Die römische Verfassung vor dem Hintergrund der Punischen Kriege

Hinterfragung des griechischen Geschichtsschreibers Polybios


Hausarbeit (Hauptseminar), 2018

24 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Zweiter und Dritter Punischer Krieg

3. Polybios: Leben, Werke und Staatstheorie

4. Römische Institutionen
a. Magistratur
b. Senat
c. Komitien

5. Karthagisches Staatswesen
a. Sufetat
b. Rat der Mächtigen
c. Volksversammlung
d. Strafgerichtshof der Einhundert

6. Weitere Faktoren
a. Söldnerwesen der Karthager
b. Bundesgenossensystem der Römer

7. Schluss

8. Quellen- und Literaturverzeichnis
a. Quellenverzeichnis
b. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Römische Reich gilt heute als eines der mächtigsten und langanhaltendsten Staatswesen in der Geschichte. Für seinen rasanten Aufstieg zur antiken Weltmacht war gerade die frühzeitige Entwicklung Roms vom Herrscher über die italienische Halbinsel hin zum dominierenden Machtfaktor des gesamten westlichen Mittelmeerraums von besonderer Bedeutung. In dieser Zeit musste sich der römische Staat mit seinem bis dato stärksten Konkurrenten auseinandersetzen, der Handelsrepublik Karthago. „Als Rom sich von der Herrschaft der etruskischen Könige befreite […], war Karthago längst das Haupt der phönizischen Kolonien im westlichen Mittelmeer, nämlich in Nordafrika, auf Sizilien, Sardinien, Korsika und in Südspanien.“1 Damit waren die Punier ein Hindernis für die Verwirklichungen der römischen Ambitionen im Mittelmeerraum.

Die Feindseligkeiten der beiden Großmächte mündeten in den drei Punischen Kriegen, die von 264 v.Chr. bis 146 v.Chr. andauerten. Trotz der anfänglichen Vorherrschaft der Karthager gingen die Römer als Sieger hervor und sorgten für die vollständige Zerstörung der feindlichen Handelsrepublik. Seit der Antike gab es Versuche, zu erklären, wie es zu diesem Kriegsausgang kommen konnte. Einer der Autoren, die eine Antwort auf diese Frage gefunden zu haben glaubte, war der antike griechische Geschichtsschreiber Polybios. Er sah die Verfassung Roms als die bestmögliche an und hielt sie für ausschlaggebend dafür, dass die Römer die Karthager in den Punischen Kriegen besiegten.

Seine Historien gelten als eine der besten Quellen für die römische Geschichte. Daher beschäftigt sich dieser Aufsatz mit der Frage, ob die These von Polybios zum Ausgang der Punischen Kriege zutreffend ist. Dafür wird sich nach einem kurzen Überblick über die letzten beiden Punischen Kriege2 anfänglich mit dem Autor selbst, seinen Werken sowie seiner Verfassungstheorie beschäftigt. Im Anschluss folgt ein Vergleich der römischen und der karthagischen Verfassung sowie der Einbezug anderer wichtiger Faktoren.

2. Zweiter und Dritter Punischer Krieg

Nach dem verlorenen Ersten Punischen Krieg mussten die Karthager nicht nur die Kontrolle über Sizilien und die umliegenden Inseln aufgeben, sie mussten auch ihre Söldner-Truppen demobilisieren und auszahlen. Über die Höhe des Solds entbrannte allerdings ein Streit, der 241 v.Chr. in einen Söldneraufstand mündete, durch den Karthago auch die Kontrolle über Sardinien verlor. Das Aufrüsten der Punier zur Rückeroberung der Insel führte schließlich zur römischen Annexion Sardiniens und Korsikas vier Jahre später. Durch den Verlust der Inseln musste sich Karthago machtpolitisch neu orientieren und vergrößerte sein Territorium auf der iberischen Halbinsel. Daraufhin drängten die Römer dem karthagischen Heerführer Hasdrubal 226 v.Chr. allerdings ein Abkommen auf, das es den Puniern verbot, sich über den Fluss Ebro nach Norden auszubreiten.

Nachdem Hasdrubal gestorben war, übernahm jedoch dessen Bruder Hannibal Barkas 221 v.Chr. die Führung der Truppen und eroberte die Stadt Sagunt. Die Römer, die vorher ein Hilfegesuch der Stadt erhalten hatten, verlangten daraufhin in Karthago Hannibals Auslieferung. Als ihnen dies verweigert wurde, erklärten sie den Karthagern 218 v.Chr. den Krieg. Hannibal überquerte mit seinem Heer die Pyrenäen sowie die Alpen und zog nach Süditalien, um römischen Bundesgenossen zum Überlaufen zu bewegen. Nach seinem Sieg in der Schlacht von Cannae 216 v.Chr. gelang ihm das auch teilweise. Allerdings schaffte es Publius Cornelius Scipio, der 210 v.Chr. den Oberbefehl über die römischen Truppen in Spanien erhalten hatte, die Karthager bis zum Jahr 206 v.Chr. aus Spanien zu vertreiben. Nachdem er ein Jahr später zum Konsul gewählt worden war, überfiel er 203 v.Chr. mit seinen Truppen Afrika und sorgte dafür, dass Hannibal aus Italien zurück nach Karthago beordert wurde. 202 v.Chr. stellte sich Scipio mit seinen Truppen den Karthagern zur Entscheidungsschlacht bei Zama und besiegte Karthago.

Im Friedensschluss nach dem verlorenen Zweiten Punischen Krieg 201 v.Chr. wurde Karthago auf sein Kernland in Afrika beschränkt, durfte keine Kriege mehr führen3, keine Söldner mehr engagieren und nur noch maximal zehn Kriegsschiffe besitzen. Massinissa wurde in Folge des Krieges zum König von ganz Numidien und konnte nun alte Besitzrechte gegen Karthago geltend machen. Rom billigte in den folgenden Jahrzehnten immer wieder numidische Annexionen, ohne für die Zukunft verbindliche Regelungen zu treffen. Schließlich marschierte Karthago im Jahr 150 v.Chr. unter Feldherr Hasdrubal in Numidien ein, wurde aber besiegt und musste noch im selben Jahr einen Friedensvertrag unterzeichnen.

149 v.Chr. gab der römische Senat den Beschluss bekannt, erneut gegen die Karthager Krieg zu führen, hielt den Beschluss zur Zerstörung der Stadt aber vorerst geheim. Die Römer setzten ihr Heer nach Utica in Afrika über und verlangten von den Puniern die Aufgabe sämtlicher Kriegsgeräte sowie schließlich das Verlassen der Stadt und die Ansiedlung weiter nördlich. Der letzten Forderung kam Karthago nicht mehr nach und so kam es zum Kampf. Da der Krieg 148 v.Chr. allerdings stagnierte, setzte das römische Volk Scipios Wahl zum Konsul und sein Kommando über die Kriegsanstrengungen in Afrika durch. Er konnte die Stadt hermetisch abriegeln und nach dem Bau eines Damms völlig von der Außenwelt abschneiden. 146 v.Chr. fiel Karthago schließlich und römische Truppen drangen in die Stadt ein. Sie drängten die karthagischen Truppen bis zur Burg zurück, wo sich 50.000 Mann ergaben und in die Sklaverei verkauft wurden. Die restlichen Soldaten der Karthager zündeten die Burg an und opferten sich selbst. Nach der Zerstörung der Stadt war auch der Dritte Punische Krieg beendet und Rom die alleinige dominante Macht im Mittelmeerraum.4

Nach diesem Überblick übe den historischen Kontext der letzten beiden Punischen Kriege muss nun kurz über Polybios, seine Werke und seine Staatstheorie informiert werden.

3. Polybios: Leben, Werke und Staatstheorie

Polybios wurde in der griechischen Stadt Megalopolis geboren. Als Sohn des Lykortas, eines führenden Staatsmannes des Archaischen Bundes, entstammte er einer der angesehensten Familien seiner Heimatstadt. Polybios war nicht nur ein archaischer Politiker, Staatsmann und Feldherr, er gilt heute neben Herodot und Thukydides auch als einer der bedeutendsten Historiker der Antike. 169 v.Chr. wurde ihm der Titel des Hipparchen, des „Reiteroberst“, verliehen, das zweithöchste Amt im Archaischen Bund. Nach der Schlacht von Pydna 168 v.Chr.5 sollte Polybios nach Italien deportiert werden, wurde allerdings aufgrund seiner bis dahin bereits erlangten Bekanntheit direkt nach Rom geschickt. Dort schloss er sich dem philhellenischen Kreis um Scipio an, der sich für das Griechentum einsetzte. Er schloss nicht nur Freundschaft mit dem römischen Feldherren, er erhielt auch Einblicke in die Entscheidungsprozesse der Römer.

150 v.Chr. kehrte Polybios in seine Heimat zurück, wurde aber bereits ein Jahr später nach Afrika berufen und „erlebte den Fall Karthagos als Augenzeuge in Scipios Gefolge“6 mit. Nach der Zerstörung der Stadt kam er zurück nach Achaia und half beim Aufstand gegen die Römer, nur um nach dem Ende der Rebellion und der Abreise der Römer 145 v.Chr. mit der praktischen Durchführung der Neuordnung beauftragt zu werden. Um das Jahr 120 v.Chr. soll Polybios im Alter von etwa 80 Jahren durch einen Sturz vom Pferd gestorben sein.

Neben seinem Hauptwerk, auf das nachfolgend eingegangen werden soll, hat der Historiker auch einige kleinere Werke verfasst. Zum einen die ‚ enkomion ‘ genannte Biographie des achaiischen Staatsmannes und Feldherren Philopoimen, den Polybios selbst als Vorbild betrachtete. Des Weiteren die Feldherrenschrift ‚ tactica ‘, eine Untersuchung der Bewohnbarkeit der Äquatorialzone und eine Schrift über den Numantinischen Krieg. Das größte Werk des Polybios sind die ‚Historien‘. Die Universalgeschichte in griechischer Sprache beschreib in 40 Bänden die Zeit von 264 bis 146 v.Chr. Das Hauptaugenmerk liegt – nach den ersten beiden einleitenden Bänden – allerdings auf dem Zeitraum von 220 bis 168 v.Chr., den Polybios bis einschließlich Band 29 behandelt.

Bis inklusive zum fünften Band stellt Polybios westliche und östliche Ereignisse noch separat dar. Die Haupterzählung bilden dabei einerseits der Zweite Punische Krieg im Westen und andererseits der Vierte Syrische Krieg7 im Osten. Im sechsten Buch geht der Geschichtsschreiber nicht nur auf die römische Verfassung ein, sondern beschäftigt sich auch mit den drei Staatsformen Monarchie, Aristokratie und Demokratie sowie ihren jeweiligen Entartungen, der Tyrannis, Oligarchie und Ochlokratie.

Er beschreibt zwei laut ihm miteinander vereinte Theorien. Zum einen die Anakyklosis, die Lehre vom zyklischen Wandel der Verfassungen, der mit der Monarchie beginnt und mit der Ochlokratie endet, um dann in „einer ewig weiterschreitenden Entwicklung“8 wieder von Neuem zu beginnen. Des Weiteren schreibt er über gemischte Verfassungen, wie sie in Rom, Karthago und Sparta zu finden waren. Polybios zeigt sich als ein Verfechter dieser Konstrukte, ist er doch der Meinung, sie stabilisierten das jeweilige System bis zu einem gewissen Grad gegen Entartung. Die römische Verfassung sieht der Geschichtsschreiber als ideal an, da sie gleicherweise monarchische, aristokratische und demokratische Elemente enthalte. „Denn wenn man seinen Blick auf die Machtvollkommenheit der Konsuln richtet, erscheint die Staatsform vollkommen monarchisch und königlich, wenn auf die des Senats, wiederum aristokratisch, und wenn man auf die Befugnisse des Volkes sieht, erscheint sie unzweifelhaft demokratisch“9.

Von Band VII, der die Ereignisse nach der Schlacht von Cannae 216 v.Chr. beschreibt, bis zum Sieg der Römer über Makedonien bei Pydna 168 v.Chr. in Buch XXIX wird alles annalistisch zusammengefasst und nach Olympiaden10 datiert. Polybios selbst – ins Englische übersetzt vom schottischen Philologen William Roger Paton – schreibt über seine Arbeit Folgendes:

I am aware, that some will wonder why I have deferred until the present occasion my accountt of the Roman constitution. […] The best and most valuable result I aim at is that readers of my work may gain a knowledge how it was and by virtue of what peculiar political institutions that in less than thirty-three years nearly the whole world was overcome and fell under the single dominion of rome.“11,12

[...]


1 Bellen, Heinz, Die römische Republik bis zum frühen Prinzipat. Grundzüge der römischen Geschichte, Darmstadt 2016.

2 Im Ersten Punischen Krieg spielte der wichtige karthagische Feldherr Hannibal Barkas noch keine Rolle.

3 Selbst in Afrika nur noch mit römischer Erlaubnis.

4 Vgl. Jehne, Martin, Die Römische Republik. Von der Gründung bis Caesar, 2013, S. 45-56; Grundzüge.

5 Schlacht zwischen den Römern und Makedonen unter König Perseus, die das Ende der makedonischen Dynastie der Antigoniden herbeiführte.

6 Haakh, Adolf, Polybios. Geschichten, Freiburg 1965, S. 107.

7 Vierte militärische Auseinandersetzung zwischen dem ptolemäischen Ägypten und dem Reich der Seleukiden, der 217 v.Chr. mit einem Friedensschluss endete.

8 Polybios, S. 106.

9 Bretone, Mario, Geschichte des römischen Rechts. Von den Anfängen bis Justinian, München 1992, S. 41.

10 Bezeichnet gemeinhin den vierjährigen Zeitraum zwischen zwei Olympischen Spielen.

11 Polyb. 6, 2.2.

12 Vgl. Meister, Klaus, Die griechische Geschichtsschreibung. Von den Anfängen bis zum Ende des Hellenismus, 1990, S. 153-166; Justinian, S. 41-45; Zimmermann, Bernhard, Handbuch der Altertumswissenschaften. Handbuch der griechischen Literatur der Antike Band 1. Die Literatur der archaischen und klassischen Zeit, München 2011, S. 659-661; Polybios, S. 79-113; Dreyer, Boris, Polybios in: Der Neue Pauly. Enzyclopädie der Antike. Band 10, Stuttgart 2001, S. 41-48.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Die römische Verfassung vor dem Hintergrund der Punischen Kriege
Untertitel
Hinterfragung des griechischen Geschichtsschreibers Polybios
Hochschule
Universität Leipzig  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Rom und Karthago
Note
2,3
Autor
Jahr
2018
Seiten
24
Katalognummer
V1237035
ISBN (eBook)
9783346656056
ISBN (Buch)
9783346656063
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rom, Karthago, Verfassung, Polybios, Krieg, Punische Kriege, Hannibal, Scipio, Geschichtsschreiber
Arbeit zitieren
Tobias Wagner (Autor:in), 2018, Die römische Verfassung vor dem Hintergrund der Punischen Kriege, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1237035

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