Wenn bei der Tarifpolitik in früheren Jahren vor allem der angestrebte Lebensstandard der Beschäftigten das Hauptaugenmerk der Gewerkschaften war, sind seit einigen Jahren noch ganz andere Erwägungen hinzu getreten. Zum einen haben gesamtwirtschaftliche und politische Hintergründe Änderungen erfahren – man denke nur an die seit Jahren anhaltende Arbeitslosigkeit oder an die Globalisierung – zum anderen mag die Wiedervereinigung eine Rolle gespielt haben, wenn man bedenkt dass dort die Auflösungserscheinungen des Flächentarifvertrages besonders augenfällig sind. Infolge dessen konnten sich tarifliche Öffnungsklauseln vielerorts durchsetzen. Die Stellung, welche betrieblichen Regelungen gegenüber Tarifverträgen gebührt, oder auch ordnungspolitisch gebühren sollte, ist nicht nur ein Dauerbrenner in juristischen und verbandsnahen Fachkreisen. Ob seiner gesellschaftspolitischen Bedeutung ist die Diskussion auch regelmäßig Gegenstand der allgemeinen Medien.
Inwieweit beispielsweise betriebliche Bündnisse dabei zulässig sind und welche Befugnisse ihnen zugestanden sein sollen, ist politisch umstritten. Immer wieder ist auch die – bislang noch – Außenseiterposition zu vernehmen, man möge doch den Tarifvorrang zu Gunsten eines Betriebsvorrangs abschaffen. Zum Mainstream darf sich zugehörig fühlen, wer die Auffassung vertritt, Tarifverträge seien zu statisch und zu unbeweglich, darüber hinaus zu wenig an den Bedürfnissen der Betriebsparteien ausgerichtet und sowieso überreguliert.
Die beschriebenen Tendenzen zur Öffnung enthalten aus dieser Sicht eine wünschenswerte Dynamik sowohl der Tarifverträge, als auch der Politik der Akteure. Dennoch besteht eine Gefahr darin, dass die Grenzen beider Instanzen unscharf werden. Zu untersuchen ist, inwieweit bei diesen Tendenzen der Wille des Gesetzgebers gewahrt wird,
der ja beide Rechtsetzungsinstanzen voneinander getrennt wissen wollte. Ferner ist zu betrachten, bis zu welcher Grenze betriebsverfassungsrechtliche und tarifrechtliche Gründe Öffnungsklauseln überhaupt zulassen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Mehr Mitbestimmungsrechte für den BR – durch Tarifpartner verleihbar?
- 2.1 Tarifrechtliche Betrachtung
- 2.2 Tarifvertragsgesetz (TVG) § 1 und 3
- 2.2.1 Art 20 II Satz 1 Grundgesetz
- 2.2.2 Art. 9 III Grundgesetz
- 2.3 § 4 Abs. 3 Alt. 1 Tarifvertragsgesetz
- 3. Wieweit erlaubt das Betriebsverfassungsrecht Öffnungsklauseln?
- 3.1 § 77 III BetrVG
- 3.2 Leitprinzipien des Betriebsverfassungsgesetzes
- 4. Ergebnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Vereinbarkeit von Öffnungsklauseln in Tarifverträgen mit dem Grundgesetz. Sie analysiert die rechtlichen Grundlagen, sowohl tarifrechtlicher als auch betriebsverfassungsrechtlicher Natur, und hinterfragt die Zulässigkeit der Übertragung von Mitbestimmungsrechten auf die Betriebsparteien.
- Vereinbarkeit von Öffnungsklauseln in Tarifverträgen mit dem Grundgesetz
- Tarifrechtliche und betriebsverfassungsrechtliche Aspekte von Öffnungsklauseln
- Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats und deren Übertragbarkeit durch Tarifpartner
- Auslegung von Art. 9 Abs. 3 GG im Kontext von Tarifverträgen
- Grenzen der Tarifautonomie im Hinblick auf Öffnungsklauseln
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1: Einleitung Die Einleitung beleuchtet den Wandel der Tarifpolitik und die zunehmende Bedeutung von Öffnungsklauseln, die als Reaktion auf gesamtwirtschaftliche und politische Veränderungen, insbesondere die Arbeitslosigkeit und Globalisierung, entstanden sind. Die Arbeit thematisiert die kontroverse Debatte um den Stellenwert betrieblicher Regelungen im Verhältnis zu Tarifverträgen.
Kapitel 2: Mehr Mitbestimmungsrechte für den BR – durch Tarifpartner verleihbar? Dieses Kapitel untersucht die verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Grundlagen der Übertragung von Mitbestimmungsrechten auf Betriebsparteien. Es analysiert Art. 9 Abs. 3 GG und dessen Bedeutung für die Tarifautonomie.
Kapitel 2.1 Tarifrechtliche Betrachtung: Es wird die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 9 Abs. 3 GG erörtert und die Frage der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Tarifautonomie behandelt.
Kapitel 2.2 Tarifvertragsgesetz (TVG) § 1 und 3: Dieses Kapitel beleuchtet die Konkretisierung des Tarifrechts durch das Tarifvertragsgesetz und die Ermächtigung der Koalitionen zur Regelung betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen.
Kapitel 3: Wieweit erlaubt das Betriebsverfassungsrecht Öffnungsklauseln? Dieses Kapitel befasst sich mit den Grenzen der Zulässigkeit von Öffnungsklauseln aus betriebsverfassungsrechtlicher Sicht.
- Arbeit zitieren
- Sarah von Leiden (Autor:in), 2007, Verfassungsrechtliche Probleme bei Öffnungsklauseln in Tarifverträgen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123964