Trendsport, ein Sport für die Schule?

Eine empirische Untersuchung


Examensarbeit, 2009

83 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und allgemeine Problemstellung

2 Wertewandel
2.1 Gesellschaftlicher Wertewandel
2.2 Wertewandel im Sport
2.3 Welche Werte verändern sich und wie im Besonderen?

3 Trendsport
3.1 Trendsportdefinition
3.1.1 Zum Begriff „Trend“
3.1.2 Zum Begriff „Sport“
3.1.3 Versuch einer Trendsportdefinition
3.2 Zusammenfassung

4 Trendsportarten im Schulsport – Perspektiven und Probleme
4.1 Warum gehört Trendsport in die Schule?
4.2 Wie beweglich ist die Schule?
4.3 Welcher Trendsport passt in die Schule?
4.4 Probleme bei der Integration von Trendsportarten in den Schulsport
4.5 Wie kann man Trendsportarten im Sportunterricht vermitteln?
4.6 Zusammenfassung

5 Konkrete Problemstellung

6 Empirische Studie
6.1 Theoretische Konzeption der empirischen Studie
6.1.1 Begründung und Zielsetzung der empirischen Studie
6.1.2 Auswahl der Erhebungsmethode
6.1.3 Fragebogenkonstruktion
6.2 Durchführung und Auswertung der erhobenen Daten

7 Darstellung der Ergebnisse
7.1 Allgemeine Angaben
7.2 Fragen zum Thema „Trendsport“
7.3 Fragen zum Thema „Trendsport in der Schule“

8 Diskussion
8.1 Allgemeine Angaben
8.2 Fragen zum Thema „Trendsport“
8.3 Fragen zum Thema „Trendsportarten in der Schule“
8.4 Zusammenfassung

9 Zusammenfassung und Ausblick

10 Literatur

11 Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Der deutsche Mann, Lebensstile und Orientierung (Diegel, 1986, S. 34)

Abbildung 2: Darstellung ausgewählter Merkmale zweier Wertehaltungen (Diegel, 1986, S. 17)

Abbildung 3: Niedergang der Traditionsvereine (Opaschowski, 2001, S. 159)

Abbildung 4: Übersetzung der sechs Sinnperspektiven von Kurz in ein Trendsportartenkonzept (Lange, 2007, S. 25)

Abbildung 5: Bewegungslernen als aktiver Suchprozess (Lange, 2007, S. 30)

Abbildung 6: Vier Anhaltspunkte zum Inszenieren von Trendsportarten im Unterricht (Lange, 2007, S. 31)

Abbildung 7: Typen der Befragung (Atteslander, 1984, S. 105)

Abbildung 8: Bezugsquelle von Informationen zum Thema „Trendsport“

Abbildung 9: Merkmale von Trendsport

Abbildung 10: Eignung von Trendsport in verschiedenen Klassenstufen

Abbildung 11: Integration von Trendsport in die Schule

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Trendsportarten von 1997 - 2000 (Schwier, 2000a, S. 76)

Tabelle 2: Weitere Merkmale von Trendsport.

Tabelle 3: Trendsporttypische Bewegungsaktivitäten

Tabelle 4: Trendsportarten, die von den Befragten betrieben werden

Tabelle 5: Trendsportarten, die für den Schulsport geeignet sind

Tabelle 6: Eingesetzte Trendsportarten im regulären Sportunterricht

Tabelle 7: Eingesetzte Trendsportarten im Rahmen einer AG oder eines Projektes

Tabelle 8: Schwierigkeiten bei der Integration von Trendsportarten in den Schulsport

Tabelle 9: Pädagogischer Gewinn bei der Integration von Trendsportarten in den Schulsport.

1 Einleitung und allgemeine Problemstellung

Seit dem Bestand des Faches Sport in der Schule, haben sich Begriffe, Vorstellungen über Ziele, Inhalte und Methoden, die Rahmenbedingungen und auch die Praxis immer wieder verändert. Infolgedessen muss im Kontext vom Wandel der Jugend, der Schule, des Sports und der Gesellschaft immer wieder über eine neue Gestaltung von Schulsportinhalten nachgedacht und diskutiert werden (vgl. Balz, 1996, S. 7). Gerade in den letzten 40 Jahren hat sich die Gesellschaft stark gewandelt, es kam zu einen Wandel der Werte weg von Leistung und Erfolg im Beruf, hin zu „dem Leben einen Sinn geben und Spaß haben“ (vgl. Digel 1986, S. 33-34). Dieser Wertewandel der Gesellschaft scheint sich auch auf den Sport übertragen zu haben, denn frühere Wertemuster lösten sich in den 70iger und 80iger Jahren auf und es kam zu einem Wertepluralismus im Sport (vgl. auch Digel 1986, S. 15). In Zusammenhang mit diesen Prozessen spricht man auch von einem Wandel der materialistischen zu postmaterialistischen Werten (vgl. Klages, Hippler, Herbert, 1992, S. 22). Demzufolge und aufgrund der Probleme unserer komplexen Gesellschaft kommt es im Sport zunehmend zu einer Vervielfältigung der Aufgaben und Funktionen. Das ist wiederrum verbunden mit einer immensen Nachfrage nach individuellen Sportarten, was zu einer großen Vielfalt von neuen Bewegungsaktivitäten führt und eine kontinuierliche Ausdifferenzierung des Sports zur Folge hat (vgl. Digel, 1986, S. 38; Digel, 1990, S. 65-66).

Gerade Heranwachsende spielen in dieser Entwicklung eine große Rolle. Sie sind es, die häufig auf diese neuen Bewegungsaktivitäten zugreifen, sie ausprobieren und ihnen teilweise ganze Lebensstile, wie z.B. beim Skateboarden, zuschreiben (vgl. Heim, 2006, S. 17). Tendenziell zeigt sich, dass viele dieser betriebenen Bewegungsaktivitäten zum Trendsport zählen. Trendsport scheint sich als Ausdruck der heutigen gesellschaftlichen Werte gut zu eignen und somit für die Jugendlichen eine wichtige Rolle zu spielen (vgl. Balz, 2001, S. 5). Wenn Trendsport also bei den Jugendlichen und in ihrer Entwicklung einen scheinbar so großen Stellenwert darstellt, sollte er auch in das Blickfeld und Interesse von Sportlehrern und –innen rücken. Denn früher waren die Unterrichtsinhalte des Schulsports oft deckungsgleich mit denen des Freizeitsports, doch heute „läuft der Sportunterricht Gefahr, zu einem Museum für den traditionellen Sport zu werden!“ (Heim, 2006, S. 17). Demzufolge drängt sich durch die Veränderungen der außerschulischen Sportwelt die Frage auf, ob der Schulsport mit seiner Orientierung an traditionellen Schulsportarten und der traditionellen Art der Sportausübung nicht Gefahr läuft, eine wesentliche Entwicklung zu versäumen und den Bedürfnissen von Schülern nicht mehr gerecht zu werden, denn:

„Wenn diese außerschulische Bewegungswelt, die sich von der Bewegungswelt des Schulsports erheblich unterscheidet, tatsächlich in nennenswertem Umfang existiert, ist es doch wohl eine grundlegende sportdidaktische Aufgabe und damit die einer jeden Sportlehrkraft, darüber zu reflektieren, wie der Schulsport darauf zu reagieren hat, wie dieser Wandel in der Bewegungskultur unserer Gesellschaft im Schulsport zu beachten ist und wenn positiv beantwortet, wie das zu geschehen hat.“ (Köppe, 2001, S. 2).

Der Trendsport wirft jedoch viele ungeklärte Fragen auf. Dies liegt sicherlich auch daran, dass eine einheitliche Definition des Begriffs „Trendsport“ aufgrund der Komplexität des Phänomens noch nicht möglich ist. Dabei geht es nicht nur um eine Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Schulsport, sondern darüberhinaus auch um die Vermittlung, also um das didaktische und methodische Vorgehen bei einer Integration. Auch die mögliche Qualifikation der Lehrer und Lehrerinnen spielt eine Rolle.

Folglich stellt sich die Frage, ob Trendsport ein Sport für die Schule ist.

Zur Beantwortung dieser Frage, sollen Lehrer und Lehrerinnen dazu in einer empirischen Untersuchung befragt werden. Auf Grundlage dessen, ist das Ziel dieser Arbeit die Frage ob Trendsport ein Sport für die Schule ist, also eine mögliche Integration von Trendsport in den Schulsport anhand der Ergebnisse der Lehrerbefragung zu beantworten.

Zur Vermittlung des notwendigen theoretischen Hintergrundwissens, soll im ersten Teil der Arbeit gezeigt werden, wie sich der Wandel der Werte in der Gesellschaft vollzogen hat und in welcher Form er sichtbar wird. Weiter soll gezeigt werden, wie sich dieser Wandel auch auf das heutige Sportverständnis und Sporttreiben, besonders auch der jüngeren Generation, übertragen hat. Aufgrund dieser Entwicklungen soll das Phänomen des Trendsports näher gebracht werden und ein Definitionsversuch dessen vorgenommen werden. Anschließend soll gezeigt werden, dass Trendsport einen geeigneten sportlichen Ausdruck der gesellschaftlichen Werteentwicklung darstellen kann und daher von Interesse für den Schulsport sein kann. Infolgedessen wird eine konkrete Problemstellung entwickelt, die anschließend im empirischen Teil der Arbeit, anhand einer Befragung von Sportlehrern- und innen durch einen Fragebogen überprüft und beantwortet werden soll.

Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Darstellung, Konzeption und Durchführung der empirischen Studie. Dem schließt sich eine Diskussion an, in der die Interpretation der Ergebnisse aus der empirischen Untersuchung vorgenommen wird.

2 Wertewandel

2.1 Gesellschaftlicher Wertewandel

Die Gesellschaft hat sich in den letzten 40 Jahren gewandelt. Wenn man heute sein eigenes Handeln mit dem von vor 40 Jahren vergleicht, kann man feststellen, dass sich einige Werte geändert haben, z.B. die Frage nach dem Sinn der Arbeit, später aufstehen, besser essen und mehr Luxus haben wollen.

Nach Klages (1981, S. 118) sind „Werte“ Background-Größen des überwiegenden Teils der Meinungs-, Einstellungs- und Verhaltensentscheidungen, die man im sozialen Alltag beobachten kann. Das heißt man orientiert sich immer an den Werten, die zum jetzigen Zeitpunkt vorherrschend sind und dies wirkt sich auf die eigene Meinung, Einstellung und das eigene Verhalten aus.

Bei der Beobachtung der gesellschaftlichen Veränderung, kann man feststellen, dass die Freizeitentwicklung dabei eine sehr wichtige Rolle spielt. Denn vor 40 Jahren stand sie noch für eine Regernationsphase des Arbeitsalltages. Man lebte in einer Arbeitsgesellschaft, das heißt man lebte mit und von der Arbeit (vgl. Digel 1986, S. 33-34; Opaschowski, 2006, S. 31-33). Aufgrund der ständig sinkenden Arbeitszeiten seit 1965 wächst die Freizeit beständig an. Das Sporttreiben spielt vermehrt eine Rolle, man will „abschalten“, einen „Tapetenwechsel“ zum täglichen Arbeitsleben. Es entwickelt sich in eine Richtung hedonistischer Bedürfnisbefriedigung, „viel Spaß und Unterhaltung“ haben. Daher kommt es diesbezüglich zu einem Wertewandel, weg von Leistung und Erfolg im Beruf, hin zu „dem Leben einen Sinn geben“, Erlebnisse und Spaß haben (vgl. Digel 1986, S. 33-34; Opaschowski, 2006, S. 33). Wenn man die Veränderung der Freizeit näher beschreiben gibt es nach Digel (1986, S. 35) einige Tendenzen, die sich ganz deutlich zeigen:

- Es herrscht eine Zunahme kommunikativer Bedürfnisse und Aktivitäten (selber machen, kreativ sein, Gemeinsamkeit). Dies ist sehr häufig auch mit einer höheren Sportaktivität verbunden.
- Das zunehmende Bedürfnis, des körperlichen Kontakts, um die Körperlichkeit besser ausleben zu können (Sozialkontakt, Spaß, Aktivität). Dies steht erneut in Zusammenhang mit vermehrtem Sporttreiben.
- Ein zunehmendes Reisebedürfnis (erholen, Lebensgenuss).
Nach Vester (1988, S. 165) bestimmen die Größen Zeit, Geld, Werte und Einstellungen die Freizeit und auch den in der Freizeit betriebenen Sport. Zum einen gibt es mehr Geld durch das Erben der jetzigen Generationen vom aufgebauten Nachkriegsvermögen, aber auch durch die Zunahme von Doppelverdienern und höheren Berufsqualifikationen bei Frauen (vgl. Opaschowski 1987b, S. 24). Abbildung 1 soll noch einmal verdeutlichen, wie sich die Werte des deutschen Mannes hinsichtlich seines Lebensstiles und seiner Orientierung verändert haben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Der deutsche Mann, Lebensstile und Orientierung (Diegel, 1986, S. 34).

2.2 Wertewandel im Sport

„Die menschliche Phantasie wagt sich immer mehr an kühne Träume heran, begnügt sich jedoch mit den Träumen nicht, sondern macht sie wirklich wahr“ (Opaschowski, 2001, S. 173).

Der Wertewandel der Gesellschaft ab der 2. Hälfte des 20. Jahrhundert, übertrug sich auch auf den Bereich des Sports. Wie Digel (1990, S. 59) schreibt, hat sich die Sportwissenschaft in üblicher zeitlicher Verzögerung nun auch diesem Thema zugewandt. Seinen Vermutungen zur Folge, hat sich durch allgemeine Wandlungstendenzen auch eine Werteveränderung im Sport ergeben. In den 50er und 60er Jahren verfügte der Sport noch über ein einheitliches Wertemuster. Dieses war durch Begriffe wie Leistung, Wetteifer, Konkurrenz, Disziplin, Unterordnung, Bedürfnisaufschub, Solidarität und Selbstzweck gekennzeichnet. Diese Struktur zog sich durch den ganzen Sport. Sport war damals gleichbedeutend mit Leistungssport, egal in welcher Hinsicht man ihn betrieb, ob als Profi oder als Laie.

Ende der 70 Jahre und in den 80 Jahren löste sich dieses Wertemuster auf. Es kam zu einem Wertepluralismus, das heißt, es kam zu Prozessen der Entwertung, der Wertesubstitution und der Neubewertung. Demzufolge brach alles was einmal einheitlich im Sport war auseinander (vgl. auch Digel 1986, S. 15). In Zusammenhang mit diesen Prozessen, spricht man von einem Wandel der materialistischen zu postmaterialistischen Werten (vgl. Klages, Hippler, Herbert, 1992, S. 22). Abbildung 2 zeigt die Unterschiede der beiden Werthaltungen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Darstellung ausgewählter Merkmale zweier Wertehaltungen (Diegel, 1986, S. 17).

Für viele Menschen ist der Beruf mehr und mehr Mittel zum Zweck geworden und gilt nicht mehr als Selbstzweck (vgl. auch Digel 1986, S. 15). Lebensziele und Prioritäten ändern sich. Der Fokus richtet sich auf postmaterialistische Werte, wie die Persönlichkeitsentfaltung und Selbstverwirklichung. Währenddessen verlieren die tradierten Werte, wie Disziplin, Anpassung, Unterordnung, Gehorsam und Treue stark an Bedeutung. Die Entwickelung geht in Richtung eines freizeitkulturellen Lebensstils, der sich durch Genuss, Lebensfreude, Natürlichkeit, Aufgeschlossenheit und Toleranz auszeichnet (vgl. Digel, 1986, S. 36). Dieser Prozess des Wertewandels wird zusätzlich begünstigt, durch Menschen, für die ihre Gesundheit und Körperlichkeit immer wichtiger werden und der Sport als allgemeine Lebenshilfe verstanden wird (Küßner, 2002, S. 17; Rittner, 1991, S. 18-19).

Dies ist auch ein Zeichen, der sich innerhalb der letzten dreißig Jahren veränderten Sozialstruktur des Sports. Im Zuge dessen sind viele neue Bevölkerungsgruppen zum Sport hinzugestoßen. Die Anzahl der weiblichen Mitglieder hat sich enorm erhöht und neben all den tradierten Organisationformen haben sich viele neue Organisationsformen, wie zum Beispiel der Trendsport hinzu entwickelt. Durch diese sportliche Globalisierung finden auch viele kulturfremde Sportarten Eingang in die europäische Sportkultur. Es kommt also zu einer Erweiterung sportlicher Traditionen auch über die Ländergrenzen hinaus und der eigene nationale Sport wird durch neue fremde Sportarten erweitert z.B. Baseball und Lacrosse (vgl. Digel, 1990, S. 62-65; Küßner, 2002, S. 15-16). Gerade diese neuen Formen des Sports erfreuen sich einer großen Beliebtheit und zeichnen sich durch Leistung ohne Wettbewerb aus. Es kommt also zu einer Entwicklungstendenz in Richtung des Hedonismus (vgl. Digel, 1986, S. 36).

Aufgrund der aufgezeigten Entwicklung wird ersichtlich, dass der Postmaterialismus den Sport keineswegs unberührt lässt und im Sport ein Wandel der Werte als Mischung stattfindet, der mitten durch den Menschen geht und sich unabhängig von Alter, Geschlecht und sozialer Position kontinuierlich ergibt (vgl. Klages, 1983, S. 343; Küßner, 2002, S. 17; Rittner, 1991, S. 38).

Zusammenfassend kann man das anfangs aufgeführte Zitat von Opaschowski (2001, S. 172-173) heranziehen. Er beschreibt damit den Sportler der Zukunft. Dieser Sportler vereint viele verschiedene Talente in einem. Er ist Freak, Allrounder, trendig, modebewusst, erfolgreich mit dem richtigen Feeling für Spaß, Fun und Thrill (Nervenkitzel) ausgestattet. Der uns bekannte Karrierebegriff bleibt nicht mehr auf den beruflichen Bereich beschränkt. Stattdessen gibt es ein weites Profilierungsfeld auch im Freizeitbereich. Jüngere Generationen entwickeln Qualifikationsprofile für Freizeitkarrieren, z.B. als Sportler, Musiker und Computerfreaks, die Hobby und Beruf oftmals verbinden. Diese Freizeitprofis lösen das Image des Workaholics, der sich als einzig Leistender für seine Karriere sieht, ab und treten in Konkurrenz mit ihm. Der Erlebniskonsument der Zukunft lebt seine Träume ganz nach dem Motto „Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum“ (vgl. Opaschowski, 2001, S. 172-173).

2.3 Welche Werte verändern sich und wie im Besonderen?

Ein wichtiger Wandel hat sich hinsichtlich des Stellenwerts des Körpers vollzogen. Der Körper ist das einzig Feststehende in einer pluralistischen, differenzierten, unübersichtlichen und orientierungslosen Alltagswelt. Sportliches Training wirkt sich auf den Körper aus und wird sichtbar. Das wiederrum gilt als Statussymbol. An einem sportlich geformten Körper kann man viele Werte ablesen z.B. Erfolg, Kontinuität, Leistungsfähigkeit usw. Wer so viel in seinen Körper investiert, der kann dies auch in anderen Lebensbereichen (vgl. Küßner, 2002, S. 16-17). Einen weiteren Wandel stellt die Individualisierung dar. Der Traditionshintergrund für Entscheidungen verliert immer mehr an Bedeutung, d. h. der Individualisierungsprozess einer Person nimmt zu (vgl. Digel, 1990, S. 65; Küßner, 2002, S. 16). Paradoxerweise nimmt im Gegenzug die Entindividualisierung durch eine erhöhte Austauschbarkeit von Personen zu. Personen haben also heute viel mehr Entscheidungsfreiheiten, können sich mehr Selbstverwirklichen, von der Masse abheben und einmal mehr die Einmaligkeit ihrer selbst anstreben. Im Gegenzug dazu, gibt es für viele andere Personen die Möglichkeit der Reproduktion dieser Einzigartigkeit und das nimmt der Individualität ihre Einzigartigkeit und macht sie zu etwas Alltäglichem. Dadurch wird die Austauschbarkeit zum Ausdruck gebracht und die Freiheit wieder einschränkt. Ein weiteres sich änderndes Merkmal ist die größere Bereitschaft zum Genuss. Sport macht Spaß und wird genossen. Desweiteren scheint sich die materielle Werthaltung geändert zu haben. Sport dient zur Bereicherung und die Parole „Gewinn, ganz gleich für welche Leistung“ (Digel, 1990, S. 65) gilt. Sport hat sich in Richtung Rationalität und Modernität, also in Richtung neuer Technologien entwickelt. Sie beeinflussen den Sport stark und stellen heute neben der sportlichen Aktivität einen wichtigen Faktor zum Erringen des Sieges dar (vgl. Digel, 1990, S. 65). Aufgrund dieses Wertewandels lautete die These von Digel:

„Die ehemals eher einheitliche Wertestruktur des Sports, die sich in erster Linie durch Fleiß, Bedürfnisaufschub, Anstrengung, Leistung, Fair-Play und Solidarität in Training und Wettkampf ausgezeichnet hat, hat sich mit neuen Werten vermischt. …Im Sport ist es zu einer einseitigen Überbetonung der Interessen des Einzelmenschen und zu einer einseitigen Überbewertung von Lust, Vergnügen und Genuß gekommen“ (Digel, 1990, S. 65).

Abschließend kann gesagt werden, dass es im Sport zunehmend zu einer Vervielfältigung der Aufgaben und Funktionen kommt, aufgrund der Probleme unserer komplexen Gesellschaft. Diese immense Nachfrage nach individuellen Sportarten und die Zunahme der Sporttreibenden hat eine Zunahme der Aktivitäten zur Folge. Dies spiegelt sich in der Vielfalt von neuen Sportarten wieder und führt zu einer kontinuierlichen Ausdifferenzierung des Sportsystems verbunden mit einer breiten Palette von Angeboten, also vielen Teilsystemen im Bereich des Sportsystems. Das Wachstum findet auf Kosten der einstmals einheitlichen Werte des Wettkampf- und Leistungssport statt. (vgl. Digel, 1986, S. 38; Digel, 1990, S. 65-66; Stumm, 2004, S.60-61). Kennzeichen des modernen Sports ist dabei eine Kommunikation körperlicher Leistungsfähigkeit. Die Einheit des Sports wird folglich nicht vom binären Code Sieg/Niederlage zusammengehalten, sondern nach Stichweh (1990, S. 384) vom binären Code leisten/nicht leisten. Daraus ergibt sich, dass es im modernen Sport viele Handlungen gibt, die nicht agonal ausgelegt sind.

3 Trendsport

3.1 Trendsportdefinition

„Fragt man 10 Wissenschaftler nach einer Definition von Trendsport, so erhält man sicherlich 11 Antworten“ (Breuer & Michels, 2003, S. 12).

Schon anhand dieses kurzen Zitates wird klar, dass Trendsport trotz einer intensiven wissenschaftlichen Auseinandersetzung noch immer nicht definierbar und verstanden ist. Hinzu kommt, dass es schwierig ist etwas zu definieren, das sich ständig wieder ändern kann. Eine Sportart die heute als Trendsport gilt, kann bereits in wenigen Monaten wieder von der Bildfläche verschwunden sein und im Gegenzug dazu, gibt es dann wieder andere Sportarten, die als Trendsportarten bezeichnet werden. Es handelt sich hier um ein sehr unstetes Phänomen, das es zu beschreiben gilt. Verschiedene Autoren haben sich eines Definitionsversuches angenommen. Im Folgenden werden diese kurz beschrieben und dann ein eigener Definitionsversuch versucht.

3.1.1 Zum Begriff „Trend“

Wenn man sich dem Wort „Trendsport“ etymologisch annähern möchte, dann findet man im Duden unter „Trendsportart“ nur die Beschreibung „eine Sportart die im Trend liegt“ (vgl. Dudenredaktion, 2003, S. 1601). Das ist weder eine genaue Definition, noch kann man damit irgendetwas eingrenzen.

Der Begriff „Trend“ weist einige Unklarheiten auf und wird in den verschiedensten Bereichen gebraucht. Trend wird zum Bespiel mit dem Begriff „Mode“ gleichgesetzt. Mode gilt auch als etwas Neues, das einen Zeitgeschmack trifft, also etwas das nur temporär gilt (vgl. Breuer & Sander, 2003, S. 42; Schildmacher, 1998, S. 63). Mode kann sich nicht nur auf Kleidung beziehen, sondern jedes Gut kann diese als Methode wählen (vgl. Bossele 1959, S. 56). Als wichtigen Unterschied zwischen Mode und Trend gilt, dass der Trend eine längere zeitliche Dauer hat und dass der Trend sich eher in der Tiefenstruktur der Gesellschaft ansiedelt, wohingegen Moden eher Formen der Oberflächenstruktur darstellen (vgl. Schildmacher, 1998, S. 64). Modesportarten sind nur kurz auf dem Markt und werden nicht von allen modebewussten Sportlern betrieben. Sie haben eine geringere Anhängerzahl und geraten schnell in Vergessenheit. Bei Trends kommt es zu richtigen Veränderungen, also Verschiebung von gesellschaftlichen Parametern, z.B. Werten. Die heutige Gesellschaft unterliegt der Veränderung durch Globalisierung, Pluralisierung und Individualisierung. Dies wirkt sich auch auf den Sport aus. Dieser entwickelt sich weiter und es entstehen sogenannte Trendsportarten (vgl. Küßner, 2002, S. 25).

„Trends“ beschreiben nach Horx (1991, S. 11-12) eine kulturelle Anpassung an neue veränderte Gegebenheiten. Die Gesellschaft versucht durch Trends die Spannungen, die sie durch die Modernisierung und die veränderten Gegebenheiten erfährt, aufzunehmen und damit besser umgehen zu können.

Nimmt man aber das englischen Verb „to trend“ = sich neigen, sich erstrecken, in einer bestimmten Richtung verlaufen (vgl. Dudenredaktion, 2003, S. 1601), bedeutet es, dass ein Trend einen Richtungsverlauf bezeichnet, oder die Tendenz einer Entwicklung (vgl. Breuer & Sander, 2003, S. 42; Schildmacher, 1998, S. 63). Wopp (2006, S. 13) formuliert folgende Definition: „Trends sind vom Menschen bewirkte Grundrichtungen von Entwicklungen in der Gesellschaft, durch die Handlungen großer Bevölkerungsgruppen nachhaltig beeinflusst werden“.

Wie lange ein Trend anhält, ist umstritten und kann nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden (vgl. Schildmacher, 1998, S. 64). Stumm (2004, S. 61) formuliert zur Dauer eines Trends folgendes:

„Die Dauer eines Trends bleibt relativ offen. Der Zeitraum richtet sich lediglich nach statistischen Fakten und kann daher sowohl auf einen Tag (z.B. an der Börse) oder auf mehrere Monate bzw. Jahre (z.B. Inflation, Arbeitslosigkeit) bezogen werden und sowohl eine positive als auch eine negative Konnotation haben“.

3.1.2 Zum Begriff „Sport“

Der Ursprung des Wortes „Sport“ lässt sich zurückführen auf das lateinische Wort „deportare“ (fortbringen) und „portare“ (tragen, bringen) mit der Spezialbedeutung (vergnügen, zerstreuen) in der Vulgärsprache. Daraus entstand später das französische Wort „de(s)porter“ (das sich zerstreuen), welches sich im Englischen wieder weiterentwickelte in das Wort „sport“. Dies bedeutet Vergnügen, Zeitvertreib und Spiel, erlangte seine spezielle Bedeutung aber erst durch den Wettkampf und den Leistungssport (vgl. Breuer & Sander, 2003, S. 42-43).

Wopp (2006, S. 24-25) sieht den Sport als „die Lösung von Bewegungsaufgaben, die von den Handelnden als Sport bezeichnet werden“. D.h., es gibt keine strikte Einteilung mehr dahingehend, welches Lösen von Bewegungsaufgaben man als Sport betrachtet. Damit hat sich das Sportverständnis stark erweitert. Was heute als Sport betrachtet wird, liegt im Sinne des Betrachters selbst. Man löst sich allmählich von dem einstigen engen Sportverständnis, hin zu einem Erweiterten. Darin wird z.B. das tägliche Fahrradfahren für den Einen als Sport gesehen, für den Anderen jedoch ist es nur eine Notwendigkeit und stellt keine sportliche Aktivität dar. Das Definitionsmonopol, was als Sport angesehen wird, ist ergo auf den einzelnen handelnden Menschen übergegangen. Das neue erweiterte Sportverständnis kann diesbezüglich auch zu einiger Unschärfe des Sportbegriffs führen, wie es Wopp (2006, S. 25) mit folgender Aussage auch nochmal deutlich macht:

„Die Ausweitung des Sportbegriffs ist vergleichbar der Aufbereitung eines Sirupgetränks. Der Sirup in einem Glas symbolisiert das enge Sportverständnis. Je mehr Wasser auf den Sirup gegossen wird (also weitere Bewegungshandlungen das Prädikat des Sportlichen erhalten), umso blasser wird die Farbe, obwohl noch immer erkennbar ist, dass es sich um ein Getränk handelt, das Sirup (also Sport) zur Basis hat“.

Man begegnet dem Problem der Eingrenzung des Begriffs Sport mit sogenannten Wortkomposita. So wird versucht den verschiedenen sportlichen Bewegungsformen eine bestimmte Bedeutung gegeben, z.B. Wettkampfsport, Freizeitsport, Breitensport, Gesundheitssport und eben auch Trendsport (vgl. Stumm, 2004, S. 61).

3.1.3 Versuch einer Trendsportdefinition

Nachdem zuerst auf die auf die einzelnen Wortkomposita eingegangen wurde, werde ich mich nun dem Begriff „Trendsport“ widmen. Es gibt verschiedene Definitionsversuche, aber eine einheitliche Definition des Begriffs „Trendsport“ ist aufgrund der Komplexität des Phänomens noch nicht möglich. Im Folgenden werden vier Ansätze aus sportwissenschaftlicher Sicht dargestellt.

Schwier (2002, S. 18) verwendet den Begriff des Trendsports zur Kennzeichnung jener Veränderungstendenzen im Sport, die mit bewegungskultureller Erneuerung und Innovation einhergehen. Das heißt neben dem traditionellen Sport sind auch viele neue Bewegungspraktiken entstanden und statt eines einheitlichen Sportverständnisses, tritt die Ungewissheit und ein Nebeneinander von verschiedenen Sportkonzepten. Gerade in der heutigen postmaterialistischen Zeit mit all ihren Idealen und neuen Werten findet der Trendsport seinen Platz, da er diese Werte unterstützt und man selbst im Stande ist sie durch ihn zu leben. Trends im Feld des Sports sind deswegen dadurch gekennzeichnet, dass sie unsere gewohnten Sportvorstellungen überschreiten und zuvor unbekannte oder vernachlässigte Auslegungen des menschlichen sich Bewegens in unseren Horizont rücken (vgl. Schwier, 2002, S. 18-20).

Schwier (2002, S. 20-25) führt eine Reihe von Merkmalen auf, die Trendsportarten charakterisieren sollen:

- Trends zur Stilisierung:

Die sportliche Bewegung wird zu einem Element des Lebensstils. Es geht weit über die Dimension des tradierten Sporttreibens hinaus und findet sich im Alltag der Sportler wieder. Man lebt seinen Sport.

- Trends zur Beschleunigung:

Die Dynamik, Aktionsdichte und häufige Bewegungswechsel nehmen deutlich zu. Der Sportler empfindet dies als Rausch und verschwindet in der Bewegung.

- Trends zur Virtuosität:

Die Bedeutung der Ästhetik im Sport wird zunehmend wichtiger, was einen Bedeutungsanstieg des subjektiven Bewegungserlebnisses und des Bewegungsgefühls ausmachen. Werte wie Leistung und Sieg sind nicht mehr ausschlaggebend, sondern das kreative Auseinandersetzen mit der Bewegung.

- Trends zur Extremisierung:

Die Aktivitäten reizen die Fähigkeiten des Körpers aus. Sportler begeben sich bewusst in gefährliche Situationen um die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit, ihres Körpers und ihres Willens auszutesten. So stecken sie sich immer höhere und ausgefallenere Ziele.

- Trends zum Event:

Die Organisations- und Inszenierungsformen werden bunter, unterhaltungsorientierter und informeller. Die Sportkultur geht weg vom Wettkampf in Stadien, hin zu Events auf Marktplätzen und in Parks. Es geht um Genuss und daher haben die Veranstaltungen einen spektakularisierenden und karnevalisierenden Charakter.

- Trends zum Sampling:

Tradierte Sportarten werden in einen neuen Kontext gebracht, d.h. aus klassischen Einzelsportarten werden neue Sporttrends remixt oder miteinander vermischt, z.B. Triathlon.

Dies stellt eine sehr offene Charakterisierung von Trendsportarten dar. Es lässt eine Einordnung von verschiedenen Sportarten mit unterschiedlichem Charakter zu. Offen bleibt ob diese Vorlage noch in Zukunft zur Bestimmung herangezogen werden kann. Einen Anspruch auf Vollständigkeit jedenfalls erhebt sie nicht (vgl. ebd.).

Breuer & Sander (2003, S. 44-45) sehen den Trendsport als eine Entwicklung im Bereich des Sports, die eine mögliche Ausdifferenzierung des Sports in neue Sportarten darstellt. Der Begriff „Trendsport“ wird zur Kennzeichnung für eine neuartige und lifestylegerechte Bewegungsaktivität verwendet, denen ein erhebliches Verbreitungspotential vorhergesagt wird. Durch den Trendsport wird eine zeitgemäße Anpassung des Sportsystems auf die heutigen Bedürfnisse und Nachfragen ermöglicht. Unterstützt wird dies durch die Pluralität von Lebensstilen und der ständigen Suche nach etwas Neuem, Unbekannten und Einmaligen. Dieses Merkmal ist nicht nur Jugendlichen, sondern allen Altersklassen gemein.

Nach Schildmacher (1998, S. 70) macht eine Evolution auch vor dem Sport nicht halt und man sollte sich daher mit Trends beschäftigen und auseinandersetzten. Schildmacher (1998, S. 71-75) beobachtet folgende sich verändernde Trends im Sport:

- Vom Indoor Sport zur Outdoor Variante:

In den letzten Jahre findet eine regelrechte „nach draußen Verlagerung“ von Sportarten statt. Einstige Sportspiele wie z.B. Volleyball werden zu Beachvolleyball. Mit den Outdoorvarianten wird eine gewisse Ursprünglichkeit und Freiheit verbunden. Zur Erinnerung, es gab diesen Trend auch schon andersherum, indem man z. B. Feldhandball in die Halle holte und so das heute praktizierte Handballspiel entstand.

- Vom normierten zum unnormierten Sport:

Der Trend bezieht sich auf mehrere Punkte des Sports: Regeln, technische Fertigkeiten und Umgebungsbedingungen. Es geht darum weg von der perfekten Ausführung des Wettkampfes hin zur kreativen, stylischen Bewegung zu kommen. Originalität und Individualität sind gefragt und spielen eine große Rolle. Reglementierungen sind geringer, es gibt Grundregeln, aber genauso wichtig ist ein Grad sozialen Verhaltens, indem man z.B. ein Foul selbst anzeigt. Dies unterstreicht wiederum den heutigen Lebensstil, der sich Freiheit zur Aufgabe macht. Auch die Umgebungsbedingungen sind nicht mehr so wichtig, es werden keine Hallen und festen Zeiten zum Trainieren benötigt. Vielmehr kann alles so gestaltet werden wie man es selbst möchte.

- Vom geschützten zum risikoreichen Sport:

Man ist auf der Suche nach Authentizität, sucht seine Befriedigung darin, selbst in schwierigen und lebensgefährlichen Bedingungen Spitzenleistung zu erbringen. Der Körper wird der Psyche unterworfen und die eigenen Grenzen werden als Schritte auf der Suche nach der Authentizität gesehen. Ungewöhnliche Orte werden ausgesucht um seine Sucht nach dem Thrill (Nervenkitzel) zu befriedigen.

- Vom verbindlichen zum unverbindlichen Sport:

Der Sport entwickelt sich in Richtung einer freien Gestaltung ohne feste Zeiten, Orte und festes Klientel. Jeder kann sich so organisieren, wie er gerne möchte. Er ist nicht gebunden, kann tun und lassen was er will. Gerade das ist für Vereine sehr schmerzliche, denn so flexibel zu sein stellt sie vor eine schier unlösbare Aufgabe. Sportvereine werden nach Opaschowski (2001, S. 157) in Zukunft mit drei Problemen zu kämpfen haben:

1 Wachsende Erlebnisorientierung fordert individuelle Spontanität und lässt Organisationsbereitschaft sinken.
2 Es gibt immer mehr Single Haushalte und diese sind in Vereinen kaum anzutreffen.
3 Der Demographie zur Folge gibt es immer weniger Jugendliche, die nachkommen um die Vereine zu füllen.

Küßner (2002, S. 23-27) stellt auch Merkmale, die den Trendsport beschreiben sollen, zusammen:

- Meiden der sozialen Organisation des Sports:

Es liegen Formen des Sporttreibens im Trend, bei denen es keine Einschränkungen hinsichtlich von Institutionen gibt, die das menschliche Handeln durch vorgegebenen Regeln, Verhaltensanforderungen, Verantwortung, Rechte und Pflichten beeinflussen. Es geht um eine individuelle Wahl von räumlicher, zeitlicher und sozialer Bedingungen. Hier gibt es Parallelen zu den Merkmalen von Schildmacher (1998, S. 71-75), vom normierten Sport zum unnormierten Sport, vom Indoor- zum Outdoorsport und vom Mannschafts- zum Gruppensport.

- Freiheit von Verpflichtungen:

Bei Trendsportarten gibt es keine Verpflichtungen hinsichtlich einer ehrenamtlichen Tätigkeit, regelmäßigem Trainieren, einer Wettkampfteilnahme oder der Festlegung auf nur eine Sportart. Auch hier gibt es Parallelen zu Schildmacher (1998, S. 71-75), vom verbindlichen Sport zum unverbindlichen Sport.

- Erweitertes Sportverständnis:

Das moderne Bewegungsangebot ist eine Abkehr der traditionellen Werte wie Leistung, Wettkampf und Sieg. Heute zählen Spaß, Gesundheit und Fitness. Dieses Verständnis deckt sich auch mit Schwiers (2002, S. 23) Merkmalen der Ordalisierung, Virtuosität und Extremisierung.

- Reintegrierende Funktion:

Vor allem Trendsportarten haben eine Reintegrationsfunktion, durch die ein Verlust von den traditionellen sozialen Bindungen kompensiert werden kann. Denn individualisieren heißt in diesem Kontext, sich abgrenzen von anderen. Man möchte etwas Besonderes sein. Um aber eine Befriedigung zu erreichen muss man seine Besonderheiten auch vor anderen präsentieren, damit sie gewürdigt und respektiert werden. Das heißt es gibt neue soziale Bindungen, mit gemeinsamen Ideen und Vorstellungen, eine Reintegration. Die Präsentation des Körpers spielt dabei eine wichtige Rolle (vgl. Küßner, 2002, S. 18-19). Schwier (1998, S. 53) schreibt:

„Die bewegungsorientierten Streetszenen grenzen sich über einen kollektiven Zeichenvorrat und eine spezifische Auslegung der Vielfalt des menschlichen Sich-Bewegens einerseits nach außen ab und befriedigen andererseits nach innen das Bedürfnis nach Bindung und Anerkennung“.

- Lebensstilprägung:

Es findet eine Integration weiterer Lebensbereiche in die sportliche Aktivität statt z.B. Kleidung und Musik. Dieses Merkmal ist auch bei Schwier (2002, S. 23) unter der Stilisierung wiederzufinden.

- Angestiegene Bedeutung des Körpers:

Es findet eine Arbeit am Körper und mit dem Körper statt. Er wird inszeniert oder es geht um seine Gesundhaltung dessen.

Diese Merkmale dienen einer Abgrenzung von Trendsportarten zu den traditionellen Sportarten.

Welche Bewegungsaktivität aktuell als Trendsportarten eingestuft werden können ist tendenziell schwer zu sagen. Daher werden im Folgenden zwei Autoren angeführt, die eine Ordnung und Einteilung von Bewegungsaktivitäten vorgenommen haben und somit zur Orientierung herangezogen werden können. Wopp (2007, S. 532-552) hat tabellarisch dargestellt, was zurzeit als Megatrend, Trend, Moden und Nischentrend gilt. Auch Schwier (2000a, S. 75-76) gibt wie in Tabelle 1 ersichtlich, eine mögliche Auflistung von Trendsportarten von 1997 bis 2000 an.

Tabelle 1: Trendsportarten von 1997 - 2000 (Schwier, 2000a, S. 76).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2 Zusammenfassung

Die oben genannten Definitionsversuche zeigen, dass das Phänomen Trendsport nicht eindeutig geklärt ist und es infolgedessen auch noch keine eindeutige Definition gibt. Zu viel Dynamik und unvorhersehbare Faktoren beeinflussen ihn. Dennoch kommt man dem Trendsport dank der Definition- und Beschreibungsversuche ein großes Stück näher und kann ihn jetzt besser verstehen. Dazu trägt besonders die Analyse der Merkmale von Küßner (2002) bei, denn die meisten ihrer Merkmale überschneiden sich mit den vorherigen Autoren und daher kann ihre Definition als sehr geeignet und nützlich angesehen werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 83 Seiten

Details

Titel
Trendsport, ein Sport für die Schule?
Untertitel
Eine empirische Untersuchung
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Note
1,5
Autor
Jahr
2009
Seiten
83
Katalognummer
V124374
ISBN (eBook)
9783640296828
ISBN (Buch)
9783640302321
Dateigröße
5839 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Trendsport, Sport, Schule
Arbeit zitieren
Daniel Sigg (Autor:in), 2009, Trendsport, ein Sport für die Schule?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124374

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