„[…] eine Koalition der neuen Möglichkeiten […]“ – mit diesen Worten bezeichnete die amtierende Bundeskanzlerin, Frau Angela Merkel, die bisher zweite Große Koalition in der fast 60-jährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen im November 2005. Beinahe vier Jahrzehnte mussten ins Land ziehen, bis CDU/CSU und SPD wieder miteinander koalieren und ihre scheinbar unvereinbare Programmatik auf einen gemeinsamen Nenner bringen konnten. Große Koalitionen haben oft den Ruf von Notgemeinschaften oder „Zweckehen“, wie auch der damalige SPD-Chef Matthias Platzeck die bundesweit zweite Große Koalition zu nennen vermochte. Doch was hält diese „Ehe“ zusammen? Es ist zunächst der mit einem „Ehevertrag“ gleichzusetzender, von beiden Partnern entwickelter Koalitionsvertrag, daneben ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen der parteipolitischen Exekutive aller Beteiligten, sowie informelle Spielregeln im Sinne von Koalitionsrunden und -gesprächen, um aufkeimende Animositäten zu schlichten.
Politisch wegweisende Entscheidungen zu treffen ist im Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland ein unverzichtbares Element. Doch häufig bleibt eine eindeutige Antwort auf die Frage nach dem wirklichen Entscheidungszentrum einer Regierung aus. Unverzichtbar für die Regierungsarbeit sind, gerade in Zeiten großer Koalitionen, informelle „Spielregeln“, die die Verfassung nicht kennt, welche mit der Zeit jedoch eine weitreichende Verbindlichkeit erlangt haben. Dieses so genannte „informelle Regieren“ soll Themenschwerpunkt der vorliegenden Hausarbeit sein; analysiert und verglichen am Beispiel der ersten (1966-1969) und zweiten (seit 2005) Großen Koalition in der Bundesrepublik Deutschland.
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffserklärungen: „formal/ formell“, „informal/ informell“
- Kurze Darstellung der Grundlagen der Koalitionstheorie
- Die Bildung von Koalitionen
- Lebensdauer und Stabilität von Koalitionen
- Informelle Komponenten des Regierens
- Empirische Grundlage
- Die Erste Große Koalition 1966-1969
- Koalitionsmanagement und Entscheidungszentrum
- Führungsstil des Kanzlers
- Die zweite Große Koalition seit 2005
- Koalitionsmanagement und Entscheidungszentrum
- Führungsstil der Kanzlerin
- Die Erste Große Koalition 1966-1969
- Vergleich der Regierungspraxen beider Koalitionen
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit analysiert das Phänomen des „informellen Regierens“ im deutschen politischen System, mit dem Fokus auf die erste (1966-1969) und zweite (seit 2005) Große Koalition. Das Ziel ist es, die Bedeutung informeller „Spielregeln“ im Koalitionsmanagement und in der Entscheidungsfindung zu untersuchen und zu verstehen, wie diese die Regierungsarbeit in der Bundesrepublik Deutschland beeinflussen.
- Untersuchung des Begriffs „informelles Regieren“ und dessen Bedeutung in der Praxis
- Analyse des Koalitionsmanagements und der Entscheidungsfindung in beiden Großen Koalitionen
- Vergleich der Regierungspraxen beider Koalitionen im Hinblick auf informelle Komponenten
- Bedeutung von „informellen Spielregeln“ im politischen System der Bundesrepublik Deutschland
- Einfluss von informellem Regieren auf die Regierungsarbeit
Zusammenfassung der Kapitel
- Das erste Kapitel liefert eine Einleitung in das Thema „informelle Regieren“ und stellt die zweite Große Koalition in den Kontext der deutschen Politikgeschichte.
- Das zweite Kapitel definiert die Begriffe „formal/ formell“ und „informal/ informell“, um eine gemeinsame Grundlage für die weitere Analyse zu schaffen.
- Das dritte Kapitel bietet einen kurzen Überblick über die Grundlagen der Koalitionstheorien, mit Fokus auf die Bildung und Stabilität von Koalitionen.
- Das vierte Kapitel beleuchtet die Kernthemen der Arbeit: die informellen Komponenten des Regierens.
- Das fünfte Kapitel behandelt die empirische Grundlage der Arbeit, beginnend mit der Analyse der ersten Großen Koalition (1966-1969). Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem informellen Koalitionsmanagement und dem Führungsstil des Kanzlers. Das Kapitel analysiert die zweite Große Koalition (seit 2005) unter denselben Gesichtspunkten.
- Das sechste Kapitel widmet sich dem Vergleich der Regierungspraxen beider Koalitionen.
Schlüsselwörter
Informelle Komponenten des Regierens, Koalitionsmanagement, Entscheidungsfindung, Große Koalition, Bundesrepublik Deutschland, Führungsstil, Politisches System, „Spielregeln“, Koalitionsvertrag, Koalitionsrunde, Vertrauen.
- Arbeit zitieren
- Malte Kilian (Autor:in), 2008, Informelles Regieren – vergleichende Analyse der ersten und zweiten Großen Koalition, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124222