Leseprobe
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
1.Einführung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit
2. Begriffsabgrenzung KMU
2.1 Mittelstand in Deutschland
2.2 Definition anhand quantitativer Kriterien
2.3 Definition anhand qualitativer Kriterien
3. Bewertung von Sachanlagen nach IAS 16
3.1 Zielsetzung des IAS 16
3.2 Anwendungsbereich
3.3 Ansatz und Bewertung der Sachanlagen
4. Argumente für und gegen die Anwendung der IFRS für KMU
4.1 Auswirkungen auf die Darstellung der Vermögens Finanz- und Ertragslage
4.2 Maßgeblichkeit / mehrfach Bilanzierung
4.3 Komplexität der Regelungen
5. Fazit
Abkürzungsverzeichnis
KMU: Kleine und mittlere Unternehmen
HGB: Handelsgesetzbuch
IASB: International Accounting Standards Board
GuV: Gewinn- und Verlustrechnung
IFM: Institut für Mittelstandsforschung
d. h: Das heißt
IAS: International Accounting Standards
BilReG: Bilanzrechtsreformgesetz
EU: European Union
EDV: Elektronische Datenverarbeitung
1.Einführung
1.1 Problemstellung
Die Anwendbarkeit der International Financial Reporting Standards1 auf die Rechnungslegung mittelständischer Unternehmen war in Deutschland ein kontroverses Thema.2
Befürworter von IFRS lobten dies als "den richtigen Ansatz für mittelständische Unternehmen" und sagten voraus, dass mittelständische Unternehmen "es nicht vermeiden können, die IFRS-Rechnungslegung für lange Zeit anzuwenden“. Kritiker bezeichneten die internationale Rechnungslegung als "Gift für kleine und mittlere Unternehmen" und kamen zu dem Schluss, dass "kleine und mittlere Unternehmen vor der obligatorischen Umsetzung von IAS / IFRS geschützt werden müssen".3
Gemäß den europäischen IAS-Vorschriften sind nur kapitalmarktorientierte seit dem 1. Januar 2005 respektive 1. Januar 2007 Konzernunternehmen verpflichtet, IFRS im Konzernabschluss anzuwenden. Diese Verpflichtung gilt ohne Einschränkung auch für mittelständische Unternehmen, die organisierte Märkte im EU-Raum in Anspruch nehmen. In Deutschland sind weniger als 1.000 Unternehmen IFRS von der obligatorischen Anwendung betroffen.
Nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen können nach dem Rechnungslegungsgesetz „Bilanzrechtsreformgesetz“4 auch freiwillig IFRS zu Informationszwecken im Konzern- oder Einzelabschluss anwenden. Rund drei Millionen Unternehmen in Deutschland können diese Option nutzen.5 Das heißt, Sie können zusätzliche Abschlüsse gemäß internationalen Richtlinien erstellen. Aufgrund des Grundkonzepts unterscheiden sich die Bestimmungen des deutschen HGB und der IFRS stark.
Es stellt sich die Frage, was diese Entwicklung für das Unternehmen bedeutet und inwieweit die KMU betroffen sind. Insbesondere die Diskussion darüber, ob mittelständische Unternehmen von freiwilligen Änderungen der Rechnungslegungsstandards nach IFRS profitieren können.
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Thema „IFRS im Mittelstand“. Die Zielsetzung ist es, die Strukturierung der IFRS im Mittelstand anhand von qualitativen und quantitativen Kriterien aufzuzeigen. Zudem wird die Bewertung von Sachanlagen nach IAS 16 dargestellt und sowie die Vor- und Nachteile einer Anwendung im IFRS argumentiert.
Die vorliegende Arbeit ist in fünf Kapiteln gegliedert. Nach diesem einleitenden Abschnitt folgt der Kapitel 2, der die Definition der KMU anhand der quantitativen qualitativen und Kriterien und die Charakteristika mittelständischer Unternehmen erläutert. Im Kapitel drei wird die Bewertung nach IAS 16 dargestellt, nach deren Zielsetzungen, Anwendungen und zudem nach Ansatz und Bewertung der Sachanlagen.
Das drauf folgende Kapitel fünf befasst sich mit der Argumentation für und gegen eine Anwendung der IFRS für KMU. Diese wird durch die Auswirkungen auf die Darstellung der Vermögens Finanz und Ertragslage, Maßgeblichkeit und nach Komplexität der Regelungen erläutert.
2. Begriffsabgrenzung KMU
2.1 Mittelstand in Deutschland
Die Abkürzung „KMU“ steht für „Kleine und mittlere Unternehmen“, international wird dieser Begriff durch die Abkürzung „SME“ ersetzt (Small and Medium-sized Entities).
KMU ist eine größenabhängige Unterscheidung zwischen großen und kleinen Konzernen. Entscheidend ist dabei die Anzahl der Beschäftigten, der Umsatz und die Bilanzsumme. Kleine und mittlere Unternehmen unterliegen keiner einheitlichen Definition. Zur Definition des Begriffs KMU werden quantitative und qualitative Kriterien verwendet.
2.2 Definition anhand quantitativer Kriterien
Eine quantitative Abgrenzung, wird durch die Begriffe „klein“ oder „mittelständisch“ beinhaltet. Sie geben das Ausmaß der potentiellen oder tatsächlichen wirtschaftlichen Aktivität an. Zu ihrer Bestimmung sind bestimmte Kriterien erforderlich. Wie mangels weiterer typisierender Daten werden in der Regel, die Zahl der Beschäftigten, der Jahresumsatz und in einigen Fällen die Bilanzsumme als Maßstab herangezogen.
Anhand folgender quantitativer Kriterien strukturiert die Europäische Union die Unternehmen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Definition von KMU gemäß Europäischer Kommission6
Aus quantitativer Sicht betrachtet ist eine Eingrenzung des Begriffes „Mittelstand“, für die Gesamtheit der Unternehmen gesehen, die eine bestimmte Größe nicht überschreiten.
Obwohl für statische Zwecke oft eine quantitative Abgrenzung notwendig ist, ist die Bestimmung geeigneter Indikatoren äußerst problematisch. Die qualitative Abgrenzung kann hier Abhilfe schaffen.
Seit dem 1. Januar 2005 ist die Definition von KMU durch die EU-Empfehlung in Kraft getreten. Diese wurde durch die Definition von 1996 ersetzt, die hinsichtlich der Schwellenwerte für Umsatz und Bilanzsumme angepasst wurde.
Die Zahl der Beschäftigten ist das Hauptkriterium für die Klassifizierung von Unternehmen. Nach Ansicht der EU muss sie durch Finanzindikatoren ergänzt werden, da sich der Umsatz als Finanzindikator aufgrund seiner Abhängigkeit von der Branche nicht ausschließlich als ein Merkmal eignet, wird er mit der Bilanzsumme verknüpft.
Nur wenn die Grenzwerte beider Kriterien überschritten werden, soll das Unternehmen der jeweiligen Kategorie zugeordnet werden.
Eine alternative Definition kommt vom Institut für Mittelstandsforschung in Bonn.
Anhand der Zahl der Beschäftigten und des Umsatzes pro Jahr klassifiziert das IfM mittelständische Unternehmen und ergänzt diese quantitativen Kriterien, um zusätzliche qualitative Kriterien, falls dies erforderlich ist.
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Tabelle 2: KMU-Definition des IfM seit 1. Januar 20067
Die Unternehmen die einen Mitarbeiteranzahl unter 500 und einen Jahresumsatz von weniger als 50 Millionen Euro aufweisen, werden als KMU eingestuft.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3: Umschreibung der Größenklassen nach § 267 HGB8
Jede der drei Kriterien verwendet die Kriterien „Anzahl der Beschäftigten“ und „Umsatz pro Jahr“. In den meisten Literaturen werden diese Kriterien mittlerweile dargelegt. Eine höhere Anzahl der Kriterien erlaubt eine differenzierte Einstufung der Unternehmen, macht aber eine Gewichtung der Kriterien notwendig und erhöht das Problem der Messbarkeit und Erfassbarkeit.9
Die quantitative Abgrenzung bewilligt keine Aussagen, was die Charakteristika der Unternehmen angeht, wie z. B. die Eigentumsverhältnisse, Qualifizierung von Management oder Ressourcen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens lässt sich mit Hilfe dieser qualitativen Kriterien besser nachweisen.
Mit Hilfe von qualitativen Kriterien lassen sich Kausalzusammenhänge zum Erfolg des Unternehmens besser nachweisen. Letztendlich muss man konstatieren, dass „die rein formalistische Erfassung bestimmter Größenkriterien dem Wesen des Mittelstandes nicht gerecht wird“.10
2.3 Definition anhand qualitativer Kriterien
Obwohl rein größenbasierte Abgrenzungsmethoden für das Verständnis von KMU hilfreich sind, können KMU auch anhand qualitativer Kriterien definiert werden. Eine Vielzahl von verschiedenen Kriterien, werden in vielen Literaturen ebenfalls genannt.
Durch eine enge Verbindung zwischen Eigentum und Management, lassen sich mittelständische Unternehmen auszeichnen, d. h. die Eigentümer oder ihre Familien treffen mit den relevanten Stakeholdern des Unternehmens, meist strategische Entscheidungen in eigener Verantwortung. Deshalb wird oft von Eigentümer- und Familienunternehmen gesprochen.
Diese zeichnen sich primär:
- durch rechtliche Selbstständigkeit,
- durch Eigentumsmehrheit bei einem begrenzten Kreis natürlicher Personen,
- durch eine enge Verbindung von Unternehmen und Eigentümern,
- durch gute Einblicks- und Prüfungsrechte für Eigentümer und
- dadurch aus, dass das Unternehmen als Tätigkeitsbereich und Einkommensquelle der Eigentümer eine entscheidende Rolle spielt.11
Der Zusammenhang der wirtschaftlichen Existenz des Eigentümers und des Unternehmers spielt bei mittelständischen Unternehmen eine große Rolle. Dieses Kriterium gilt auch bei haftungsbeschränkten Kapitalgesellschaften als erfüllt, da die Finanzierung der Kapitalgesellschaften zumindest teilweise auf dem Privatvermögen des Unternehmens beruht, sodass keine wirtschaftliche Existenz im Regelfall von der Entwicklung des Unternehmens abhängt.12
Das Konzept der KMU ist nicht auf Unternehmen einer bestimmten Rechtsform oder Größe beschränkt. Jedoch haben mittelständische Unternehmen durch die enge Verbindung von Eigentum und Management, Finanzierungs- und Managementbeschränkungen, die die Unternehmensgröße beschränken.
Infolgedessen ist die unterdurchschnittliche Größe des Unternehmens ein konsekutives (unmittelbares) Kriterium. Im Allgemeinen wird, dadurch KMU mit dem Konzept der kleinen und großen Unternehmen gleichgesetzt. Es ist aber auch denkbar, dass Großunternehmen die qualitativen Kriterien erfüllen und somit als mittelständisches Unternehmen zu klassifizieren sind und somit Interpretationsspielräume eröffnen.
Qualitative Merkmale sind statisch kaum erfassbar, so dass die ehemals Hilfskriterium verwendete quantitative Definition im Laufe der Zeit die bedeutsamen qualitativen Merkmale in den Hintergrund gedrängt hat.13
Im Zusammenhang mit empirischen juristischen Anwendungen oder Erhebungen macht der Bedarf an verlässlichen Daten und nachvollziehbarer Quantifizierung an Grenzwerten sie zwingend erforderlich.
[...]
1 Im Folgenden IFRS abgekürzt.
2 Vgl.BDI,URL:https://bdi.eu/media/presse/publikationen/Publikation_International_Financial_Reporting_Standards_auch_fuer_den_Mittelstand.pdf
3 Vgl. Link. Springer, URL:https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-8349-9433-2_1
4 Im Folgenden (BilReG) abgekürzt.
5 Vgl. BDI April 2008, S. 3.
6 Vgl. Jan Janssen, 1. Auflage (2009), Rechnungslegung im Mittelstand; S. 8.
7 Vgl. https://www.ifm-bonn.org/definitionen/kmu-definition-des-ifm-bonn/
8 Vgl. Jan Janssen, 1. Auflage (2009), Rechnungslegung im Mittelstand; S. 10.
9 Vgl. Pfohl, Hans-Christian (2006): Abgrenzung der Klein- und Mittelbetriebe von Großbetrieben, S. 12.
10 Vgl. Wolter/Hauser (2001), S. 27.
11 Vgl. Tebroke, H.-J.; Laurer, T., Finanzmanagement (2005), S. 56; Vgl. Ballwieser, W., Rechnungslegung nach IFRS, in: Marten, K.-U.; Quick, R.; Ruhnke, K. (Hrsg.), Mittelstand (2005), S. 38.
12 Vgl. Gantzel (1962), S. 190-192; Ull (2006), S. 22.
13 Vgl. Wallau (2006), S. 15.