendarbeit möglich werden“ (ebd., S. 341). Weiterhin können die Pädagogen und Pädagoginnen, die in einer Einrichtung der Offenen- Kinder und Jugendarbeit tätig sind, keinen Kindern vorschreiben, dass sie die Einrichtung besuchen müssen, sie können ihnen lediglich den Besuch verweigern (vgl. ebd.), wie dies beispielsweise nach einem nicht angemessenen Verhalten der Fall sein kann. Die Offenheit bezieht sich allerdings nicht nur auf die Ziele und die Zielgruppe, sondern auch auf die Öffnungszeiten. So kann es beispielsweise sein, dass die Öffnungszeiten je nach Besuchergruppe angepasst werden. Man kann demnach festhalten, dass die MitarbeiterInnen in der Gestaltung der Einrichtung und deren Inhalte recht frei und ungebunden sind, lediglich das Jugendschutzgesetz muss beachtet werden (vgl. ebd.). Es lässt sich also festhalten, dass die Jugendarbeit in ihrer Gestaltung, aber auch in ihrer Zielgruppe offen ist und immer darauf reagieren sollte, was die Jugendlichen sich wünschen oder welche Anregungen oder Kritik sie haben.

Das zweite Charakteristikum ist die Marginalität. Die Offene Kinder- und Jugendarbeit „musste sich die neben Schule und Familie gleichwertige Stellung als Sozialisationsinstanz und Erziehungsinstitution erkämpfen“ (ebd.). Die Jugendarbeit muss die Probleme auffangen, die in der Schule oder Familie nicht abgedeckt werden, außerdem ist sie dafür zuständig, das aufzufangen, „‚was vom Tage übrigbleibt‘“ (ebd., S. 341 f.). Die Jugendarbeit steht demnach hinten an und muss für die Probleme zuständig sein, die die Jugendlichen in ihrer Familie oder innerhalb der Schule nicht lösen konnten. Aber auch innerhalb der Einrichtungen der Jugendhilfe wird die Marginalität, also, dass sie am Rande der Institutionen der Jugendhilfe stehen, deutlich. Dies wirkt sich besonders bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aus, während andere Einrichtungen, wie beispielsweise die „Tageseinrichtungen und erzieherischen Hilfen“ (ebd., S. 342), einen Großteil der verfügbaren finanziellen Mittel bekommen, stehen die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit eher am Ende der „Jugendamtshierarchie“ (ebd.). Die MitarbeiterInnen in den Einrichtungen der Jugendarbeit werden, im Vergleich zu denen in der Jugendhilfe, schlechter bezahlt und auch die Einrichtungen der Jugendarbeit sind eher schlecht ausgestattet. Dies führt dazu, dass die Einrichtungen, wie beispielsweise Jugendzentren, seltener mit anderen Einrichtungen kooperieren (vgl. ebd.). Dies führt weiterhin dazu, dass die Einrichtungen oft isoliert erscheinen und oftmals von „Politik und Leistungskader“ (ebd.) als nicht so positiv angesehen werden. Sie erscheinen „wenig greifbar und kontrollierbar […], [da es; L.C.] wenig messbare Wirkung entfaltet und eher für Unruhe und Probleme sorgen kann“ (ebd.). Dies alles führt dazu, dass oftmals Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit zuerst schließen müssen, wenn die finanziellen Mittel fehlen (vgl. ebd.). Es lässt sich also festhalten, dass das Kennzeichen der Marginalität daher kommt, dass die Jugendarbeit eher eine Randgruppe ist und innerhalb der Jugendhilfe an letzter Stelle steht.

Das letzte und dritte Charakteristikum ist die Diskursivität. Diese folgt aus den bereits erläuterten fehlenden Regelungen und Handlungsanweisungen, denn „die alltäglich konkreten Bedingungen [müssen; L.C.] in jeder Einrichtung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit eigens entwickelt werden“ (ebd.). Es ist wichtig, dass sich die Bedingungen an den Jugendlichen immer wieder neu orientieren. Sollte dies nicht der Fall sein, kann es im schlimmsten Fall dazu kommen, dass eine Einrichtung im Laufe der Zeit an Besuchern verliert, da das Angebot, welches dort stattfindet, nicht den Wünschen der Jugendlichen entspricht und sie die Einrichtung nicht mehr besuchen, da sie an Attraktivität verloren hat (vgl. ebd.). Wichtig ist weiterhin, dass das Angebot regelmäßig erneuert wird, denn die Zielgruppe, also die Jugendlichen, verändern sich und es kommen neue hinzu und andere ehemalige BesucherInnen kommen nicht mehr in die Einrichtungen. „Daraus ergibt sich, dass das Handeln in der Institution in einem dauernden Diskurs- oder Aushandlungsprozess der Beteiligten entwickelt und verändert werden muss“ (ebd.). Die Pädagogen und Pädagoginnen müssen demnach mehr mit den Jugendlichen zusammenarbeiten und auf ihre Wünsche eingehen, als es beispielsweise in der Schule der Fall ist, dort gibt es deutlich definierte Regel und Handlungsanweisungen, an die sich beide Parteien halten müssen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Offenheit es erlaubt, dass die Mitarbeitenden auf die Wünsche und Äußerungen der Jugendlichen eingehen und dass sie diese in einem gewissen Maße auch umsetzen und akzeptieren, sie definieren demnach ihre eigenen Ziele immer wieder neu, je nach Besuchergruppe (vgl. ebd.). „Die Marginalität schafft einen Frei- und Experimentierraum jenseits von starr genormten und normierenden anderen Erziehungsinstitutionen“ (ebd.). Die Diskursivität ermöglicht es den Jugendlichen, ihre eignen Entscheidungen treffen zu können (vgl. ebd.).

Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die in den Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, wie beispielsweise Jugendzentren, angestellt sind, unterscheiden sich oftmals hinsichtlich ihrer Art der Anstellung. „Neben ehrenamtlichen und nebenberuflichen sind hauptamtliche MitarbeiterInnen in den unterschiedlichen Feldern der Kinder- und Jugendarbeit tätig“ (THOLE/ POTHMANN 2005, S. 19). Als hauptamtliche/r Mitarbeiterin oder Mitarbeiter gilt eine Person, wenn sie mit mehr als der Hälfte der Arbeitszeit, die tariflich geregelt ist, angestellt ist. Diese Anstellung muss über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgen. Diejenigen, die weniger als die Hälfte der Wochenarbeitsstunden haben, sind als Honorarkräfte oder auch nebenamtlich angestellt, werden für ihre Arbeit jedoch bezahlt. Ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden für ihre verrichtete Arbeit hingegen nicht bezahlt. Weiterhin sind oftmals noch Zivildienstleistende und Praktikanten und Praktikantinnen, aber auch Absolventen eines freiwilligen Jahres in einer Einrichtung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit beschäftigt (vgl. ebd.). Laut der Jugendhilfestatisik von 2020 gab es zum 31.12.2018 deutschlandweit insgesamt 12.908 Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe (vgl. STATISTISCHES BUNDESAMT 2020, S. 7). Zum 31.12.2006 waren es noch 17.966 Einrichtungen (vgl. THOLE/ POTHMANN 2013, S.561), die Anzahl der vorhandenen Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit ist demnach um knapp 30% gesunken. In den 17.966 Einrichtungen, die 2006 bestanden, waren 33.719 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen angestellt (vgl. ebd.). Im Jahr 2018 waren es 28.562 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (vgl. STATISTISCHES BUNDESAMT 2020, S. 15). Dementsprechend hat die Anzahl der Beschäftigten um knapp 15% abgenommen. Daran kann man erkennen, dass sowohl die Anzahl der Einrichtungen als auch die Anzahl der Mitarbeitenden abnimmt, was unter Umständen an der bereits erwähnten Marginalität der Kinder- und Jugendarbeit liegen kann. Zu den hier berücksichtigten Einrichtungen zählen unter Anderem Jugendzentren, betreute Spielplätze, Jugendberatungsstellen, Einrichtungen der Stadtranderholung, aber auch die mobile und aufsuchende Jugendarbeit, also Streetworker, aber auch Jugendheime, Jugendkunstschulen, sowie Jugendbildungsstätten. Von den 2018 28.562 Beschäftigten arbeiten allein in Jugendzentren 22.329 Pädagogen und Pädagoginnen. Das sind ungefähr 78% aller Mitarbeitenden der Kinder- und Jugendhilfe. Dies lässt darauf schließen, dass Jugendzentren einen der bedeutendsten Bereiche der Offenen Kinder- und Jugendarbeit darstellen. Festzuhalten ist, dass der Altersdurchschnitt der Pädagogen und Pädagoginnen in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit im Laufe der Jahre steigt. So sind 2013 50% aller Angestellten über 40 Jahre alt gewesen, obwohl immer wieder die Rede davon ist, dass die OKJA als Einstiegsfeld gilt, in dem man nicht so alt sein sollte und auch nicht lange arbeitet (vgl. MÜLLER 2013, S.581). Diese zwei Fakten jedoch widersprechen sich gegenseitig. So sind Berufseinsteiger in den seltensten Fällen 40 Jahre oder älter. Auch daran kann man erkennen, dass der Altersdurchschnitt steigt. Weiterhin bleibt festzuhalten, dass die Umstände, unter denen die Mitarbeitenden angestellt sind, meist nicht besonders gut sind. So sind die Stellen, die zu besetzen sind, oftmals Teilzeitstellen und befristet (vgl. ebd.). „Damit bietet die OKJA für eine steigende Zahl an Fachkräften keinen langfristig gesicherten Lebensunterhalt. Dennoch ist die durchschnittliche Beschäftigungszeit in der OKJA in den letzten Jahren angestiegen“ (ebd.). Die Beschäftigungszeit liegt in der Regel bei einer Zeitspanne von sechs bis neun Jahren, in Ausnahmefällen auch bei 14 Jahren (vgl. ebd., S. 582). „Das Älterwerden des Personals in der Jugendarbeit und die längere Verweildauer in der OKJA kann mit der ansteigenden Akademisierung des Arbeitsfeldes erklärt werden“ (ebd.). Die Berufseinsteiger sind, durch ihr vorheriges Studium, bereits älter als noch vor einigen Jahren, als ein Studium nicht unbedingt als eine Voraussetzung nötig war. Von großer Bedeutung, aber nicht positiv ist, dass Angestellte in der OKJA kaum Aufstiegsmöglichkeiten oder alternative Arbeitsplätze geboten werden (vgl. ebd.). Ob jedoch das Alter und die Beschäftigungszeit in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit als ein Qualitätsmerkmal angesehen werden kann, ist fraglich, denn es wurde herausgefunden, dass „qualitativ gute OKJA keine Frage des Alters ist“ (ebd.). Von Vorteil ist es, wenn in einem Team junge, aber auch ältere Pädagogen und Pädagoginnen arbeiten, denn die älteren Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nehmen den Jugendlichen gegenüber andere Rollen ein, als die jüngeren Beschäftigten. Weiterhin haben die älteren Beschäftigten durch ihre langjährige Mitarbeit oftmals mehr Kontakt zu anderen Einrichtungen und so kann eine bessere Kooperation stattfinden. Generell ist es jedoch wichtig, dass die Mitarbeitenden, unabhängig von ihrem Alter, empathiefähig sind und sie ihre Ziele verfolgen (vgl. ebd.). „Es ist also weniger die Debatte, um das Lebensalter der Fachkräfte zu führen als die Auseinandersetzung um das erwünschte und umgesetzte Professionsprofil und die konkrete Einrichtungskonzeption“ (ebd.). In vielen Berufen ist es erst in den letzten Jahren wichtig geworden, im Team zusammen zu arbeiten, in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit jedoch ist es schon seit langem wichtig, dass das Team zusammenhält. Dies wiederum ist für viele Pädagogen und Pädagoginnen ein Beweggrund, dieser Arbeit nachzugehen (vgl. EICHNER 2005, S. 37). Generell lässt sich festhalten, dass es nicht das eine bestimmte Team gibt. Die Teams in Jugendzentren beispielweise unterscheiden sich unter anderem hinsichtlich ihrer Größe, des Alters, der Zusammensetzung und auch der Ausbildung. Wie viele MitarbeiterInnen in einem Team beschäftigt sind, hängt davon ab, wie groß die Einrichtung ist, in der sie arbeiten. Jugendzentren in Städten haben in der Regel vier bis fünf Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Einrichtungen in ländlichen Gebieten hingegen haben oftmals nur einen Mitarbeiter, manchmal auch zwei. In den städtischen Einrichtungen ist die Anzahl der männlichen und weiblichen Pädagogen und Pädagoginnen häufig ausgeglichen, in ländlichen Einrichtungen arbeiten oftmals mehr männliche Pädagogen. (vgl. ebd., S. 38). Keinen Unterschied zwischen städtischen und ländlichen Einrichtungen gibt es hinsichtlich des Alters der Mitarbeitenden. In beiden Gebieten arbeiten eher jüngere Pädagogen und Pädagoginnen, diese sind in der Regel zwischen 25 und 40 Jahren. Pädagogen und Pädagoginnen, die über 50 Jahre alt sind, arbeiten nur selten in Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Typisch für das Arbeitsfeld der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, und somit auch für Jugendzentren ist, dass die MitarbeiterInnen häufig innerhalb kürzester Zeit den Job wechseln oder aber mindestens fünf Jahre dort arbeiten. Ein Wechsel der Arbeitsstelle findet oftmals statt, weil die Pädagogen und Pädagoginnen sich überlastet mit ihrer Arbeit fühlen (vgl. ebd.). Am häufigsten sind Sozialpädagogen und -pädagoginnen in den Einrichtungen beschäftigt, seltener ErzieherInnen. Es lässt sich jedoch festhalten, dass es in den Jugendzentren keine genauen Vorgaben gibt, welche Ausbildung die MitarbeiterInnen haben müssen, um dort beschäftigt zu sein. Neben den hauptamtlichen Mitarbeitenden, sind oftmals auch Honorarkräfte in den Einrichtungen beschäftigt, die jedoch für die Teamarbeit kaum eine wichtige Rolle spielen, da sie meistens nur ihre Aufgaben erfüllen. Neben den bereits genannten Mitarbeitergruppen sind auch Ehrenamtliche in den Einrichtungen beschäftigt. Dies sind häufig Jugendliche, die für einen längeren Zeitraum in den Einrichtungen mitarbeiten und sich ehrenamtlich engagieren (vgl. ebd., S. 38 f.). Für ein Team in einer Einrichtung gibt es zwei unterschiedliche Möglichkeiten, die Leitung zu organisieren. Eine erste Möglichkeit ist die „Leitung durch das Team“ (ebd., S. 40). Das Entscheidende bei diesem Modell ist, dass das Team zusammen die Entscheidungen trifft und es keinen weiteren Leitungsposten außerhalb vom Team gibt. Bei diesem Modell gibt es lediglich einen Sprecher oder eine Sprecherin des Teams. Diese Person nimmt „im Auftrag des Teams Aufgaben der Außenvertretung“ (ebd.) wahr und nimmt die „notwendigen Abstimmungen mit Trägern, der Öffentlichkeit, den Geldgebern, der Kommune“ (ebd.) vor. Diese Person übernimmt dementsprechend die Aufgaben, die das Team in der Regel nicht zusammen übernehmen kann. Die Entscheidungen, die innerhalb einer Einrichtung getroffen werden müssen, entscheidet das Team gemeinsam. Das zweite Modell besagt, dass es außerhalb einer Einrichtung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit eine Leitungsperson gibt, die Entscheidungen trifft, diese Leitungsperson bezieht in der Regel jedoch das Team in ihre Entscheidungen mit ein. In der Praxis allerdings gibt es häufig in den Einrichtungen auch andere Lösungen, beispielsweise wird die Leitungsfunktion in nicht seltenen Fällen gar nicht wahrgenommen und das Team entscheidet alles gemeinsam (vgl. ebd.). Kennzeichen eines funktionierenden Teams sind unter anderem, dass alle MitarbeiterInnen mit ihren Stärken und Schwächen akzeptiert werden und dass sie diese Aufgaben übernehmen können, die zu ihren Stärken passen und sie nicht überfordern. Weiterhin ist es wichtig, dass persönliche Probleme zwischen dem Mitarbeitenden besprochen werden können, wenn diese Probleme die Arbeit stören. Ein letztes Kennzeichen ist, dass das Team sich auf die Aufgaben konzentriert, die es für die Einrichtung zu bewältigen hat, die eigenen Probleme stehen eher im Hintergrund (vgl. ebd., S. 46 f.). Das Team arbeitet „also aufgabenbezogen und nicht selbstbezogen“ (ebd., S. 46).

2.2. Zielgruppe

Ein Teil der Zielgruppe der Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit wird von der Gruppe der Mädchen gebildet. Diese sollen in ihrem Prozess zur Selbstbestimmung, also bei der Subjektwerdung unterstützt werden. Weiterhin sollen sie wahr- und ernstgenommen und auf ihrem ganz eigenen Weg unterstützt werden (vgl. GRAFF 2013, S.76). „Mädchen haben ein Recht auf Gleichheit und sie haben ein Recht auf Differenz“ (ebd., S. 78). Sie haben also ein Recht darauf, an allen Entscheidungen mit den Jungs mitbestimmen zu dürfen, andererseits haben sie auch ein Recht auf eigene Kulturen (vgl. ebd.). Für Mädchen ist es wichtig, dass sie innerhalb der Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit keinen eigenen Schonraum bekommen, sondern sie möchten mit den Jungs gemeinsam den Alltag, innerhalb einer Einrichtung, erleben. Dabei möchten sie sich jedoch auch nicht dauerhaft gegen die Jungs durchsetzen müssen. Des Weiteren möchten sie die Möglichkeit bekommen, sich ungestört mit ihren Freundinnen treffen zu können und einen Ort, an dem sie nicht „‚dumm angemacht‘ […] werden und wo sie nicht nur einen Gaststatus haben“ (ebd.). Das heißt, dass die Mädchen in der Regel nicht nur durch die Mitarbeitenden von den Jungs differenziert werden möchten, sie möchten genauso wie diese behandelt werden, aber dennoch möchten sie eigene Rückzugsmöglichkeiten bekommen. Dies kann jedoch nicht pauschal für alle Mädchen so festgehalten werden, denn es gibt immer Mädchen, die eine Ausnahme darstellen.

Aber nicht nur Mädchen gehören zur Zielgruppe der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, sondern auch Jungen. Die Jugendarbeit war schon immer überwiegend auf die Jungen ausgerichtet. Einrichtungen den Offenen Kinder- und Jugendarbeit werden auch heute noch mehrheitlich von männlichen Jugendlichen genutzt. Zu Beginn der Jugendarbeit ging es vorwiegend darum, dass die Jungen keine Probleme mehr machen, sie sollen also von der Straße geholt werden und in einer sicheren Umgebung ihre Freizeit verbringen. Mittlerweile ist aber auch bekannt, dass Jungen nicht überwiegend Probleme machen, sondern auch eigene Probleme haben (vgl. SIELERT 2013, S.81).

„Es gibt eine Vielfalt männlicher Lebensentwürfe und damit auch verschiedene Jungentypen. Sie sind nicht alle frei wählbar, hängen ab von den eignen sozialen Lebensressourcen, also von den Zugängen zu Bildung und Finanzen, Anregungsmilieus oder Personen sowie von kommunikativen Kompetenzen“ (ebd., S. 81 f.).

Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit werden demnach von Jungen aus verschiedenen sozialen Lebenssituation besucht. Weiterhin kommen in den Einrichtungen Jungen aus verschiedenen Ländern zusammen, aber auch aus kulturell und politisch unterschiedlichen Szenen. Ebenso wie Jungen, die ihre Zeit entweder gerne mit Peers verbringen oder aber gerne alleine sind. Es zählen sowohl heterosexuelle Jugendliche zu den Besuchern als auch homosexuelle (vgl. ebd., S. 82). Es lässt sich also erkennen, dass die Besuchergruppe der Jungen und auch die der Mädchen, aus ganz unterschiedlichen Jungen- und Mädchentypen besteht und eine Einrichtung für alle Besucher attraktiv sein muss. Die Offene Kinder- und Jugendarbeit soll den Jungen dabei helfen, „ihre Wünsche und Fähigkeiten in dynamischem Sinn ausgewogen [zu; L.C.] entwickeln“ (ebd., S. 83). Dies soll ebenfalls dazu beitragen, dass den Kindern und Jugendlichen nicht ein bestimmtes, oftmals defizitäres Verhalten auferlegt wird, denn dieses führt häufig dazu, dass sie sich dem auferlegten Bild entsprechend verhalten (vgl. ebd.).

2.3. Ziele

Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, also auch Jugendzentren, haben es sich zum Ziel gesetzt, Kinder und Jugendliche zu fördern. Dies soll ihrer individuellen, aber auch sozialen Entwicklung zu Gute kommen. Die BesucherInnen sollen dadurch positive Lebensbedingungen erfahren und keine Ausgrenzung oder Benachteiligung spüren (vgl. ARBEITSGEMEINSCHAFT JUGENDFREIZEITSTÄTTEN BADEN-WÜRTTEMBERG E.V. 2018, S. 22). „Drei aufeinander bezogene Zieldimensionen sind unterscheidbar: Zielsetzung auf individueller, institutioneller und auf gesellschaftlicher Ebene“ (ebd.). Die Zielsetzungen auf individueller Ebene besagen, dass Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit die Möglichkeit dazu bekommen sollen, ihre Interessen und Fähigkeiten individuell entwickeln und erkennen zu können. Des Weiteren sollen die „Eigenverantwortung und gesellschaftliche Mitverantwortung“ (ebd.) der BesucherInnen gefördert und entwickelt werden. Den Kindern und Jugendlichen sollen Kompetenzen in sozialer, aber auch politischer oder kultureller Hinsicht vermittelt werden. Als letztes, aber dennoch nicht unwichtiges Ziel, soll ein positives Lebensgefühl gefördert werden (vgl. ebd., S. 22 f.). Die Ziele auf institutioneller Ebene sind, im Vergleich zu denen auf individueller Ebene, überschaubarer. Es wurde sich zum Ziel gesetzt, dass die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit eine aktive Beteiligung fördern sollen und diese ist umsetzbar, weil die OKJA gestaltbare Räume bietet (vgl. ebd., S. 23). Dies bedeutet, dass die Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit haben, bei Entscheidungen, die eine Einrichtung betreffen, mitzuentscheiden, sie werden also beteiligt. Aber auch die Vertretung der Interessen der Kinder- und Jugendlichen innerhalb der Gesellschaft steht auf institutioneller Ebene im Vordergrund, ebenso wie eine wohnortnahe, aber auch eine lebenswelt- und sozialraumorientierte Gestaltung der Angebote (vgl. ebd.). Dies wiederum bedeutet, dass die Angebote der Offenen Kinder- und Jugendarbeit auf die Kinder und Jugendlichen, die diese Angebote nutzen, zugeschnitten sind. Sie entsprechen also deren Interessen und Möglichkeiten. Auf gesellschaftlicher Ebene orientiert sich die Offene Kinder- und Jugendarbeit an folgenden zwei Zielen: „Die Offene Kinder- und Jugendarbeit leistet politische Bildung hinsichtlich der realen Auseinandersetzung mit demokratischen Werten und Menschenrechten, sie fördert deren praktisches Verständnis und Akzeptanz“ (ebd.). Aber auch die Förderung und Ermöglichung der Beteiligung innerhalb der Gesellschaft ist ein Ziel auf gesellschaftlicher Ebene (vgl. ebd.).

2.4. Formen

Die Offene Kinder- und Jugendarbeit besteht jedoch nicht nur aus den bereits als Beispiel genannten Jugendzentren. Vielmehr gehören beispielsweise noch Mädchentreffs, Abenteuerspielplätze oder auch Spielmobile dazu. Die Mädchentreffs sind, wie der Name bereits sagt, für Mädchen gedacht. Dort sollen die Mädchen, die diese Einrichtungen besuchen, ihren Freiraum haben, sie sollen dort die Möglichkeit bekommen, sich persönlich entwickeln zu können. Mit einem Mädchentreff wird „Raum für Mädchen geschaffen, ohne geschlechtsspezifische Einschränkungen aufgrund direkter Interaktion mir Jungen“ (ARAPI/ GRAFF 2013, S. 735). Obwohl die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit von Kindern bis ungefähr zwölf Jahren gleichermaßen genutzt werden, soll mit Hilfe der Mädcheneinrichtungen folgendes realisiert werden: Auf „jugendpolitischer Ebene“ (ebd.) soll der „Forderung des Gender Mainstreaming“ (ebd.) nachgegangen werden. Dies bedeutet, dass Maßnahmen erbracht werden sollen, durch die Männer und Frauen und dementsprechend auch Mädchen und Jungen, gleichberechtigt sind. Aber auch dem §9.3 SGB VIII soll nachgegangen werden, es sollen die unterschiedlichen Lebenslange in denen sich Mädchen und Jungen befinden, berücksichtigt und akzeptiert werden (vgl. ebd. S. 735 f.). Als letzter Punkt soll jugendpolitisch realisiert werden, dass „das Konzept von Mädchenarbeit als Teil geschlechtsbezogener Ansätze und als Querschnittsaufgabe bezogen auf die Ebene von Einrichtungen öffentlicher oder freier Jugendhilfeträger“ (ebd., S. 736) gilt. Die Mädchen können freiwillig entscheiden, ob sie die Angebote der Treffs nutzen und diese besuchen möchten. Diese Angebote finden in der Regel am Nachmittag, Abend, am Wochenende oder in den Ferien statt. Mädchentreffs werden häufig von Mädchencliquen besucht und genutzt, aber auch Beratungsgespräche können in den Einrichtungen stattfinden. Diese können sowohl spontan, aber auch geplant, zu festen Uhrzeiten und als Einzelgespräch stattfinden (vgl. ebd., S. 737). Die Mädchentreffs versuchen jedoch auch eine leichte Verbindlichkeit in die Einrichtungen zu bringen, so finden beispielsweise kreative, handwerkliche, abenteuerpädagogische oder bewegungsorientierte Aktionen meist in Seminarform statt (vgl. ebd.). Dies bedeutet, dass die Mädchen sich im Vorfeld für die Aktionen anmelden müssen, damit die Pädagoginnen wissen, wer gerne teilnehmen möchte. „Ergänzt wird dieses ‚Grundprogramm‘ von vielfältigen Kooperationsprojekten mit anderen Jugendhilfeeinrichtungen und/oder Schulen, die meist einen verbindlicheren Charakter für die teilnehmenden Mädchen haben“ (ebd.). In den Mädchentreffs wird den Mädchen eine Vielzahl an Unterstützungsmöglichkeiten geboten. Diese zeichnen sich besonders dadurch aus, dass sich die Mädchen an den Betreuerinnen orientieren können, aufgrund der Erfahrung, die die Betreuerinnen bereits gemacht haben. Aber die Mädchen können sich auch auf die Betreuerinnen verlassen und sie wissen, dass diese zur Verschwiegenheit verpflichtet sind (vgl. CHWALEK/ GRAFF/ EVERS 2005, S. 370). Ein Mädchentreff gilt als attraktiv für die Mädchen, wenn diese dort die Möglichkeit dazu bekommen, „mit der kulturellen Konstruktion von Weiblichkeit zu spielen“ (ebd.), aber auch ihre eigenen Fähigkeiten kennenzulernen. Weiterhin sollen sie die Chance dazu bekommen über ihre eigenen Ansichten zu sprechen und diese auch zu verbreiten. Sie sollen anerkannt und wertgeschätzt werden und sich dementsprechend fühlen (vgl. ebd.). Ihre Erfolge sollen ihr Selbstwertgefühl positiv beeinflussen und ihre „Kommunikationsfähigkeit und Konfliktfähigkeit [soll; L.C.] durch Gruppenprozesse und Teamarbeit“ (ebd.) entwickelt und ausgebaut werden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Mädchentreffs den Besucherinnen die Möglichkeit geben, sich selbst zu entfalten. Weiterhin haben die Mädchen in den Treffs die Möglichkeit, sich ungestört mit ihren Cliquen und Freundinnen zu treffen und sich persönlich weiterzuentwickeln.

Wie bereits erwähnt, gibt es innerhalb der Einrichtungen der OKJA auch die Abenteuerspielplätze (ASP). Diese Abenteuerspiellätze entwickelten sich im Laufe der Studentenbewegung, die 1969 stattfand. Der erste Spielplatz entstand in West-Berlin und ab Beginn der 70-Jahre „kam es dann zu einem förmlichen ASP-Boom“ (DEIMEL 2013, S. 747). Die Abenteuerspielplätze entstanden überwiegend in West-Berlin, Nordrhein-Westfalen und Hamburg. Im Laufe der darauffolgenden Jahre, bis zur Wende (1989/1990), entstanden innerhalb Deutschlands um die 400 Abenteuerspielplätze. 2013 waren es nochmals 100 Abenteuerspielplätze mehr, also ungefähr 500. Auf den Spielplätzen sind ca. 1200 BetreuerInnen beschäftigt (vgl. ebd.). Als eine Grundvoraussetzung für einen Abenteuerspielplätz gilt, dass ein Grundstück zur Verfügung stehen muss, welches mindestens 3000 Quadratmeter groß sein sollte, empfohlen werden aber 10.000 Quadratmeter. Die Größe des Spielplatzes sagt jedoch nichts über die Qualität aus. Allerdings steht fest, dass ein ASP, der auf einem großen Grundstück gelegen ist, mehr Platz für mehr Angebote hat (vgl. ebd., S. 748). Als weitere Grundvoraussetzung für einen Abenteuerspielplatz gilt neben der Geländegröße auch, dass ein Gebäude zur Verfügung stehen muss, in welchem das Personal das ganze Jahr über, also sowohl im Sommer als auch im Winter, Präsenz zeigen muss. Dieses Gebäude muss auch dazu zur Verfügung stehen, dass die Besucher und Besucherinnen sich dorthin zurückziehen können und dass dort ebenfalls Projekte stattfinden können. Das Gebäude sollte witterungsbeständig sein und eine Mindestgröße von 200 Quadratmetern haben. Innerhalb dieses Hauses muss die Möglichkeit bestehen ein Büro, Sanitäranlagen und Gruppenräume oder eine Küche einzurichten (vgl. ebd.). „Zu den Standards gehören ferner ein möglichst großer Hüttenbaubereich, eine oder mehrere Feuerstellen, Sportfelder, Wasserbereiche, Sandbereiche sowie die Kombination aus beidem, Wasser und Sand“ (ebd.). Je nach Gegebenheit kann es auch der Fall sein, dass diese Angebote noch von anderen Angeboten ergänzt werden, dies können beispielsweise Gärten, Weiden zur Tierhaltung oder Biotope sein (vgl. ebd.). Personell ist ein Abenteuerspielplatz folgendermaßen ausgestattet: In der Regel sind dort mindestens zwei festangestellte Pädagogen oder Pädagoginnen angestellt, aber auch drei oder vier Vollzeitstellen werden in manchen Fällen besetzt.

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Ende der Leseprobe aus 65 Seiten

Details

Titel
Welche Bedeutung hat Partizipation für eine gelingende Offene Kinder- und Jugendarbeit?
Hochschule
Technische Universität Dortmund
Note
2,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
65
Katalognummer
V1236741
ISBN (eBook)
9783346656407
ISBN (Buch)
9783346656414
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Partizipation, Offene Kinder- und Jugendarbeit, soziale Arbeit, Erziehungswissenschaft, Jugend, Kinder
Arbeit zitieren
Larissa Cau (Autor:in), 2020, Welche Bedeutung hat Partizipation für eine gelingende Offene Kinder- und Jugendarbeit?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1236741

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