Soziale Arbeit im Handlungsfeld autonomer Frauenhäuser in Deutschland


Hausarbeit, 2022

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Geschichte der Frauenhauser
1.1 Erste Frauenbewegung
1.2 Zweite Frauenbewegung

2. Organisation des Handlungsfeldes Frauenhaus
2.1 Rechtliche Grundlagen
2.2 Tragerstrukturen
2.3 Finanzierung
2.4 Adressaten
2.5 Aufgaben
2.6 Ziele und Rahmenbedingungen

3. Methodisches Handeln und Handlungskompetenzen in der Sozialen Arbeit

4. Methodisches Handeln im Handlungsfeld Frauenhaus
4.1 Die Einzelfallhilfe
4.2 Die Soziale Gruppenarbeit

Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Einleitung

Nunmehr drei Jahre ist es her, seit das Bundesverfassungsgericht am 1. Januar 2019 das dritte Geschlecht anerkannte. Mit Hilfe der gendersensiblen Sprache soil nun fur Gleichberechtigung und Respekt der Geschlechter gesorgt werden (Feldmann et al., 2020, S. 3). Dabei ware wohl die simpelste Methode das generische Maskulinum durch die „Doppelnennung“ von weiblicher und mannlicher Form zu erganzen (Lau, 2021), so jedoch werden das diverse Geschlecht und soziale Geschlechtsidentitaten nicht berucksichtigt. Durch das Gender-Stemchen sollen sich deshalb im Folgenden alle Menschen, gleich des biologischen Geschlechtes oder der sozialen Geschlechtsidentitat angenommen und angesprochen fuhlen (Feldmann et al., 2020, S. 3-7).

,,Du bist fett!“, sagt er abschatzig und guckt seiner Partnerin dabei direkt in die Augen. Hatte er heute schon etwas getrunken, fragte sie sich? Weil wennja, denkt sie, dann sagt er sowas nur deshalb. ,,Du bist hasslich und kannst nichts!“, sagt er wieder. Sonst behandelt er mich nicht so, denkt sie sich. Doch tief in ihrem Inneren weiB sie, dass das nicht stimmt. Vor allem, wenn er gestresst und frustriert ist, egal ob durch die Arbeit oder ein verlorenes Gesellschaftsspiel, weiB sie, sie sollte sich lieber von ihm femhalten, weil er dann ein hoheres Gewaltpotential an den Tag legt (Schweizerische Eidgenossenschaft, 2020). Solche Beleidigungen konnen Anzeichen fur hausliche Gewalt sein, die schleichend in korperliche Auseinandersetzungen und sexuelle Ubergriffe fuhren konnen (BMFSFJ, 2021; Thom, 2008, S. 52). So wie in diesem Szenario dargestellt, versuchen dabei Partner*innen oft das Verhalten des Partners zu rechtfertigen, auch wenn die hausliche Gewalt starker wird (BMFSFJ, 2021).

„Jede Stunde werden in Deutschland durchschnittlich 13 Frauen Opfer von Gewalt in Partnerschaften. Alle zweieinhalb Tage stirbt eine Frau durch die Gewalttat ihres Partners oder Ex-Partners“ (Lambrecht, 2021). Wenn es zu solchen Ausschreitungen kommt, ist es wichtig fur Betroffene zu wissen, wo sie Hilfe und Schutz in Anspruch nehmen konnen.

Thema dieser Hausarbeit werden deshalb autonome Frauenhauser und Fachberatungsstellen fur Gewalt in der Partnerschaft in Deutschland sein, denn wenn es zu Partnerschaftsgewalt kommt, sind uber 80 Prozent der Betroffenen Frauen {Frauen vor Gewalt schutzen, 2021). Was konnen Betroffene tun, um sich und ihre Kinder vor solchen Angriffen zu schutzen? Und was gibt das deutsche Hilfesystem fur Frauen so her? Gibt es auf der Welt Lander, die sich vorbildlicher mit diesem Thema befassen und starker umsetzen?

Ziel dieser Hausarbeit ist es, durch die Darstellung von Geschichte und Organisation und die Erlauterung einiger Methoden einen Einblick in das Arbeitsfeld Frauenhaus zu gewinnen und Fragen wie diese beantworten zu konnen. Zunachst wird in Kapitel 1 die Geschichte, d.h. der Entwicklungsprozess, auf dem die aktuellen Gegebenheiten des Arbeitsfeldes aufbauen, dargestellt und in die Thematik eingeleitet. In Kapitel 2 folgt eine Darstellung der Organisation des Arbeitsfeldes. Folgend in Kapitel 3 werden die innerhalb dieses Feldes angewendeten Methoden erlautert und mit den Zielen und Adressaten in Verbindung gesetzt. Die Hausarbeit wird mit einem Fazit abgeschlossen.

1. Geschichte der Frauenhauser

Die Ursprunge der ersten Frauenbewegung in Deutschland gehen auf die Marzrevolution von 1848 zuruck (Schaser, 2020; Ziegler, 1998). Im gesamtpolitischen Kontext von Freiheit und Befreiung forderten auch Frauen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (Schaser, 2020; Ziegler, 1998). Wahrend 1848 noch mit politischer Macht das Recht auf Bildung und Arbeitsmoglichkeiten eingefordert wurde, dominierten nach der politischen Verfolgung von 1850 liberate, burgerliche Positionen (Ziegler, 1998, S. 5).

Die angestrebte politische Rolle der Frau sollte „als Korrektiv zur mannlichen Einseitigkeit“ (ebd., S. 5), (durch die Ausdehnung ihrer Rolle als ,,Mutter, Hausfrau und Erzieherin“ (ebd., S. 5) auf die Gesellschaft dienen. Auf dieser geistigen Mutterlichkeit beruhend, sollte ein Kompetenzbereich fur Frauen geschaffen werden, der zunachst nur das Engagement fur die Nachstenliebe und die Hilfe fur die Armen betraf (Bruckner, 2012, S. 549). Angestrebt wurde so die soziale Arbeitsteilung zwischen Frau und Mann aufgrund ihrer „naturlichen Fahigkeiten“ (Ziegler, 1998, S. 5).

1.1 Erste Frauenbewegung

Im Zuge dieser Entwicklungen grundete Alice Salomon 1908 die „Soziale Frauenschule“ (Ziegler, 1998, S. 5), in der einjahrige Ausbildungskurse angeboten wurden (Braches-Chyrek, 2013). Die Arbeiter*innen galten jedoch als kostengunstige Arbeitskrafte, weshalb sie sich zunehmend in Gewerkschaften organisierten, um die Missstande, in denen sie sich befanden, aufzuzeigen. Mit der zunehmenden „Institutionalisierung der Sozialarbeit“ (Ziegler, 1998, S. 5) ging diese anfangliche ,,Hilfe zur Selbsthilfe“ (ebd., S. 5) dann Ende des 19. Jahrhunderts in den Wunsch nach der Ubertragung der burgerlichen Werte auch auf die Arbeiter*innen uber (ebd., S. 5). In der ersten Frauenbewegung lag das Zentrum vor allem auf praktischer Arbeit, die sich auch auf die Organisation der Einrichtungen konzentrierte. Der „Bund Deutscher Frauenvereine (BDF)“ (ebd., S. 5) hatte von seiner Grundung 1894 bis 1920 rund 920.000 Mitglieder in 3778 Vereinen generiert. Die Mitgliederzahlen 2020 mit 500.000 bis 1.000.000 Mitgliedem sind ahnlich (Schaser, 2020). Leitbild fur die Grundung des BDF war der „Nationale Frauenrat der USA“ (Digitales Deutsches Frauenarchiv, 2019), der seit 1891 bestand.

Der BFD sollte ebenso ein gemeinsames Vorgehen (Baumer, 1921) der deutschen Frauenbewegung garantieren, die unterschiedlichste Ansichten und Stromungen beinhaltete (Digitales Deutsches Frauenarchiv, 2019). Dennoch war bekannt, dass der BFD sich ablehnend gegenuber den sozialistisch und pazifistisch gepragten Frauenvereinen verhielt (Schaser, 2020).

Nie zuvor war und ,,ist es einer deutschen Frauenorganisation gelungen, ein so breites Spektrum von Frauenvereinen zu mobilisieren“ (Schaser, 2020). Neben den eher moderaten Zielen, wie die Ausbildungs- und Beschaftigungschancen zu verbessern und das Wahlrecht auch fur Frauen, verfolgten einige Verbande fortschrittlichere und radikalere Ziele, wie die rechtliche Gleichstellung unehelicher Kinder, Mittel zur Empfangnisverhutung und Legalisierung von Abtreibungen (Ziegler, 1998, S. 5f.). Noch radikaler ging dabei die proletarische Frauenbewegung, angefuhrt von Clara Zetkin, vor. Diese forderte die Gleichstellung von Mannern und Frauen, die jedoch nur bei der wirtschaftlichen Unabhangigkeit vom Mann gelingen konne (ebd., S. 6). Die 1890 aus der sozialistischen Arbeiterbewegung entstandene proletarische Frauenbewegung sah als notwendige Voraussetzung hierfur die Erwerbstatigkeit der Frau auBerhalb der Familie (ebd., S. 6). Da diese Ziele jedoch auf marxistischen Uberzeugungen beruhten, fuhrte dies 1896 zur Trennung der burgerlichen und proletarischen Frauenbewegung (Schaser, 2020). Dann ein Durchbruch fur alle Frauen: Das Frauenstimmrecht wurde im November 1918 eingefuhrt, sorgte jedoch zum Teil fur Unsicherheit uber die Ziele in den Bewegungen. Nichtsdestotrotz engagierten sich Frauen nun auch auBerhalb der Frauenvereine fur ihre Ziele. 1933 kam es dann zu einem Ende der Frauenbewegung, da erreichte Verbesserungen durch die Nazionalsozialist*innen wieder ruckgangig gemacht wurden (Ziegler, 1998). Frauenvereine waren zur „(Selbst-) Auflosung“ (Schaser, 2020, S. 14) oder zur Unterordnung in das NS-Regime gezwungen. Nach 1945 naherte sich der Deutsche Frauenrat den Ansatzen der burgerlich-feministischen Bewegung wieder, ohne „die traditionelle Rolle der Frau in Frage zu stellen“ (Ziegler, 1998, S. 6).

1.2 Zweite Frauenbewegung

Ende der 1960er Jahre konzentrierte sich der Frauen-Aktivismus auf das studentische Milieu, der vor allem durch die Grundung des Aktionsrats „zur Befreiung der Frauen“ (Ziegler, 1998, S. 6) vorangetrieben wurde. Jener setzte sich zu groBen Teilen aus dem SDS (Sozialistischen Deutschen Studentenbund) zusammen. Ausschlaggebend fur die Vereinigung war die Erkenntnis, dass die Positionen der Frauen sowohl in der Politik als auch in der Gesellschaft kein Gehor fanden. Zu den Zielen des Rates gehorten unter anderem die „Politisierung des Privatlebens“ und die legale Abtreibung (Sander, 1988, S. 39-47). Zuvor noch universitar fokussiert, breitete sich die Frauenbewegung ab den 1970er Jahren auf die ganze Bundesrepublik aus und folgte seinen Mitgliedern in jegliche Milieus (Ziegler, 1998, S. 6). Im Zuge der angestrebten Abschaffung des §218 des Strafgesetzbuches, der den Schwangerschaftsabbruch unter Strafe stellte (BSB, 2011), trieb die Frauenbewegung auch das Bewusstsein fur Tabuthemen wie „Vergewaltigung, Pornographie, Gewalt in der Familie“ (Ziegler, 1998, S. 6f.) und Inzest in die Offentlichkeit. Autonome Frauenzentren wurden gegrundet, um die Mundigkeit von Frauen zu festigen und unter dem amerikanischen Begriff „Feminismus“ die Gleichstellung von Mann und Frau zu erstreiten. Damit stellten sie sich dem Patriarchat entgegen (ebd., S. 7). Unter dem Leitsatz „Frauen gemeinsam sind stark“ breitete sich ein ,,Gefuhl der Gleichheit“ (ebd., S. 7) und Kollegialitat aus. Der Feminismus vereinte sich vor allem in GroBstadten mit der Subkultur und spiegelte sich unter dem Konzept der Selbsthilfe unter anderem in der Errichtung autonomer Frauenraume, Frauenhauser und Frauenberatungsstellen wider (ebd., S. 7).

Das Berliner Frauenhaus war das erste seiner Art in Deutschland und wurde 1976, inspiriert vom ersten Frauenhaus in Chiswick London (1971), gegrundet, um misshandelten Frauen Schutz vor ihren Peiniger*innen zu bieten (Ziegler, 1998, S. 8; ZIF, 2022). In diesem Zuge wurde das AusmaB der Gewalt in der Ehe erstmals so deutlich, wie noch nie (Ziegler, 1998, S. 8; ZIF, 2022). Was zunachst auf studentischer Ebene stattgefunden hatte, ging nun in die Theorie uber und wurde auf akademischer Ebene an Universitaten in Form von feministischer Wissenschaft undFrauenforschungvorangetrieben (Ziegler, 1998, S. 7).

In den 1980ern verlor die Bewegung dannjedoch zunehmend an Aufmerksamkeit.

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Soziale Arbeit im Handlungsfeld autonomer Frauenhäuser in Deutschland
Hochschule
Fachhochschule Dortmund
Note
1,3
Autor
Jahr
2022
Seiten
26
Katalognummer
V1245259
ISBN (Buch)
9783346671707
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gewalt gegen Frauen, Häusliche Gewalt, Autonome Frauenhäuser, Soziale Arbeit, Methoden der Sozialen Arbeit, Organisation
Arbeit zitieren
Pia Sophie Hake (Autor:in), 2022, Soziale Arbeit im Handlungsfeld autonomer Frauenhäuser in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1245259

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