Leseprobe
Das Buch “Leviathan or the matter, form and power of a commonwealth ecclesiasticall & cicil" des englischen Philosophen und Staatstheoretikers Thomas Hobbes (1588-1679) erschien erstmals 1651 und zählt zu den zentralen Texten der politischen Theorie der Neuzeit. Es ist eine Darstellung seiner Lehre von der höchsten Staatsgewalt.
Die Bedeutung des Leviathan besteht vor allem darin, dass Hobbes die staatliche Ordnung nicht auf göttliche Fügung, sondern allein auf einen Vertrag zwischen gleichen und freien Individuen zurückführt. Der Staat besteht weder auf Grund einer geselligen Natur der Menschen, noch Kraft einer bestimmten Form der göttlichen Einsetzung, sondern er wird von den Menschen eingerichtet zu dem Zweck, Leben und Eigentum der Bürger vor Angriffen von außen und vor Übergriffen im Inneren zu schützen. Hobbes zählt damit zu den Begründern einer modernen, liberalen Staatsauffassung, wonach die politische Ordnung auf das rationale Kalkül individueller Interessen gründet. Er war damit aber auch ein Vordenker der absolutistischen Monarchie. Weitere Werke Hobbes sind:
- 1640 “Elements of law, natural and politic". Eine Reaktion auf den Verfassungsstreit zwischen König Karl I und dem englischen Parlament.
- 1642 De “Cive". Ein Buch über seine Regierungstheorie.
Da Thomas Hobbes als Legitimation des Absolutismus herangezogen wird, und der Leviathan in einer Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs vom mittelalterlichen Staat zum absolutistischen Fürstenstaat geschrieben wurde, halte ich eine Beschreibung dieser beiden Strukturformen für sinnvoll. Historische Vorläufer des modernen Staates:
Als moderner Staat gilt der Rechts- und Verfassungsstaat.
Der mittelalterliche Staat war nicht autonom, sondern auf überirdische Ziele ausgerichtet und an die göttliche Schöpfungsordnung gebunden. Er war völlig beherrscht von der Idee des Ordo. Die Welt stellte man sich als einen von Gott sinnvoll geordneten Kosmos vor. Nur innerhalb der ständisch, hierarchischen Ordnung wurde dem Individuum Wert und Geltung zugebilligt. Der Einzelne war in Stand und Korporationen eingebunden und demgemäss gab es keine individuellen, sondern nur korporative Freiheiten.
Die Struktur des mittelalterlichen Staates war durch und durch personalistisch aber nicht individualistisch. Zudem war der mittelalterliche Staat fast durchweg übernational und dezentralisiert. Er kannte keine einheitlich leitende Gewalt.
Der absolutistische Fürstenstaat:
Die Trennung von weltlichem und kirchlichem Bereich löste den Staat aus der überirdischen Zweckbindung und schuf die Voraussetzung für die Herausbildung der europäischen Nationen und die Machtkonzentration im Staat.
Der Adel wird von der Teilhabe am Staat auf den Dienst am Staat beschränkt (Beispiel Verwaltungsreform im Frankreich des Absolutismus).
Ein Vorläufer der Theorie Hobbes ist Jean Bodin mit seinem Werk Les six livres de la Republique (1576). In diesem Werk entwickelt er den Begriff der Souveränität, welcher später für die Theorie Hobbes zentral ist. Hiernach ist der Souverän zwar nicht an das positive Recht (lex), jedoch an das göttliche und natürliche Recht (ius) gebunden. Ein Widerstandsrecht tauchte bei Jean Bodin nicht auf.
Ein weiterer Vorläufer ist Hugo Grotius (1583-1645) auf den der Begriff des Gesellschaftsvertrags zurückgeht. In der Regel wurde dieser Vertrag als Übereinkunft zwischen Souverän und Volk (Herrschaftslegitimation) nicht als historisches Faktum, sondern als juridische Hypothese gesehen, woraus sich allerdings ambivalente Schlussfolgerungen ziehen ließen.
Historischer Kontext:
Die Entstehungszeit des Leviathan war äußerst unruhig. Sie war geprägt von Glaubenskonflikten (1642-1648) und dem englischen Bürgerkrieg 1649, der mit der Hinrichtung Charles I. endete. Die bisherige Monarchie wurde konstitutionell und England Republik.
Grundlage für Hobbes Theorie ist sein Menschenbild. Alle Menschen sind von Geburt aus gleich, denn „the weakest has strength enough to kill the strongest“ (Hackett: 87). Hieraus leitet Hobbes eine Kritik an den Wissens- und Funktionseliten ab. Es entsteht ein gesellschaftsweiter Konflikt: „ Aus dieser Gleichheit der Fähigkeiten entsteht eine Gleichheit der Hoffnung, unsere Absichten erreichen zu können. Und wenn daher zwei Menschen nach dem gleichen Gegenstand streben, den sie jedoch nicht zusammen genießen können, so werden sie Feinde und sind in Verfolgung ihrer Absicht, die grundsätzlich Selbsterhaltung und bisweilen nur Genuß ist, bestrebt sich gegenseitig zu vernichten oder unterwerfen.“ (Hoerster: 109/110)
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