Die „Verfassung für Europa“, auf die sich die Länder der EU 2004 einigten, ist von vielen Beobachtern als das bislang anspruchsvollste Reformprojekt bezeichnet worden. Es geht um nicht weniger, als die künftige Handlungsfähigkeit dieser Organisation angesichts weitreichender Herausforderungen wie etwa der Ost-Erweiterung, der viel beschworenen Globalisierung und dem langsamen, aber kontinuierlichen Abstiegs der USA als Schutzmacht der Länder des alten Kontinents. Den beteiligten Nationen wurde klar, dass diese und andere Probleme sich nicht mit „weniger Europa“ lösen lassen, wie das protektionistische Stimmen Heinrich Heine zum Trotz immer schon gefordert haben, gegenwärtig fordern, und nach allen Gesetzen der Wahrscheinlichkeit und der menschlichen Psyche auch künftig immer fordern werden. Gleichwohl scheiterte die Reform dann bekanntlich an Volksreferenden, zunächst in der französischen Republik, später in den Niederlanden. In dem Ausmaß, in welchem jedem ernsthaften politischen Beobachter augenblicklich klar wurde, dass die Bürger nicht tatsächlich den Verfassungsentwurf ablehnten – dazu hätten sie ihn zumindest lesen müssen, und viele Zeitungsartikel ließen vermuten das sich nicht mal Journalisten diese Mühe gemacht haben – so groß war andererseits die Ratlosigkeit, wie es nun weitergehen sollte. Denn der Weg bis dahin war bereits beschwerlich und nun sollten noch weitere Länder hinzutreten.
Dennoch am 23. Juni 2007 wurde im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft eine Vereinbarung zur Erstellung eines Reformvertrages verabschiedet. Dieser Vertrag – wiewohl von Diplomaten als „kaum lesbar“ und „bewußt häßlich“ tituliert – wurde von Kommissionspräsident José Durao Barroso dafür gelobt, dass es gelungen sei, „die wesentlichen Neuerungen des Verfassungsvertrags und damit seine inhaltliche Substanz zu erhalten“. Vom ursprünglich verabschiedeten Verfassungsentwurf wurde vielfach angenommen, er bringe die europäische Idee voran, getragen von dem Motto der EU: In Vielfalt geeint. Insbesondere wurde angenommen, dass die Institutionen der EU selbst gestärkt würden. Die spannende Frage lautet deshalb: Was ist davon noch übrig geblieben?
Inhaltsverzeichnis
- Einführung und Vorbemerkungen
- Entstehung des Reformvertrags und seiner Vorläufer
- Innovationen - was Europa voranbringen soll
- Europäisches Parlament
- Europäischer Rat
- Hauptamtlicher Präsident
- Ministerrat und Vorsitz
- Europäische Kommission
- Außenminister der Union
- Europäischer Gerichtshof
- Europäische Zentralbank
- Ausschuss der Regionen
- Schlussfolgerungen
- Synopse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht den gescheiterten Verfassungsvertrag der EU von 2004 und den darauffolgenden Reformvertrag. Ziel ist es, die wesentlichen Neuerungen des ursprünglichen Entwurfs und deren Übernahme in den Reformvertrag zu analysieren und die institutionellen Veränderungen zu beleuchten.
- Der gescheiterte Verfassungsvertrag von 2004 und seine Gründe
- Die Entstehung des Reformvertrags und seine wichtigsten Änderungen
- Vergleich der institutionellen Veränderungen zwischen dem Verfassungsvertrag und dem Reformvertrag
- Die Rolle der nationalen Referenden im Ratifizierungsprozess
- Die Zukunft der europäischen Integration im Lichte der gescheiterten Verfassung
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1: Einführung und Vorbemerkungen: Dieses Kapitel beginnt mit Zitaten von Heine und Adenauer über die europäische Einheit und führt in das Thema des anspruchsvollen Reformprojekts der EU-Verfassung ein. Es wird auf die Herausforderungen der EU und das Scheitern des Verfassungsentwurfs an Volksreferenden eingegangen.
Kapitel 2: Entstehung des Reformvertrags und seiner Vorläufer: Dieses Kapitel beschreibt die historische Entwicklung des europäischen Integrationsprozesses, die zu dem Verfassungsvertrag führte. Es werden die vorherigen Reformverträge (Maastricht, Amsterdam, Nizza) und der europäische Konvent erwähnt. Der Text schildert den Entstehungsprozess des Verfassungsvertrages, dessen Unterzeichnung und das anschließende Scheitern aufgrund der Ablehnung in Frankreich und den Niederlanden. Die darauffolgende Ratlosigkeit und die Bemühungen der deutschen Ratspräsidentschaft werden dargestellt.
Schlüsselwörter
Europäische Verfassung, Reformvertrag, EU-Institutionen, Volksreferenden, Europäische Integration, Verfassungsentwurf 2004, Ratifizierung, Reformvertrag 2007, Institutionelle Reformen.
- Quote paper
- Sarah von Leiden (Author), 2008, Die neue EU-Verfassung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123969