In „Friedrich Dürrenmatt über F.D.“ beantwortet Dürrenmatt die Frage, ob und was er sich bei seinen Komödien denke, dass er dies auch nicht beantworten könne.
In seinen Anmerkungen zum „Besuch der alten Dame“ bezeichnet sich Dürrenmatt als „verwirrter Naturbursche mit mangelndem Formwillen“ und wehrt sich Dürrenmatt gegen die Annahme, er stelle mit seinem Stück ein Gleichnis oder gar eine Moral auf. Er schreibt, er suche nicht einmal sein Stück mit der Welt zu konfrontieren, weil sich all dies natürlicherweise von selbst einstelle, solange zum Theater auch das Publikum gehört.
Dürrenmatts theoretische Schriften werden in der Literaturwissenschaft als „Überlegungen zu einer zeitgenössischen Dramaturgie, die sicherlich eher wegen der Griffigkeit ihrer Formulierungen als der Stringenz ihrer Beweisführung zum Allgemeingut moderner Dramentheorie avanciert sind“ bezeichnet. Da jedoch Dürrenmatts Theorien in der deutschsprachigen Dramatik nach 1945 eine Verbreitung gefunden und einen bedeutenden Einfluss ausgeübt haben , wird sein Werk zwangsläufig mit den von ihm vorgeschlagenen und definierten Begriffen interpretiert.
Dürrenmatt schrieb nicht unbeeinflusst vom Lebensgeist und der Probleme seiner Zeit, seine Werke können nicht am „Phänomen des gegenwärtigen Seins vorbeigegangen sein“, denn er überblickte die gegenwärtigen existentiellen Lebensbedingungen. Deshalb ist Dürrenmatts Aussage, er selbst könne nicht beantworten, was sich hinter seinen Werken verberge, wohl nicht ernst zu nehmen, da er dazu in seinen „Theaterproblemen“ explizit Stellung bezieht.
Infolgedessen werden in dieser Hausarbeit Dürrenmatts als auch literaturwissenschaftliche Schriften gleichermaßen herangezogen, um die tragischen, komischen und grotesken Elemente des „Besuchs der alten Dame“ im historisch-gesellschaftlichen Kontext zu ergründen. Dabei konzentriert sich der Fokus auf die Protagonistin Claira Zachanassian, da sie den Mittelpunkt der tragischen Komödie darstellt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Der Besuch der alten Dame – eine tragische Komödie: Dürrenmatts Gattungserläuterungen
- 2.1 Die tragisch-komische Claire Zachanassian
- 2.1.1 Die tragische Verwandlung der Klara Wäscher in Claire Zachanassian
- 2.1.2 Die Ankunft der alten Dame: Der Bahnhof als Aushängeschild der Armut
- 2.1.3 Zachanassians Gatten als entindividualisierte Typen
- 2.2 Claire Zachanassian im Mittelpunkt einer denaturalisierten Gesellschaft
- 2.1 Die tragisch-komische Claire Zachanassian
- 3. Das Groteske in „Der Besuch der alten Dame“
- 3.1 Der paradoxe Handlungsverlauf der tragischen Komödie
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die tragischen, komischen und grotesken Elemente in Friedrich Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“ im Kontext der Nachkriegsgesellschaft. Der Fokus liegt dabei auf der Hauptfigur Claire Zachanassian und ihrer Rolle in der denaturalisierten Welt des Stücks. Die Analyse bezieht sowohl Dürrenmatts eigene theoretische Schriften als auch literaturwissenschaftliche Interpretationen mit ein.
- Dürrenmatts Theorie der „tragischen Komödie“ und ihre Anwendung in „Der Besuch der alten Dame“
- Die Darstellung der grotesken Elemente und ihres Zusammenhangs mit der gesellschaftlichen Situation
- Die Rolle von Claire Zachanassian als tragisch-komische Figur und Spiegelbild der gesellschaftlichen Verhältnisse
- Die Kritik an fehlender Schuld und Verantwortung in der Nachkriegsgesellschaft
- Die Verknüpfung von individuellen Schicksalen mit den gesellschaftlichen Problemen der Zeit
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und erläutert den methodischen Ansatz der Arbeit. Sie verweist auf Dürrenmatts eigene Äußerungen zu seinen Werken und deren Interpretation in der Literaturwissenschaft. Der Fokus wird auf die Analyse der tragischen, komischen und grotesken Elemente in „Der Besuch der alten Dame“, insbesondere im Bezug auf die Hauptfigur Claire Zachanassian, gelegt. Die Einleitung betont die Notwendigkeit, Dürrenmatts theoretische Schriften und literaturwissenschaftliche Interpretationen zu berücksichtigen, um das Stück im historisch-gesellschaftlichen Kontext zu verstehen.
2. Der Besuch der alten Dame – eine tragische Komödie: Dürrenmatts Gattungserläuterungen: Dieses Kapitel erörtert Dürrenmatts Konzept der „tragischen Komödie“ als Reaktion auf die gesellschaftlichen Verhältnisse der Nachkriegszeit. Es wird argumentiert, dass eine reine Tragödie aufgrund fehlender Schuldzuweisung und Verantwortung in dieser Zeit nicht mehr möglich ist. Dürrenmatt beschreibt die Nachkriegsgeneration als Träger einer kollektiven Schuld, die sich in der Ungestalt und Groteske der Gesellschaft manifestiert. Das Kapitel beleuchtet Dürrenmatts Kritik an der Anonymität der Macht und der Abwesenheit tragischer Helden, die durch die „Weltmetzger“ und „Hackmaschinen“ symbolisiert werden. Die tragische Komödie wird als angemessene Form dargestellt, um diese ungestaltete Welt darzustellen, indem sie das Tragische als schrecklichen Moment aus der Komödie zieht.
2.1 Die tragisch-komische Claire Zachanassian: Dieses Kapitel analysiert die Hauptfigur Claire Zachanassian, die als tragisch-komische Figur konzipiert ist. Ihre Transformation von Klara Wäscher zur Milliardärin wird detailliert beleuchtet, ebenso wie ihr groteskes Auftreten und ihre grausame Handlungsweise. Dürrenmatts Anmerkungen zur Figur werden herangezogen, um ihre Funktion als Spiegelbild ihres Vermögens zu verdeutlichen. Die Kapitel analysiert Claire Zachanassian als eine Figur, die das Handeln einer griechischen Tragödin verkörpert und gleichzeitig durch ihr groteskes Äußeres und ihre komischen Züge eine paradoxale Gestalt darstellt.
3. Das Groteske in „Der Besuch der alten Dame“: Dieses Kapitel untersucht die grotesken Elemente in Dürrenmatts Stück. Der paradoxe Handlungsverlauf, der auf der grotesken Situation der Rückkehr der reichen Claire Zachanassian basiert, wird analysiert. Die Groteske wird als ein „sinnliches Paradox“ interpretiert, das die Ungestalt der Welt und den Mangel an Verantwortung widerspiegelt. Die grotesken Elemente verstärken die tragischen Aspekte und heben die Absurdität der Situation hervor, in der die Bewohner Güllens ihre Moral und ihre Werte für Geld opfern.
Schlüsselwörter
Friedrich Dürrenmatt, Der Besuch der alten Dame, Tragische Komödie, Groteske, Claire Zachanassian, Nachkriegsgesellschaft, Schuld, Verantwortung, Moral, Gesellschaftliche Kritik, Paradoxe Handlung.
Häufig gestellte Fragen zu Dürrenmatts "Der Besuch der alten Dame"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die tragischen, komischen und grotesken Elemente in Friedrich Dürrenmatts Drama "Der Besuch der alten Dame" im Kontext der Nachkriegsgesellschaft. Der Fokus liegt auf der Hauptfigur Claire Zachanassian und ihrer Rolle in der denaturalisierten Welt des Stücks. Die Analyse bezieht Dürrenmatts theoretische Schriften und literaturwissenschaftliche Interpretationen mit ein.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit untersucht Dürrenmatts Theorie der „tragischen Komödie“, die Darstellung grotesker Elemente und deren gesellschaftlichen Zusammenhang, Claire Zachanassian als tragisch-komische Figur und Spiegelbild gesellschaftlicher Verhältnisse, die Kritik an fehlender Schuld und Verantwortung in der Nachkriegsgesellschaft sowie die Verknüpfung individueller Schicksale mit gesellschaftlichen Problemen.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel über Dürrenmatts Konzept der tragischen Komödie und Claire Zachanassian als tragisch-komische Figur, ein Kapitel über das Groteske im Stück und ein Fazit. Jedes Kapitel bietet eine detaillierte Analyse der jeweiligen Aspekte.
Was ist das zentrale Argument bezüglich Claire Zachanassian?
Claire Zachanassian wird als tragisch-komische Figur analysiert, deren Transformation von Klara Wäscher zur Milliardärin und deren groteskes Auftreten im Mittelpunkt stehen. Sie dient als Spiegelbild der gesellschaftlichen Verhältnisse und verkörpert das Handeln einer griechischen Tragödin, gleichzeitig aber auch komische Züge.
Welche Rolle spielt das Groteske in dem Stück?
Das Groteske wird als „sinnliches Paradox“ interpretiert, das die Ungestalt der Welt und den Mangel an Verantwortung widerspiegelt. Es verstärkt die tragischen Aspekte und hebt die Absurdität der Situation hervor, in der die Bewohner Güllens ihre Moral und Werte für Geld opfern. Der paradoxe Handlungsverlauf basiert auf der grotesken Situation der Rückkehr der reichen Claire Zachanassian.
Wie wird Dürrenmatts Theorie der „tragischen Komödie“ behandelt?
Die Arbeit erörtert Dürrenmatts Konzept der „tragischen Komödie“ als Reaktion auf die gesellschaftlichen Verhältnisse der Nachkriegszeit. Es wird argumentiert, dass eine reine Tragödie aufgrund fehlender Schuldzuweisung und Verantwortung in dieser Zeit nicht mehr möglich ist. Dürrenmatt beschreibt die Nachkriegsgeneration als Träger einer kollektiven Schuld, die sich in der Ungestalt und Groteske der Gesellschaft manifestiert.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Friedrich Dürrenmatt, Der Besuch der alten Dame, Tragische Komödie, Groteske, Claire Zachanassian, Nachkriegsgesellschaft, Schuld, Verantwortung, Moral, Gesellschaftliche Kritik, Paradoxe Handlung.
Welche methodischen Ansätze werden verwendet?
Die Arbeit kombiniert die Analyse von Dürrenmatts eigenen theoretischen Schriften mit literaturwissenschaftlichen Interpretationen, um das Stück im historisch-gesellschaftlichen Kontext zu verstehen. Der methodische Ansatz wird in der Einleitung erläutert.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Das Fazit fasst die zentralen Ergebnisse der Analyse zusammen und beleuchtet die Bedeutung von Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“ als Kritik an der Nachkriegsgesellschaft und ihren moralischen Defiziten. (Der genaue Inhalt des Fazits ist in der Zusammenfassung nicht detailliert beschrieben.)
- Arbeit zitieren
- Christina Schindler (Autor:in), 2007, Tragikomische Elemente in Dürrenmatts Stück "Der Besuch der alten Dame", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124271