Mit dem Aufkommen des Grammophons, des Radios und darauf folgender technischer Errungenschaften ergab sich im frühen 20. Jahrhundert eine völlig neue Situation des Musikerlebens. Erstmals war es möglich, Musik getrennt von der eigentlichen Aufführung und Entstehung zu hören – sowohl zeitlich als auch örtlich versetzt. Der Hörer musste nicht mehr ins Konzert gehen oder selber ein Instrument bedienen, um Musik zu erleben. Es war nun möglich, sich allein in sein Kämmerchen zu setzen, das Grammophon anzuschalten und vormals stattgefundene Inszenierung anzuhören. Wann man wollte, so oft man wollte. Eine solche Änderung des Kontextes und der Situation des Musikwahrnehmens bedeutet gleichzeitig verändertes Verhalten des Hörers. Das Musikhören nimmt neue soziologische Dimensionen an, es entwickeln sich Bedürfnisse, die den technischen Veränderungen entsprechen. An diesem Punkt möchte ich mit meiner Hausarbeit anknüpfen und betrachten, wie der Wissenschaftler Theodor W. Adorno das veränderte Hörverhalten eingeschätzt und daraus ableitend Hörer zu systematisieren versucht hat. Es bietet sich an, den Schwerpunkt auf ihn zu legen, da seine Typologie die Grundlage vieler anderer sich daraus entwickelnder Typologien von Hörerschaften ist. Adorno ordnet die Musikkonsumenten in „Typen musikalischen Verhaltens“1 im gleichnamigen Aufsatz. Diese Systematisierung bildet den Anfang einer bis heute nicht abschwellenden Diskussion über Hörtypologien im 20. Jahrhundert, mit denen man den Musikhörer in verschiedene Kategorien zu ordnen versucht. Dabei gibt es sehr unterschiedliche Herangehensweisen, Methoden und Absichten, wie und warum Hörverhalten erforscht wird. In meiner Hausarbeit beschränke ich mich auf den musiksoziologischen Ansatz von Adorno und werde seine Typologie mit der neuesten MedienNutzerTypologie der ARD vergleichen. Mein Ziel ist es nicht, die perfekte Systematisierung von Hörern zu entwickeln, sondern die Typologie von Adorno mit dem Abstand von über 45 Jahren zu betrachten, zu beurteilen und die Anwendbarkeit seiner Typologie auf die heutige Hörerschaft, vor allem im Radiobereich, abzuleiten.
Inhaltsverzeichnis
- Typologien
- Theodor W. Adorno
- Theodor W. Adornos „Typen musikalischen Verhaltens“
- Der Experte
- Der gute Zuhörer
- Der Bildungshörer / Bildungskonsument
- Der emotionale Hörer
- Der Ressentiment-Hörer
- Der Jazz-Experte / Jazz-fan
- Der Unterhaltungshörer
- Der musikalisch Gleichgültige / Unmusikalische / Antimusikalische
- Kritische Betrachtung der Typologie
- MedienNutzerTypologie der ARD
- Junge Wilde
- Zielstrebige Trendsetter
- Unauffällige
- Berufsorientierte
- Aktiv Familienorientierte
- Moderne Kulturorientierte
- Häusliche
- Vielseitig Interessierte
- Kulturorientierte Traditionelle
- Zurückgezogene
- Vergleich der MedienNutzerTypologie der ARD mit Adornos „Typen musikalischen Verhaltens“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht Theodor W. Adornos Typologie des musikalischen Verhaltens im Kontext der veränderten Hörgewohnheiten des frühen 20. Jahrhunderts und vergleicht sie mit der aktuellen MedienNutzerTypologie der ARD. Ziel ist es, Adornos Typologie mit zeitlichem Abstand zu bewerten und deren Anwendbarkeit auf heutige Hörer, insbesondere im Radiobereich, zu prüfen.
- Adornos Typologie des musikalischen Verhaltens
- Vergleich von Adornos Typologie mit der ARD-MedienNutzerTypologie
- Der Einfluss gesellschaftlicher und technologischer Veränderungen auf das Hörverhalten
- Kritische Analyse der methodischen Ansätze beider Typologien
- Relevanz von Adornos Typologie für die heutige Medienlandschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel erläutert das Prinzip von Typologien und stellt frühere Ansätze vor. Kapitel zwei beleuchtet Leben und Werk Adornos. Kapitel drei beschreibt detailliert Adornos acht Hörertypen: den Experten, den guten Zuhörer, den Bildungshörer, den emotionalen Hörer, den Ressentiment-Hörer, den Jazz-Experten, den Unterhaltungshörer und den unmusikalischen Hörer. Kapitel vier bietet eine kritische Auseinandersetzung mit Adornos Typologie, die methodische Schwächen und subjektive Werturteile aufzeigt. Kapitel fünf präsentiert die ARD-MedienNutzerTypologie mit ihren zehn Hörertypen. Kapitel sechs vergleicht beide Typologien und diskutiert deren Relevanz im zeitgenössischen Kontext.
Schlüsselwörter
Theodor W. Adorno, Musiksoziologie, Hörtypologien, MedienNutzerTypologie, ARD, musikalisches Verhalten, Kulturindustrie, Rezeption, Radio, Massenkultur, strukturelles Hören, gesellschaftlicher Kontext.
- Quote paper
- Katrin Haase (Author), 2007, Theodor W. Adornos "Typen musikalischen Verhaltens" im Vergleich zur "MedienNutzerTypologie" der ARD, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124419