Inwiefern ist das Bundesratsveto eine Schwäche für das föderale System der Bundesrepublik Deutschland?

Der Bundesrat als potentieller Vetospieler zum Bundestag


Hausarbeit, 2022

18 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Definitionen der zentralen Begriffe
2.1 Foderales System
2.2 Foderales System der BRD: Besonderheiten
2.3 Vetospielertheorie

3. Hauptteil: der Bundesrat
3.1Der Bundesrat: zwischen foderalem Gleichgewicht und Vetospieler
3.2Der Bundesrat als Vetospieler: Was kann die Vetospielertheorie erklaren?
3.3 Das Vetorecht des Bundesrates als Schwache

4. Fazit und Diskussion

5. Literaturverzeichnis

"Durch den Bundesrat wirken die Lander bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes und in Angelegenheiten der Europaischen Union mit." (Art. 50, GG)

1. Einleitung:

Foderale Systeme weisen in Abgrenzung zu unitarischen System Starken und Schwachen auf. Im Folgenden soll anhand des Beispiels der Bundesrepublik Deutschland auf die Frage eingegangen werden, inwiefern das Bundesratsveto eine Schwache fur das foderale System darstellt.

Der Bundesrat, auch 2. Kammer genannt, ist eigentlich dazu da, das foderale Gleichgewicht zum Bundestag darzustellen und die Interessen der Bundeslander zu vertreten. Durch sein Veto ist er aber auch in derLage, Gesetzesvorhabenzu blockieren, weshalb in der wissenschaftlichen Literatur auch diskutiert wird, inwiefern dies ein Problem fur die Demokratie bedeuten kann.

Infolgedessen ergibt sich die Frage, inwiefern der Bundesrat ein sogenannter Vetospieler zum Bundestag sein kann und das foderale System der Bundesrepublik Deutschland beeinflusst.

Im Rahmen der ersten Fragestellung der Modulabschlussprufung des Grundlagenmoduls “Das politische System der Bundesrepublik Deutschland” soll erst einmal nur der Aspekt der Schwache durch das Bundesratsveto beleuchtet werden.

Dazu wirdzunachst dasfoderaleSystemalssolchesdefiniertundvorgestellt,um dann explizit auf die Besonderheiten des deutschen Systems einzugehen. Daraufhin wird die Theorie des Vetospielers vorgestellt, die dazu dienen soll im weiteren Verlauf die Schwache des Bundesrates bzw. der zweiten Kammer zu analysieren im Hinblick auf das Potenzial eines Vetospielers zur Bundesregierung.

Im Hauptteil soll dann der Bundesrat im Detail vorgestellt werden: seine ursprungliche Funktion als foderales Gleichgewicht und Reprasentation der Landerinteressen. Im weiteren soll dann analysiert werden, inwiefern es inzwischen zur Instrumentalisierung des Bundesrats fur parteipolitische Interessen kommt.

AbschlieBend soll anhand der gewonnenen Erkenntnisse die Frage, inwiefern der Bundesrat uberhaupt als Vetospieler zu sehen ist und was die Vetospielertheorie im Zusammenhang mit diesem uberhaupt erklaren kann, beantwortet werden.

Im letzten Teil des Fazits soll dann diskutiert werden, inwiefern der Bundesrat mit seinem Vetorecht nun tatsachlich eine Schwache darstellt und welche Implikationen das fur das politische System Deutschlands bzw. den deutschen Foderalismus hat.

2. Definitionen der zentralen Begriffe

2.1 Foderales System

Foderalismus stellt eine politische Ordnung dar, in der die staatlichen Aufgaben zwischen Gesamtstaat und Gliedstaaten aufgeteilt werden. (Schubert/Klein: 2020)

Das foderale System hat als Abgrenzung zum unitarischen den Vorteil, dass es weniger Machtkonzentration gibt und somit fur mehr Demokratie sorgensoll,im Sinne von Dezentralisierung und einemGleichgewichtvonMachtund Herrschaft. Oder wie die Bundeszentrale fur politische Bildung es beschreibt: "die Beschrankung politischer Macht durch Aufteilung auf unterschiedlichen Ebenen” im Sinne einer vertikalen Gewaltenteilung (Schubert/Klein: 2020).

Dies bedeutet, dass die offentliche Gewalt zwischen Zentralstaat und Gliedstaaten aufgeteilt wird. Die Gliedstaaten haben dadurch Rechte zur eigenstandigen Politikgestaltung und sind gleichzeitig zur Zusammenarbeit mit dem Zentralstaat verpflichtet durch die foderale Verfassung (Grotz/ Schroder 2021: 77).

Jedes foderale System weist dadurch konsens demokratische Zuge auf, da der Handlungsspielraum der Zentralregierung begrenzt wird (Lijphart 2012: 174-186).

2.2 Foderales System der BRD: Besonderheiten

Artikel 20, Absatz 1 des Grundgesetzes besagt: Bundesstaatlichkeit, auch Foderalismus genannt, ist ein Strukturprinzip des Grundgesetzes.

Das deutsche foderale System unterscheidet sich von anderen foderalen Systemen wie beispielsweise dem US-amerikanischen.

Ein wesentlicher Unterschied ist, dass die Vertreter*innen im Bundesrat nicht direkt gewahlt werden (wie im amerikanischen Senat), sondern uber die einzelnen Lander.

“Jedes Bundesland ist durch die Mitglieder seiner Landesregierung im Bundesrat vertreten. Auf diese Weise werden die Interessen der Lander bei der politischen Willensbildung des Gesamtstaates berucksichtigt” (Pannowitsch 2012: 80).

AuBerdem benotigen alle Anderungen der foderalen Kompetenzordnung eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundesrat, der das Vertretungsorgan der Lander bildet (Art. 79 Abs. 2 GG).

Die Lander sind demnach keine nachgeordnete politische Institution, sondern agieren mit dem Bund “auf Augenhohe” (Grotz/Schroder 2021: 79).

Eine wichtige Besonderheit des deutschen foderalen Systems ist, dass es zwar formal und verfassungsrechtlich foderal ist, allerdings immer wieder eine Praferenz innerhalb dessen fur unitarische Regelungen zu beobachten ist (Grotz/Schroder 2021: 79).

Diese wird zb. dadurch sichtbar, dass der Bund in vielen Bereichen ein Gesetzgebungsrecht hat, wenn dies der “Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit” und der “Herstellung gleichwertigerLebensverhaltnisse”(Art. 72 Abs. 2 GG) dient.

Um die Abschaffung des Foderalismus durch zu viel Machtdominanz (wie zb. durch den Bund) zu verhindern, ist nach Artikel 79 Abs. 3 GG, der sogenannten „Ewigkeitsklausel“, weder die „Gliederung des Bundes in Lander“ noch die „grundsatzliche Mitwirkung der Lander bei der Gesetzgebung“ aufzuheben (Pannowitsch 2012: 80).

2.3 Vetospielertheorie

Die Vetospielertheorie nach George Tsebelis mochte die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen politischen Handelns erklaren und deren Eintreten vorhersagen (Tsebelis 2002: 2). Die Wahrscheinlichkeit von politischen

Veranderungen (des Status Quo) soll dabei durch die Policy-Stabilitat beschrieben werden (Tsebelis 2002: 37). Vetospieler sind demnach: „[...]

Akteure, von deren Zustimmung der Erfolg [einer politischen] Reform abhangt" (Tsebelis 2002: 37).

Die Policy-Stabilitat hangt dabei im Wesentlichen von Zahl und Art der Vetospieler ab. Die Fahigkeit zum Wandel des politischen Systems ist also abhangig von den Vetospielern und deren FahigkeitihrePositionenzuverandern (Tsebelis 2002: 2). Neben der Anzahl der Vetospieler, spielen auch noch die "policy congruence” zwischen ihnen und die interne Kohasion der Spieler eine Rolle, um die Stabilitat und den Wandel des Systems vorhersagen zu konnen (Merkel 2003).

Art und TypenderVetospielersollenandieserStellenocheinmal genauer erklart werden: Es wird unterschieden zwischen individuellen und kollektiven. Der US-Prasident ist zum Beispiel ein individueller Vetospieler und die Kammern eines 2-Kammern-Parlaments, ein Beispiel fur einen kollektiven Vetospieler. Demnach ist auch der Bundesrat als 2. Kammer ein kollektiver Vetospieler.

Beide genannten sind zudem der Kategorie "institutionelle Vetospieler” zuzuordnen, was darauf schlieBen lasst, dass es noch weitere gibt. Diese sind sogenannte parteipolitische Vetospieler, die wiederum in individuelle und kollektive unterteilt werden konnen.EinindividuellerparteipolitischerVetospieler ware eine monolithische Partei und ein kollektiver parteipolitischer Vetospieler Parteien einer Koalition (Grumer 2011: 50).

Der Vetospieler kann auch als unabhangige Variable aufgefasst werden, die mit Hilfe der drei bereits genannten Faktoren (Anzahl und Typ, Kongruenz und interne Kohasion) erforscht werden kann.

Da der erste Faktor bereits erklart wurde, sollen im Folgenden die beiden weiteren Faktoren erklart werden, um im anschlieBenden Kapitel (3.1) darauf einzugehen, wie die Vetospielertheorie auf den Bundesrat als potentiellen Vetospieler ubertragen werden kann.

Mit Kongruenz der Vetospieler ist die Deckungsgleichheit von Ideologien verschiedener Parteien gemeint. Anders ausgedruckt: ”Es ist gemaB der Vetospielertheorie zu erwarten, dass mitgroBerwerdenderideologischerDistanz (bzw. geringerer Kongruenz) zwischen den Vetospielern die Wahrscheinlichkeit einer Veranderung des Status quo (...) eher steigt” (Grumer 2011: 51).

Interne Kohasion bezieht sich auf kollektive Vetospieler, wie beispielsweise die Parteien der aktuellen Regierungskoalition. Treten Sie innerhalb der Partei eher geschlossen auf, gibt es eine hohe Homogenitat der politischen Positionen und somit interne Kohasion. Es gibt keine gesetzliche Grundlage dafur, allerdings ist zu beobachten, dass die meisten Parteien geschlossen auftreten, was hochstwahrscheinlich mit dem Wunsch nach Machterhalt zusammenhangt (Walter 2009: 80).

Schlussfolglich im Bezug auf das Potential eines Vetospielers innerhalb einer Koalition bedeutet dies, dass wenn zb. beide Parteien einer Koalition eine hohe interne Kohasion besitzen, dass eine Partei leicht zum Vetospieler der anderen werden konnte.

Was sich auf den Bundesrat ubertragen lieBe, indem eben jene Partei mit hoher interner Kohasion ihr Veto bei einer (absoluten oder %) Mehrheit der Mitglieder im Bundesrat nutzen konnte, um eine Policy-Veranderung (Gesetzesvorschlag) zu verhindern oder zumindest vorubergehend zu blockieren.

Die Grundannahme der Vetospielertheorie ist nun, dass alle Vetospieler nach ihren Policy-Praferenzen handeln. Diese Annahme beruht auf einem geometrischen (euklidischen) Modell, demnach alle Vetospieler sogenannte Idealpunkte haben, die ihrem politischen Ideal-Outcome am nachsten kommen (Kaiser 2007: 465).

Um diese Idealpunkte gibt es kreisformige Indifferenzkurven, nach denen der Akteur indifferent istgegenuberdenPunkten,diedengleichenAbstandzuseiner idealen Politik aufweisen.

"Geometrisch kann nun bestimmt werden,obeinVorschlagzurVeranderungdes Status quo fuhren wird oder nicht. Dazu bedient sich Tsebelis der in der Spieltheorie entwickelten Konzepte des „core" und des „winset"” (Kaiser 2007: 465).

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Inwiefern ist das Bundesratsveto eine Schwäche für das föderale System der Bundesrepublik Deutschland?
Untertitel
Der Bundesrat als potentieller Vetospieler zum Bundestag
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Politisches System der Bundesrepublik Deutschland
Note
2,0
Jahr
2022
Seiten
18
Katalognummer
V1245045
ISBN (eBook)
9783346668646
ISBN (Buch)
9783346668653
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vetospielertheorie, Bundesrat, deutscher Föderalismus, Bundesratsveto, politisches System der Bundesrepublik Deutschland
Arbeit zitieren
Anonym, 2022, Inwiefern ist das Bundesratsveto eine Schwäche für das föderale System der Bundesrepublik Deutschland?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1245045

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