Simone de Beauvoir's "Das Andere Geschlecht". Soziale Prozesse und Verhältnisse der Frau


Hausarbeit, 2021

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Steckbrief Frau

Mythos der Frau

Transzendenz und Immanenz

3. Werdegang zur Frau

4. Die Frau heute

5. Fazit

6. Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Inwiefern ist eine „Frau“ von der patriarchalen Gesellschaft in ihrem Denken und Handeln beeinflusst? Welche sozialen Strukturen und geschichtliche Ereignisse haben dazu geführt, dass eine Frau sich als „das Andere“ konstituiert und ihre Zukunft danach ausrichtet? Wie lässt sich der Begriff „Frau“ definieren? Mit diesen Fragen setzt sich Simone de Beauvoir in ihrem Werk Das andere Geschlecht auseinander. Das Buch war vielleicht nicht der Auslöser, jedoch Dreh- und Angelpunkt der Frauenbewegung in den späten 1960er Jahren. Viele feministische Aktivistinnen setzten sich mit ihren Thesen in eigenen Schriften auseinander, wie zum Beispiel Betty Friedan mit „The Femine Mystique“.

Das berühmte Zitat „Man ist nicht als Frau geboren, man wird es“ verweist auf zwei mögliche Interpretationen: Zum einen unterstreicht es die Passivität (das „Gemacht werden“) der Frau, zum anderen die Aktivität der Frau, das passive Bild von ihr zu untermauern. So vertritt de Beauvoir einerseits die Ansicht, das Mädchen würde im Laufe der Kindheit zu einer Frau erzogen werden und lerne, sich dem Mann hinzugeben und in Relation zum Mann zu definieren (AG: 194; 335; 339; 351; 385). Zum anderen betont Simone de Beauvoir die Art und Weise, wie die Frau selbst zu ihrem eigenen Los beiträgt. Dadurch, dass die Frau keinen Ausweg aus ihrer Situation sähe, verharre sie in ihrem Zustand und überlasse dem Mann das Handeln und Denken (AG: 15; 750; 775). In ihrem Werk analysiert Simone de Beauvoir die Prozesse, die zu diesem allgemeinen Rollenverständnis einer „Frau“ geführt haben. Dabei beruft sie sich unter anderem auf ihre eigene gelebte Erfahrung, die marxistische Ideologie, die Psychoanalyse Freud‘s und die politischen und religiösen Strukturen der Gesellschaft.

Aufgewachsen in einer Familie, in welcher beide Elternteile geradezu entgegengesetzte Auffassungen der Welt hatten, lernte Simone de Beauvoir von früh an, die Welt zu hinterfragen. Sie begann zu schreiben und lange Diskussionen mit ihrem Vater zu führen. Dieser meinte: „Simone has a man’s brain; she thinks like a man; she is a man“ (Tidd 2009: 23). Darauf fragte sie sich: Wenn sie intellektuell mit Männern gleichauf sei, wieso habe sie dann keinen Zugang zum selben Wissen? Der Tod ihrer engen Freundin Elisabeth Lacoin, welche aufgrund ihrer konservativen Rolle in ihrer Familie zusammenbrach, führte zu einer großen Abneigung gegenüber den gesellschaftlichen Erwartungen, wie eine Frau sich innerhalb einer Familie zu verhalten habe. Ebenso kritisierte sie stark das Konzept der Ehe. Simone de Beauvoir führte später in ihrer unkonventionellen Beziehung zu Jean-Paul Satre zwei essentielle Diskussionen, welche sie zum Schreiben des Buches Das andere Geschlecht anregte. In diesen Diskussionen realisierte sie, wie sehr die Frau sich als „das Andere“ zum Mann konstituiet (AG: 47). Das Werk sollte ursprünglich nur von ihrer eigenen Erfahrung handeln, verwandelte sich dann aber schnell in eine Darstellung der allgemeinen Situation von Frauen.

Diese werde ich im Folgenden genauer erläutern. Zu diesem Zweck gilt es zunächst, einen allgemeinen Steckbrief einer „Frau“ zu skizzieren, um ein allgemeines Verständnis der Rolle „Frau“ zu erhalten. Anschließend gehe ich auf verschiedene Faktoren ein, die laut de Beauvoir dazu beitragen, dass eine Frau zu einer Frau wird. Schließlich ziehe ich einen Bogen zur aktuellen Zeit und frage, inwiefern die Kernthesen von Simone de Beauvoir noch heute von großer Relevanz sind.

2. Steckbrief Frau

„Was ist eine Frau?“. Mit dieser philosophischen Frage beschäftigt sich Simone de Beauvoir im ersten Teil des Buches Das Andere Geschlecht. Wie bereits im Titel vorweg genommen, lautet ihre erste Erkenntnis: Eine Frau ist kein Mann. Sie ist „das Andere“, welches sich in Relation zum „Einen“ definiert (AG: 12). In ihrer Auffassung von „Frau“ kreuzen sich zwei Aspekte, zum einen der biologische, zum anderen der soziologische: Denn obwohl die Frau sich schon allein durch ihre körperliche Statue vom Mann unterscheidet, ist es auch ihre allgemeine Situation, die sie zur „Frau“ macht. Es gilt zunächst herauszustellen, was eine

„Frau“ aus biologischer Sicht zur „Frau“ macht und anschließend, welche Auswirkungen dies auf ihre Position in der Gesellschaft hat.

Zunächst hat eine Frau nicht nur ein anderes Geschlechtsteil als der Mann, sondern zudem noch einen Uterus und Ovarien. Beide gehören derselben Spezies an, sie sind beide Menschen. Wie jede Spezies besitzen auch die Menschen den Wunsch, sich fortzupflanzen und den Fortbestand ihrer Art zu sichern. Da die Frau mit einem Uterus ausgestattet ist, sieht die Natur vor, dass sie diesen Wunsch annimmt. Ihre biologische Funktion besteht darin, Kinder in sich heranreifen zu lassen und wiederholt in die Welt zu setzen. Der Mann spielt hierbei eine wesentliche Rolle, denn er verfügt über die Samen, ohne die eine Schwangerschaft gar nicht erst möglich wäre. Die Fortpflanzung kann also nur funktionieren, wenn beide Geschlechter, Mann und Frau, aufeinandertreffen, d.h. beide Geschlechter sind ausnahmslos gleich wichtig. Wie kommt es also dazu, dass der Mann als „das Eine“ und die Frau als „das Andere“ bezeichnet wird? Wieso scheint dem Mann eine deutlich höhere Bedeutung zugeschrieben worden zu sein, wenn doch die Frau ihr ganzes Leben danach ausrichtet, die Spezies zu erweitern? Ein Grund hierfür liegt laut de Beauvoir im Körper der Frau: aufgrund der monatlichen Periode, der langen Schwangerschaften und unter dem Druck der „bald“ einsetzenden Wechseljahre sei die Frau lange Zeit auf ihre Rolle der Fortpflanzung reduziert (AG: 56ff). Sie wäre im Allgemeinen schwächer als der Mann, da sie aufgrund körperlicher und hormoneller Bedingungen mehr auszuhalten hat. Somit sei der Mann dazu prädestiniert, ihr Sicherheit zu gewährleisten (AG: 71). Er selbst strotze (im Normalfall) lange Zeit vor Energie und Stärke, währenddessen die Frau, zweite Wesen mit sich herumträgt und „von sich ernährt“ (AG:71). Sein Körper sei nicht denselben Anforderungen ausgesetzt. Jedoch, so Simone de Beauvoir, hätten sich Männer und Frauen nie in Einzelkämpfen gegenüber gestanden; das Paar sei „ein ursprüngliches Mitsein“ und würde immer „als festes und vorübergehendes Element einer größeren Gemeinschaft“ in Erscheinung treten (AG: 60). Für de Beauvoir ist der biologische Kräfteunterschied nicht zwingend ausschlaggebend für das Überleben von Individuen. Überschüssige Kraft sei nicht immer notwendig, eine Frau könne auch gut mit den ihr verfügbaren Mitteln für sich und ihren Gefährten sorgen (AG: 78). Tatsächlich gehen Wissenschaftler davon aus, dass früher in der Steinzeit sowohl Frauen als auch Männer die gleichen Aufgaben bewältigt haben. Frauen waren höchstwahrscheinlich Teil der Jagd und sorgten sich nicht ausschließlich um die Kinder (Selg 2015). Um also zu verstehen, wieso die Frau sich als „das Andere“ konstituiert, gilt es auch den Prozess der Zivilisation und Gesellschaft um sie herum zu verstehen. Hier ist es von großer Wichtigkeit, die „Frau“ nicht als menschliches Wesen, sondern als „Situation“ (Konnertz 2005: 39) zu verstehen. Simone de Beauvoir zitiert Balzac, welcher sagt: „Die Frau ist, was der Mann aus ihr macht (AG: 584). Es bildet sich eine Parallele zu Simone de Beauvoirs Zitat: „Man ist nicht als Frau geboren, man wird es“. Aber etwas werden zu können setzt voraus, dass bereits etwas Gegebenes existiert. Es liegt also eine Idee vor, wie eine Frau ist oder zu sein hat.

Mythos der Frau

Der Körperbau der Frau kann als Grund für die Unterwerfung von Frauen dienen; Traditionen, Religion, mythische Erzählungen und andere Medien haben die Unterwerfung jedoch stark unterstützt und einen regelrechten Mythos um sie herum aufgebaut. In diesem spiegeln sich nach de Beauvoir Wünsche und Ängste der Menschen wider (AG: 61), weshalb er sich im Laufe der Zeit ändern könne und immer den Anforderungen der jeweiligen Epoche entsprechen müsse (AG: 321). Die „Frau“ ist damit ein soziologisches Rollenkonzept, welches ausschließlich auf Legitimationsglauben beruht. Dieses Konzept entspricht einem Leitfaden, wie eine Frau innerhalb einer Gesellschaft zu sein hat.

In einer stark patriarchalen Gesellschaft sehen sich nach de Beauvoir Männer als „gottgewollt“ (AG: 18) Sie nutzen das Trugbild einer höheren göttlichen Instanz, um die eigenen Werte und Ziele durchzusetzen (AG: 18; 773). Die Frau, welche von klein auf lerne, den Mann als von Gott erwählt zu erfahren, akzeptiere ihre Unterdrückung als gegeben.

[...]

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Details

Titel
Simone de Beauvoir's "Das Andere Geschlecht". Soziale Prozesse und Verhältnisse der Frau
Hochschule
Universität Potsdam  (Institut für Medien und Künste)
Veranstaltung
Einführung in die soziologische Theorie
Note
1,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
15
Katalognummer
V1239629
ISBN (eBook)
9783346665942
ISBN (Buch)
9783346665959
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Simone de Beauvoir, Zusammenfassung, Gleichberechtigung der Frau, Immanenz, Transzendenz, Mythos der Frau, Hausarbeit, Das andere Geschlecht
Arbeit zitieren
Nethais Sandt (Autor:in), 2021, Simone de Beauvoir's "Das Andere Geschlecht". Soziale Prozesse und Verhältnisse der Frau, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1239629

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