Der Saarländischer Dialekt. Sprachgeschichte, Sprachstruktur und lexikalischen Besonderheiten


Hausarbeit, 2022

15 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Sprachgeschichte

3 Lexikalische Besonderheiten
3.1 Französischer Einfluss
3.2 Rheinfränkischer und moselffänkischer Wortschatz im Vergleich
3.3 Saarländische Eigenworte

4 Sprachstruktur
4.1 Phonetisch-Phonologische Besonderheiten
4.2 Morphologische Besonderheiten
4.2.1 Substantive
4.2.2 Pronomen
4.2.3 Konjugation
4.3 Syntax

5 Fazit

6 Literatur- und Quellenverzeichnis
6.1 Gedruckte Quellen
6.2 Digitale Quellen
6.2.1 Visuelle Quellen
6.2.2 Auditive Quellen
6.2.3 Abbildungen

1 Einleitung

Als ich 2019 begann Germanistik zu studieren, war mir nicht bewusst, welche Vielfalt mir in der Universität geboten wird. Von Althochdeutscher Sprach- und Schriftsprache über Jiddisch bis hin zu verschiedenen schriftlichen Belegen, wird einem im Fach Germanistik eine Fülle an interessanten Informationen und Geschichte mitgegeben. Grundsätzlich war mir nicht bekannt, welchen Ursprung eine einzige Sprache haben kann und wie viele verschiedene Dialekte aus einer Sprache entstehen können.

In Deutschland gibt es, neben der Hochsprache, viele verschiedene Dialekte. Dazu gehören beispielsweise das Bayrische, das Schwäbische und auch das Saarländische. Begriffe wie „Oh leck“ und „Komm, geh fort“ sind regional, aber auch bundesweit durch Herrn Heinz Becker bekannt geworden. Es handelt sich dabei um die Umgangssprache im Saarland. Die Saarländi­sche Regionalsprache setzt sich aus rheinfränkischen und moselffänkischen Dialekten zusam­men und adaptiert darüber hinaus einige Begriffe aus dem Französischen (vgl. Die Welt-Jour­nalist (2012), Schönauer (2011)).

Doch aus welchem Grund setzt sich die saarländische Mundart aus zwei verschiedenen Dialek­ten zusammen? Woher kommen die lexikalischen Begriffe aus dem französischen Raum? Wie stark unterscheiden sich der rheinfränkische und moselfränkische Dialekt?

Diese und weitere Frage sollen in der folgenden Hausarbeit beantwortet werden. Dabei setze ich mich grundlegend mit dem saarländischen Dialekt auseinander. Zunächst gehe ich auf die Sprachgeschichte ein. Daraus resultierend beschäftige ich mich mit lexikalischen Besonderhei­ten und betrachte dabei die französischen Adaptionen im saarländischen Raum, weiterhin ver­gleiche ich die beiden Standartdialekte des Saarländischen und widme mich einigen Eigenwor­ten aus dem saarländischen Raum. Als Letztes betrachte ich die saarländische Sprachstruktur und dabei Besonderheiten der Vokale und Konsonanten, sowie grammatikalische Besonderhei­ten, also die Substantive, Pronomen und Konjugationen, und schließlich widme ich mich dem Satzbau und wie er im Gegensatz zur Landessprache deutsch steht.

2 Sprachgeschichte

Es gibt landesweit zwei saarländische Dialekte. Eine Sprachgrenze die ,dat-das-Linie‘ führt durch das kleinste Flächenland Deutschlands und scheidet dort nicht nur die Sprachen, sondern auch die Bewohner der beiden Seiten.

Das nachgewiesene Saarländisch findet sich schon im 13. Jahrhundert und zeigt sich an den Grenzen zu Trier, Lothringen und Luxemburg. Die saarländische Regionalsprache wurde durch die Sprachbewegungen aus dem Norden, also den Mittelfränkischen und Niederdeutschen, so­wie aus dem Süden, durch das Bairische und Mittelfränkische, geformt (vgl. Will, 1979).

Die ,dat-das-Linie‘ hat sich im 14. Jahrhundert durch die sprachlichen Neuerungen aus dem Osten gebildet. Der saarländische Osten wurde aus dem trierisch-lothringischen Sprachverband gelöst und in den pfälzischen Sprachraum eingebunden (vgl. Will, 1979).

Nach dem Dreißigjährigen Krieg, der zwischen 1618 und 1648 stattfand, gründete Frankreich die Saarprovinz auf dem Territorium des heutigen Saarlandes, sodass dieses Gebiet letztendlich ausgegliedert wurde. Fast 50 Jahre später musste Frankreich das Saargebiet aufgeben, was aber aufgrund der französischen Revolution 1793 wieder rückgängig gemacht wurde. Das Saarge­biet wurde dadurch ein weiteres Mal an Frankreich angegliedert. Nach dem Wiener Kongress in den Jahren 1814 und 1815 wurden Teile des Saargebietes Preußen und Bayern zugeteilt, woraus die unterschiedlichen Dialekte, die im Saarland gesprochen werden, entstanden. Ab dem Beginn der Industrialisierung wurde die saarländische Sprache nicht weiter durch den pfäl­zischen Dialekt beeinflusst, sondern vielmehr durch die verkehrende Schriftsprache (vgl. Will (1979), Albrech et al. (1987, 70/71)).

Weitere Niederlagen des Deutschen Reiches im ersten Weltkrieg waren der Grund dafür, dass das Saarland 15 Jahre lang in die Aufsicht der französischen Herrschaft gegeben wurde, bis sich die Einwohner des Saargebietes im Rahmen der Saarabstimmung 1935 letztendlich dafür entschieden, dem Dritten Reich angegliedert zu werden. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde es allerdings wieder Frankreich zugesprochen. 1959 wurde es zu guter Letzt an Deutschland angegliedert, (vgl. Albrech et al. 1987, 70f).

3 Lexikalische Besonderheiten

3.1 Französischer Einfluss

Da Deutschland beziehungsweise das Saarland und Frankreich eine gemeinsame Vergangen­heit verbindet, ist bis heute der saarländische Wortschatz durch Lehnwörter und semantische Entwicklungen mit französischem Ursprung geprägt.

Im saarländischen Sprachraum gibt es Wörter aus dem französischen Raum, die bis heute im saarländischen Wortschatz erhalten sind. Teilweise haben diese Wörter allerdings eine verän­derte Bedeutung, beispielsweise alle als hopp statt gehen (frz. aller), klddr wird als humorvoll verstanden, an Stelle von Farbe (frz. couleur), und Flämm als Erkältung statt Lustlosigkeit (frz. flemme) (vgl. Albrech et al., 1987, 70f.).

Durch die vielen verschiedenen Sprachkontakte in der Sprachgeschichte repräsentiert der saar­ländische Dialekt eine polyglotte Sprachlandschafr. Auch die bereits erwähnte Herrschaft der Franzosen, ist dafür verantwortlich, dass es weiterhin, einigen Französismen gelang, sich mit gleicher Bedeutung im Saarland zu etablieren. Beispielsweise Deetz im Sinne für Kopf (frz. tète), Trottwa von dem französischen Wort ,trottoir ‘ für den Gehweg und rèduur (frz. ,retour “) für zurück. Die Wörter haben alle zwar eine eingedeutschte Schreibweise und Sprechweise, allerdings ist es möglich, die Wörter anhand ihrer Bedeutung auf ihre ursprüngliche Schreib­weise zurückzufuhren (vgl. Albrech et al., 1987, 70f).

Durch die Grenze zum Nachbarland Frankreich und die Zugehörigkeit von Elsass-Lothringen wurden die Aussprachen der scht-Form anstelle der korrekten st-Form begünstigt (ygffeschd anstatt fest, Luschd statt Lust) (vgl. Albrech et al., 1987, 70f).

Auch die Grammatik und der Satzbau des saarländischen Dialekts wurden durch die Herrschaft der Franzosen beeinflusst. So sagen die Saarländer Ich harm kalt, was dem französischen Satze ,J’ai froid' ähnelt. Weiterhin macht sich in der saarländischen Regionalsprache das Vorziehen des Hilfsverb können bemerkbar, so heißt es ,könne mache[4] an Stelle von ,mache könne[4] (frz. ,On aurait pu le faire “). Auch in der Zukunftsform macht sich der Einfluss, den die Teilzeit­herrschaft von Frankreich über das Saarland hatte, bemerkbar. Der Saarländer sagt statt ich werde trinken, ich gehn trinke. Es ist die Verlaufsform des französischen futur proche also der nahen Zukunft (vgl. je vais boire “) (vgl. Albrech et al. (1987, 70f), Schönauer (2011)).

3.2 Rheinfränkischer und moselfränkischer Wortschatz im Vergleich

Da es im Saarland nicht nur den einen Dialekt gibt, treten die im Folgenden genannten Vor­kommnisse nicht regionalweit auf, sondern nur vereinzelt. Der größte Unterschied findet man zwischen dem rheinfränkischen und dem moselfränkischen Dialekt. Vergleicht man die mosel­fränkische und die rheinfränkische Mundart, findet man einige lexikalische und grammatikali­sche Unterschiede. Die Grenzlinie der beiden Dialekte läuft geographisch über Ortschaften wie St. Wendel, Quierschied und Völklingen. Nordwestlich dieser Linie spricht man moselfrän­kisch, auf der gegenüberliegenden Seite wird rheinfränkisch gesprochen. Das charakteris­tischste Merkmal, um die beiden Dialekte zu unterscheiden, macht sich in der Aussprache der Fürworte was, das und es bemerkbar (vgl. Wilhelm (1955), Freyer (2020)).

Während man diese im rheinfränkischen Raum wie im Standartdeutschen ausspricht, verändern sie sich im moselfränkischen Dialekt zu war, dat und et sagt. Allerdings laufen die beiden Dia­lekte an der Grenze ineinander über und verschwimmen miteinander, sodass die Bewohner der Orte nahe dieser Linie eine Mischung aus beiden Dialekten sprechen (vgl. Wilhelm (1955), Freyer (2020)).

Die Nennformendung der TätigkeitsWörter im Moselfränkischen, sowie auch im Hochdeut­schen ist -en (z.B. laufen). Im Rheinfränkischen Dialekt hingegen enden diese Wörter auf -e (vgl. „laafe“, ,,singe “). Ein weiterer charakteristischer Unterschied zwischen dem Moselfrän­kischen und dem Rheinfränkischen findet sich in der Aussprache wieder. Im Moselfränkischen macht sich der rheinische Akzent bemerkbar, wodurch die Betonung von Sätzen und Wörtern einen singenden Unterton erhält (vgl. Wilhelm (1955), Freyer (2020)).

3.3 Saarländische Eigenworte

Im Saarland gibt es neben den Adaptionen der französischen Eigenworte und den Worten, die sich durch den rheinfränkischen und moselfränkischen Dialekt gebildet haben, einige Worte, die im hochdeutschen Raum so nicht bekannt sind. Zwar gibt es hochdeutsche Worte für diese Eigenworte, ableiten kann man sie von diesen allerdings nicht, da das Saarländische diese Worte ohne Regeln und Systematik in seinem Sprachraum etabliert hat. Dazu zählen beispiels­weise Worte für eine Erkältung (z.B. die Fr egg) und Adjektive wie dabber (vgl. schnell), dum- mele (vgl. sich beeilen) und beischlääfe (vgl. herbeischleppen). Weiterhin gibt es Worte, die verschiedene Arten von Personen beschreiben, wie beispielsweise Freggert (vgl. frecher Junge) und Piensje (vgl. empfindliche Person) und darüber hinaus Worte für Lebensmittel wie Grum- beere (vgl. Kartoffel) (vgl. Freyer, 2020).

4 Sprachstruktur

4.1 Phonetisch-Phonologische Besonderheiten

Im saarländischen Dialekt gibt es reichlich phonologisch und phonetische Unterschiede, die typisch für das Saarland sind, ausschließlich dort verwendet werden und von der Hochdeut­schen Form abweichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Vokaldreieck des Saarländischen, Quelle: Schmidt, 2005

Der Vokalismus macht sich im saarländischen Dialekt vor allem dadurch bemerkbar, dass sich kurze Vokale in der Regel nie im Auslaut befinden. Ansonsten befinden sich die Vokale sowohl im Anlaut als auch im Inlaut und Auslaut.

Der Vokal a wird in der Aussprache häufig zum Doppelvokal /öd/ wie beispielsweise das Wort welches zu jdö wird oder einmal wird zu emool. Es gibt darüber hinaus einige saarländische Wörter, bei denen das a als Doppelvokal /aa/ auftritt wie z.B. Schaales (saarländisches Natio­nalgericht) und bei den Wörtern, die den Begriff Tag beinhalten z.B. moondaah (Montag).

Der Laut e tritt im saarländischen häufig anstelle des Lautes [ce] auf, welcher in diesem Dialekt nicht exisitiert. Ein langes [0] wird zu /ee/ wie in scheen und ein kurzes [ce] wird zu einem /e/ oder /ae/ wie in vechel (Vögel) (vgl. Seitz, 1981, 3Iff).

Das i tritt ausschließlich in betonten Silben auf, da im Saarländischen darüber hinaus kein ü gesprochen wird, und es in den meisten Fällen durch den Vokal i ersetzt wird, wie im Anlaut von üben (vgl. iwe) oder im Inlaut von grün (vgl. grin)

Das Standartdeutsche unterscheidet bei der Aussprache für den Buchstaben o lediglich zischen dem kurzen offenen /□/ und dem langen geschlossenen /o:/. Im saarländischen Raum hat sich zusätzlich eine dritte Form gebildet. Es handelt sich um das lange offene o /o:/, häufig geschrie­ben als /öd/. Es wird überlicherweise im saarländischen Raum anstelle eines langen a verwen­det, z. B. in modle (malen) oder in hoor (Haar) (vgl. Seitz, 1981, 3Iff).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Konsonanten, Quelle: Schmidt, 2005

Auch im konsonantischen Bereich hat der saarländische Dialekt einige charakteristische Be­sonderheiten vorzuweisen, die ihn vom Standartdeutschen abheben.

Charakteristisch für das Saarland ist die Neutralisation zwischen stimmhaften, sowie stimmlo­sen Konsonanten. Das heißt, stimmhafte Konsonanten werden im saarländischen Raum als stimmlos wahrgenommen oder auch umgekehrt, dementsprechend kommt es zu einer Konso­nantenschwächung .

Ebenfalls charakteristisch für das Saargebiet ist die Nichtunterscheidung von [f] und [9]. Beide Phoneme werden als stimmhaftes sch gesprochen (vgl disch statt dich) (vgl. Seitz, 1981,35ff). Der Reibelaut [c] ist bei den Wörtern Kirsche und Kirche, die im saarländischen Raum beide als Kersch ausgesprochen werden, nur aufgrund des konkreten Kontextes differenzierbar.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Der Saarländischer Dialekt. Sprachgeschichte, Sprachstruktur und lexikalischen Besonderheiten
Note
1,3
Jahr
2022
Seiten
15
Katalognummer
V1244568
ISBN (eBook)
9783346671264
ISBN (Buch)
9783346671271
Sprache
Deutsch
Schlagworte
saarländischer, dialekt, sprachgeschichte, sprachstruktur, besonderheiten
Arbeit zitieren
Anonym, 2022, Der Saarländischer Dialekt. Sprachgeschichte, Sprachstruktur und lexikalischen Besonderheiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1244568

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